AW: Mikrofone für (klassische) Musikaufnahme
Hallo, Nauseam,
ich habe ein ähnliches Anliegen wie du (Aufnahme von Kammermusik, hauptsächlich Flöte und Klavier) und habe es kürzlich im Analog-Forum (dort habe ich den selben Namen) angesprochen. Ich kann die Antworten leider nicht hierher verlinken.
Nach Ansicht der meisten Forums-Kollegen ist jedenfalls wichtig, dass man nah an die Instrumente geht. Das musst du bedenken, wenn du Stereomikrofone mit Nieren-Richtcharakteristik in XY-Anordnung nutzen willst. Die haben meistens einen Öffnungswinkel (zwischen den Hauptachsen der beiden Einzelkapseln) von 90° (das Beyerdynamic MCE 72 sogar 120°), der einen Aufnahmebereich von 180° ergibt. Es werden also ziemlich viel diffuser Schall und evtl. Geräusche vom Publikum aufgenommen, wenn das Mikrofon einige Meter von der Bühne entfernt steht. Außerdem bekommst du mit der XY-Anordnung (ob Stereo-Mikrofon oder Mikrofon-Pärchen) in einer gewissen Entfernung nur bei größeren Klangkörpern (Orchester) einen richtigen Raumeindruck. Sonst ist die Stereo-Aufnahme sozusagen für die Katz´!
Anders sieht es mit der MS (Mitte-Seite)-Anordnung. Der apparative Aufwand ist größer, dafür kann man, besonders wenn man das Mitte- und das Seite-Signal aufnimmt und erst in der Nachbearbeitung das Links- und das Rechts-Signal daraus gewinnt, die Breite des Stereo-Panoramas in einem großen Bereich variieren (bis hin zu reinem Mono). Tut mir leid, dass es sich so kompliziert liest. Ich habe auch nie in MS aufgenommen und kenne es nur theoretisch.
Das einzige MS-Stereo-Mikrofon, das mir einfällt, das keine Phantomspeisung braucht (also Kondensator-Mikro mit Batterie), außer den Sonys, ist das Shure VP 88 für ca. 1000 Euro. Mit dem kann man das M- und das S-Signal aufnehmen und später auf L-R umwandeln oder direkt im Mikrofon in LR umwandeln und dabei zwischen drei Stereo-Basis-Breiten wählen. Laut einem Bericht in einer HiFi-Zeitschrift vor 19 Jahren (Ja, so lang kann ein gescheites Produkt auf dem Markt bleiben!), fehlt dem Shure etwas Bassfundament, um für Musikaufnahmen richtig geeignet zu sein. Den Audio Technica 822 und 825 (XY-Stereo) wurde im gleichen Bericht eher eine Musik-Eignung bescheinigt.
Ob XY oder MS, bezahlbare batteriegespeiste Stereomikrofone sind meistens für Reportagen und Video-Aufnahmen eher geeignet. Der Frequenzgang sieht entsprechend aus. Ich habe selbst nur mit einem billigen Stereo-Mikrofon (Audio Technica ATR25, ca. 60 Euro) aufgenommen, was der Begeisterung für Stereo-Mikrofone nicht förderlich ist. Die Raumdarstellung ist aber m.E. unabhängig vom Preis.
Viele empfehlen das Röde NT-4 (XY-Stereo) für ca. 400 Euro.
Ich würde lieber eine saubere Mono-Aufnahme bekommen als eine Stereo-Aufnahme mit schlechter Raumdarstellung. Kauf dir also ein gescheites Mono-Mikrofon (später kann man ein zweites kaufen und hat damit ein variables Stereo-Mikrofonpaar). Das Röde NT-3 (Hyperniere, Kondensator, auch mit Batterie zu betreiben, ca. 160 Euro) soll ziemlich gut sein. Andere schwören auf die vielseitigen Sennheiser MD 421 und MD 441. Diese Klassiker sind aber einerseits teuer und liefern als dynamische Wandler andererseits kein besonders starkes Signal. Das bedeutet, du müsstest den Aufnahmepegelsteller deines MD-Recorders ganz aufdrehen, so wie ich.
Tut mir leid, dass ich keinen konkreten Ratschlag geben kann, sondern bloß von diesem und jenem abrate. Aber, wie so oft, gilt auch hier: Probieren geht über Studieren!
Lass dir den Musikgenuss und den Spaß beim Klarinette-Spielen (wofür ich dich beneide) nicht von der Technik vergällen!
Konstantin