12 Jahre altes Holtmann-Interview (SDR3)

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Matthias Holtmann vom September 1996 schrieb:
Die Fusion ist nicht aufzuhalten und vielleicht auch nötig, um die ARD für den Konkurrenzkampf mit den Privaten für die kommenden Jahre etwas schlagkräftiger und effizienter zu gestalten. Das ausknipsen bzw. zusammenlegen von SDR3 und SWF3, also 2 Popsendern, halte ich für nicht machbar. Beide haben ihr angestammtes Publikum und sind sehr erfolgreich. Jetzt zu sagen - was man oft hört - die machen ja eh das gleiche, jetzt nehmen wir einfach das Gute von beiden und machen daraus einen noch besseren Sender, halte ich für unmöglich. Das ist, als ob man 2 verschiede Blutgruppen zusammenmischen wollte. Das wird eine klumpige Geschichte, die auch nicht mehr angenommen wird. Das geht auch aus redaktionellen Gründen nicht, beide haben ihre eigene Identität. Das würde niemals funktionieren.
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Heute sind wir schlauer. Holtmann irrte sich, es ging in der Tat. Die Quoten schießen in erschreckende Höhe, aber der Vergleich mit den Blutgruppen ist dann doch nicht ganz von der Hand zu weisen. Zumindest hat er damals schon (wie viele andere vom SWF übrigens auch) geahnt, daß das neue Programm inhaltlicher Murks wird.
 
AW: 12 Jahre altes Holtmann-Interview (SDR3)

Na vielleicht doch grün. Ich habe vor kurzem mir die alten Club-Hefte von SDR3 (ja, so etwas hebe ich auf) durchgesehen. Vor allem die Ausgaben, die in den Monaten vor der Fusion herauskamen. Man versuchte die Hörer mitzunehmen und ihnen die Angst vor Neuem zu nehmen. Holtmann sprach davon, dass man dann ja auch in der Pfalz zu hören sei ("Ene, mene, moffel - die Pfalz - die hat Kartoffeln"), Clubmanager Schlicksupp schrieb von 6-Tage-Radios, in denen der Hunsrück gegen Hohenlohe antritt. Und damals war da noch der Strohhalm, den man sich und den Hörern reichte in Form eines Metro-Fensters für Stuttgart. Im Rückblick muss man dann sagen, dass diese Idenditäten, von denen Holtmann spricht, wirklich nicht zusammengepasst haben. Und die Hörer von SWF3 und SDR3 haben sich entäuscht abgewendet - sie erkannten das Programm nicht wieder. Die Quote sackte auch dementsprechend, im Gegensatz zu den Erwartungen, um eine Million ab. Die Ratlosigkeit danach und der Exodus alter Könner haben uns das heutige SWR3 beschert. Und die Leute von SDR3, die damals mit Mühe und Not sich selbst und die Hörer für das Kommende begeisterten, sind heute ohne Ausnahme bei SWR1 BW versammelt.
 
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In den ersten Tagen von SWR3 wusste ja noch niemand so recht, wohin die Reise geht. Festzustellen war jedenfalls, dass SWR3 nicht zu 100% SWF3 ist; ich denke aber doch, dass SWR3 mehr Ähnlichkeit zu SWF3 als zu SDR3 hatte, zumal auch der Großteil der SWF3-Moderatoren auf Sendung blieb.
Sendungen wie NUN (Extra 3) und HITHOP (Box) sowie HILINE (Mack) und CHARTS (Elch Charts) waren doch eher SWF3 geprägt!

Zum heutigen Erscheinungsbild äußere ich mich nicht, das steht für sich... :(
 
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Dazu muß man aber auch sagen, daß Leute, die in einer Stadt X leben und mehr oder weniger fest dort verwurzelt sind und ihr geregeltes Einkommen und vielleicht auch Familie haben (siehe Holtmann), natürlich gewillt waren und sind, dort zu bleiben. Weshalb hätte jemand, der in Stuttgart lebt und arbeitet, plötzlich nach Baden-Baden ziehen sollen oder umgekehrt? Von daher ist die Entscheidung vieler SDR3-Leute, in Stuttgart zu bleiben (und dann eben zu einem anderen Programm im selben Haus zu wechseln), nachvollziehbar - ebenso wie umgekehrt. Weshalb hätte ein Norbert Diener oder ein Matthias Matuschik plötzlich nach Stuttgart gehen sollen, wenn sie in Baden-Baden auch nach der Fusion nach wie vor in Lohn und Brot standen? Wenn ich 10 oder noch mehr Jahre für einen Sender in einer Stadt gearbeitet habe und dort meine berufliche und vielleicht auch familiäre/persönliche Existenz sehe, das alles für eine unsichere Zukunft aufgeben?

Ich wehre mich allerdings wehement gegen die unterschwellige Behauptung (die auch in der Vergangenheit in anderen Foren laut wurde), der inoffizielle SDR3-Nachfolger sei SWR1 BW, und der inoffizielle SWF3-Nachfolger sei SWR3. Wer alle vier Programme kennt, weiß, daß sie außer vielleicht ein paar Stimmen von Moderatoren und ein paar adaptierten (und verstümmelten) Sendungskonzepte keinerlei Ähnlichkeit mehr miteinander haben. SWR1 BW und SDR3 haben de facto nichts miteinander zu tun. Das gilt leider auch für SWR3 und SWF3.

Übrigens: ich trauere nicht nur dem Elchsender und dem "Wilden Süden" nach, sondern auch dem alten SWF1.
 
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Du hast schon recht mit dem Verwurzeltsein. Viele haben auch gesagt, dass sie deshalb in Stuttgart oder Baden-Baden bleiben. Und natürlich haben die Programme von damals nichts mit denen von heute zu tun. Wobei das bei dem SWF3/SWR3 Vergleich noch krasser ist, als beim Vergleich SDR3/SWR1 BW. Personell ist es aber nahezu erschreckend wie viele SDR3 Leute zu SWR1 BW gewechselt haben. Man kann eigentlich behaupten, dass das Kernteam das selbe ist. Das gilt für die Leute vorm Mikro, aber auch für die dahinter. Ich weiß, dass diese Leute Radio machen können. Und ich weiß auch, dass sie versuchen das Korsett zu lockern, das sie einengt.
 
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Ich sagte ja auch nur, dass Ähnlichkeiten vorhanden waren, nicht dass es sich um ein Nachfolgeprogramm gehandelt hat.
Ich habe hier allerdings immer nur die Programme von SWF1 und SWF3 empfangen können und kann mich somit nicht zu SDR 1 bzw. SDR 3 äußern. Auffällig ist aber doch, dass in den letzten Wochen SWF3 und SDR 3 ein gemeinsames Abendprogramm gesendet haben, das Baden-Baden kam und 1:1 SWF3 war. Damit war doch schon klar, wer den kürzeren zieht! Die ersten Wochen SWR3 erinnerten doch stark an SWF3, wobei auch ich sagen muss, dass es natürlich nicht mehr SWF3 war!
Das alte SWF1 ist sicherlich auch ausgestorben, lediglich die Musikauswahl ist bei SWR1 erkennbar...
Aber das ist ja bei vielen Sendern so! Als WDR 1 1995 plötzlich EINSLIVE wurde, handelte es sich auch um ein völlig neues Programm, mit dem Unterschied, dass keine einzige WDR 1-Sendung in einem anderen WDR-Radioprogramm wiederzufinden war. Immerhin hat sich die SDR 3-Sendung "Leute" ins SWR1-Programm gerettet...
 
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Ich habe mal in der Vergangenheit gekramt und einen Artikel von Hans-Peter Archner und Matthias Holtmann aus dem Jahre 1997 gefunden. Also zu der Zeit, als die Fusion bereits feststand. Interessant was man damals für Vorstellungen hatte und zu sehen was heute daraus geworden ist:


Und wieder haben wir tonnenweise Briefe, Faxe und E-Mails von Ihnen/Euch bekommen - alle machen sich Sorgen um den Wilden Süden und um ihr Programm SDR3 -, fragen, was denn vom nächsten Jahr an, genau gesagt ab dem 1. September '98, über den Sender geht. Eure Sorgen, eure Solidarität - also das, was die Medienforscher "Hörerbindung" nennen - freuen uns natürlich unheimlich. Es zeigt, daß der Wilde Süden den Nerv und das Herz vieler Hörerinnen und Hörer getroffen hat. Und wenn da Zeitungsschlagzeilen heißen: "Die Fusion bringt das Ende für SDR 3", dann stimmt das sogar. Nur: die Fusion bringt ebenso das Ende von SWF 3 mit einem nicht weniger überzeugten Hörerstamm. Und woran das Stuttgarter und das Baden-Badener Team gerade gemeinsam basteln, das sind neue Programme. Zum einen das "Multimedium" DASDING speziell für Leute unter 20, was es in dieser Konsequenz bisher nicht gab, und was SDR 3 und SWF 3 alleine nicht gestemmt hätten. Und zum anderen eine neue Pop- und Servicewelle SWR 3. In diesem Programm wird der Wilde Süden weiterleben. Es stimmt nicht, daß SDR 3 auf ein kurzes Fenster "reduziert" werden soll und "dann praktisch alles aus Baden-Baden, also von SWF 3" kommt, auch wenn der Standort der PopUnit "SWR 3/DASDING", vor allem von seinen Leitungsfunktionen her, künftig Baden-Baden sein wird -, das ist die Entscheidung der Intendanten, und das steht sogar im Staatsvertrag.

Das kann aber auch nicht das Problem sein - es kommt doch darauf an, was nachher für ein Programm für Euch dabei herauskommt. Und ob Ihr vieles von dem, was Ihr kennt und wollt, darin auch wiederfindet. Aber wenn wir schon was Neues basteln - haltet Ihr es nicht auch für möglich, daß wir einiges sogar verbessern? Die Zeiten ändern sich ständig. Auch SDR 3 und SWF 3 sind in die Jahre gekommen. Als zwei der besten Radio-Programme Deutschlands, das ist klar. Aber immer mehr ganz Junge wollen auch anderes, wollen Neues. Also mussten wir auch mit etwas ganz Neuem reagieren - mit DASDING.

Und da wir uns nicht endlos Programme leisten können, lag es doch auf der Hand, zusätzlich zu DASDING nur noch eine Popwelle anbieten zu können. Denn für den neuen SWR geht es ja auch darum, das Radioangebot zu verjüngen - das heißt also auch, das künftige erste Programm neu zu gestalten, vielleicht sogar mit der ein oder anderen Anreicherung aus den bisherigen dritten Programmen.

Deswegen geht es auch nicht darum, wie sehr wir uns "gewehrt" haben - es ging darum, wue unsere wichtigsten und charakteristischsten Element weiterleben können, und was aus unseren Moderatoren und Moderatorinnen wird. Außerdem um das, was wir ohnehin dringend überarbeiten und dringendst neu einführen müssen. Die Diskussionen darüber haben wir vielfach auch öffentlich geführt: in Interviews, durch Überzeugungsarbeit - vor allem aber in intensivsten Verhandlungen mit den Kolleginnen und Kollegen von SWF 3. Ohne Euren Rückhalt wäre für uns alles noch schwieriger gewesen. Eure Unterstützung war einfach klasse!

Aber man muß, was den jetzigen Stand der Dinge angeht eines auch deutlich sagen: Es werden gerade nur Vorschläge erarbeitet - mehr nicht. Es sind noch keine Entscheidungen gefallen, weil noch gar keine Entscheidungen fallen können. Nur der künftige Intendant und die künftigen Gremien können über Programme und ihre Macher bestimmen, und die werden sicher auch noch die ein oder andere Vorstellung haben.

Wir führen hier mal die häufigsten Fragen auf, die zur Zeit ständig an uns gestellt werden:

Was wird aus den Moderatoren?
Im neuen Programm SWR 3, so die Übereinkunft, werden gleichberechtigt die besten von SDR 3 und SWF 3 zum Zug kommen. Es geht keiner von SDR 3 zu SWF 3 und muß deren Stil irgendwie übernehmen. Sondern es entsteht aus beiden Programmen ein neuer Moderatorenstamm mit neuem Teamgeist, eigenem Stil und Profil.

Was wird aus den Knüllern Eures Programms wie TREFF und LEUTE?
Wir haben drei Kriterien: Was ist aus beiden Programmen jung un gut genug, um auch in Zukunft ein Knüller zu sein? Was könnte in Zukunft in ein anderes Programm besser passen? Was sollen wir neu entwickeln? Als wir mit SWF 3 über eine mögliche Struktur gesprochen haben, hat sich bald herausgestellt, daß Ihr vieles wiederfinden werdet. Vielleicht nicht mehr mit dem bisherigen Namen, aber genau die Art wildsüdlichen Radios - und da haben wir enorm vieles eingebracht. Sei es die "Aktuell" - Strecke, die Idee von "Playtime" oder "Topline", die Gestaltung am Wochenende überhaupt, eine Sendestrecke wie der "Treff" oder vieles andere mehr. Und was "Leute" oder "Schaufenster" anbelangt - das sind Sendestrecken, wofür wir uns stark machen, und was aus unserer Sicht weiterleben muß. Es wäre jedoch gut denkbar, daß solche Spitzensendungen auch in einem anderen, verjüngten Programm auftauchen, das Wert auf ein klassisches Informationsprofil legt, dabei aber modernste Radioformen anbieten will. Umgekehrt kann es denkbar sein, ein an "Leute" orientierte Nachfolgesendung für ein verjüngtes SWR 3 zu konzipieren.

Gibt es noch den Wilden Süden oder nur noch ein Fenster?
Erstens: Der Wilde Süden wird weiterleben. Und zweitens: Fenster hin oder her, SDR 3 wird nicht in vier, sechs oder sonstige Stunden "eingezwängt". Der Wilde Süden wird eine wichtige Rolle im Gesamtprogramm SWR 3 spielen. Hier, im Wilden Süden, wird das meiste passieren, schon von den Veranstaltungen her. Die Hörerinnen und Hörer sollen nach Möglichkeit noch mehr Service als bisher für den Wilden Süden bekommen - vom Wetter, über Tips, bis zu Veranstaltungen etc. Darüber hinaus ist es unser gemeinsamer Vorschlag, zusätzlich aus Stuttgart moderierte Strecken zu den Radio-Primetimes anzubieten, in denen die Region des Wilden Südens noch viel intensiver als bisher thematisiert werden kann. Der Wilde Süden wird überall dort leben, wo er bisher schon die Nummer 1 der Radioprogramme war. Also im gesamten Regierungsbezirk Stuttgart - was übrigens weit mehr ist, als nur der Großraum Stuttgart.

Kein anderes Programm in Deutschland steht so für "Aktionsradios" wie SDR 3: Von der "Top 1000X" bis zum "Sechstageradio" - Wilder Süden heißt "action", "Programm mal ganz anders gemacht" und Überraschungen. Was wird aus Euren SDR 3-Sonderaktionen?
Die Vereinbarung mit SWF 3 ist klar: Wir werden im neuen Programm diesen Charakter nicht aufgeben. Warum ist es denn undenkbar, daß die Kurpfalz in einem künftigen "Sechstageradio" gegen den Bodensee antritt und Hohenlohe sich mit dem Hunsrück anlegt?

Was wird aus unserem SDR 3 Club, verfallen die WILDCARDS?
Ganz im Gegenteil. Die WILDCARD wird künftig sogar in ganz Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz gelten - und dies nach wie vor kostenfrei. Besitzer der GOLDENEN WILDCARD werden auch weiterhin die zusätzlichen Vorteile wie bisher haben: z.B. ein kostenfreies CLUB-Magazin und alle anderen Plus-Vorteile. Außerdem werden auch die bisherigen SWF 3-Clubmitglieder WILDCARD-Inhaber. Damit wird die WILDCARD sogar noch attraktiver, weil sie für noch viel mehr Veranstaltungen als bisher schon stehen wird.

Wie gesagt, wir werden noch viel verhandeln, viel ausprobieren, viel planen - und eben auch auf Entscheidungen warten müssen. Der Wilde Süden hat sich schon immer durch ausgesprochene Toleranz, Experimentierfreudigkeit und Lust am Radio ausgeziechnet. Gebt dem Neuen eine Chance! Habt Verständnis dafür, daß man manchmal im Leben aufhören muß, wenn es angeblich am schönsten ist, um den Sprung zum notwendigen Neuen nicht zu verpassen! Auch wenn dies zunächst vielleicht sogar weh tut, um dann im Nachhinein sagen zu können - die Entscheidung damals war richtig. Der Wilde Süden hat sich auch immer durch einen ausgesprochen kritischen Geist ausgezeichnet - darauf sind wir stolz, das ist uns bewußt, und darum machen wir es uns auch alles andere als leicht.

Hans-Peter Archner, Matthias Holtmann

Quelle: Wilder Süden, Heft Nr. 10, Oktober 1997.
 
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Das liest sich für mich ein bißchen wie: "Haltet bitte die Klappe und erinnert uns nicht dran - uns graut schließlich auch davor, und wir haben auch Angst vor der Fusion."
Nach meinem Empfinden absolut verständlich. Der diplomatisch-bemühte Tonfall ist meiner Meinung nach richtig getroffen, zwischen den Zeilen liest man mehr als dort steht.

Auf Einzelheiten kann ich jetzt aus Zeitgründen nicht eingehen, werde es aber gerne nachholen.
 
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Und so hörte sich das dann kurz vor der Fusion an. Man beachte die Zwischentöne.
 

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Es ist übrigens nicht erstaunlich, daß im Frühjahr und Sommer 1998, also kurz vor der Fusion, einige SWF3-Leute den Sender verlassen haben. Wie das in den anderen SWF-Programmen und auf SDR-Seite aussah, weiß ich nicht. Die Angst, die damals im Funkhaus in der Luft lag, war aber kaum zu leugnen, und sie war verständlich. Wenn ich mir vorstelle, daß bei dem Sender, bei dem ich arbeite, auch eine solche Zusammenlegung stattfinden würde, da würde ich wohl auch das Weite suchen. Umso beruhigender ist es, daß seit letzten Mittwoch ja feststeht, daß die kleinen ARD-Anstalten Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk weiterhin bestehen bleiben; waren diese beiden doch lange Gegenstand lauter Überlegungen bezüglich Fusionen.

Ich denke, daß die Fusionen zum SWR und die zum rbb Meilensteine in der Geschichte der ARD war und hoffentlich die einzigen Fälle bleiben.
 
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Umso beruhigender ist es, daß seit letzten Mittwoch ja feststeht, daß die kleinen ARD-Anstalten Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk weiterhin bestehen bleiben; waren diese beiden doch lange Gegenstand lauter Überlegungen bezüglich Fusionen.
Der Umstand, dass diese Anstalten schon so manche Fusionsgerüchte überstanden haben, wird sie in Zukunft nicht notwendigerweise schützen. Das Thema SDR-SWF-Fusion war Ende der 80er-/Anfang der 90er-Jahre schon einmal aufgegriffen worden; und nach "der Wende" standen auch viele Rundfunkmodelle für den Osten im Raum, die keinen selbstständigen SFB mehr vorgesehen haben.

Wichtiger als die Frage, wie groß oder klein die Anstalten sind, halte ich die Frage, was sie leisten, welchen Mehrwert sie bieten, gegenüber dem Privatfunk und gegenüber den anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten. Und da sehe ich Radio Bremen wesentlich besser aufgestellt als z.B. den wesentlich größeren hessischen Rundfunk oder den zusammenfusionierten SWR. (zur Bilanz von letzterem hatte ich mich kürzlich hier im Forum in einem eigenen Thread geäußert, allerdings leider fast ohne Resonanz.)

Ich denke, daß die Fusionen zum SWR und die zum rbb Meilensteine in der Geschichte der ARD war und hoffentlich die einzigen Fälle bleiben.
Vor allem Eckpunkte: hier das gewünschte Zusammengehen aus politischem Wollen heraus; dort die Konsequenz einer fatalen Finanzlage. Unterschiedlicher könnten die bleiden Blaupausen für die ARD-Zukunft kaum ausfallen.
 
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Und genau hier sind wir an einem der zentralen Probleme. Während sich mittelgroße und große Anstalten die Taschen vollstopfen (hallo WDR, hallo BR!) und ihre Kohlen zum Fenster rauswerfen, müssen die kleinen knapsen wo es nur geht. Trotzdem schaffen sie es, allen voran Bremen 4, mit wenig Budget ein sehr gutes Programm zu machen. An dieser Stelle kann man sich zwei Fragen stellen:

1. Wie machen die das?
2. Warum machen es die anderen trotz höheren Budgets nicht?

Wenn ich mir ansehe, wieviele Wellen sich größere Anstalten leisten (WDR, hr, BR, rbb) und trotzdem nur mittelmäßige Grütze produzieren, die offensichtlich auf Quote und nicht auf Unterscheidung der Privatanbieter ausgelegt ist (bestes Beispiel dafür ist der hr mit seinen Vorzeigenegativbeispielen hr1, hr3 und You FM), dann wundert es mich nicht, daß sie alle Nase lang nach Gebührenerhöhung schreien. Aber auch bei den kleinen Anstalten wird verschwendet was das Zeug hält. Würde hier das vorhandene Geld mal anständig verteilt, müßte jeder mit dem auskommen, was er hat. Ich bin mir sicher, daß auch dann noch gutes Programm möglich wäre - man muß es halt nur auch mal machen. Was "anständiges Verteilen" ist, ist natürlich auch Auslegungssache. Ich denke schon, daß die kleineren Anstalten für ihre Sendegebiete enorme Wichtigkeit und auch eine Daseinsberechtigung haben. Ich fand es schlimm genug, daß SWF und SDR fusionieren mußten, denn dadurch hat dieses Land zwei bis dahin sehr sehr gute ARD-Anstalten verloren und eine mittelmäßige gewonnen. Was Holtmann damals sagte, ist absolut korrekt: man soll keine unterschiedlichen Blutgruppen mischen. Das gilt auch für Bremen und das Saarland. Beide ARD-Anstalten sind für ihre jeweiligen Sendegebiete konzipiert und haben dort ihre Akzeptanz. Würden die Gebühren dort halt "anständig" verteilt, hätten sie vielleicht auch nicht mehr diese Geldprobleme, aber da würde natürlich auch jeder, der in dieser Hinsicht in der Verantwortung steht, felsenfest behaupten, anständig mit den Gebühren umzugehen. Daß dann halt Leute eingestellt werden, die von nix eine Ahnung haben aber gut schleimen können oder daß Leute für Dinge eingekauft werden, die andere locker miterledigen könnten, sei nur am Rande erwähnt.

Letztlich ist die Diskussion müßig. Daß das gesamte Modell "ARD" auf dem Prüfstand steht, wissen wir. Daß bei uns aber niemals eine einzige bundesweite öffentlich-rechtliche Anstalt nach dem Vorbild unserer europäischer Nachbarn entsteht und die bisherigen ARD-Anstalten geschlossen werden, aber auch.
 
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