Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

jaywalker

Benutzer
Mir ist aufgefallen, dass einige Sprecher (vor allem in den USA) Richtrohr-Mikrofone favorisieren. Das Sennheiser MKH 416 wird in diesem Zusammenhang immer wieder genannt.
Als Hauptargumente werden die bessere Durchsetzungsfähigkeit im Mix, die geringen klanglichen Unterschiede zum Großmembran-Mikrofon und die relative Unempfindlichkeit für akustisch nicht optimale Aufnahmeräume genannt.

Gibt es hier im Forum Erfahrungen dazu?

Grüsse Jörg
 
AW: Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

Für Radiozwecke seh ich jedenfalls das Problem, dass ich mich auf Grund der Charakteristik kaum bewegen könnte während der Moderation, ohne dass sich das mit ziemlichen Frequenzschwankungen bemerkbar macht...
 
AW: Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

Als Hauptargumente werden die bessere Durchsetzungsfähigkeit im Mix, die geringen klanglichen Unterschiede zum Großmembran-Mikrofon und die relative Unempfindlichkeit für akustisch nicht optimale Aufnahmeräume genannt.
Zunächst mal: Das MKH 416 ist ein hervorragendes Mikrofon für viele Anwendungsfälle und selbstverständlich kann man es auch im Sprecherraum benutzen, sofern die sprechenden Personen sehr diszipliniert ihre Position behalten. Letztendlich ist das eine reine Geschmacksfrage. An sich ist ein Richtrohr jedenfalls nicht für diesen Zweck gedacht. In Synchronstudios werden oftmals sogar Kugeln verwendet, um eben gerade bei Veränderung der Sprechposition keine Klangveränderungen zu kriegen. Es gibt sowieso Leute, die bei Sprachaufnahmen auf Kleinmembranmikrofone schwören. Welches Mikrofon sich in der Mischung besser durchsetzt, das liegt aber weniger am Mikrofon als an der nachfolgenden Signalbearbeitung. Und die Schwächen eines schlechten Raumes können sich bei einem Richtrohr genauso auswirken wie bei einer Niere.

Fazit: Wenn Du ein MKH 416 hast und kein weiteres Mikrofon anschaffen möchtest, kannst Du damit natürlich auch interne Sprachaufnahmen machen. Für Hörfunkleute wäre das aber wirklich ungewöhnlich, auch für den Draußen-Einsatz, wo ja doch eher Kugeln eingesetzt werden. Ansonsten ist mein Preis-/Leistungs-Favorit eindeutig das Neumann TLM 103.

Matthias
 
AW: Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

Dem stimme ich mal zu und gebe zu bedenken, dass der Radiomensch immer etwas mit dem Körper spricht. Na, jedenfalls sollte er das. Das Richtrohr zwingt einen als Sprecher aber doch in eine sehr starre Haltung und man wird auch geneigt sein, sich auf diese zu konzentrieren. Entsprechend über- und verspannt gibt man sich - einfach ungünstig für Radiozwecke.

Axiale Großmembran-Alternative ist das AKG C-4500B-BC, wenn man nicht von radial einsprechen möchte. Aus Erfahrung kann ich aber sagen, dass sich der gefühlte Vorteil schnell relativiert.
 
AW: Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

Sagenhaft! Also in einem sehr kleinen, nahezu 100%ig reflexionsfreien, fast schon schalltoten Raum bei entsprechendem Sprechabstand und entsprechender Verstärkung... Könnte gehen. Aber vorstellen kann ich mir das nicht und es scheint sich ja auch nie durchgesetzt zu haben - aus gutem Grund nehme ich an.
 
AW: Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

Vielen Dank für Eure Meinungen.
Ich denke auch dass es im Sendestudio eher unzweckmaessig ist, mit einem Richtrohr zu arbeiten.

Matthias erwähnte weiter oben, das ungünstige akustische Aufnahmebedingungen auch bei Richtrohr-Mikrofonen das Ergebnis negativ beeinflussen.
Wäre es nicht trotzdem vorstellbar, das eine Sprachaufnahme in einem nicht optimalen Raum, qualitativ einer Aufnahme mit einem Großmembran-Mikrofon überlegen sein kann?
Wenn dem so wäre, könnte das durchaus eine denkbare Alternative für die Produktion von Rundfunkbeiträgen sein. Vor allem für freie Mitarbeiter, deren Budget ein M930 / TLM 103 etc., plus den optimal gestalteten Aufnahmeraum nicht zulässt.

Im Netz findet man ja mittlerweile eine Unzahl an Mikrofon-Vergleichen.
Hier zwei Links:
http://www.vocalimpactmedia.com/SoundStorage.html#103 und http://www.vocalimpactmedia.com/SoundStorage.html#103

Was meint Ihr? Kann das Richtrohr unter bestimmten Umstaenden eine Alternative sein?

Gruesse Joerg
 
AW: Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

jaywalker schrieb:
...Kann das Richtrohr unter bestimmten Umstaenden eine Alternative sein?
Ja - unter etwa diesen Umständen käme das schon hin:
dea schrieb:
...in einem sehr kleinen, nahezu 100%ig reflexionsfreien, fast schon schalltoten Raum bei entsprechendem Sprechabstand und entsprechender Verstärkung...
aber eben nicht ...
jaywalker schrieb:
...für freie Mitarbeiter, deren Budget ein M930 / TLM 103 etc., plus den optimal gestalteten Aufnahmeraum nicht zulässt...

Für letztere würde ich mal Versuche machen mit guten Nieren oder auch Supernieren, dynamisch / Kleinmembran
 
AW: Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

Wenn dem so wäre, könnte das durchaus eine denkbare Alternative für die Produktion von Rundfunkbeiträgen sein. Vor allem für freie Mitarbeiter, deren Budget ein M930 / TLM 103 etc., plus den optimal gestalteten Aufnahmeraum nicht zulässt.
Der gut gestaltete Aufnahmeraum ist fast noch wichtiger als das beste Mikrofon. Wenn Du allerdings korrekt vergleichen möchtest, musst Du ja wirklich bei TLM 103 und MKH 416 bleiben. Und dann wirst Du feststellen, dass das MKH 416 sogar teurer ist als das TLM 103. Oder anders: TLM 103 mit Spinne kostet genau dasselbe wie ein MKH 416. Nur dass Du eben das TLM 103 nicht unterwegs einsetzen kannst.

Wer tatsächlich aus Kostengründen nur mit einem einzigen Mikrofon arbeiten muss, der sollte wirklich eher nach einer Niere schauen, ein MKH 40 zum Beispiel. Das allerdings ist noch ein wenig teurer. Wobei ich ja nach wie vor wirklich der Meinung bin, dass es schon einen Grund hat, warum Generationen von Hörfunkreportern mit einem MD 21 durch die Gegend gezogen sind. Gerade wenn jemand einen guten Vorverstärker (aus einem dynamischen Mikrofon kommt eben nicht so viel Pegel raus) an Bord hat, sollte er das ruhig mal ausprobieren.

Sagenhaft! Also in einem sehr kleinen, nahezu 100%ig reflexionsfreien, fast schon schalltoten Raum bei entsprechendem Sprechabstand und entsprechender Verstärkung... Könnte gehen.
Noch ein Wort zum reflexionsarmen Raum: Sowas ist für Sprachaufnahmen absolut nicht erwünscht. Der Raum muss sich in seiner Akustik innerhalb bestimmter Bereiche bewegen. Er darf keine zu lange Nachhallzeit haben, aber auch keine zu kurze. Ich habe dazu ja hier und woanders schon viel geschrieben, wie man selbst ein Gefühl für einen guten Sprecherraum bekommt.

Matthias
 
AW: Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

Pianist_Berlin schrieb:
Ich habe dazu ja hier und woanders schon viel geschrieben, wie man selbst ein Gefühl für einen guten Sprecherraum bekommt.
das würd mich weiterbildungsmäßig interessieren, wenn du einen Link hast [gerne auch per PM] bittedanke ;)
 
AW: Sprachaufnahme: Richtrohr vs. Großmembran

das würd mich weiterbildungsmäßig interessieren, wenn du einen Link hast [gerne auch per PM] bittedanke ;)
Jetzt hatte ich ganz vergessen, Dir einen Link zu nennen. Der bezieht sich zwar in erster Linie auf Räume zur Musikaufnahme, aber vom Grundsatz her gilt das natürlich auch für Sprecherräume, nur dass sie eben kleiner sind. Der letzte Satz des Artikels ist im Prinzip für Dich der Wichtigste.

Kleiner Schönheitsfehler: Als Autor steht dort immer der Pfleger der FAQ, das ist ein anderer Matthias.

Matthias
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben