Ironie funktioniert im Radio nicht

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der beobachter

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Verehrtes Publikum,

was in der Abteilung "Über radioforen.de" in eine Diskussion einrieselte, dort aber sicher nicht am rechten Platz ist, sei hier zur Diskussion gestellt. Zwei Einlassungen von Ludwig und von mir seien hier als Diskussionsbeginn eingefügt:

Ludwig:
"Ich habe immer noch nicht verstanden, warum Ironie im Radio nicht funktioniert - auch das meine ich nicht ironisch."

debe:
"In den eindeutigen Formen Satire, Comedy und Glosse funktioniert sie völlig problemlos, in den uneindeutigen - also erst richtig guten - Formen, der Moderation und Gesprächsführung sehe ich auch keine grundsätzlichen Probleme. Es ist ja nicht nur die Wortwahl, es ist auch der Ton, im Online-Leben müssen manchmal Smileys herhalten, manchmal merkt man's auch so. Zugegebenermaßen, ein Lese-Denk-Kombinat hilft.

Also, liebe Ironie-Verweigerer, erklärt uns, warum Ironie im Radio "nicht funktioniert"!


Mögen sich die "Ironie-Nihilisten" (Ludwig) äußern! Aber nicht nur die!
 
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Wer z.B. Wolfgang Hellmann (†) kannte, dem stellt sich die Frage nicht.


Gruß TSD (und es geht doch!)
 
AW: Ironie funktioniert im Radio nicht

Wieso sollte Ironie, also „feiner verdeckter Spott“, wie mein Fremdwörterbuch sagt, nicht im Radio, also akustisch funktionieren, denn der Tonfall hilft doch dabei, sie kenntlich zu machen, sollte derjenige Zweifel haben, ob die Zuhörer es als Ironie verstehen. Dazu braucht es im Radio keinen Gesichtsausdruck, keinen Smiley.
Manche verwenden auch eine Hupe, einen Gong oder eingespieltes Lachen oder ein gespieltes Lachen, wie die Morgencrew, damit Pointen erkannt werden, doch dies ist eventuell etwas anderes?
 
AW: Ironie funktioniert im Radio nicht

Wieso sollte Ironie, also „feiner verdeckter Spott“, wie mein Fremdwörterbuch sagt, nicht im Radio, also akustisch funktionieren, denn der Tonfall hilft doch dabei, sie kenntlich zu machen, sollte derjenige Zweifel haben, ob die Zuhörer es als Ironie verstehen. Dazu braucht es im Radio keinen Gesichtsausdruck, keinen Smiley.

Tja, das kann eben nicht jeder. Linercardableser schon grad gar nicht.


Gruß TSD
 
AW: Ironie funktioniert im Radio nicht

Tja, der Knackpunkt mag in dem Begriff "funktionieren" liegen. Ironie ist eben per Definition nicht so EINdeutig, und nun hat der geneigte - in diesem Fall - reine Zuhörer die Wahl, wie er als Rezipient die Botschaft unter seinem eigenen Vorwissen / Sozialisation / Wertemaßstäbe usw auffaßt.
Da Ironie als Spott (wenn auch subtiler ) erklärt wird, wird meistens irgendwer durch diesen Spott wie auch immer herabgewürdigt. Das kommt dann beim Ersten vielleicht gar nicht an, weil es zu versteckt war, der nächste lacht sich schon deswegen schlapp, weil er sich als " klügerer Verstehender" fühlt, wieder jemand anders ist wohlmöglich verärgert, obwohl am Ende was ganz Anderes gemeint war usw usw.
Eben die Konsequenz aus der Uneindeutigkeit von Ironie. Je stärker man übertreibt, desto klarer wird es natürlich.... und Ironie ist doof, wenn man den Witz erklären muß......
Daß es grade bei Radio etwas schwieriger ist, liegt halt daran, daß nur der eine akustische Kanal zur Verfügung steht, und die Interpretation einer Stimmlage ist auch nicht zwangsläufig eindeutig.... s.o. / "Hörer-Vor-Einstellung" .
 
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Ich möchte die Diskussion noch in eine andere Richtung erweitern: Ist Ironie als rhetorischer Kniff inzwischen nicht schon so abgenutzt, dass sie, selbst wenn sie funktioniert, mittlerweile einfach nicht mehr originell ist?

Jeder Idi, der eine Pannenshow auf einem Privatfernsehsender moderiert, ironisiert doch inzwischen permanent alles. Selbst so eine Sonya Kraus zeigt gerne ihren intelligenten Hang zur Ironie (immer dann, wenn sie die Augenbrauen hochreißt, den dick geschminkten Mund nach unten verzieht und mit den Armen wedelt, macht sie gerade eine ironische Bemerkung).

Im Radio geht mir das sich dauernd selbst ironisierende Geschwafel inzwischen wirklich auf den Wecker.
 
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@666: Endlich jemand, der was gegen die blödsinnigen Versteckte Kamera Sendungen was hat...!

Ironie kommt aus dem Altgriechischen und war zu diesem Zwecke Teil des griechischen Theaterspiels

Ein Zitat zum Thema Ironie:

"Prahlerei oder Aufschneiderei ist eine Verfehlung gegen die Wahrheit. Das gleiche gilt von der Ironie, die jemanden herabzusetzen sucht, indem sie den einen oder anderen Aspekt seines Verhaltens böswillig ins Lächerliche zieht"
aus: Katechismus der Katholischen Kirche, München/Oldenburg 2003.
 
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Soweit ich weiß, hat "Ebony and Irony" von McCartney und Jackson immer sehr gut im Radio funktioniert.
 
AW: Ironie funktioniert im Radio nicht

Ich möchte die Diskussion noch in eine andere Richtung erweitern: Ist Ironie als rhetorischer Kniff inzwischen nicht schon so abgenutzt, dass sie, selbst wenn sie funktioniert, mittlerweile einfach nicht mehr originell ist?
(...)
Im Radio geht mir das sich dauernd selbst ironisierende Geschwafel inzwischen wirklich auf den Wecker.

Volle Zustimmung!
Die Ironie-Inflation vieler Radioansager ist vor allem deshalb so schwer erträglich, weil sie in 95% der Fälle nur gewollt, aber nicht gekonnt ist.

Übrigens finde ich, dass Frauen inzwischen oft besser rüberkommen.

Vermutlich ist die Zeit des Iron Man (Hawaii)
vorbei und somit reif für Ironie Women.
 
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Ironie im Radio funktioniert nicht ist FALSCH!
Ironie im Radio kann (heut) fast keiner (mehr) ist RICHTIG!
 
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Gelegentlich verwenden Sender Ironie sogar in ihren Claims. Eben gehört: "Berlins lustigste Morgensendung." ;)
 
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Wenn ein Moderator personality hat, ist fast alles möglich. Auch Ironie und Zynismus.
Einem notorisch gut gelaunten Claimableser hingegen steht Ironie indess nicht zu Gesicht, ganz klar.
 
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Welche Messung oder Umfrage liegt denn eigentlich der Erkenntnis zu Grunde, daß Ironie im Radio nicht funktioniert? Und wann beginnt das Nicht-Funktionieren? Wenn die Hörermehrheit die ironische Bemerkung nicht kapiert hat?

Ab wann beginnt Radio-Ironie? Wenn einer mal während der Zeitansage kichert? Oder erst wenn Dieter Hildebrandt und Urban Priol doppelmoderieren?

Ich habe zu allen Zeiten im Radio ironische Bemerkungen gehört. Große Teile davon haben BEI MIR nicht funktioniert, aber haben sie dann schon generell versagt?

Außer dem von Tondose erwähnten Großmeister Wolfgang Hellmann gab es noch die mir bekannten (weil gehörten) Henning Venske, Christian Günther, Fred Metzler, Elmar Hörig, Hanns Verres u.v.a.m. Bei denen funktionierte der generelle Hang zur Ironie, weil sie unformatiert und ungeaircheckt und in Folge unberaten ihren Stil entwickeln und verfeinern und daher eigenständig bleiben konnten. (Wenn sie mal beraten wurden, dann höchstens von vertrauenswürdigen Freunden und nicht von Fremdfirmen-Heiopeis, die von Tuten keine Ahnung haben.)

Und auch mit der Ironie der genannten Herrschaften konnten sicher viele Hörer nichts anfangen.

Aber nur weil ein paar Leute den Gag nicht checken, hat noch lange nicht die Ironie versagt. Mir sind die Bemerkungen am liebsten, wo ich als Hörer glauben darf, daß ich als einer der gaaaanz wenigen gelacht habe, weil ich mühsam hinter die Pointe gekommen bin. Andere halten vielleicht Fäkalhumor schon für ironisch.

Also: was wollt ihr denn hier eigentlich diskutieren?:confused:
 
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Nach meiner Erfahrung liegt es nicht unbedingt am Radio. Ein schwieriges Medium für Ironie sind zweifelsohne Webforen, wo es öfters mal Leute gibt denen man es mit Großbuchstaben in die Stirn meißeln muß bevor sie verstehen daß eine übertriebene Bemerkung nicht ernsthaft gemeint war. Das sei nur aber am Rande erwähnt. Was ich eigentlich sagen wollte ist daß es auch genügend Menschen gibt auf die Ironie von Angesicht zu Angesicht verschwendete Mühe ist, diesen Leuten scheint ein dafür erforderliches Gen zu fehlen oder was auch immer.
Für den Radiomoderator macht das die Sache doppelt und dreifach schwierig weil er mangels Feedback nicht erkennen kann ob nicht irgendein humorloser Mensch die Geschichte für bare Münze nimmt und/oder beleidigt reagiert.
Auf der anderen Seite soll es auch Menschen geben die lachen sogar über Michael Mittermaier, also mit dem "Feinsinn" scheinte es ( auch bei Urban Priol ) dieser Tage nicht so weit her zu sein. Den Gegenbeweis zu dieser These könnte vielleicht Dieter Nuhr abliefern, der ist ja auch ständig ausverkauft. ( Oder ist das was der macht vielleicht schon Sarkasmus? )
 
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Für den Radiomoderator macht das die Sache doppelt und dreifach schwierig weil er mangels Feedback nicht erkennen kann ob nicht irgendein humorloser Mensch die Geschichte für bare Münze nimmt und/oder beleidigt reagiert.

Und warum muß der Radiomoderator das wissen? Will er den (irgendeinen) humorlosen Hörer kennenlernen? Will er ihn zum Maßstab seines Humors machen?
 
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..vielleicht, weil ein Radiomoderator, der einer Öffentlichkeit gegenüber auftritt, sich fragen könnte, wie weit er die eine oder andere gesellschaftliche Norm durchbrechen will......

Ein Zitat zum Thema Ironie:

"Prahlerei oder Aufschneiderei ist eine Verfehlung gegen die Wahrheit. Das gleiche gilt von der Ironie, die jemanden herabzusetzen sucht, indem sie den einen oder anderen Aspekt seines Verhaltens böswillig ins Lächerliche zieht"
aus: Katechismus der Katholischen Kirche, München/Oldenburg 2003.

Über diesen Standpunkt mag jeder denken, was er will, aber als Stimme im Radio sollte ich mir zumindest bewußt darüber sein, wie weit ich gehen will.
Zu brav ist meistens todlangweilig, zu "frech" wirkt schnell mal gewollt, besonders, wenn es nicht durch "Persönlichkeit" (Authentizität) unterfüttert ist, und der falsche Normbruch führt ganz schnell ins Aus (siehe z.B. Eva Herrmann usw.... ) .
Ironie ist dabei freilich nur EINE Spielart des Angriffs auf Werte und Normen.
Man könnte sie auch "maskierte Attacke" nennen......
 
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Das, was im KKK steht, Gott sei's getrommelt und gepfiffen, ist nicht auf meinen Mist gewachsen...!
 
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Da bin ich aber dankbar, radioddr1. Man kann sehr darüber streiten, ob Ironie zwangsläufig etwas Herabsetzendes hat oder nicht. Ich würde das nicht unterschreiben. Ironie ist immer bewertend, insofern kann sie abwertend und herabsetzend sein. Ironie ist auf jeden Fall Teil einer Meinungsäußerung und da darf man natürlich fragen, wie klar und deutlich ist die Position des Sprechers, wie klar ist seine Meinung und wie ist sie untermauert, auf welchem Fundament wird Ironie also benutzt. Wer Ironie benutzt, um lustig zu sein, liegt schnell daneben, weil Ironie nicht in erster Mittel in die Abteilung Humor sondern in die Abteilung Meinung gehört.
 
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Sobald wir Abteilungen bilden, wirds verdächtig. Vielleicht: Ironie, Abteilung Meinung, Unterabteilung versteckte Meinung, Unter-Unterabteilung bösartig.
Klassifiziert, katalogisiert, schubladisiert, ergo kapiert - diese Gleichung geht leider nicht auf.
Das Hauptdilemma der Ironie im Radio ist, dass sich Leute an ihr versuchen, die glauben, Ironie könne man in die Stundenuhr einplanen und dann ins Programm einspielen wie eine Fortsetzung vom kleinen Nils.
Ironie ist Ausdruck eines Gespürs. Und wer kein Gespür hat, der hat auch keine Ironie, selbst mit der schönsten Gebrauchsanweisung nicht.
 
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Hm.... wenn DAS

„feiner verdeckter Spott“, wie mein Fremdwörterbuch sagt

gilt, ist DAS

Man kann sehr darüber streiten, ob Ironie zwangsläufig etwas Herabsetzendes hat oder nicht.

dann nicht geklärt ?!

Und
Ausdruck eines Gespürs
hinterläßt dann bei mir jedenfalls die Frage nach der Absicht des Gespür-Empfindenden......

Ironie ist doch so etwas wie eine "unterschwellige Vorzeichenumkehr" der offenkundigen Aussage. Warum wendet ein Mensch so etwas an ?

Gut, der Begriff "herabwürdigen" ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber wer mit einem Zustand oder einem Geschehen zufrieden ist, wird doch kaum zur Ironie greifen, oder ?
 
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