Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

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Flyingdoctor

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Hier soll ein topic entstehen das sich nicht mit einzelnen Sendern, Sendungen, Moderatoren oder Musikrichtungen beschäftigt.

Es sollte stattdessen eine Diskussionsrunde wachsen, die über den Neuanfang in der Nachkriegszeit, die daraus resultierende Entwicklung, und die gesellschaftliche Bedeutung des Hörfunks, damals bis heute, berichtet.

Also quasi vom Volksempfänger bis zum Internetradio, vom NWDR des Adolf Grimme bis hin zu "Sylt-Radio".

Fakten, Anekdoten, Pics und Hörbeispiele sind sehr herzlich willkommen.

Auf eine rege Teilnahme und viele Beiträge freut sich der

Flyingdoctor
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Gehört es hier rein oder nicht eher in den Nostalgiefaden?
Ansonsten kann und werde ich da vieles dazu beisteuern. Ganz besonders wichtig: Wie sich die Radiolandschaft von 1945 bis 1964 gewandelt hat...
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Als Grundsatz sollte gelten: Radiopolitik statt Seekrankheit :)

Und die Zukunft sollte keineswegs ausser 8 gelassen werden.
Z. B. ahne ich, dass der Aether irgendwann tot sein wird,
weil mit Internettechnologie TV und Radio verschmelzen werden...
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Fassen wir es kurz: damals war Radio noch gut, heute schlecht und in Zukunft nicht mehr hörbar. Sofern man den Beiträgen hier im Forum glauben kann :D
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Zukunft: Mir persönlich ist es eigentlich egal, ob ich Radio via UKW, DVB-sonstwas oder UMTS empfangen kann.
Solange die Vielfalt darunter nicht leidet, Nischennprogramme besser empfangbar werden und die Sender bessere Rückmeldungen über Hörerzahl, Hördauer und Einschaltzeiten bekommen (was dann die MA überflüssig macht), soll's mir nur recht sein.

Nachteil: Geht die Freiheit flöten, sei es hierzulande oder in einem anderen Schurkenstaat (ja, ich habe "anderen" geschrieben!), wird der Zugang zu unabhängigen Medien erheblich erschwert.
Vielleicht erinnern sich ja noch einige von euch daran, dass es auch mal zwei deutsche Staaten gab. Na, und wie viele Satellitenschüsseln hingen in dem anderen, "demokratischen" Teil?

So eine (Ultra-)Kurzwelle ist doch was feines....
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Fassen wir es kurz: damals war Radio noch gut, heute schlecht und in Zukunft nicht mehr hörbar. Sofern man den Beiträgen hier im Forum glauben kann :D

So pauschal kann man das nicht sagen. Sicherlich gibt es viel Kritik, aber ab und an auch mal Lob für gut gemachtes Radio.
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Ja, vielleicht sollte dieses topic tatsächlich ind die Nostalgieecke verschoben werden.
Falls der Moderator das liest, möge er es bitte verschieben.

Nun aber mal ab ovo zu den Ursprüngen des Radios im Westdeutschland der Nachkriegszeit.
Hier ein sehr schöner und auch kurzer Abriss zur Entstehung der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten.

http://www.frank-schaetzlein.de/texte/rdfk45-49.htm#amerikanisch


Über RIAS Berlin Drahtfunk, Voice of America, LW-Deutschlandfunk, Deutschlandsender, Deutscher Soldatensender (hatte der nicht
Morsezeichen in der Kennung, ähnlich dem "...-" V der BBC ?) muss dann noch gesondert berichtet werden.
Den LW-Sender : "...vieerr - fünneff - sieeben - neuen..." lassen wir mal aussen vor, lol
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Allgemein finde ich es doch sehr fragwürdig, die heutige Sitauation als schlecht abzustempeln. Die Zeiten ändern sich, das Radio als Unterhaltungsmedium wurde vom Fernsehen abgelöst, und der Durchschnittshörer hört kaum mehr als eine halbe Stunde auf dem Weg zur Arbeit und zurück Radio.
Es ergibt meiner Meinung nach keinen Sinn, das Alles im Allgemeinen zu diskutieren, vielmehr sollte man über die Zeit und den Wandel, den die Zeit eben (leider) bringt, reden und diesen für uns, die wenig noch verbliebenden Radio-Freaks, um das best mögliche zu drehen, wenn man versteht, was ich meine. :rolleyes:
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Die Linien haben sich gegenseitig etwas verschoben. Wie smiley schon richtig schrieb, wurde das

smiley schrieb:
... Radio als Unterhaltungsmedium (...) vom Fernsehen abgelöst ...

Und warum? Zunächst stieg das Interesse am Fernsehen allgemein, gerade bedingt durch den verstärkten Einsatz von Kabel- und Satelliten-TV und der höheren Anzahl an Programmen. Dies wurde allerdings nur anhand der Fernsehprogramme auch wirklich "angenommen", die Radiosender im Kabel und über Satellit fanden - bis auf wenige Ausnahmen - wenig Beachtung. UKW war und ist immer noch erste Prämisse. Allerdings nahm der eigentliche Grund, Radio zu hören - nämlich die Einschaltsendungen, immer mehr ab. Früher hatte man noch gesagt: "Um 18 Uhr ist die Sendung XXXX, die möchte ich unbedingt hören." Dies findet sich heute fast nur noch bei den Wortprogrammen wieder. Ganz ehrlich: Warum soll ich zu einer bestimmten Zeit Radio hören, wenn ich die gleiche Musik und die Häppcheninfos auch zwei/drei Stunden später hören kann?

Warum meine Aussage mit den verschobenen Linien? Zunächst hat das Interesse am Medium Radio an sich etwas abgenommen, dies wurde (meines Erachtens) dann durch die Reduzierung der Einschaltsendungen weiter beschleunigt.

Ist allerdings meine subjektive Vermutung; (wissenschaftliche) Belege zu meinen Ausführungen habe ich nicht. ;)
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Was die verklärten Nostalgiker allesamt bei ihrer Betrachtungsweise vergessen: "Man" hatte damals -1955/1965- nur EINEN Sender und den musste man, mangels Fernsehen, hören. Ob man wollte oder nicht.... (Fernsehen gab es noch nicht für jeden...)

Also Ackerbau und Viehzucht, der Tipp für den Kleingärtner, das Wort zum Tag, Erbauliches am Vormittag, ab und an mal eine "Hitparade" und Musik queerbeet alles vom hauseigenen Orchester über Peter Alexander bis Elvis oder den Beatles....
Wer sich so ein Programm HEUTE nochmal freiwillig antun würde, von morgens bis nachts, würde wahrscheinlich Schreikrämpfe kriegen. Unterhaltung: wenig. Erhobener Zeigefinger: jede Menge. Format: Nie gehört, wie auch bei einer Welle? Konkurrenz: Null. Vielleicht die aufgesetzt fröhlichen Wellen aus Luxemburg, mehr aber BFBS und AFN (bis 1964, dann kamen Caroline & Co. :D).

Heute ist Radio ein Nebenbeimedium geworden, in der Tat. Abgelöst einst durch TV und mehr und mehr durch neue(re) elektronische Medien.
Zwischen gestern und heute liegen fünf, sechs Jahrzehnte, die es vielleicht nacheinander zu beleuchten gilt, wenn man die Fragestellung ernst nimmt...
Um zu wissen, was wie warum woraus entstanden ist. Erst dann, wie es weitergeht...
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Man" hatte damals -1955/1965- nur EINEN Sender
Ich weiß jetzt nicht, wo das rv01 aufgewachsen ist, aber bei uns konnten ohne großen Antennenaufwand auf UKW die Programme des DDR-, Hessischen und Norddeutschen Rundfunks (für den Bayrischen Rundfunk bedurfte es eines guten Empfängers oder einer guten Antenne) empfangen werden. Hinzu kamen noch das erste Programm des SWF, die Europawelle Saar und Radio Luxemburg auf MW, Deutschlandfunk auf Langwelle und Südfunk Stuttgart sowie Radio Luxemburg auf Kurzwelle. - Abwechslungsreich war es schon, denn die gespielten Titel unterschieden sich je nach Region, für die gesendet wurde, doch deutlich; durch den gespielten Mix wurde zwangsläufig ein Blick über den Tellerand - Schlager, Chanson bzw. Liedermacher und Rock/Pop schlossen sich nicht aus. Es waren Präsentatorinnen und Präsentatoren im Einsatz, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Vor allem waren sie eins: UNVERWECHSELBAR!

... und heute: Es gibt wohl eine Vielfalt an Programmen, aber eine Einfalt an Inhalten von Nord nach Süd, von Ost nach West; die, die das Programm darbieten sind zum größten Teil austauschbar, und die, die es bisher noch nicht sind, verschwinden klanglos oder gehen in den wohlverdienten Ruhestand. - Allen, die jetzt sagen, gutes Programm sei zu teuer, sage ich noch einmal, dass eine gute Hausfrau oder ein guter hausmann auch mit geringen Mitteln ein schmackhaftes Menue zubereiten kann.
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Bei dem Satz stimme ich auch zu. Aber, ammerlaender:
Daß es damals noch mehr Sender gab, weiß ich auch. Beim hr seit 1950 sogar ein zweites Programm (Kultur/Klassik, wie heute). Aber das half nicht weiter, egal, wo Du aufgewachsen sein mögest...
Ackerbau & Viehzucht, der Tipp für die Kleingärtner, das erbauliche Wort zum Tag und eine Kakophonie an "Musik" fand so miefig wie spiessig auf all diesen Wellen statt. NWDR, BR, SWF und und und und.... Wenn Du in Rh-Pfalz gehört hast, dudelte (! - siehe Vergleich zu heute...) der SWF (Rheinsender).

Wenn Du in Hessen gewohnt hast, hat man eben hr gehört (vorher Radio Frankfurt).
ES GAB NICHTS ANDERES! (Jetzt verstanden?)

Sicher, da gab es einige Stimmen (an die ich mich auch noch gern erinnere) und einige (wenige) innovative Sendungen (die irgendwie ihren Charme hatten): Frankfurter Wecker, die Hesselbachs als Hörspiel.

Aber ABWECHSLUNG war es nicht. Die eine Welle musste sowohl für Kids, Jugendliche, Twens als auch Erwachsene und Senioren herhalten. Entsprechend war das (einem aufgenötigte...) Programm: Für alle und jeden was (kann nicht funktionieren. Damals wegen fehlender Konkurrenz aber ja).

Und was Du da als "über den Tellerrand schauen" beschreibst, habe ich abgrundtief gehasst (an Musik). Heute noch.... Es war Mief, geatmete Bürokratie und ein Abgrund an Musik ohne Sinn und System irgendwie irgendwann mal gespielt.

Sage mir bloß nichts von "Einzigkeit":
Auf JEDER der bundesdeutschen Hörfunkwellen lief damals dieser (sorry) Mist. Insofern ist die Lage damals durchaus (etwas) vergleichbar mit der heute (:D).
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

damals war Radio noch gut, heute schlecht und in Zukunft nicht mehr hörbar.

Das einzige was mich persönlich am Radio (durch)hören HEUTE hindert, ist die Tatsache des ewig gleichen Musikeinheitsbreies, welches einem dann mit dem Claim "Mehr Musik, mehr Abwechslung" "schmackhaft" gemacht werden soll. Ansonsten ist Radio nicht besser oder schlechter als früher. Ich habe aber den Eindruck, dass ganz langsam ein Umdenken stattfindet.
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Eigentlich wollte ich zunächst ja nicht so ins Detail gehen, aber Radiovictoria hat da was angesprochen, was mir unvergesslich bleibt :

Sicher, da gab es einige Stimmen (an die ich mich auch noch gern erinnere) und einige (wenige) innovative Sendungen (die irgendwie ihren Charme hatten):
Frankfurter Wecker...

Der Frankfurter Wecker des HR... damals in den fünfziger und sechziger Jahren einzigartig und seiner Zeit weit voraus.
Dieses Radioprogramm lief in jeder hessischen Wohnung morgens beim Kaffeetrinken !
Eine werktägliche Livesendung morgens ab 06.30 h, ab 07.00 h wurde die Sendung übrigens auch von NDR und Radio Bremen übernommen.
Man sendete aus der hessischen Provinz, aus Kleinstädten, Dörfern, Käffern.
Meist gastierte man in Stadthallen, auf Marktplätzen, in Schulturnhallen, Dorfgemeinschaftshäusern oder sogar in Festzelten auf der Kirmes.
Moderatoren, oder wie man damals sagte Conférenciers, waren Frankenfeld, Kulenkampff, Schenk, Otto Höpfner oder auch der grandiose Autor und Schauspieler
"Eikall, wie kommste mir dann vor" (Babba Hesselbach) Wolf Schmidt.

Da wäre auch Ammerlaender auf seine Kosten gekommen, denn Willi Schneider war in dieser Live-Sendung ein Stammgast :p

Auch die Quizsendung London gegen Frankfurt, eine Live-Ratesendung des HR in Cooperation mit der BBC, einmal wöchentlich abends gegen 22.00 h, u.a. am Micro beim HR der spätere Intendant Dr. Henning Wicht, hatte Kultstatus.

Nun mal zu etwas Ernstem.
Der HR Hörfunk erfüllte auch eine traurige Pflicht.
Er sendete damals jahrelang, mehrmals täglich, unzählige Suchmeldungen des Internationalen Roten Kreuz.
Frauen und Familien suchten dort nach ihren Männern und Vätern, die entweder in Kriegsgefangenschaft gerieten oder als vermisst galten. Dadurch konnten nach den Kriegswirren viele, viele Menschen wieder zusammengeführt werden. So geschehen auch in meiner Familie.


Als link noch der "Rundbau" des HR, die Heimat des HR Hörfunks.
Übrigens wurde dieser "Rundbau" für ganz andere Zwecke gebaut :
Er sollte ursprünglich als Parlamentsgebäude dienen... die Amerikaner hätten Frankfurt gerne als deutsche Hauptstadt gesehen... aber der "Conny" wohnte ja in Rhöndorf...

http://de.wikipedia.org/w/index.php...unk,_Rundbau.jpg&filetimestamp=20090117222632

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AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

@ rv01:
Können wir uns darauf einigen, dass Radio einst deutlich authentischer und ehrlicher beim Hörer ankam, als es heute der Fall ist?

Lag es nun an den damaligen dort beschäftigten Leuten (waren sie die besseren Schauspieler) oder will Radio heute so verlogen, oberflächlich (nicht nur bei der Recherche) und unpersönlich klingen?
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

@ rv01:
Können wir uns darauf einigen, dass Radio einst deutlich authentischer und ehrlicher beim Hörer ankam, als es heute der Fall ist?

Lag es nun an den damaligen dort beschäftigten Leuten (waren sie die besseren Schauspieler) oder will Radio heute so verlogen, oberflächlich (nicht nur bei der Recherche) und unpersönlich klingen?

Ich sage "JA".
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

"You`ll never been 16 again" oder wir lebten damals:wow: in einer anderen "Political
World" (Song von Bob Dylan) und heute. Ich sage nur:

"Heard IT On The X".
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Na klar war der Rundfunk damals authentischer, wie Ammerlaender weiter oben schon gepostet hat.
Und natürlich mussten wir Kids und Halbstarken uns Schnulzen anhören, wie es auch Radiovictoria beschrieb.

In Zeiten da ein gewisser Herr Zuse in Hünfeld noch an einem "Elektronengehirn" bastelte, in Zeiten ohne Fernseher da war der Hörfunk unser "Ohr am aktuellen Zeitgeschehen".
So what, jedes Kind kennt heute noch die Rundfunkreportage von Herbert Zimmermann beim vierundfünfziger WM-Finale, bei der Tragödie von Lengede hingen alt und jung am Röhrenradio, 13. August 1961 wird wohl auch radiomässig niemand vergessen, Freitag 22. November 1963, Dallas/Tx, alles hing am Radio, FIFA WM in Chile 1962 mit Rudi Michel am Micro, nachts sassen wir am Radio, unvergessen, etc. etc.

Hörspiele waren damals auch angesagt, wie etwa die Kurzhörspielserie des HR : "Wer war's, wie geschah's, was war los ? Das Wort hat Kriminalrat Obermoos", wöchentlicher Kurzkrimi im 1. Programm des HR. Am nächsten Tag wurde darüber in der Schule diskutiert !
Trotz Anneliese Aulbachs Berichte über billig zu habendes Suppengrün in der Kleinmarkthalle, oder Heiner, Phillip und Babetts sonntäglicher Ergüsse über den Gemüseanbau, war Radio der fünfziger und sechziger Jahre das konkurrenzlose Informationsmedium schlechthin, und damit gesellschaftspolitisch äusserst relevant.

Beatmusik gabs auch ein wenig : Das Schlagerderby des Deutschlandfunks auf Langwelle jeden Montagabend, die Frankfurter Schlagerbörse mit Hanns Verres jeden Donnerstagabend im HR, vom Telephon zum Microphon mittwochabends auf SWF 1 auf Mittelwelle, und auch Atzes "teens, twens, toptime", kurz auch "T4" genannt, auf HR 2 UKW sollen hier als Meilensteine der damaligen "Subkultur" Beatmusik dienen.

Gut, wir in Frankfurt und Umgebung waren ja in der glücklichen Lage den AFN auch über unsere "Amalgam-Plomben" zu hören, lol, naja natürlich auf 873 kHz AM mit jedem 2-Transistor Radio oder auch mit der "Induktionsstrom-Rakete" (wer kennt das denn noch) zu empfangen, und wer sich ein bisschen drum gekümmert hatte war auch Gast bei Radio Luxembourg auf 208 m AM oder im 49 m Band, 6.090 kHz SW.
Das besprechen wir aber wohl etwas später in diesem thread.

Bis dahin, und wenn Sie Freizeit haben, hüpfen Sie...

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AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Ja, lieber Flyingdoctor, das stimmt: Radio war damals authentischer. Das lag aber auch z.B. den Reportern, die unterwegs waren und tolle Sendungen abgeliefert haben. Typen wie Kurt Krüger-Lorenzen, Gottfried Hoster und andere. Sendungen wie das Quiz zwischen London und Frankfurt wurden anderntags in der Schule diskutiert, Kriminalrat Obermoos nie versäumt und immer mitgefiebert. Später kam dann Hans Rosenthal mit seiner genialen Quizsendung "Allein gegen Alle", die ganze Städte in Aufruhr versetzte. Es war einfach die Zeit, bevor das Fernsehen Einzug in alle Wohnzimmer hielt und die Macht der Bilder alles erschlug.
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Denken wir auch mal an Eile mit Weile mit dem legendären Duo des HR : Hanna Pfeil und Hans Joachim Sobottka, oder an Auf ein frohes Wochenende mit Hans Hellhoff und Lia Wöhr, die ja auch die erste Mamma Hesselbach in den Hörfunksendungen gab.
Denken wir auch an Günther Neumanns Insulaner, frühe Rundfunkgeschichte des RIAS Berlin.
Unvergessen auch Georg Stefan Troller mit seinen Notizen aus Paris, oder die Sportreporter Gerd Mehl, Heinz Deutschendorf, Maegerlein (... sie standen an Hängen und Pisten), Oskar Klose (... und Löhr der einmal seine Müdigkeit vergass, von der linken Seite nach innen flankt, und dort steht der Müller genau richtig), Rudi Michel und Sammy Drechsel.

Erst mal genug der Details, wir solten nun auch mal über den gesellschaftlichen Stellenwert des frühen Radios diskutieren.

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AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Daß das "gute,alte" Radio damals hatte in punkto (ich nenne es mal so) Gewissenhaftigkeit und Fülle der Information schon etwas.
Aber schon vor dem zweiten Weltkrieg gab es zwei Fronten: Das der sogenannten "öffentlich-rechtlichen" wie die der BBC oder der frühen AVRO in NL. Oder dem später staatlich kontrollierten Radio in Deutschland. Belgien und Frankreich hatten auch Privatsender erlaubt. Und über diese -und dem später aus einer Amateurfunkerlizenz entstandenen Radio Luxembourg auf Langwelle (zunächst)- strahlte die IBC (International Broadcasting Company) englischsprachige Programme nach UK ein (auch über spanische Sender und dem gerade unabhängig gewordenen Irland -aus Athlone-)
Diese (über Radio Normandy) und Radio Luxembourg galten in den Spätdreissigern bereits als "Piraten". Die Sender wurden offiziell boykottiert und mussten sogar eine eigene Zeitschrift herausgeben ("Radio Times").
http://www.sterlingtimes.co.uk/RADIO_NORMANDY.htm

Dann kam der zweite Weltkrieg und ab 1945 entschlossen sich praktisch alle Staaten für ein mehr oder minder öffentlich-rechtliches Modell. Was dazu führte, daß es in Belgien keine Privatstationen mehr gab.
Das vor dem Krieg beliebte "Radio Kerkse" aus Antwerpen wurde dann Ende 1962 durch den kurzen Versuch, offshore zu gehen, durch "Radio Antwerp" von der Uilenspiegel wiederbelebt.
Frankreich behalf sich anders und "lagerte" Privatstationen aus- und um das Land. Dazu gehör(t)en Radio Europe, RTL, Sud Radio (Andorra) und auch Monte Carlo. Der Staat war/ist überall mit daran beteiligt.

Grund der allgemeinen Ablehnung für Privatsender: Man wollte Einzelpersonen (für die man die Betreiber eines Privatsenders ansah) nicht Macht und Einfluss auf Hörer geben - abschreckendenstes Beispiel war die Kontrolle des Hitler-Regimes über das Medium Radio....

Was alle aber irgendwie nicht auf ihrer Kalkulation hatten, war die Musik und der einsetzende "Pop"- zunächst ab 1955 mit dem Rock'n Roll. Alle Sender damals besassen weder eine horizontale Programmierung noch ein (irgendein) Format. Da lief alles wild durcheinander von Operette, Blasmusik, Volksliedern (!), Chören, Konzertübertragung, dem hauseigenen Rundfunkorchester und und... "Pop" gab es eine halbe bis maximal zwei Stunden PRO WOCHE: So die Situation in England bis März 1964...

Und diese Situation war unhaltbar. Bis auf das nachts herein- und herausfadende Radio Luxembourg gab es NICHTS im britischen Äther, was an Pop erinnerte. Und Luxembourg hatten sich die vier führenden britischen Plattenlabels an Sendezeit unter sich aufgeteilt: Also auch nichts mit neuen Gruppen und Plattenfirmen....

Das düstere und dunkle dieser Zeit war der "Bildungsauftrag", der erhobene Zeigefinger im Programm, Unterhaltung oder gar Pop "igitt". Nur schwer dosiert... Und private Sender? Bloß nicht! Da würde der Weltuntergang nicht weit sein.

Und so kam es, wie es kommen musste: Erst in Skandinavien und NL (kurzzeitig Belgien), aber dann massiv (weil gut auf Mittelwelle hörbar) kamen die offshore-Sender. Und was brachten sie mit? Frische Moderation, lebendige & schnelle Präsentation, Jingles, sie kreiierten Hits, ebneten neuen Gruppen den Weg (man erinnere sich an "swinging London" und die "british music invasion" in den USA: Ohne die offshore-Sender undenkbar.)

Es wäre früher oder später dazu gekommen: Denn es gab einfach keine Lizenzen für neues, innovatives Radio und die etablierten Radiosender sendeten einfach am Geschmack der Jugend vorbei. Die offshore-Stationen waren eine unausweichliche Folge des post-war-babybooms und sie spielten nur Musik, Musik, Musik (Pop!). Etwa ein Verbrechen?

Erst spät besannen sich dann -beispielsweise in DL- die öffentlich-rechtlichen Sender und führten nach und nach ihre "dritten" Wellen ein: Zunächst als Servicewellen, aber mit einer Prise Pop.

Damals -1964 bis 1974- war die Existenz jener legendären offshore-Stationen notwendig und in meinen Augen (und Ohren) legitim. Und überfällig, sonst hätten wir heute noch das verschnarchte, verstaubte und mit einem zum Weinen anmutenden "Musikprogramm" ausgestatteten Dampfradio-Rundfunkstationen...

Der Blick auf damals verklärt vieles. Ich glaube nicht, daß sich jemand von uns HEUTE sich ein Programm des hr aus dem Jahre 1964 nochmal antun würde. Zumindest nicht freiwillig....
 
AW: Radio früher und heute – Rückblick und Zukunft

Meine ersten Erinnerungen an das Radio stammen aus den fünfziger Jahren. Eine Zeit, da Wohnraum in der schwer zerbombten Stadt Frankfurt noch immer knapp war.
Wir wohnten, Opa, Oma, Mutter, Vater und der kleine Doc in einer 2 1/2 Zimmerwohnung ohne Bad, die sog. "Frankfurter Bäder" wurden erst später gebaut, Klo im Treppenhaus, Ofenheizung. Im 4. Stock gab es Mansardenzimmer in denen meist Kriegerwitwen, z.B. die "Tante" Findt oder die "Tante" Becker, wohnten.

Samstagabends und Sonntagabends, meine Eltern waren meist aus, sassen nun meine Grosseltern, ich, und zwei, drei Frauen aus den Mansardenwohnungen in unserem kleinen Wohnzimmer und hörten Radio, aus einem Gerat wie diesem hier :
http://www.50er-radios.de/aeg-1.htm

Die Oma wurde nun erst mal losgeschickt um einen Krug Bier aus einer benachbarten Kneipe zu holen, dafür hat der Opa, immer zigarrenrauchend (10 Pf. Stumpen, lol), in einer alten Kaffeemühle den Kaffee für die Frauen gemahlen.
Während die Frauen gerne "Tanzmusik" oder "Wunschkonzert" hören wollten, von 19 - 21 Uhr gabs das auf Mittelwelle entweder bei HR oder SWF, wurde es dem Opa als altem Sozi und Jazzliebhaber nach 2 Stunden "easy listening" dann doch zu bunt, und er hat dann mal kurzerhand Radio Luxembourg oder AFN eingedreht. Das hat dem kleinen Doc gut gefallen.
Die Frauen verzogen sich daraufhin in die Küche, tratschten, und die Oma spendierte den Frauen ein Likörchen oder ein Gläschen Cinzano blanco.

Ergo, man sass zusammen und erlebte gemeinsam einen Abend mit Musik und Nachrichten aus dem Radio. Das war billig, man war gesellig, und es wurde dann auch noch über das Gehörte gesprochen !

Radio-memories are made of this
meint euer

Flyingdoc
 
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