Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

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Conny Ferrin

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In den USA können Internetnutzer künftig bestimmen, was im Radio gespielt werden soll: Das Web-2.0-Radio Jelli hat eine Vereinbarung mit dem Radiobetreiber Triton Digital geschlossen und wird ab Anfang 2010 US-weit auf etwa 4.500 FM-Stationen zwei Mal täglich einen festen Sendeplatz erhalten. Bis dato war der Sender außerhalb des Internets nur zwei Stunden pro Woche auf einem Lokalsender in San Francisco zu empfangen; im Netz ist Jelli hingegen rund um die Uhr mit drei Kanälen auf Sendung.

Der Sendebetrieb wurde weitgehend automatisiert und in die Hand der User gelegt. Sie bestimmen durch ihr Votum, welche Titel abgespielt werden und in welcher Reihenfolge dies geschieht. Mit Hilfe von "Raketen" und "Bomben", die nur in begrenzten Mengen zur Verfügung stehen, können sich einzelne User über die Meinung der MIthörer hinwegsetzen und Titel mit nur einem Klick an die Spitze der Playlist befördern respektive sie komplett daraus entfernen. Bei schlimmen Fehlgriffen kann die Community sogar bereits laufende Titel mit vereinten Kräften vom Sender nehmen.

Persönliche Playlisten, ein Chat und die Möglichkeit, private Nachrichten an andere Nutzer zu verschicken, sollen das Wachstum der Community rund um die drei Jelli-Stationen ankurbeln. Über Telefon und Twitter können die Hörer zudem selbst im Radio zu Wort kommen. Im letzteren Fall wird die Nachricht von einer Text-to-speech-Engine vorgelesen. Unklar ist derzeit, ob Jelli auch den Sprung über den großen Teich nach Europa schaffen wird. Das nächste Ziel des Web-2.0-Senders ist Australien.

Hierzulande verfolgt der Radiosender bigFM ein ähnliches Projekt. Neben dem traditionellen Sendebetrieb werden verschiedene Spartenkanäle angeboten, deren Wohl in den Händen der Online-Gemeinde liegt. Abgestimmt wird bei bigMUSIC wahlweise über den Browser oder die kostenlose iPhone-Anwendung. Der Community-Stream wird sonntags zwischen 21:45 und 22:45 auf bigFM ausgestrahlt.


Kommentar der ARD dazu:
Alles kalter Kaffee, sowas planen wir schon lange, und gehen demnächst damit auf Sendung:

Der Sendebetrieb wird ebenfalls weitgehend automatisiert sein; zum Einsatz kommen durch Wechselstrom automatisch in Bewegung gesetzte "Plattenspieler", bei denen lediglich die
Software ("Schallplatten") manuell durch Bedienpersonal ("Gewerkschaftsmitglied") zugeführt werden muss.

Die Hörer bestimmen durch ihr Votum, welche Titel abgespielt werden. Dafür hat eine Arbeitskomission der ARD mehrere innovative Wege erarbeitet:

a) Classic: Der Hörer nimmt direkt Einfluss durch Einsendung eines manuell oder unter zuhilfenahme mechanischer oder elektromechanischer Geräte erstellten Event-Sheets ("Postkarte").
b) Innovativ: Durch Nutzung modernster elektrisch / elektronischer Telekommunikationsmittel ("Telefon") gelangt der Hörer unter Verwendung einer interaktiven Schnittstelle ("Telefonvermittlung des Senders")
direkt zu einem spezialisierten Interface ("Praktikant"), das den Hörervorschlag sofort in die Playlist ("Notizblock, liniert") integriert ("aufschreibt").
Bei schlimmen Fehlgriffen ("Eminem") kann die Hörer-Majority ("Redakteur") sogar laufende Titel durch andere ersetzen ("Nena").
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Als ich das gelesen habe, dachte ich nur: "Schön für die User und noch viel schöner ist es, zuszusehen, wie die Inschrift am Grabstein des Berufes "Radiomoderator" gemeißelt wird." Dies nicht etwa von "irgendwelchen Webradios", sondern von Rundfunkveranstaltern. Da gefriert einem phasenweise das Blut in den Adern.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Das zeigt doch nur daß die Zukunft des Radios im guten Wortbeitrag liegt.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Eher nicht. Die Nachfrage nach solchen, durch User personalisierten Jukeboxen (mit Radio hat das nichts zu tun) scheint zu bestehen und das Angebot wird weiter steigen. Entsprechend muss der Konsum richtigen Radios sinken und daran werden nicht einmal die unsinnigsten Promoaktionen und Gewinnspiele etwas ändern.
Welch geringe Bedeutung das Wort hat, ist auch längst klar: Radioropa weg, Infoprogramme auf Sparflamme und dünnem Eis, Demontage der Nachrichtenkultur. Wort wird als lästig nicht nur empfunden, es wird auch so vermarktet.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Ursache des Übels ist doch, dass das radio sich in den letzten Jahren durch Verflachung, Verseichtung und Entkernung von Inhalten selbst überflüssig gemacht hat. Nur so ist die Tür für Web-Amateure überhaupt aufgegangen - es ist nämlich inzwischen eh egal, was gesendet wird.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Ich würde das Ganze nicht überbewerten.

Zum einen handelt es sich bei diesem Lokalsender in San Francisco um Kits-FM, der laut Website "The bay area's alternative rock" spielt, zum anderen lief diese Jelli-Sendung dort sonntags von 22 Uhr bis Mitternacht. Das ist bekanntlich nicht gerade die quotenträchtigste Sendezeit - eher was für Fans oder Platz für neue Formate... Aber irgendwie muß diese Testsendung Erfolg gehabt haben, denn sonst würde man das Konzept nicht ausweiten.

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Als Vorteil sehe ich, daß damit neue Musik (unbekannterer Bands) einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden kann, ohne daß man als Hörer extra am Stream im Internet hängen muß. Nachteilig ist evt., daß "Viele Köche den Brei verderben".

Für mich wäre diese Art "Radio" jedenfalls nichts. Ich habe doch auf Dauer keinen Bock darauf, laufend voten zu müssen, damit die Mugge aus dem Radio für mich "erträglich" bleibt. Und so wird es wohl vielen älteren Zeitgenossen gehen.

Grüßle Zwerg#8
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Ich sehe die Gefahr durchaus wachsen. Meine eigenen Erfahrungen sind sicher nicht repräsentativ, aber aus gutem Grund beobachte ich mein Umfeld hinsichtlich Radionutzung und Musikkonsum sehr aufmerksam. Der Trend geht nach allem, was ich erkennen kann, eindeutig dahin, dass konventionelles Radio nur dann notgedrungen konsumiert wird, wenn es gar nicht anders geht und dann auch nur... ich spare mir jetzt, das zu definieren.

Ansonsten gibt es eine unglaubliche Masse Leute, die sich Playlisten bei JuTjup zusammengesammelt haben. Das ist stellenweise nicht mal mehr Musik. Als "alter Sack" ringt mir das nur noch Kopfschütteln ab. Gespräche über Radio und Inhalte, die sich oft fast zwangsläufig aus meiner Empörung heraus ergeben, belegen immer wieder neu, dass Radio nur eine Belästigung ist und je entspannender das Radio ist, desto lästiger findet man das. Es scheint eine regelrechte Sucht nach Extremen und maximaler Abweichung zu geben. "Gelaber" will niemand, wirklich gar niemand hören. Manchmal schlagen mir die Argumente gegen das Radio so heftig entgegen, dass ich gar nichts mehr zu sagen weiß.

Sorry, aber mit den Beobachtungen im Hinterkopf überlebt keinerlei Optimismus. Diese Web-2.0-Geschichte ist das gefundene Fressen für ein Clientel, das längst existiert und bei entsprechendem Angebot zugreifen wird. Automatische Jukeboxen mit schräger Musik, ein paar Jingles und Werbeböcken - mit nichts lässt sich für eine - im Zweifelsfall - Einzelperson mehr und einfacher Geld verdienen. Ein ganzes Radio mit Redaktion und Menschen in einem Studio, die noch Emotionen bewegen können, ist/sind längst auf dem Weg zum Abstellgleis.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Kann man dann auch die Nachrichten bestimmen, die man hören will? :D

Für mich ist Radio immer noch schnelle Information, Musik, die Beiträge der Moderatoren und halt Werbung. Warum bieten immer weniger Stationen Sendungen an, in denen sich der Hörer einen Song wünschen kann?

Wenn ich meine Wunschmusik hören will, lasse ich sie auf meinem PC oder MP3-Player laufen...
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Überall wird die meiste Musik gespielt - mehr geht nicht mehr.
Überall wird die beste Musik gespielt - besser geht nicht mehr.

Es macht auch keinen Sinn, Hörer aus der Minirotation etwas wünschen zu lassen, was vor einer Stunde eh schon lief und in einer Stunde wieder laufen wird.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Was mich mittlerweile stark nachdenklich macht:

Wieso kommt ausgerechnet Conny mit dem Thema? Da formen sich seltsame Vorstellungen vor meinem geistigen Auge.
Lieber Kollege, solange die Jammin' Oldies soweit bleiben, was sie sind, ist alles OK. Ansonsten muss ich
a) quasi posthum meinen Geburtstagsgruß widerrufen,
b) stattdessen eine Trauerkarte schicken, mir dafür aber
c) keine Gedanken mehr machen, wie ich die jeweils aktuelle Ausgabe höre. :p
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Warum bieten immer weniger Stationen Sendungen an, in denen sich der Hörer einen Song wünschen kann?

Wenn ich meine Wunschmusik hören will, lasse ich sie auf meinem PC oder MP3-Player laufen...
Wie getz?
Mehr oder weniger?
Oder mehr weniger?
Oder was?
Moechtest du nun Wunschmusik im Radio oder moechtest du keine?

Davon abgesehen gibt es sowas doch, aber es lohnt nicht, denn das Volk, das sich dann Musik wuenscht, wuenscht sich ohnehin ausschließlich Musik aus der Rotation. - Wozu also noch weitere Musikwuensche?
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Allgemeine These für in den Raum:

Wir haben den Höhepunkt der Arbeitsteiligen Gesellschaft überschritten.

Dank Webradio und solchen Dingen wie hier beschrieben bin ich jetzt auch Radiomacher, dank Baumarkt mein eigener Handwerker, dank Hobbythek (ich weiß, ist schon alt) mein eigener Drogist, Seifenkocher... dank Computerzeitschriften mein eigener IT-Fachmann, dank Lebensberatern in gedruckter Form mein eigener Psychoanalytiker, dank Apothekenrundschau mein eigener Arzt...

Und da wäre der Radiomoderator nicht der erste Beruf, der unter den Druck des "Was nützt mir der unmittelbar? Kann ich doch auch alles selber" gerät.

Das ist jetzt keine Meinung, wie ich dazu stehe, sondern nur eine Beobachtung.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Die Beobachtung mag durchaus richtig sein, aber darum geht es hier eigentlich nicht. Es sind auch die wenigsten Radiomoderatoren, die durch die wenigen ernsthaften Talente aus dem Webradiobereich von ihrem Platz verdrängt werden (könn/t/en). Dazu bräuchte es Nachwuchsförderung und Mut zu neuen Köpfen und Stimmen im konventionellen Rundfunk - Fehlanzeige!

Es geht hier darum, dass vollkommen automatisierte, von Usern ferngelenkte Mimiken außer Jingles und Werbung wirklich ALLES überflüssig machen, was ein Radio ausmacht. Da geht es nicht mal "nur" um den Moderator, sondern auch das, was an Readaktionsdiensten noch übriggeblieben ist und deren Repräsentanten wie bleistiftsweise Nachrichten- und Servicesprecher. Das ist übrigens im Grunde nichts neues und eine Software für'n Äppl und'n Ei kann das schon seit Jahren. Neu ist, dass dies jetzt als "Radio" gefeiert wird (siehe auch Tuberadio) bzw. im hier angesprochenen Fall eine solche "Show" als Sendung verkauft wird.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Hallo dea!

Ich verstehe ja deine Einwände, aber wo bitte ist der Unterschied zu einem real existierenden Privatsender nach 22Uhr? Hier dudelt der Automat, dort werkelt eine irgendwie geartete Software zur Interaktion mit den Hörern und generiert evt. sogar noch Einnahmen.

Ich hab's zwar lange nicht gesehen, aber schau dir die "Wunschhits" auf VIVA an. Wenn ich mich recht entsinne, kommen drei Titelvorschläge und die User dürfern eine kostenpflichtige Hotline ansimsen und voten, welcher Titel als nächster laufen soll. Ob das funktioniert, weiß ich nicht. Diese Sendung kann man jedenfalls auch vorproduzieren... Wer kann das schon überprüfen?

Das ist also wirklich nichts neues und ich für meinen Teil mache da nicht mit. Ich bin doch bicht blöd und schicke laufend eine SMS. Die Kids werden auch schnell den Spaß daran verlieren, wenn diese Vote-Hotline Geld kostet.

Und ich sehe durchaus die Gefahr, daß Plattenfirmen dieses Interface gezielt ausnutzen, um Eigenproduktionen zu pushen. Demokratie ist gut, hat aber bei der Musikauswahl in einem Sender nichts zu suchen. Viele Köche verderben den Brei.


vg Zwerg#8
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Ich verstehe ja deine Einwände, aber wo bitte ist der Unterschied zu einem real existierenden Privatsender nach 22Uhr? Hier dudelt der Automat, ...
und das - zumindest gegenwärtig noch - nicht werbe- und somit marktwirksam. Teilweise wird ja für die Nachtautomatik sogar gezielt die Musikfarbe etwas geändert, um den Nachtstunden gefühlsmäßig einigermaßen gerecht zu werden.

dort werkelt eine irgendwie geartete Software zur Interaktion mit den Hörern und generiert evt. sogar noch Einnahmen.
Was heißt hier eventuell? Todsicher wird das so laufen!

Das ist also wirklich nichts neues und ich für meinen Teil mache da nicht mit. Ich bin doch bicht blöd und schicke laufend eine SMS. Die Kids werden auch schnell den Spaß daran verlieren, wenn diese Vote-Hotline Geld kostet.
Es geht nicht nur im Kids. Sie sind nicht die einzige Zielgruppe - nicht einmal die Hauptzielgruppe, würde ich mal so über den Daumen peilen. Im Grunde ändert sich für einige Programme in Deutschland nichts, sie müssen lediglich die Claimaufsager heimschicken und fertig is'. So mancher Hörer würde es kaum bemerken, ja sogar, wie schon weiter oben gesagt, sogar begrüßen.

Und ich sehe durchaus die Gefahr, daß Plattenfirmen dieses Interface gezielt ausnutzen, um Eigenproduktionen zu pushen. Demokratie ist gut, hat aber bei der Musikauswahl in einem Sender nichts zu suchen. Viele Köche verderben den Brei.
Ganz richtig! Wenn solche Projekte nicht nur Schule machen, sondern sich weiter ausbreiten, ist das ein weiterer Todesstoß für die Radiokultur, die ohnehin schon schwer gelitten hat. Dazu gehört die Präsentation von Musik wie auch anderer Informationen, eben - und ich hacke wieder darauf herum - von Nachrichten, damit die Hörer überhaupt noch abseits fixer Eigenvorstellungen auch mit anderen Dingen in Berührung kommen. Das gehört zum Menschsein dazu und Medien, speziell das Radio, haben sich ursprünglich als Werkzeuge zur Informationsverbreitung entwickelt. Aus reiner Kommerzgeilheit diese Grundlage für hinfällig zu erklären und somit das Medium Radio endgültig zur Geldeinspielmaschine machen, halte ich für einen fatalen Fehler. Ein Fehler, der dann später in vielen Jahren möglicherweise von einem Schlaumeier endlich als solcher entlarvt wird und der dann wieder schlaue Reden auf Medien- und Radiotagen faselt, sich innerlich einen abkeult, während er sich reden hört, aber im Grunde die Karre nie aus dem Dreck ziehen wird, die er möglicherweise selbst mit da hineinschob.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

FRUST: Warum beherrscht diese Forensoftware nicht "Zitat im Zitat"? Manchmal ist das ganz nützlich. Bei PNs funktioniert das, glaube ich...


...dort werkelt eine irgendwie geartete Software zur Interaktion mit den Hörern und generiert evt. sogar noch Einnahmen.
Was heißt hier eventuell? Todsicher wird das so laufen!

Vollkommen richtig. Die Frage ist aber, ob dem User wirklich Kosten entstehen! Über irgendeine Hotline, ganz sicher nicht mit 0800 Vorwahl, wird das natürlich nicht laufen. Wir haben heute aber Flatrates auf dem Handy und diesen ganzen Kram. Der User kommt also auch mobil durchaus "kostenlos" ins Internet.

Vorstellbar ist, daß sich auf der "Voting-Website" ein oder mehrere Sponsoren präsentieren, die dort halt ihre Werbung platzieren. Falls der Link angeklickt wird, zahlt der Sponsor halt 0,01 Cent (in dieser Größenordnung bewegt sich das wohl: 10000 Klicks = 1 €) an den Betreiber. Daß dieses Modell funktioniert, beweist beispielsweise ein "Online-Videorecorder" - ich will den Namen nicht nennen.


Es geht nicht nur um Kids. Sie sind nicht die einzige Zielgruppe - nicht einmal die Hauptzielgruppe, würde ich mal so über den Daumen peilen.

Wenn ich mich nicht irre, dann haben die Kinder in DE pro Jahr etwa 3 Mrd. Euro Taschengeld zur Verfügung. Das muß man abschöpfen. Im Prinzip brauchen wir jetzt nur einen "Deagotschi" (SCNR) erfinden und den Kids schmackhaft machen...

Aber ja, auch andere Zielgruppen sind vorstellbar. Diese sind aber logischerweise älter und lassen damit nicht so einfach manipulieren. Wie gesagt, ich würde da nicht mitmachen. Ein solches "Mitmachradio" würde mich eher nerven. Wenn ich etwas von meinen Sender will (Wunschmusik), dann rufe ich dort an. Aber doch nicht laufend - 20 Mal am Tag. So arbeitslos kann man doch gar nicht sein....

Zum Rest deiner Ausfühungen - AOL! ;)

vg Zwerg#8
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Neu ist, dass dies jetzt als "Radio" gefeiert wird (siehe auch Tuberadio) bzw. im hier angesprochenen Fall eine solche "Show" als Sendung verkauft wird.

Da bin ich bei Dir.
Alles andere hat neue Namen bekommen.
Aus der Telefonzentrale wurde der Telefoncomputer.
Aus der Psychotherapie wurde die Talkshow
Aus einer Baustelle wurde "mach es zu deinem Projekt"

Aber wenn Du einen Schritt zurücktrittst und mal von "außen" draufschaust wirst Du sehen, dass die Parallelen nicht von der Hand zu weisen sind.

Und dann kann man auch wieder beruhigt durchatmen. Handwerker gibt es trotz Baumarkt, die Wartezimmer bei den Ärzten sind voll, und auch schlüsselfertige PC-Systeme mit Wartungsvertrag verkaufen sich weiterhin gut und das klassische Moderationsradio wird es weiterhin geben (sei es der wortbetonte Infokanal, der ÖR Klassik-Kanal oder das Bedudelungsradio mit "Lieschen Müller darf sich mal selbst im Radio hören"). Ich denke, wir haben es auch hier
a) mit dem Ausprobieren von technisch Möglichem
b) einer Marktnische zu tun.
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Ich gehe mal leicht [OT] und beleuchte die andere Sichtweise - die des Hörers eines solchen Radios.

Neulich, auf einer Dorffeier: DJ mit großem Set für nahezu jede Richtung legt auf. Frau wünscht sich einen Titel, der absolut überhaupt nicht in die gerade laufende Richtung passt, wurde aber für später versprochen - und gespielt, als es passte.

Diese Frau hinterher zum DJ: "Sie haben meinen Wunsch nicht erfüllt!" - "Aber vorhin, in der [...]-Runde, da habe ich doch..." - Ja, aber sie haben den Titel nicht gespielt, als ich ihn mir gewünscht habe."
:wall:
Noch Fragen?

Das war nicht irgendeine minderjährige Disco-Tusse mit missglücktem Augenaufschlag (sorry), sondern eine gestandene Frau im besten Alter.
Die ist doch die Zielgruppe für diesen Radio-Quark.

Ob es uns gefällt oder nicht, aber wer dieses Potenzial nicht abgreift, ist doch mit dem Klammerbeutel gepudert.
Radio 2.0 macht Mami glücklich, so wird das nämlich ihr Sender. Glaubt sie zumindest.

Ich hätte ja mit in euren Chor eingestimmt, wenn ich nicht Zeuge der Szene geworden wäre. Mir gibt das zu denken, und ändern kann ich es eh nicht.

Der DJ jedenfalls war gut und hat sich davon nicht beeindrucken lassen - die Leute haben gefeiert bis zum bitteren Ende.
Ihr kennt das ja: "Wenn du [das und das] spielst, tanzen alle" (bei voller Tanzfläche). :rolleyes:

Die Leute haben es nicht anders verdient. Bitte....
 
AW: Web-2.0-Sender schafft Sprung ins Radio

Dass das Klientel für derartige Jukeboxen längst existiert und nicht einmal nur aus einer schmalen Zielgruppe besteht, hatten wir schon. Auch die Vision, dass sich auf genial einfache Weise das Portemonnaie damit schwemmen lässt, is längst bedacht.

Das Beipspiel aus der Dorfdisco macht aktuell nur eins: Aufzeigen, dass die Notwendigkeit zu mehreren solcher Jukeboxen besteht, denn selbst die kann man nicht unbedarft mit allem dahin laufen lassen, was es an Musikrichtungen und Stilen gibt.
Ziel war ja zumindest im angegebenen Beispiel, dass Hörer quasi durch ein Online-Votum ihre eigene sHitparade machen. Für die meisten sHitradios in Deutschland ergibt sich aus dieser die heiße Tagesrotation. Umgerechnet auf eine Web-2.0-Jukebox (mit Radio hat das nichts zu tun!) bedeutet das, dass diese entweder direkt als Spartendudler aufgestellt werden müssen oder sich aber automatisch zu solchen entwickeln. In letzterem Fall dürfte dies von der Aufmachung der Community abhängig werden und wie, somit wen sie besser anspricht.
Die Wunschfrau von der Dorfdisco dürfte sich sicher von einer Webseite mit Bienchen, Blümchen und Miezenbildern haschen lassen - jeder halbwegs entwickelte Teeny eher nicht. :)

Zurück zum eigentlichen Tenor (in meinem Fall eher Bass): Das klare NEIN zu solchen aktionsgesteuerten Jukes baut auf vielen Dingen auf, von denen (nicht nur) ich behaupte, die haben Radio einst zu dem gemacht, was es ist: Ein Informationsmedium. Radio informiert auch über Musik: Neue Bands, neue Stile, neue Alben, neue Singles. Und Radio informiert (viel zu wenig) auch über das, was gestern lief: 60er, 70er, 80er. Es ist dringend notwendig, dies zu erhalten. Warum?
Weil Menschen, um sich eine Meinung und ein Profil schaffen zu können, etwas brauchen, woran sie das schleifen können. Genau deshalb gibt es schon heute die scharfe Kritik an deutschen Einheitsprogrammen mit engstem musikalischen Horizont (in Sachsen kann man ein Lied davon singen), die sogar die Moderatoren und Nachrichtensprecher so platt coachen, dass sie - quasi Zitat Rainer Brandt - beliebig mitten im Satz austauschbar sind und keiner merkt es.
Schon heute darf der Hörer nur unsere (meisten) Hits als Lieblingsmusik haben und unsere (alle) Moderatoren als Liebling hören. ABARTIG!

Hin und wieder gibt aber kleine Lichter im Tunnel. Einen Sender, der vieles anders macht; Moderatoren, die richtige traumhafte Stimmen haben; zu deren Stimme du dir sogar die Namen merkst; denen ständig kleine Patzerchen passieren, woran du merkst: "Hey! Das' ja 'n richtiger Mensch da im Radio!"; Musik weit abseits heutiger Konsumvorstellungen usw.
Dort hört man unter anderem auch den Threadersteller und staunt: Bei ihm rufen der Stimme nach erstaunlich junge Frauen an und wünschen sich Oldies... Mein erster Gedanke war: "Das können die ja gar nicht kennen."
Richtig! Die Timmy-Thomas-Nummer heißt Why Can't We Live Together und nicht Everybody Wants To ..., wie die junge Dame am Telefon sagte. Aber immerhin: Sie muss das Lied erst einmal kennen, um es sich zu wünschen. Dem Stimmalter nach hat sie es im deutschen Radio jedenfalls vermutlich nicht gehört.
Weil wir grad bei der Sendung vom Samstag sind, Conny: Die Voicetakes klangen recht hallig? Hattest du was unrechtes gegessen und das Studio ins Fliesenzimmer verlegt? ;)

Warum erzähl' ich das? Weil es heute kaum wirklich vernünftige Wunschsendungen gibt, in denen die Hörer tatsächlich auch hin und wieder mal ein Glücksgefühl als "Macher" des Programms bekommen. Wenn es ihnen gegeben wäre, außerhalb von Geldscheinsammelaktionen, Wetter- und Verkehrsmelderei sowie beknackter Geräuscheraterei aktiv am Programm teilzunehmen, zu interagieren, dann gäbe das dem Radio soviel zurück und wir könnten auf Web 2.0 große Haufen sch.... ön lächeln.
Web-2.0-Jukeboxen sind nichts als die Sparschweine von Musikindustrie und Schmalformatfetischisten. NO GO!
 
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