Dialekte im Radio

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Radiomiez

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Hallo liebe Radiofreunde und Radiomacher!

Wir sind eine Gruppe von Medienstudenten und wollen uns im Rahmen einer Projektarbeit mit dem Thema Dialektradio beschäftigen. Speziell soll es dabei um Sachsen gehen. Uns würde interessieren, wie ihr darüber denkt und ob sich damit Hörer gewinnen lassen. Bereitet uns eine Freude und diskutiert erst mal munter drauf los =)
 
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Leider viel zu wenig gibt es echtes Dialektradio. Gruslig sind nur Sprecher, die "hochdeutsch" reden wollen und das nicht können. Echte Dialektsprecher sind authentisch und hörernah. Dies sollte man viel mehr wagen und fördern.
 
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Ein Thema, das wir hier auch schon merhfach hatten, allerdings meist als Teil anderer Diskussionen, aber auch explizit an dieser Stelle (der Faden ist übrigens noch offen, also vielleicht sollte man diesen hier an den bereits bestehenden anfügen).

Als ARDler vertrete ich persönlich den Standpunkt, daß Dialekt und dialektaler Einschlag in den öffentlich-rechtlichen Programmen absolut nichts zu suchen hat. Nein, auch nicht beim Bayerischen Rundfunk. In meiner Funktion als CvD habe ich auch schon Beiträge vom BR, die im Digas lagen, als nicht sendefähig abgebügelt, weil i's net hob'n konn, wenn oßerholb von Bayern a bayerischer Korrespondent doherkimmt. Des göht fei net!
Im Ernst: wenn man's ein bißchen raushört, soll's mir recht sein, aber zumindest innerhalb der ARD, die ja sinnvollerweise auch regen Programmaustausch betreibt, ist Dialekt einfach ein No-Go (und Sächsich, tut mir leid, wenn ich das so offen sage, erst recht).

Eine einzige Ausnahme halte ich für gerechtfertigt: gezielt mundartliche Programminhalte auf "älteren" Programmen und/oder Wortprogrammen. Beispiele hierfür könnten die "Norichten op Platt" bei NDR 90,3 sein (Stadtprogamm von NDR1 für Hamburg) oder auch mundartliche Hörspiele, wie sie regelmäßig bei SWR4 laufen.
 
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Upps, da ist mir wohl jemand zuvorgekommen.

Was versteht ihr denn unter Dialektradio? 24h-Radio, oder 1 mal am Tag, 3 Minuten? das ist einfach ein Unterschied!
Von einem 24h Dialektradio halte ich nichts. Das ist nicht mehr öffentlichkeitswirsam. Dialekt beherrschen meist eh nutr noch ältere Menschen, die tendenziell die Schlager-/Volksmusik-/Regionalprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hören. Auf diesen Programmen wird meistens regelmäßig was plattes angeboten. HR4 hat einen Plattmann, bei MDR1 gabs mal diesen Manfred Uhlig. Der NDR bringt ein sehr großes Plattangebot (wahrscheinlich wegen anerkannter Minderheitensprache)
Außerden könnt ihr hier schauen:http://rti-radio.de/content/view/28/150/lang,de_DE/

Viel erfolg

toktok
 
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Noch einen link zum Thema, der sich eigentlich mehr mit "Deutsch und was ist eigentlich ein Dialekt?" beschäftigt, findest Du hier - überraschenderweise in der Radioszene Schweiz.
Vielleicht weisen die dort diskutierten Dinge rund ums schweizerdeutsch ja Parallelen zum sächsischen auf (Sprechtempo, Überbetonung, Aufmerksamkeitsgewinn, Abgrenzung).

Gruß, Uli
(der (echte) Sachsen kennt, die ein so lupenreines hochdeutsch sprechen, dass sie einen solchen Sender nicht verstehen würden)
 
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Manch einem sprechenden Menschen ist auch mit allem Sprachtraining nicht der Zungenschlag, den er sich in seiner Kindheit angewöhnt hat, auszutreiben. Spuren davon behalten diese Leute dann ihr Leben lang. Das ist teilweise auch gut so und sorgt für eine leichte Abwechslung beim hören.

Die bereits zitierten mundartlichen Produktionen haben ihre volle Berechtigung weil darin auch eine (örtlich verwurzelte) Sprechkultur gepflegt wird. Wer für die Abschaffung der Anglizismen im Deutschen kämpft muß gleichzeitig auch für die Erhaltung der Mundarten eintreten.

Einen Popdudler, der durchgehend auf sächsisch moderiert wird, halte ich allerdings für wenig machbar, da er die zugezogenen Bewohner des Sendegebiets fast automatisch ausgrenzt.

Der Qualiton wird mancherorts geschätzt weil er (trotz aller Bemühungen) "so schön berlinert". Abba isch kann datt als jebürtijen Rheinländer gar nitt so höre... :)
 
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Gelb schrieb:
Sächsich, tut mir leid, wenn ich das so offen sage, erst recht

Wobei mal interessant wäre, ob das auch so gelten würde, wenn die russische Besatzungszone aus Bayern und BaWü bestanden hätte! Und die Dresdner 1989 mitleidig die Bayern betrachtet hätten, die sie nach einer Auszahlungsstelle fürs Begrüßungsgeld fragten.
Goethe soll ja seinerzeit Sächsisch gebimst haben, weil er sich für sein Hessisch-Gebabbel geschämt hat wie ein 20jähriger Bettnässer...
 
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Obwohl Du in Bayern wenig Chancen hast ins Radio zu kommen, wenn in Deiner Sprechweise kein Lokalcholorit zu hören ist, finde ich Dialekt im Radio (außer in der Comedy) unpassend. Wenn ich Dialekt reden würde, wär ich -glaub ich - längst weg vom Fenster1;)
 
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Nachdem ich relativ viel durch Deutschland komme, finde ich es eher befremdlich, wenn überall nur hochdeutsch aus dem Radio kommt - In Bayern ist tatsächlich ein leichter Dialekt manchmal vorhanden. Teilweise unterscheiden sich die Sender nur im Verkehrsfunk (Region) und in der Werbung, ansonsten ist es egal ob man in NRW, Thüringen, BAWÜ oder Sachsen-Anhalt lauscht. Hätten die Landesmedienanstalten keinen Finger auf diesem Themas, würden wohl etliche Senderketten mit einem Deutschlandmantel fahren. Im Endeffekt käme dies Inhaltlich auf das gleiche heraus, nur billiger halt.

Es muss ja nicht der derbste Dialekt gepflegt werden. Für einen Sachsen ist sächsich sicherlich keine Zumutung. Das gleiche gilt auch für Schwäbisch.

Nachdem die Hörerzahlen (total) kontinuierlich langsam heruntergehen, sollte man vielleicht auch diese Chance nutzen, um sich gegenüber z. B. den Internet-Angeboten abzusetzen.
Programmaustausch in Ehren, aber wenn jemand aus Köln über Köln einen Beitrag erstellt, dann könnte dieser auch so klingen. Vielleicht nicht im tiefsten Kölschen Dialekt, aber damit kann man auch den Ort des Geschehens über die Sprache transportieren und nicht nur über den Text.
 
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Wo ziehst Du denn die Trennlinie zwischen "derbem" Dialekt und leichtem Lokalcholorit? Das ist doch fließend. Und sowas beim Formatradio kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen.
 
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Die Unterscheidung zwischen derb und leicht ist natürlich relativ und subjektiv zu verstehen und hängt natürlich vom jeweiligen Macher ab. Da eine allgemeingültige Definition versuchen zu kreiieren ist nicht möglich.

Wenn Du es Dir nicht vorstellen kannst, dann höre einfach mal einen Österreicherischen Sender (z. B. Ö3) an. In Österreich gilt übrigens Österreichisch-pflicht im Rundfunk (privat wie ÖR). Hochdeutsch ist dort verpönt.
 
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Oder Peter-Stefan Greiner von der Landeswelle. Der ist auch Lokalcholorit pur! :wow: :wow: :wow:
 
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Wie in dem von "Gelb" in Erinnerung gerufenen älteren Thread schon einmal ausgeführt, will ich darauf hinweisen, dass es einen gewaltigen Unterschied macht, ob Dialekt/Mundart in den News auftaucht, oder in der Moderation.
Was die News angeht, da schließe ich mich allen Vormeinungen an, sollte man mundartliche Zungenschläge möglichst vermeiden. Wenn bei einem Sprecher oder einer Sprecherin etwas "durchscheint", so kann das bis zu einem gewissen Grad tolerabel sien, je nach Profil des Senders (wenn er zum Beispiel sehr lokal positioniert ist).
In der Moderation fände ich es manchmal wohltuend, wenn der glatte Einheitssprech von austauschbaren Moderationsmarionetten mal eine etwas individuellere mundartliche Note bekäme.
Wenn man sich allerdings für seinen Zungenschlag schämt und versucht, ihn hinter einem angelernten Hochdeutsch zu verstecken, dann klingt es freilich nur peinlich.
Ich kenne aber auch Moderatoren, die ganz offensiv mit ihren Dialekteigenheiten umgehen und die deshalb eine ausgesprochen sympathische, individuelle Note entwickeln. Da höre ich viel lieber zu, als bei einer Stimme, die auch aus dem Sprachkloncomputer kommen könnte.

Mundart in Comicals ist ein zweischneidiges Schwert. Ich habe etwas gegen Comicals, die Mundart einsetzen, um sie gleichzeitig zu verspotten. Das wird den Menschen und der Region, in der solche Mundart gesprochen wird, nicht gerecht. Speziell dann, wenn die "verspottete" Mundartr diejenige ist, die im Sendegebiet gesprochen wird, ist es nur schädlich und fällt auf den Sender(Moderator zurück.
Wenn allerdings ein Badener sich über die Schwaben und ihren hefezopfigen Schwabbeldialekt lustig macht, so halte ich dies für absolut angemessen und im Grunde genommen für einen elementaren Bestandteil des Bildungsauftrages. :D
 
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Ich finde es toll, wenn man den Moderatoren noch anhört, wo sie herkommen. Eine leichte regionale Sprachfärbung ist sympathisch und originell. Ich meine keineswegs, dass man in breitenwirksamen Musiksendungen ohne regionalen Bezug (z.B. Bayern 1 Volksmusik) Mundart sprechen soll, aber Hochdeutsch mit leichter regionaler Grundierung wie bei vielen Nachrichtensprechern des BR oder bei Moderatoren wie Rainer Nitschke oder Carlo von Tiedemann finde ich sehr angenehm (das sind noch echte Typen). Früher gab es noch viele Radiopersönlichkeiten mit landschaftlichem Akzent, heute jedoch ist überall das "klinisch reine Hochdeutsch" auf dem Vormarsch. Die sprachliche Gleichmacherei ist an sich keine kulturelle Errungenschaft, aber im Zeitalter der Massenkommunikation wohl nicht mehr aufzuhalten. Ein unverkennbarer Akzent kann schnell zum Markenzeichen werden, aber für so was hat das glattgebügelte Formatradio keine Verwendung mehr.
 
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Wenn Du es Dir nicht vorstellen kannst, dann höre einfach mal einen Österreicherischen Sender (z. B. Ö3) an. In Österreich gilt übrigens Österreichisch-pflicht im Rundfunk (privat wie ÖR). Hochdeutsch ist dort verpönt.

Das ist glatter Unsinn, nahezu alle österreichischen Moderatoren sprechen Hochdeutsch, allerdings mit mehr oder minder leichtem Akzent. Dass man den meisten Sprechern die Herkunft anhört, ist ja auch wirklich kein Fehler. So weit ich weiß werden beim ORF österreichische Bewerber bevorzugt, aber es kommt auch kaum vor, dass ein Deutscher in Wien vorstellig wird (es gibt jedoch einige deutsche Moderatoren bei Ö1 und bei den ORF-Regionalradios).
 
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"Dialekt beherrschen meist eh nutr noch ältere Menschen, die tendenziell die Schlager-/Volksmusik-/Regionalprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hören."

Ah, schwätz doch ed so an Babb raus!!
Ich kenne genug junge Menschen, die noch Dialekt beherrschen, und zwar auch richtig! Im Süden der Republik tendentiell mehr als im Norden. Da schämt sich auch keiner für seinen Zungenschlag. Warum werden wir denn landauf landab die ganze Zeit mit diesem preußisch-hannoveranischem Akzent gequält, der sich dann hochdeutsch schimpft. Ich finde ihn furchtbar und nutze jede Gelegenheit, ihm in dialektgefäbten Programmen zu entkommen. Okay, bei Öcher Platt hab ich wirklich keine Chance, da kann ich auch http://www.eitb.com/castellano/programas/programa.asp?id=EI hören.
aber wenn ich in Süddeutschland unterwegs bin, wechsle ich häufig auf die bairischen, österreichischen oder am liebsten auf die Schweizer Sender, weil ich die Sprache einfach netter und angenehmer finde. Im Prinzip könnte ich es mir z.B. im Südwesten so vorstellen, wie es bei DRS gehandhabt wird: Nachrichten in hochdeutsch, Moderation im Dialekt.
 
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"Dialekt beherrschen meist eh nutr noch ältere Menschen, die tendenziell die Schlager-/Volksmusik-/Regionalprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hören."

Ah, schwätz doch ed so an Babb raus!!
Ich kenne genug junge Menschen, die noch Dialekt beherrschen, und zwar auch richtig! Im Süden der Republik tendentiell mehr als im Norden.

Etwas OT:
Hier in Frankfurt am Main höre ich in der Schülergeneration fast gar keinen Frankfurter Dialekt mehr. Er scheint auszusterben und damit dem
He-Alder-Deutsch zu weichen. Schade drum.
 
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War es eigentlich ein reines Ostphänomen, daß Pädagogen bzw. deren geistige Vortuner in Dialekten ein Übel sahen, zu dessen möglichst baldiger Überwindung jeder beitragen könne, indem er sich stets bemühe, möglichst reines Hochdeutsch zu sprechen?

Und das Sächsische gibt es allem Anschein nach auch noch in der Schüler- und Erstsemestergeneration. Allerdings ist es nicht unbedingt das feine Meißnisch, sondern manifestiert sich eher in bestimmten Lautungen, über die man sich auch gern mal lustig macht. Das kommt dann in einer Kombination mit diesem typischen Jugendslang daher, die für mein Empfinden z.T. deutlich jenseits der Lächerlichkeitsgrenze liegt. Ich hatte erst neulich so ein Erlebnis, bei dem ich mir dann dachte, ach schau an, dieses Lido (eine Veranstaltungsstätte in Berlin) übersetzen sie ja garnicht zum Lüdouh?


Was den Frankfurter Dialekt angeht: Könnte das etwas mit dem Anteil der Mitbürger mit Migrationshintergrund zzgl. der Mitbürger mit Arbeithinterherziehungshintergrund zu tun haben? Obwohl: Echte Berliner gibt es ja auch fast nicht mehr ...
 
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...wenn oßerholb von Bayern a bayerischer Korrespondent doherkimmt. Des göht fei net!...

Deine Meinung in allen Ehren, wenngleich ich es doch sehr schätze, gelegentlich im BR eine süddeutsche Färbung der Sprache zu vernehmen.

Nur gilt hier wie anderswo auch: Bitte nicht versuchen, gewollt in Dialekt zu verfallen oder gar nachzuäffen. 'außerhalb' hat sicher kein 'o', eher ein 'a', je nach regionaler Sprachbesonderheit, das Gleiche gilt für 'doher'. Auch hier: 'a'.
'ö' in göht ist auch eher preissisches Bairisch, wie man es leider viel zu oft lesen kann. Eher klingt der gesprochene Vokal einem 'ä' nicht unähnlich.

Freundlichst,

-esta
 
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