Was wäre, wenn die Gastronomie die Prinzipien des deutschen Kommerzfunks übernähme?

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In einem anderen Thread dieses Forums diskutierte ich jüngst mit einem Radiomacher über die Qualität unterhaltender Morningshows. Er zog den Vergleich zu einem Konditor, welcher sich ja ausschließlich nach dem Geschmack seiner Kunden zu richten habe und somit eben auch dann Käsekuchen backen müsse, wenn er selbst diesen verabscheute und lieber Nusskuchen machen würde. Genauso müsse auch der Radioschaffende seine persönlichen Vorlieben (und – falls vorhanden – Ideale?) zurückstellen, denn schließlich gehe es ja ums Geld verdienen. Der Vergleich zwischen Radiomacher und "Essenmacher" hat mir so gut gefallen, dass ich ihn aufgreifen möchte und weiterspinne, wie es in der Gastronomie aussähe, wenn sie die Prinzipien des dt. Kommerzfunks übernähme.
An diesem Vergleich reizt, dass man so viele Entwicklungen des Rundfunks damit sichtbar machen kann.

Wie es ist:
Zunächst schauen wir mal, wie es IST. Es gibt gute und weniger gute Köche, die meisten, so scheint mir, machen ihren Job gern und stehen hinter dem angebotenen Produkt. Was jedoch wirklich GUTE Köche auszeichnet, ist neben handwerklichem Können die Leidenschaft fürs Kochen. Ein guter Koch kocht mit Liebe!
In so einem Restaurant bestellt man gern einen Tisch, auch wenn das Essen möglicherweise viel Geld kostet. Man ist auch gern bereit, mal von der eigenen Auswahl abzuweichen, wenn der Koch seine Spezialität empfiehlt, denn die ist meist besonders gut. Ein guter Koch hat seine ganz individuelle Handschrift, seine eigenen speziellen Zutaten und ist manchmal fast schon so etwas wie ein Künstler.

Wie es wäre:
Jetzt schauen wir mal, wie es in einem x-beliebigen Restaurant aussähe, wenn man dort genau nach den Prinzipien des deutschen Kommerzfunks arbeiten würde. Ich spinne dazu einfach mal eine kleine Geschichte zusammen....

Der Koch, nennen wir in Stefano, ist im Stress. Er wäre ohnehin lieber Konditor geworden als Koch, aber was ihn besonders nervt, ist der Zeitdruck. "Qualität ist nicht so wichtig", sagt sein Geschäftsführer immer, "Hauptsache es geht schnell, die Leute haben´s eilig. In 2“30 muß das Essen spätestens serviert sein." Das Geld ist knapp, darum gibt es heute wieder Suppe. Stefano hätte gern Linsensuppe gekocht, weil er die am besten kann, aber das hat sein Chef verboten. Der hat nämlich gemerkt, dass in den umliegenden Restaurants Erbsensuppe besonders gut läuft. „Also wird bei uns auch Erbsensuppe angeboten, basta!“ sagte der Chef.

Nun, Stefano ists egal, ihm sind die Gäste ohnehin egal, was zählt ist die Order vom GF. Ein bißchen Bedenken hat er aber doch, weil´s gestern und vorgestern auch Erbsensuppe gab – um genau zu sein, den ganzen Monat schon. „Macht nix“, erwiderte der Chef barsch, „schreiben Sie einfach auf die Speisekarte ´jetzt noch mehr Abwechslung´, dann merkt das keiner“. Aber das natürlich nicht einmal, sondern mehrmals, immer wieder. Es sollte sich ja einprägen und darüber hinwegtäuschen, dass es immer dasselbe gab. Und der Chef schmunzelte über seinen Trick. Das Seminar bei der Consulting Firma hatte sich echt bezahlt gemacht, dachte er sich. Außerdem - das hatte der Chef bei dem Seminar gelernt - fördert es den Wiedererkennungswert, wenn immer dasselbe angeboten wird. Stichwort: Identifikation.

Stefano hasste Erbsen. Aber zum Glück hatte er damit nicht viel zu tun, denn sein Budget war so knapp, dass es ohnehin nur zu Konserven reichte. Als Stefano mit dem Abschmecken beschäftigt war, stürmte der Marketingleiter in die Küche: „Unsere Researchs haben ergeben, dass 10 % unserer Zielgruppe keinen Basilikum mögen. Und 5 % mögen keinen Pfeffer. Verluste in dieser Größenordnung können wir uns nicht leisten, verzichten Sie bitte auf beides!“ Stefano dachte an den Leitspruch seines Geschäftsführers: „immer an die Mehrheit denken und nie irgendwo anecken oder anstoßen“ und warf das Gewürz, das er schon in der Hand hatte, weg. Geht auch ohne!

Schwieriger war es schon, als die Verwaltung anrief und sein Budget noch einmal kürzte. Das Seminar war ja recht teuer gewesen und die Einnahmen brechen weg. Stefano hatte dafür Verständnis. Aber noch billiger als Konserven ging ja wirklich nicht, hm. Bevor man noch auf die Idee kommen könnte, sein Gehalt zu kürzen, mußte er sich etwas anderes einfallen lassen. Ach ja, man konnte einfach die Suppe noch etwas mit Wasser strecken. Und die Fleischeinlage weglassen.

Die Gäste murrten nur wenig. Die anderen Restaurants waren auch nicht viel besser und schließlich war die Suppe umsonst. Das ganze wurde dadurch finanziert, dass der Kellner dem Gast den Suppenteller alle paar Minuten wegnahm und er ein paar Werbepillen verabreicht bekam. Eine Werbepille war übrigens auch schon in der Suppe untergerührt, aber das war ein streng gehütetes Küchengeheimnis. Denn eigentlich war das nicht erlaubt. Während des Verzehrs war es Stefanos Aufgabe, neben dem Gast stehen zu bleiben und ihm die ganze Zeit ins Ohr zu schreien: „DIE BESTEN SUPPEN GIBT ES NUR BEI UNS!“. Ein Scheißjob, dachte sich Stefano insgeheim.

Nun, wer möchte für heute Abend einen Tisch bestellen im „Restaurant Commerzialefunk“? ;)

(c) kramerowski
 
AW: Was wäre, wenn die Gastronomie die Prinzipien des deutschen Kommerzfunks übernähm

Und eine gute Vorspeise wüsste ich auch schon : Einheitsbrei.
Da geh ich lieber zu meinem Lieblingsgriechen um die Ecke, denn da gibt es wenigstens Abwechslung. Wie lang lässt sich der Hörer eigentlich noch verar.....?
Solange bis es endlich eine Alternative gibt, da er ja mittlerweile nichts anderes mehr als diesen Einheitsbrei zu kennen scheint.:wall:
Trotzdem wünsche ich allen in diesem "Restaurant" einen guten Appetit, mir ist er schon lange vergangen.
 
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Köstlich, köstlich...:D:D Ist schon witzig, wie man die Paralelen so ziehen kann. Ich denke es würden sich noch mehr Beispiele finden lassen, worauf man Deine Geschichte aufbauen kann.;)

PS: Den Tisch bestell ich schon heut Abend. Mal sehen wie Dein Stefano darauf reagiert, wenn sich ein Haar in der Suppe befindet. Ich denke, dann ist er un d der GF so richtig aus dem Konzept.:D
 
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Man könnte es auch in folgendem Claim zusammenfassen: "Esst Scheiße – Millionen Fliegen können nicht irren!"
g030.gif
 
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Man sollte keine Erdäpfel mit Kartoffeln vergleichen.
 
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Schöner Vergleich, aber was noch fehlt, ist die regulative Ebene: Konsequenterweise müsste also die jeweilige Landesregierungen die Lizenzen für Restauranteröffnungen begrenzt halten (Vorgeblich, um einen ruinösen Wettbewerb zu verhindern und die Qualität der Nahrungsversorgung zu sichern), und diese Lizenzen den großen Fleischfabrikanten des Landes, mit denen man auch parteipolitisch verbandelt ist, zuschanzen. Die Fleischfabrikanten selbst haben aber gar kein Interesse am Restaurantbetrieb selbst, sondern wollen damit nur ihr Kerngeschäft, den Absatz von billigen Fleischprodukten absichern. Folglich haben sie kein Interesse an passionierten Chefköchen, sondern nur an größtmöglicher Gewinnabschöpfung. Die Geschäftsführung übernehmen folglich BWL-Juppies, die alle möglichen Tätigkeiten outsourcen und zum Beispiel nur noch Fertigsuppen einkaufen, die sind billiger. Personal gibt's nur noch dort, wo es unedingt notwendig ist, nämlich ein paar Kellner (Mods), Kassierer, (Werbeabteilung) und einen "Koch" (GF), dessen Aufgabe darin besteht, die Fertigsuppen zusammenzurühren. Da alle Restaurants so arbeiten, engagieren die Restaurants Marketingabteilungen, die Unterschiede herausarbeiten sollen, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt.

Aber halt: Es gibt ja noch die öffentlichen Küchen. Ursprünglich zur Grundversorgung gedacht, damit niemand mehr Hungers leiden sollten. Allerdings haben hier schon vor einiger Zeit die gleichen BWL-Juppies das Ruder übernommen, die schon die privaten Küchen beherrschen. Die öffentlichen Küchen müssen sich dem Wettbewerb stellen; denn wenn sie niemand mehr nutzt, könnte das doch die Legitimation ihrer öffentlichen Finanzierung in Frage stellen. Deshalb sparen sie an der Qualität der Zutaten und bezahlen für das Geld lieber teure Marketingabteilungen. Und wenn jemand fragt, worin denn eigentlich noch der Unterschied zwischen Karottensuppe in Volksküchen und privaten Küchen bestünde, wird darauf verwiesen, dass man in öffentlichen Küchen schließlich noch echte 30g echte Karotten pro 1 Liter Karottensuppe verwende, während die privaten Küchen nur noch Aroma verwenden würde, und mehr echte Karotten würden die Leute in der Suppe auch gar nicht wollen.
 
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Herr Kramerowski, eine sehr geniale und kulinarische Idee was die Gedankenübertragung angeht. Aus eigener Erfahrung dürftest Du wissen das auf Barraque Michel wirklich mit Liebe, Enthusiasmus und Sachverstand gekocht wurde und die zubereiteten Speisen wirklich schmeckten, niemandem den Magen verdorben und die immer mehr werdenen Gäste sich dort gerne kulinarisch verführen und verköstigen liessen wenn ich mir Dein Avatarbild so ansehe:) Wenn ich aber sehe und probiere was in den heutigen öffentlichen und privaten Marketing- und Designküchen auf- und zusammengerührt wird bleibe ich lieber auf Diät und ernähre mich bewusst woanders. Ist wesentlich gesünder, schmeckzt vor allem und sorgt ausserdem für ein wiedererlangtes Wohlbefinden;)
 
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Und irgendwann gehen dann aber doch die Gästezahlen in Stefanos Restaurant zurück. Stefano weiß nicht, warum. Und sein Geschäftsführer auch nicht. Vielleicht, weil's woanders noch einen Keks zum Nachtisch gibt, oder dort der Kellner so süß ist oder ...

Der Besitzer beauftragt sodann den Geschäftsführer, die Wünsche der Gäste zu ermitteln und ein Konzept aufzustellen. Und der Besitzer stellt auch Geld dafür zur Verfügung. Der Geschäftsführer hätte da schon ein paar Ideen, und außerdem bräuchte er ja nur Stefano zu fragen. Aber der Geschäftsführer hat keine Eier und verwendet lieber das Geld, um eine Beraterfirma zu fragen und Umfragen in Auftrag zu geben.

Die Angst der Geschäftsführer, Entscheidungen zu treffen, ist indes für die Beraterfirmen der Segen schlechthin. Zwar haben Sie auch keine Ahnung von Restaurants, aber das Geld kann man sich ja trotzdem mitnehmen. Schließlich gibt es ja ein Standardkonzept, das für Restaurants immer verwendet wird: Erbsensuppe in einigen Variationen, die sich nur in Nuancen unterscheiden, in Abhängigkeit einiger Parameter (Alter, Geschlecht, Verdienst etc.)

Außerdem wird eine Umfrage gemacht, wie die Leute gern die Wände des Restaurants gestrichen hätten. Da man Menschen aber nicht einfach fragen kann, welche Farbe es sein soll, und da Grün für viele nicht Grün ist, gibt es ein paar Vorgaben. Schließlich will das Restaurant ja auch noch ein bißchen Einfluß nehmen. Also bekommen die Leute Farbkarten mit unterschiedlichen Farbtönen gezeigt: Blassblau, Hellblau, Babyblau, Pastellblau, Azur, Mittelblau, Dunkelblau u.s.w. Im blau gestrichenen Lokal wird später ein Schild stehen: "Sie sind unser Architekt. Sie haben entschieden. Das ist Ihre Einrichtung."

Am Ende gibt es aber immer noch Erbsensuppe. Nur die Verpackung wie z.B. Teller, Besteck oder Tischdecken wurde erneuert. Der dicke Kellner wurde gefeuert, und ein neuer smarter Bubi wurde eingestellt. Ist zwar kein Ass im Kellnern, aber er tut, was man ihm sagt und wirkt im Ganzen ganz nett.

Stefano ist hoch unzufrieden, aber er spielt mit. Schließlich hat er nichts anderes gelernt, und er will seinen Job noch behalten. Er kennt Kochkollegen, die es gewagt haben, zu widersprechen, und die heute nicht einmal mehr einen Job als Suppenumrührer in der Küche der Heilsarmee bekommen.

Und der Geschäftsführer? Dem ist's egal. Er hat seinem Chef das gewünschte neue Konzept präsentiert und hat seinen Arsch auf jeden Fall gerettet. Geht das Konzept nicht auf, kann er es immer noch auf die Beraterfirma schieben.
 
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Rach, der Restaurant-Retter, ist eben unentbehrlich :)
Moege uns Richard, der Radiotester, erspart bleiben!
 
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Herr Kramerowski, eine sehr geniale und kulinarische Idee was die Gedankenübertragung angeht. Aus eigener Erfahrung dürftest Du wissen das auf Barraque Michel wirklich mit Liebe, Enthusiasmus und Sachverstand gekocht wurde und die zubereiteten Speisen wirklich schmeckten

Ja, an DEN Koch mußte ich natürlich auch denken... ;) Zumal er nicht nur Speisen, sondern auch Sendungen mit Liebe und Leidenschaft zusammenstellt, obgleich wohl jeder Consulter davon abraten würde, ihn als Moderator einzustellen. Aber dort oben hatten eben keine
BWL-Juppies das Ruder übernommen.
sondern da hatten BNL-Hippies das Ruder übernommen...:wow:
 
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So, und jetzt sagt mir, was die Leute machen, wenn es überall nur noch Einheitserbsenbreisuppe gibt? Hä? Jawoll, sie kochen sich ihr Süppchen selbst! Tja, und das genau ist ja auch die Realität gewordene Gefahr der Nebenbeidudler: Immer öfter dudelt das eigene Möhrengemüse aus dem Ei-Pott. Und irgendwann werden die Einheitssuppenküchen schliessen, fusionieren...Jau, das Beispiel kommt hin, es bestimmt das Dilemma ganz gut.
 
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Und weil wir gerade bei den Umfragen sind: Zweimal im Jahr schickt ein unabhängiger "Rastaurantführer" seine Mitarbeiter durchs Land oder durchs Telefon - von den Alpen bis zur Waterkant.

Das Motto:

"Umfrage, oh Umfrage, sag uns geschwind, woher weht nun der Wind?

Was mögen die Gäste, essen sie gar Reste?
Sind die Speisen wirklich gut, oder fehlt den Köchen einfach nur der Mut?

Lafer!Lichter!Lecker! - die Supp' schmeckt doch eigentlich ganz lecker!
Klar, die Suppe könnte dicker sein, aber daß erzähl'n wir lieber kein'm!"


Wie auch immer, die Ergebnisse dieser Umfragen sind besonders für die Blumenverkäufer in den Restaurants von Interesse, denn sie sind diejenigen, die immer nach dem Ausschank einer gewissen Menge Erbsensuppe (allgemein dauert ein Ausschankzyklus etwa 30 Minuten in deutschen Restaurants) die Lokale stürmen, um den Gästen ihre Blumen zu verkaufen. Natürlich müssen die Blumenverkäufer dafür Geld an das Restaurant bezahlen. Sie tun das aber nur in wenigen Restaurants in der "angemessenen" Höhe, wenn diese Restaurants eine gewisse Qualität der Erbsensuppe (spezielle Gerichte/ Angebote der Küche spielen dabei keine Rolle, sind eher hinderlich) zuvor vom "Restaurantführer" bestätigt bekommen haben und damit auch genug Kundendurchsatz gewährleistet ist.



Grüßle Zwerg#8
 
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Einmal die Woche gibt es dann aber auch eine Ausnahme: Jeder darf sich ein Gericht wünschen, was er dann serviert bekommt! Allerdings ist das dann doch auch nur wieder die Einheitserbsensuppe, auch wenn man ein traditionelles Nudelgericht bestellt hatte. Macht aber nix, weil die Suppe wurde einfach etwas moderner gewünscht und dann muss das ja eh viel besser schmecken.
 
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Weil in den meisten Fällen der Chef nicht selber kocht, sondern nur Rendite erwartet, wird Fast Food gekocht. Wir haben es also mit lauter Burger-Programmen zu tun. Wer das ungesund, unverdaulich, inhalts- und geschmacksleer findet, der nimmt sich ein bisschen Zeit zu Hause, steht selbst am Herd und macht sein eigenes Programm.
 
AW: Was wäre, wenn die Gastronomie die Prinzipien des deutschen Kommerzfunks übernähm

Während des Verzehrs war es Stefanos Aufgabe, neben dem Gast stehen zu bleiben und ihm die ganze Zeit ins Ohr zu schreien: „DIE BESTEN SUPPEN GIBT ES NUR BEI UNS!“.

:wow::wow: Der Vergleich müßte echt mal verfilmt werden, vielleicht gehen ja dann dem einen oder anderen die Augen auf :wow::wow:
 
AW: Was wäre, wenn die Gastronomie die Prinzipien des deutschen Kommerzfunks übernähm

Der Vergleich müßte echt mal verfilmt werden, vielleicht gehen ja dann dem einen oder anderen die Augen auf
Wöchentlich bei den Küchenchefs, Kochprofis, Rach und was weiß ich nicht noch bei wem zu sehen.

Nur dort mit dem Unterschied, dass die Gäste ausbleiben.... dass überwiegend mit Convenience-Produkten und nicht mehr frisch gekocht wird, ist der Anfang der Misere.
Den Leuten schmeckt es dort nicht nicht, weil sie (von zu Hause her) wissen, dass es besser geht.

In der Radiolandschaft scheint ein solches Vergleichselement zu fehlen - anders ist die massenhafte Geschmacksverirrung ja nicht zu erklären.
Wenn Du erst mal weißt, dass sich Radio auch ganz anders anhören kann - dann, ja dann.... ging mir anfangs hier bei radioforen.de nicht anders. Ich habe meine Lektion gelernt.
 
AW: Was wäre, wenn die Gastronomie die Prinzipien des deutschen Kommerzfunks übernähm

Wenn die Gastronomie das Prinzip des Kommerzfunks übernehmen würde dann hätten wir an jeder Ecke nur noch Gaststätten in denen es wie bei Mc Kotz oder in der Dönnerbude schmecken würde. Und genauso ist das Deutsche Radio eine Mc Kotz Filiale wo alles gleich schmeckt, ob ich nun in Hamburg bin, in München oder selbst hier in Amberg.
 
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Dann geh ich aber lieber in die Dönerbude und laß mich mit türkischen Schnellspeisen sättigen als zu McDo wo es viel teurer und dazu ungesund und hecktisch/industriell einheitlich zugeht. Genauso im Radio bevorzug ich etwas anspruchsvolleres aus Deutschen und Polnischen Kultur-Info-programmen als die Massenspeisung.

Nichts gegen Döner!
 
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dass überwiegend mit Convenience-Produkten und nicht mehr frisch gekocht wird, ist der Anfang der Misere.
Den Leuten schmeckt es dort nicht nicht, weil sie (von zu Hause her) wissen, dass es besser geht.

Das bringt mich unweigerlich zu einer Legende, die die Gastronomiemafia in BaWü seit Jahren versucht aufzubauen und daher den Touristen, aber auch einheimischen Gästen, mit einer geradezu zum Himmel schreienden Penetranz wieder und immer wieder auf den Teller packt: Spätzle. (Spätzle sind natürlich landestypisch, das ist nicht das Problem. Andere Gebiete haben andere Spezialitäten. In Thüringen sind es die Klöße oder Bratwürste. Es geht um die Penetranz!)

Spätzle machen echt schnell satt, also werden sie immer "feste draufgehauen", denn dann kann man am Fleisch sparen. An irgendeiner Souce, damit das Ganze am Ende "besser rutscht", soll es nicht scheitern: "Darf ich Ihnen noch etwas Souce bringen?", fragt dann der Kellner. Souce haben wir schließlich genug...

Gefühlte 94% aller Gerichte in gutbürgerlichen Restaurants in BaWü werden daher mit Spätzle serviert, 2% entfallen auf Pommes Frittes, 2% auf (viel zu fettige, matschige) Bratkartoffeln und gefühlte 1% auf die Salzkartoffel (normalerweise ganz einfach in Salzwasser mit etwas Kümmel gekocht). Das verbleibende Prozent teilen sich Semmelknödel usw.

Ich bin als Sachse in BaWü nur geduldet, mich widert diese Spätzle-Orgie in den Gaststätten aber echt an. Das ist einfach nicht mehr normal! Wer nun meint, daß der Gast "König ist", irrt. Gewaltig.

In einem gut besuchten Restaurant (im Sommer mit Freisitz) in der Freiburger Innenstadt habe ich auf der Speisekarte (ganz rechts unten) ein Gericht mit Salzkartoffeln endeckt. Das "Gesamtpaket" wollte ich aber nicht essen. Also frage ich die Kellnerin, ob ich ein "Spätzle-Gericht" ohne Spätzle, dafür aber mit Salzkartoffeln, bekommen kann. "Nein, das geht nicht - die Kartoffeln sind portioniert. Ich kann nicht einfach ein paar Kartoffeln abzweigen." Nix zu machen.

Auf dem Lande, genauer in einem "Landgasthof", hat man schon etwas mehr Glück: Dort konnte ich die Spätzle wenigstens durch matschige Bratkartoffeln ersetzen lassen...


Der Witz ist nun, daß selbst "Einheimische" kaum Spätzle essen, da sie ihnen längst zum Hals heraushängen. Die Leute die ich kenne, essen im Normalfall (privat; beim Mittagessen) Kartoffeln. Und wenn man in die Supermärkte schaut, ist es ja nicht so, daß das Regal mit den "Spätzle" am späten Samstagabend leergekauft ist...


Ich fasse zusammen:

- die Einwohner BaWüs sind keine notorischen "Spätzlefresser". Im Gegenteil.
- ein Großteil der Gastronomie in BaWü kocht definitiv am Geschmack der Gäste vorbei
- Spätzle sind billig, einfach in der Zubereitung, stundenlang haltbar und machen satt
- Spätzle sorgen dafür, daß der Gastronom "etwas" beim Fleisch (das Gericht, welches der Gast eigentlich bestellt hat) sparen kann, da die Gäste schon von den Spätzle und der Souce auf dem Teller "genudelt" (in Sachsen steht das Wort für "vollgefressen", "satt") sind
- ein Großteil der Gastronomie in BaWü vertraut darauf, daß es immer "genug Idioten" geben wird, die dieses Bundesland besuchen und sich mit Spätzle und Souce billig abspeisen lassen


Wer nun den Radiobezug sucht, kann folgende Übersetzungshilfe verwenden:

Fleisch: Content allgemein, Nachrichten, Lokalkompetenz etc.
Souce: Die besten Hits der 70er, 80er usw.
Spätzle: Nehmen wir einfach Lady Gaga. Selbst SWR1 serviert sie besonders in der Nacht - im Duett mit Michael Bolton. Um in der Lebensmittel-Branche zu bleiben: Michael Bolton ist praktisch das Enzym, um selbst SWR1-Hörern die bittere Pille Lady Gaga schmackhaft zu machen.


Letzter Akt:
Ich will nicht alle Gastronomen in BaWü über einen Kamm scheren. Doch bei den Salzkartoffeln hört bei mir der Spaß echt auf! Ich habe es schon oft erlebt, daß servierte Salzkartoffeln außen "knochenhart" sind. Igitt! Klar, daß kommt daher, weil man industriell geschälte und (evt. geschwefelte) Kartoffeln benutzt. Damit sind wir im "Convenience-Food" Bereich. Ist es denn wirklich so schwer und teuer, extra ein paar Kartoffeln zu schälen und 30 Minuten garen zu lassen? Der Gast wartet doch eh' gut eine halbe Stunde auf sein bestelltes Essen! Die Kartoffeln müssen sich einfach mit der Gabel zerdrücken lassen, nicht auf den Nachbartisch "springen"...

Grundregel, da ich ab 1983 auf Montage war und auch noch heute sehr viel rumkomme: Je kleiner die Lokalität, umso besser ist das Essen.

vg Zwerg#8
 
AW: Was wäre, wenn die Gastronomie die Prinzipien des deutschen Kommerzfunks übernähm

Wenn ich dem Zwerg mit einer kleinen Anekdote zur Seite treten darf:

Der Küchenchef eines hochklassigen Hotels im Rhein-Main-Gebiet erzählte in der so genannten "Einführungswoche" seinen Azubis eine an sich lustige, tatsächlich so bei ihm vorgefallene Geschichte in der Hoffnung, sie mögen sich diese Nummer im Hinterkopf festnageln (bei mir jedenfalls hats gewirkt).

Hotel wegen eines großen Events in Rhein-Main ausgebucht, internationale Gäste. Ein paar von ihnen kamen recht spät ins Hotel zurück und orderten über den Zimmerservice eine größere Portion Pommes.
Merke: Es gibt nichts, was in Hotels mit internationalen Gästen nicht möglich ist. Gewinner ist, wer darauf vorbereitet ist.
Die Küchenbereitschaft, offensichtlich Azubis und ein Beikoch, war prompt überfordert: Keine Pommes mehr da. Was tun? Na, wir haben ja noch einen Chef - rette uns!

Es entspann sich folgender Dialog am Telefon:
  • "Chef, wir haben ein Problem. Gäste-Sonderwunsch, aber die neue Lieferung ist noch nicht da. Was sollen wir tun?"
  • "Ihr habt doch Zugang zu allen Lebensmittel-Lagern, oder?"
  • "Ja, Chef."
  • "Haben wir noch Kartoffeln?"
  • "Ja, Chef."
  • "Wo liegt dann das Problem?"
Ich glaube, die Azubis haben ihre Lektion gelernt.

Kommt einem der hier aktiven Radiomacher die Situation irgendwie bekannt vor?
Oder wäre bei euch der Azubi (Prakti) statt dessen zur nächsten Pommesbude geschickt worden, um da mal einen Sack TK-Pommes zu holen?

Die Frage ist jetzt, wo finden sich im Radio vergleichbar engagierte Wellenchefs, die ihre Mitarbeiter mal an die Wurzeln ihrer Zunft erinnern und was ihr Beruf von Grund auf eigentlich bedeutet?

Bei den Küchenchefs im Fernsehen, oder wie auch immer sie heißen, nennt man das "Koch-Ehre".
Wird Zeit, im Radio mal wieder ein frisch angerichtetes, fein abgeschmecktes und mit einem guten Gefühl in den Äther (Gastraum) geschicktes Programm serviert zu bekommen.

Das blöde daran ist nur, dass die Gäste / Hörer es vermutlich nicht (mehr) honorieren würden - sie erwarten es nicht und sind es auch nicht mehr gewohnt. Die positive Überraschung, der "Aha-Effekt" und der Applaus würden ausbleiben.
 
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Und der Übergang: Pommes - Schnitzel - Gemüse wird vom PC gefahren, Vulgo Crossschnitzeleditor, weil der Koch nicht mehr in der Lage ist, die Anrichte selbst zu verrichten.
 
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Einen gewaltigen Unterschied gibt es aber: Ein Koch lernt (noch) alle Aufgaben in der Küche vom Einkauf bis zum Anrichten bzw. anschließendem Abwasch und entwickelt sich im Laufe der Zeit zum Spezialisten (Hors d'œuvrier, Saucier, Kaltmamsell oder was es da noch so gibt) und steht hinter dem, was er auftischt. - Wie sieht es eigentlich beim Rundfunk aus? Bei dem, was geboten wird, merkt doch der Gast, dass (fast) ausschließlich ungelerntes Personal am Werkeln ist, das bei jeder kleinsten Abweichung vom Trampelfad der Zubereitung einer Sendung ins Schleudern und damit aus dem Konzept kommt, anstatt souverän über den Dingen zu stehen.
Ach, und noch einen Unterschied gibt es: Köche kennen Kräuter und (außer Pfeffer und Salz) noch andere Gewürze; das ist bei den Radioverantwortlichen nicht der Fall!

@ Zwerg:
Ich will ja nichts sagen, aber über die sächsische Küche schweigen wir lieber. - Ich sage jetzt nur einmal Quarkkäulchen oder, was noch schlimmer ist, Flecke. Als Lehrling war ich ja dazu verdonnert, die sächsische Küche zu "genießen". Einmal im Monat gab es diese Flecke, die Behälter für die Schweine, damals wurden Essensreste noch an unser Futter für die Zukunft verfüttert, quollen an diesen Tagen immer über.
 
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Ich sage jetzt nur einmal Quarkkäulchen (...)
Du lieferst mir die perfekte Steilvorlage für einen Hinweis auf einen Thread, in dem legendäre Forenschreiberlinge dieses Thema, vollkommen [OT], schon mal behandelt haben.
http://www.radioforen.de/showthread...FH-Nachrichten&p=321568&viewfull=1#post321568

So, wie es sich für Meister ihres Fachs gehört, tauschten sie Rezepte aus; heute würden vermutlich nur noch die Bestellmöglichkeiten für die fertige Ware diskutiert.
 
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Weil der Geschmack der Convenience-Produkte von Haus aus nicht intensiv genug ist, wird ordentlich Geschmacksverstärker reingehauen. So viel, dass das Essen noch "komprimierter" schmeckt als das der Konkurrenzrestaurants, wenn man durch das kulinarische Viertel wandert und hier und da probiert. Das schaukelt sich zwischen den Restaurants so weit hoch, dass das Essen mit dem ursprünglichen Geschmack einer Möhre, einer Erbse oder eines Sellerie nichts mehr gemein hat und eigentlich ungenießbar geworden ist.
 
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@Ammerländer: Du redest von Restaurants, in denen ausgebildete Köche arbeiten. Das ist bei weitem nicht in jeder Fressbude der Fall...
 
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