Was ist (journalistische) Qualität?

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Ulrich Köring

RADIOSZENE
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Da ist sie wieder: die Qualitätdebatte. Was ist denn genau journalistische Qualität? Die Gremienvorsitzenden der ARD wollen das jetzt endlich wissen, damit sie sich klar von Nicht Qualität-Anbietern abgrenzen können. Die nächste Debatte wird dann vermutlich heißen: Wie viel Qualität erreicht welche Quote? Oder sollte man nicht lieber gleich fragen: was empfindet der Rezipient als Qualität?

Positionspapier zum Qualitätsdiskurs in der ARD
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

Hm, also
Die Gremien werden darauf hinwirken, dass der gesellschaftliche Mehrwert ("Public Value") des ganzen Programmspektrums als herausragendes Qualitätsmerkmal verstärkt evaluiert, reflektiert und dokumentiert wird.
klingt doch ganz positiv; vor allem, da es nicht wie zunächst befürchtet auf eventuelle neue, sondern auch auf bestehende Angebote angewendet werden soll. Es erinnert an das, was zum Beispiel in diesem Thread erörtert oder z.B. von mir hier dargelegt wurde.

Die Frage ist nur, ob Evaluation, Reflektion und Dokumentation auch irgendwie Folgen fürs Programm haben werden, oder ob sich am Ende die jeweiligen Hörfunkdirektoren hinstellen, und sagen "vielen Dank für das schöne Papier mit den vielen Buchstaben drin, die Hörer wollen aber ein Programm mit vielen Jingles und wenig Infos und den immergleichen Titeln". Und um festzustellen, dass es mit dem Niveau zumindest einiger ARD-Angebote nicht so weit her ist, braucht man eigentlich auch keinen großen Bericht.
Deshalb ist für die Gremien der Erfolg durch Qualität Gradmesser der Leistungserfüllung und nicht alleine die Quote.
Davon merkt man aber bei der Arbeit der meisten ARD-Gremien nicht so viel.
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

GVK-Positionspapier schrieb:
Deshalb ist für die Gremien der Erfolg durch Qualität Gradmesser der Leistungserfüllung und nicht alleine die Quote.

Dieses Zitat muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wie, bitte, kann „Erfolg durch Qualität“ ein Gradmesser sein?!

Nein, mein Vorredner hat es auch schon gesagt, es fehlt ja gerade der Gradmesser! Ich habe doch schon mehrfach angerufen bei der Redaktzschoon. Es ist zum Verzweifeln! Man kann’s nicht mehr hören! :D

Was K 6 so treffend das 12. Rundfunkdingsda nennt, dessen aktuellen Diskussionsstand man sich hier (Link links) ansehen kann, hilft da übrigens auch nur bedingt. Zwar soll § 11 (Auftrag) neu gefaßt werden, in dem dann steht

Zwölfter Rundfunkänderungsstaatsvertrag schrieb:
Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.
- was das sein soll, und vor allem wie man die Einhaltung dieser blumigen Worte überprüfen will, bleibt aber schön im Unverbindlichen.

Und so lange das so ist, wird man weiter den Quoten hinterherrennen. Schöne Worte hin oder her. Leider.
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

Die Frage ist nur, ob Evaluation, Reflektion und Dokumentation auch irgendwie Folgen fürs Programm haben werden

Wenn man etwas evaluiert und zu einem negativen Ergebnis kommt, dann lautet die Konsequenz doch „weg damit“, oder habe ich da was falsch verstanden?
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

Wenn man etwas evaluiert und zu einem negativen Ergebnis kommt, dann lautet die Konsequenz doch „weg damit“, oder habe ich da was falsch verstanden?
Theoretisch ja; das Problem ist nur, dass die, die da evaluieren, und die, die da entscheiden, nicht notwendigerweise die selben sind.
Die Gremien werden darauf hinwirken, dass der gesellschaftliche Mehrwert ("Public Value") des ganzen Programmspektrums als herausragendes Qualitätsmerkmal verstärkt evaluiert, reflektiert und dokumentiert wird.
Da steht nichts darüber, wer hier evaluiert. Die Programmverantwortlichen selbst? Die Rundfunkräte? Irgendwelche Mischkommissionen? externe "Experten" (und wenn, wer sucht die aus?)?

Selbst wenn der zuständige Rundfunkrat evaluieren sollte und zum Ergebnis kommen sollte, dass z.B. Jump so klingt wie ödester Privatfunk oder gar noch schlechter (die für den MDR nicht-zuständige Thüringische Medienanstalt hat das ja schon seit Jahren mehrfach quasi-offiziell fertig geevaluiert - ich finde nur gerade den Thread dazu nicht), kann sich der Horfunkdirex oder der Programmschiwack oder wer auch sonst immer noch hinstellen und sich für die netten Thesen bedanken, die er sicherlich auch schon ohne ARD-offizielle Evaluation schon oft gehört hat - eine Programmänderung ergibt sich darauf noch lange nicht zwingend.

Und auch die besten Programmleitlinien ("Ziel ist die gemeinsame Erarbeitung eines Leitfadens zur Qualitätsbewertung [...] durch einen ständigen Diskurs zwischen Gremien, Programmmachern und Programmnutzern.") bedeuten nicht zwingend, dass auch das geleitete Programm besser wird. Als der SWR-Staatsvertrag 1997 beschlossen wurde, meckerten die Programmverantwortlichen in den Zeitungen, dass der blöde Vertrag die Programmziele so übergenau ausformiere, dass sie kaum noch Möglichkeiten hätten, die Programme nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Heute wissen wir, wie es ausgegangen ist. Der SWR hat sich einfach nicht an den Vertrag gehalten, SWR3 ist heute genausowenig das vorgeschriebene Jugendradio wie SWR1 das vorgeschriebene Informationsradio ist. Und niemanden kümmert's: Nicht Exekutive und Legislative, die den Vertrag ausgehandelt haben. Und nicht die Gremien, die ihn eigentlich umzusetzen und zu überwachen hätten. Und deshalb kommt es nicht auf schöne Programmleitlinien oder Evaluationen an, sondern auf besseres Programm, egal, ob dieses nun durch Zwang von oben, durch Evaluation von außen oder durch Einsicht von innen erreicht wird.
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

Was ist journalistische Qualität? Das Gegenteil von Claims, Superhits, hirnlosen Moderatoren und Major-Promotions....
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

In dem Positionspapier der ARD geht es zwar um den Rundfunk allgemein, das Hauptaugenmerk liegt dabei aber wohl auf den Fernsehprogrammen. Und wer auch nur halbwegs etwas in der Birne hat, wird ja wohl nicht bestreiten, dass zwischen dem Angebot von ARD und ZDF und den privaten TV-Sendern meilenweite Qualitätsunterschiede liegen.

Dazu passend auch nachfolgende Pressemitteilung:

"Die ARD setzt im Nachrichtenjournalismus nach wie vor Maßstäbe. Das ist das Ergebnis der Studie "Die Qualität von Fernsehnachrichten" von Prof. Gregor Daschmann von der Universität Mainz. Demnach machen die Öffentlich-Rechtlichen nach wie vor die seriösesten Fernsehnachrichten. Vor allem die "Tagesschau" sei Vorreiter im politischen Themenbereich. ARD und ZDF wählen besonders häufig Themen mit gesellschaftspolitischer Relevanz für ihre Nachrichtensendungen. Relevanz gilt in der Wissenschaft als bedeutendes Qualitätskriterium. RTL, SAT1, Pro Sieben oder Vox setzen dagegen stärker auf emotionale und unterhaltende Themen. Ihre Nachrichten haben daher nicht dieselbe Qualität wie die von ARD und ZDF, schlussfolgert Daschmann. Die Studie des Mainzer Professors widerspricht einer forsa-Umfrage im Auftrag von RTL. Sie ergab, dass die Qualität von RTL-Aktuell mit der Qualität öffentlich-rechtlicher Nachrichten vergleichbar sei."
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

Dem kann man zustimmen; wo schaltet man hin, wenn irgendetwas tragisches passiert und wenn man seriöse Nachrichten sehen will? Zu RTL2, VOX oder SAT1 bestimmt nicht. Auch die investigativen Magazine wie Frontal21 oder Monitor sind in ihrer journalistischen Qualität unerreicht. Keine reißerischen Berichte und Themen, die in Richtung Tränendrüsen gehen, sondern schlicht und einfach Fakten. So auch die Tagesschau/Tagesthemen.

Man verteufelt auch hier im Forum die GEZ, aber auf die oben genannte Berichterstattung möchte ich auch in Zukunft nicht verzichten.
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

@ AC und @ HR

Ihr habt recht. Sicher gehts in der hauptsache um das fernsehen, aber im grunde sind die fragen und die erkenntnisse von heavy rotation genauso aufs radio uebertragbar.
auch da gilt: wenn's ernst wird, schaltet man das ARD-radio ein, seriös, verlaesslich und manchmal so langweilig gruendlich, dass sie nur oeffentlich-rechtlich sein koennen.

Das einzige, was die nicht so gut koennen, sind trailer und gewinnspiele - aber ob das qualitaetskriterien sind.....?
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

Das einzige, was die nicht so gut koennen, sind trailer und gewinnspiele - aber ob das qualitaetskriterien sind.....?

Da möchte ich gerne noch "Musik" und eben "Inhalte" hinzufügen...

Natürlich wieder auf das Paradebeispiel einer schlechten ÖR-Welle bezogen.
 
AW: Was ist (journalistische) Qualität?

Eine schöne und wichtige Antwort auf die Eingangsfrage läßt sich aus einem anderen Faden herleiten: Journalistische Qualität ist es, wenn in den Nachrichten NICHT der Spitzenplatz der Sendercharts vermeldet wird... :wall:
 
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