AW: Radio Eins = Offener Kanal?
Also, ich höre von den Berliner Stationen meistens Radio Eins, wenn ich mal ausgiebig Radio höre. Aber... und da geht es schon los: die Arroganz einiger Tagesprogramm-Dampfplauderer ist für mich tatsächlich nicht zu ertragen. Es sind nicht nur die Herren Wieprecht und Skuppin, die ich sofort ausschalte... hatten wir aber alles schonmal hier.
Das sich-gegenseitig-Bälle-zuspielen und über-die-eigenen-Witze-lachen fand ich heute früh bei einer Mitteldeutschlandquerung wieder: auf SAW im Muckefuck. Der gleiche Tonfall, nur eben privatradiomäßig angehaucht. Und genauso unerträglich.
Weiter: ich habe inzwischen mehrfach erleben müssen, daß einigen Radio-Eins-Hörern der letzte Funken Normalität abhandengekommen ist. Die können offenbar nicht mehr anders, als sich für die Elite des Landes oder wasweißich zu halten. Für die sind die anderen Dreck, der einfach nur peinlich ist. Sie benehmen sich wie eine selbsternannte Herrenrasse und hinterlassen einen sehr unangenehmen Eindruck. Einige, keinesfalls viele oder gar alle - aber der Eindruck, der bleibt, ist sehr unangenehm. Daß Leute einfach, direkt und natürlich sein können, habe ich in der letzten Zeit wieder in ganz anderen Umfeldern festgestellt. In welchen, wo man gemeinhin sagt, die Leute kannste alle in der Pfeife rauchen.
Radio Eins ist oft technisch lausig und lustlos gefahren. Gerade so wie bei einigen mir bekannten OK-Leuten, die der Meinung sind, sie wären "Alternativ" und dürften deshalb nicht sauber fahren (!). Da werden Titel an völlig unpassenden Stellen und ohne jedes Feingefühl abgewürgt, da wird gefahren wie beim Pausenhofradio mit Kassettenrecorder-Pausentaste (nein, explizite Beispiele fallen mir nicht ein, es ist ein über Jahre gesammelter Gesamteindruck).
Trotzdem höre ich, wenn ich hier was höre, oft Radio Eins. Weil die obigen Beschreibungen nicht auf das Abendprogramm zutreffen. Weil die Musik zumindest dort einzigartig und gut sortiert ist. Weil sich die Abendmoderatoren nicht feiern und keine dummen Witze reißen. Weil ich solche Musik und solche Kompetenz nicht anderswo bekomme (bei Motor FM bekomme ich teilweise ähnliche Musik, aber eben serviert wie im Stehimbiss). Weil mich die jammernde Chartskacke und die nervigen Sprüche anderswo aufregen.
Ich freue mich immer über "Ecken und Kanten" im Radio. Über Musik, die ich nicht kenne und die ich spannend finde. Über Leute, die etwas zu sagen haben und das auch tun. Über geile Formatbrüche, solange sie selbst nicht wieder Bestandteil eines fiesen Konzeptes sind. Was da nicht dazugehört und keinesfalls mehr "Nonkonformität" bringt, sind oben beschriebene Auswüchse. Wenn die Ästhetik leidet, ist das einfach nur Panne und hat nix mit "Alternativ" zu tun. Sondern mit "unprofessionell" - und das ist nicht gleichbedeutend mit "unkommerziell".
"Arroganz statt Professionalität. " - schön geschrieben, AirwaveMHz.