AW: Schwachsinns-Quiz auf YOU FM
Wann bist Du das letzte Mal unbeschadet am Pförtner vorbeigekommen (
)? (Dein Foto als Fundamental-Systemkritiker hängt doch in jedem Pasternoster dort...).
Da ich nicht Pater Illic bin: im November 2008.
Problemlos. Zusammen mit zwei guten Freunden, die witzigerweise nahezu Hausnachbarn sind. Auch heute wäre mir das, behaupte ich mal, weitgehend problemlos möglich, ich habe es nur mangels Zeit und Lust nicht getan. Ja, auch mangels Lust. Der Laden hat sich in der Zwischenzeit noch deutlich weiter Richtung "widerwärtig" entwickelt, also was sollte ich dort?
In punkto Grün gebe ich Dir Recht, ist mir unbegreiflich... und die Stimmlage ist mir zu hoch und fistelnd.... aber ist eben (sein) Moderationsstil, hat seine Fans und läuft auch schon mal halbnackt durch 20mtr Waschanlage - jedem das seine.
Gerne ja. Aber doch nicht gebührenfinanziert. Solcherart Tun auf einem x-beliebigen Privatsender - meinetwegen. Aber wenigstens der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte doch noch gewisse ethische Werte pflegen, die in diesem Land seit 20 Jahren stetig auf dem Rückzug sind. Gerade deshalb sollte er sie pflegen. Und genau dafür wurde er unter anderem einst ersonnen.
Genau. Das müssen wir aber mal in einer konzertierten Aktion vielleicht radiowaves verklickern. Im Falle dieses Senders war es ein absolut überfälliges Neujustieren
Meinetwegen können sie auf hr1 den ganzen Tag zwei Titel von ABBA und zwei Titel von Rod Steward im ständigen Wechsel spielen, um wem auch immer "das Gefühl" zurückzugeben. Meinetwegen kann früh auch Lynen mit Kuchenny
unwitzige "Witze" machen, falls die hessische Hausfrau danach begehrt. Meinetwegen können die Nachrichten gerne auch weiterhin aus O-Ton-Gesabbel bestehen, statt anständig vorgelesen zu werden. Sehr gerne auch darf Rob Green auf YouFM herumprollen und das Programm einen klebrig-penetranten auch akustisch pinkfarbenen Touch tragen. Und sehr gerne sollen sie meinetwegen auf hr3 alles genauso machen wie auf hr1, nur daß sie halt statt ABBA eben Gaga und statt Steward eben (Wer ist gerade aktuell angesagt in den Hasencharts? Ich weiß sowas immer nicht...) spielen. Dann können sie diese 3 Programme auch praktischerweise ausgliedern und privatisieren, denn erst dann wären sie da, wo sie fairerweise hingehören: auf dem Markt.
ABER: es muß auch eine Alternative geben für Menschen, die diesen geschmacklosen Brei nicht ertragen können. Für Menschen, die am Morgen seriös informiert werden und dennoch nicht einen reinen Wortsender, der sich alle 20 Minuten wiederholt, hören wollen. Für Menschen mit kulturellem Weitblick und etwas entfernter liegendem geistigen Horizont, die dennoch nicht (immer oder ausschließlich) "Klassik" unter "Kultur" verstehen.
Ich habe einige solche Freunde im Rhein-Main-Gebiet und die können selbst Nachrichten nur noch auf dem DLF hören und haben inzwischen aufgegeben,
Musikkultur auf ihrer öffentlich-rechtlichen Anstalt zu finden. Und fragen sich tatsächlich, warum sie dafür zahlen sollen, daß andere mit wertlosem Gratis-Schund berieselt werden, denn den gibt es auch ohne GEZ aus Bad Vilbel.
Das hr1-Programm war bis Sommer 2004 erste Adresse für solche Menschen und an einem Abend pro Woche war es der Abend auf hr3. Wers etwas jünger mochte, konnte noch hr XXL nutzen und bekam einen realistischen Einblick in Jugendkultur. Und heute? Nichts mehr, rein gar nichts. Nimm Klassik oder gehe leer aus. Da ist das Problem - und nicht dort, daß es für den Hessen durchquerenden Autofahrer hr1 vielleicht paar Stunden lang ganz gut tut, musikalisch gesehen. Auch ich bin ab und an in Hessen und Mainfranken unterwegs und mir ist als 36-jährigem dann hr1 doch noch lieber als hr4, welches der 31-jährige (!) Fahrer vermutlich lieber einstellen würde.
Ein "Gefühl" (zumindest ein gutes) gibt mir das ganze allerdings nicht zurück, auch wenn ich dort durchaus die eine oder andere 80er Pop-Perle aus meiner frühen Jugend zufällig wiederhören kann. Das Wissen darum, wie es hinter den Kulissen zugeht, was dafür alles sterben mußte und wie die Radio-liebenden Mitarbeiter darunter leiden, läßt ganz andere Gefühle aufkommen. Zu deutsch: die gleiche Musik in der gleichen Reihenfolge rein zufällig auf einem versehentlich im Pool-Fahrzeug steckengelassenen USB-Stick zu finden und anzuhören, würde bei mir weniger ungute Gefühle auslösen. Möglicherweise würde ich den Stick sogar aufs Laptop kopieren, um paar Perlen zu fischen.
Wer Infos und news nonstop hören möchte, hat hrinfo... Man muss (und darf -nicht!-) ja nicht das gleiche an Tiefgang, Länge und Breite auf allen Wellen bringen, oder?
Natürlich nicht. Aber man sollte doch wenigstens soviel Anstand haben, gewisse ethische Grundwerte, die in unserer Gesellschaft in hunderten Jahren entstanden sind, zu wahren. Das, was heute fast überall ausschließlich läuft, ist dermaßen prollig, daß man die komplette Kulturgeschichte vergißt, wenn man zuhört. Es geht dabei nicht einmal um so "exotische" und "heftige" Dinge wie schwer verdauliche hochphilosophische verbale Ergüsse, um stundenlange Wortsendungen oder extrem anstrengende klassische Werke, die sich nur einige Hartgesottene freiwillig reinfahren. Es geht um ganz simple Dinge: stelle die reale Welt dar und mache keine Show. Sei Du und keine Marionette. Zeige Deine Begeisterung für bestimmte Dinge und vermittele sie mitreißend. Nimm die Menschen ernst, sie sind Deine Zuhörer. Entwickele ein Gefühl für die wirklich wichtigen Dinge im Leben - und stelle fest, daß die neuesten "Skandalfotos" von Lady Gaga oder das Fremdgehen von Superstar xy völlig belanglos sind.
Auch ich fahre mir nach einem anstrengenden Arbeitstag kaum zweistündige Lesungen zur Philosophie des Liebeslebens der Pflastersteine rein - möglicherweise hatte ich tagsüber schon 4 Stunden hirnrissige Schwachmaten-Meetings auf Arbeit zu ertragen. Aber ein Ruben Jonas Schnell oder ein Klaus Walter mit erfrischender Musik, die ich absolut nicht kenne bzw. ein zutiefst menschlicher Volker Rebell auf der Suche nach dem Wahren, Guten und Schönen wäre eventuell ein willkommener Abendausklang, fast so gut, wie mit (fernen und deshalb nicht anwesend sein könnenden) Freunden noch bei Kerzenschein und einem Glas Rotwein zusammenzusitzen und wirklich wichtige Dinge zu besprechen.
Eine Hauptaufgabe des (heutigen) Radios parallel zu den (heutigen) Hörgewohnheiten ist es, auch eine nicht unerhebliche "Masse" an Hörern zu erreichen. Und so, dass sie nicht abschalten. Deswegen ist mir ein 1min30-Beitrag immer noch lieber als den Hörer durch 4min30 Tiefgang zu verlieren.
Mir ist ein spannender, das Thema im notwendigen Umfang behandelnder 1:30er auch lieber als ein langweiliger, handwerklich schlecht gemachter oder neurotischer 4:30er. Aber wenn die Dinge erfordern, sich ihnen eine Stunde zu widmen und alles darunter unzulässig entstellend / pauschalisierend wäre, dann muß es eine Stunde sein. Daß dafür vormittags 10 Uhr möglicherweise nicht die richtige Zeit ist, steht auf einem anderen Blatt.
Daß im Hörfunk auch die Mehrheit erreicht werden sollte, steht für mich außer Zweifel. Aber allein der hr hat z.B. 3 vom Anspruch her identische Wellen: hr1, hr3 und YouFM bedienen alle - nur mit jeweils geringfügig anderer, sich aber durchaus überlappender Musikfarbe und mit anderer Ansprechhaltung - die gleiche Bevölkerungsgruppe. Nämlich die, denen Oberflächlichkeit wichtiger ist als Tiefgang, denen "Superstars" wichtiger sind als reale Menschen, an denen letztlich die große zentrale Frage der Menschheit völlig vorbeigegangen ist, die von Spiritualität soweit entfernt sind wie ein Tagebaubagger von der Mikrochirurgie. Und alles, was ansonsten angeboten wird, ist entweder reines Wort, Seniorenfunk oder Klassik. Da stimmt doch was nicht.
Es gilt beim hr wie bei den meisten anderen Anstalten auch: das Altersklassendenken der Programmstrategen in Tateinheit mit dem Bestreben, in jeder Altersklasse die Mehrheit zu erreichen, führt zu einer Vielzahl wertloser Programme. Der hr nennt sie glaube ich "Flotte". Ausweg wäre, ein (ein!) Programm anzubieten, das dieses unsinnige Altersklassendenken verbannt und einfach anständiges Radio für alle nicht-Klassik-assoziierten anbietet. Dieses Programm findet dann ganz automatisch Hörer - nämlich die ernsthaften Menschen zwischen vielleicht 16 und weit über 50, im Kern sicher von Anfang 20 bis beinahe 50. Nicht jeder wird da zu jeder Stunde vollends befriedigt sein, aber die Schnittmengen, so behaupte ich, sind wesentlich größer, als allgemein angenommen wird - vor allem eine zentrale Schnittmenge, nämlich die, die ich weiter oben beschrieb: stelle die reale Welt dar und mache keine Show. Sei Du und keine Marionette. Zeige Deine Begeisterung für bestimmte Dinge und vermittele sie mitreißend. Nimm die Menschen ernst, sie sind Deine Zuhörer. Entwickele ein Gefühl für die wirklich wichtigen Dinge im Leben - und stelle fest, daß die neuesten "Skandalfotos" von Lady Gaga oder das Fremdgehen von Superstar xy völlig belanglos sind.
Minoritäten-Radios haben wir (eigentlich?) noch genug, wenn wir ehrlich sind... Klassik und Kultur und Kinderprogramme auf hr2, Info pur auf hrinfo, B5 aktuell, Klassik Radio...
Und wo findet die unfassbare Breite der Popkultur statt, außer im Zündfunk auf Bayern 2? Und wo findet schlicht Pop(kultur)radio statt, das sich an obige Regeln hält?
...und genau deshalb bleibt das Radio bei meinen Freunden im Rhein-Main-Gebiet ebenso aus wie bei mir, wenn ich in Thüringen bin.