Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

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Ammerlaender

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Die Frage mag jetzt "blöde" erscheinen, da aber alles und jedes irgendjemandem gehört, muss das doch auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelten, und vor allem würde mich einmal interessieren, wie der Eigentümer seine Verantwortung der Kontrolle wahr nimmt.

Bisher gehe ich davon aus, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Allgemeinheit gehört, und somit gesellschaftliches Eigentum ist, wird er doch durch diese zum größten Teil finanziert.
Das kann aber nicht stimmen, denn einen Großteil der Allgemeinheit wird inzwischen programmlich von den Anstalten ausgegrenzt, und eine Einflussnahme auf die Produkte der Anstalten scheint nicht vorgesehen (friss oder stirb).
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört der Gesellschaft. Die Partizipation der Gesellschaft im und der Einfluss auf den Rundfunk ist in den Landesrundfunkgesetzen festgelegt. Die Gesellschaft wird in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch den Rundfunkrat vorgenommen, dessen Zusammensetzung in den Landesrundfunkgesetzen festgelegt ist.

Soweit die Theorie.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Die Praxis: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört den Parteien!
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Der SWR sucht derzeit einen neuen Intendanten. Voraussetzungen: keine. Realistisch gesehen müßten mindestens 500 Bewerbungen aus der ganzen Republik eintreffen. Jeder von uns könnte sich mit einem neuen Konzept für die Anstalt vorstellen. Leider entscheidet am Ende nicht der Bürger über die Besetzung.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

@ Freiwild:
Schöne Theorie (aber die kennen sicherlich nicht einmal die Verantwortlichen in den Funkhäusern), nur kommt Mannis Fan, glaube ich, der Praxis etwas näher, wobei ich es noch etwas weiter fassen würde und die Berater mit deren verbandelte Werbeklientel noch hinzufügen möchte. - Den Rundfunkrat als pseudodemokratisches Konstrukt vergleiche ich übrigens (auch wenn ich mir jetzt Feinde mache) mit der Volkskammer; dort hatte die SED auch "nur" 25,4 % der Sitze inne, aber eben die führende Rolle.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Willkommen bei der GEZ
Die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist eine Gemeinschaftseinrichtung der ARD-Landesrundfunkanstalten, des Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) und des Deutschlandradio. Ihre Aufgabe besteht darin, die Rundfunkgebühren einzuziehen.
 
Ein Versuch, die Argumente zu schärfen

Als dieser Thread vom Ammerlaender gestartet wurde, habe ich ihm innerlich gleich zugestimmt, daß seine Frage mehr als berechtigt ist. Und mir war genauso gleich klar, daß diese – bewußt unbedarft formulierte – Frage auch spöttische Antworten hervorrufen würde.

Wer hier schon eine Weile mitliest, wird wissen, daß mir dieses Thema schon seit langem enorm wichtig ist. Daher möchte ich wenigstens versucht haben, eine fundierte und sachliche Diskussion darüber vom Zaun zu brechen. Wenn auch meine Hoffnungen nicht allzu hoch sind, lasse ich mich gern positiv überraschen.

Ich möchte zunächst mal darlegen, wie ich mir öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorstelle. Allem zugrunde liegt der Rundfunkstaatsvertrag, in dem länderübergreifend der Auftrag formuliert ist. Es ist absolut klar, daß in einem solchen Grundsatzwerk nicht die Feinheiten definiert werden können, sondern nur die Richtung vorgegeben werden kann.

Daher müssen für jede Region aus dem abstrakten Auftrag konkrete Ziele für die öffentlich-rechtlichen Wellen abgeleitet werden. Das sollte, ja müßte in eine Übersicht münden, welche Hörerschichten es in der Region gibt und mit welchem jeweiligen Angebot diese bedient werden sollen. Dieses Dokument sollte regelmäßig fortgeschrieben werden und – wichtig! – öffentlich sein.

Und jetzt kommt der allerwichtigste Teil: Die Erfüllung dieser Ziele wird in bestimmten Abständen überprüft, und der Wellenchef muß dem Hörfunkchef, dieser dem Intendanten und jener der Öffentlichkeit gegenüber geradestehen, wenn es Defizite gibt.

Wenn es so liefe, dann würde ich sagen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk „gehört“ wirklich der Öffentlichkeit, den Gebührenzahlern. Sie haben ein Recht, zu erfahren, wie „ihr“ Rundfunk die gesteckten Ziele erfüllt, und Nichterfüllung wird so lange an den Pranger gestellt, bis sie abgestellt ist. Selbstredend dürfen in einem solchen Modell die Ziele den Hörern nicht „übergestülpt“ werden, sondern auch die Zielsetzung selbst hat sich dem öffentlichen Diskurs zu stellen.

Und nun kommen wir zu ein paar Anekdoten der Wirklichkeit.

Da darf in einem öffentlich-rechtlichen Funkhaus dem Wellenchef unwidersprochen (!) das alleinige Ziel gestellt werden, die Quoten zu erhöhen. Egal wie, hauptsache höhere Zahlen. Das hat übrigens funktioniert, der Wellenchef wurde belobigt und alle Hierarchen im Funkhaus sind zufrieden.

Wie kann es sein, daß dem Intendanten und dem Hörfunkchef keiner in den Arm fällt, sie schüttelt und ihnen unmißverständlich bewußt macht, daß Quote allein niemals Ziel einer öffentlich-rechtlichen Anstalt sein darf? Warum nur, warum sind sie offenbar keiner Instanz gegenüber rechenschaftspflichtig?

Im selben Funkhaus sprach der Hörfunkchef die Weisung aus, daß eine Welle „jünger werden“ müsse. Als daraufhin drei Sendungen, die irgendwie nicht zu einem jungen Profil (was immer das auch sein soll) passen wollten, entsorgt wurden, gab es zwar Protest, aber die Chefetage gab sich unbeeindruckt.

Wie kann es sein, daß die Chefs offenbar selbstgefällig schalten und walten können, wie sie wollen? Und daß, solange die Quote stimmt, alle Kritik an ihnen abprallt?

In einem anderen Funkhaus wurde eine Welle gegen den Willen des Wellenchefs (!) umgekrempelt, ein Affront sondergleichen. Und mit welcher Legitimation? Eine Hörerbefragung hat ergeben, daß das bisherige Programm „nicht ankommt“. Also wird nun kräftig „optimiert“ und „justiert“. Man muß kein Prophet sein, um vorauszusehen, daß, sollten die Quoten nach oben gehen, diese Entscheider sogar noch sagen werden: „Seht Ihr, wir haben doch alles richtig gemacht!“

Wie kann es sein, daß solcherart Änderung der Zielrichtung einer Welle quasi als „geheime Kommandosache“ abläuft und die Chefs nicht mal ein schlechtes Gewissen dabei haben? Im Gegenteil, man meint, daß die Öffentlich gar nicht zu interessieren habe, was da läuft. Befragungen, Analysen usw werden standardmäßig NICHT veröffentlicht – oder gar, Gott bewahre, öffentlich diskutiert!

In mehreren Funkhäusern werden momentan, wie aufmerksame Leser hier wissen dürften, die Schlager entsorgt. Auch hier geht man mit dieser Änderung nicht an die Öffentlichkeit, sondern macht es leise, still und heimlich. Erstens deutet das, vorsichtig formuliert, nicht gerade auf gute Argumente hin, und zweitens läßt das tief blicken, daß sich die Chefs eben nicht der Öffentlichkeit verpflichtet sehen, der sie nämlich erklären müßten, was sie gerade tun.

Wie kann es sein, daß dieser Arroganz der Macht kein Einhalt geboten wird? Oder, schlimmer noch, diese Arroganz nicht mal richtig wahrgenommen wird?

Ich würde Ammerlaenders Frage mal so umformulieren: Wer hat im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die letztliche Entscheidungsgewalt, wie die einzelnen Wellen aufgestellt werden? Dem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Meine Vermutung: Die Intendanten haben überwiegend einen Freifahrtschein und können nach Gusto schalten und walten. Solange die Quoten stimmen.

Nun habe ich mir viel Mühe gegeben, ein paar Dinge, die mir wichtig sind, aufzuzählen. Als Blitzableiter für allzuschnelles Abtun oder absichtliches Mißverstehen, was die von mir erhoffte inhaltliche Diskussion gleich wieder auf Nebengleise führen würde, möchte ich lieber noch ein paar Sachen klarstellen.

– Ich spreche ausdrücklich nicht öffentlich-rechtlichen Wellen die Existenzberechtigung ab, die „einfache Schichten“ ansprechen wollen. Auch diese Schichten haben selbstverständlich ein Recht, bedient zu werden.

– Bitte eine Forderung, Sendungen anzubieten, die vom Mainstream abweichen, nicht absichtlich als Forderung mißverstehen, die eben skizzierte Welle einzustellen oder entsprechend abzuändern. Also bitte nicht Gegensätze oder Widersprüche aufbauen, wo gar keine sind.

– Ich habe auch nichts prinzipiell gegen „Berater“. Sie können gern analysieren und Änderungen vorschlagen. Aber was soll die Geheimniskrämerei dabei? Warum sagt kein Sender öffentlich „Wir haben uns Hilfe von XYZ ins Haus geholt, um folgende Probleme, die wir identifiziert haben, zu lösen...“?

– Bitte auch nicht „Argumente“ der Art bringen: „Wenn alle Sender das so machen, werden sie sich schon was dabei gedacht haben. Analysen haben gezeigt, daß Musikrichtungen XYZ nicht mehr ankommen.“ Solche grundlegenden Aussagen gehören öffentlich behauptet – und bei Widerspruch verteidigt! Her mit den Analysen, und vor allem her mit den genauen Fragestellungen sowie der befragten Population. Nur auf der Grundlage von solchem Wissen kann man nämlich beurteilen, ob das Richtige getan wird.

So, und nun bin ich gespannt, ob hier noch jemand Lust zu wirklichen Diskussionen hat.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Nun, du beantwortest viel Fragen ja schon selbst: es hat einerseits viel mit der Persönlichkeit selbst zu tun: Arroganz auf der einen Seite, ein falsches Verständnis von ö/r-Rundfunk oder keine grundlegende Reflexion darüber, wem man verpflichtet ist. Befördert durch (wie überall) undemokratische, nämlich hierarchische Strukturen mit einer klaren Rangordnung. Je höher die Position, desto weniger muß das eigene Tun begründet werden (das sieht man u.a. auch in der Wissenschaft).

Die Medienforschung ist reine Auftragsforschung ohne Kontrolle, d.h. wer die Musik bezahlt, bestimmt auch, was dabei herauskommt (es sei denn, er ist an "echten" Ergebnissen interessiert). Wobei ich hier mangels Alternative natürlich nicht behaupten kann, daß die Ergebnisse der MaFo von ARD/ZDF falsch sind. Oftmals widersprechen sich auch persönliche Erfahrung und Realität, das ist mir auch bewußt. Aber manchmal hat man schon den Eindruck, die oberen Hierarchien (gilt auch für Politik, Privatwirtschaft, usw.) haben eine recht weltfremde Sichtweise der Dinge entwickelt.

Ö/R und Quote: dahinter steckt m.E. dreierlei: persönliche "Gier" nach mehr Einfluß, etc. Jeder hätte gerne mehr als weniger Hörer, wenn man das mal so sieht. Die Abhängigkeit von der Politik, die sofort auf dem Plan steht, wenn der Ö/R nicht mehr die Bevölkerung mit der "politischen Willensbildung" sprich Parteimeinung beglückt. Und drittens Angst um den eigenen Posten, denn je weniger Menschen Ö/R hören, desto geringer ist auch die Gebührenakzeptanz und desto unsicherer die eigene Zukunft.

Deshalb versucht man ja auch zwanghaft, alle Wellen zu verjüngen (gegen den demographischen Trend übrigens). Man hat viele Dinge in der Tendenz m.E. richtig erkannt (z.B. die deutlich sinkende Gebührenakzeptanz), steuert aber mit den völlig falschen Instrumenten (GEZ, Abmahnung, Haushaltsabgabe, MA-Grundgesamtheitsveränderung, etc.) dagegen, nämlich nicht die Ursachen, sondern nur die Symptome bekämpfend.
 
Einige Punkte:

Wer sind eigentlich die Oberhäuptlinge der Rundfunkanstalten? Von, pardon, irgendwelchen Juristen dürfte nicht unbedingt zu erwarten sein, daß sie für Kunst, Kultur und hochwertige Publizistik einstehen. Jedenfalls dann nicht, wenn es dabei in die Breite geht, weg vom Milieu der Eliten.

Marktforschung: Das Wort zeigt eigentlich schon das Problem auf. Wenn Rundfunkanstalten sich uneingeschränkt als „Marktteilnehmer“ sehen, die im Wettbewerb mit kommerziellen Veranstaltern stehen, läuft ganz grundsätzlich etwas schief. Das kann nicht Aufgabe von Institutionen sein, die aus den Beweggründen mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, wie es auch bei anderen Kultureinrichtungen geschieht.

Man könnte nun meinen, die ergänzende Werbefinanzierung sei das Problem. Was ich aber nicht glaube, wenn ich mir die Causa MDR Sputnik anschaue.

Weshalb Punkt 1 das einzige ist, was mir zu den Ursachen einfällt. Und selbst da paßt die Erklärung kaum noch, wenn man sich anschaut, wie der Hörfunk einer gewissen Anstalt unter der Ägide eines Musikwissenschaftlers vor die Hunde gekommen ist.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Um ihren einzigartigen Status und ihre De-Luxe-Ausstattung zu rechtfertigen, bemühen die ÖR allzu gerne ihren Grundversorgungsauftrag und ihre Mission als Wahrer von Kunst, Kultur, Niveau und Qualitätsjournalismus,
um ihre tatsächliche programmliche Ausrichtung und das Schielen nach der Quote zu rechtfertigen, müssen dann Markt und Wettbewerb als Argumente herhalten.
Das eine lassen sie zunehmend verludern, das andere werden sie auch in hundert Jahren nicht besser als die Privaten hinkriegen, und daraus erklärt sich ihr ganzes Akzeptanzdilemma.
Aber bei den derzeitigen Rekrutierungsmechanismen ist nicht zu erwarten, dass Leute an die Spitze der ÖR-Wellen kommen, die an diesem Zustand etwas ändern könnten/oder wollten.
 
Versuch eines Resümees

Zunächst möchte ich mal allen Diskutanten herzlich dafür danken, daß die Beiträge wohltuend sachlich und auch sehr fundiert waren. Und daß darauf verzichtet wurde, die Angelegenheit ins Lächerliche zu ziehen. Das ist immerhin schon ein Erfolg!

Ich will mal die für mich wichtigsten Punkte zusammenfassen. Die Hervorhebungen sind allesamt von mir.

Arroganz auf der einen Seite, ein falsches Verständnis von ö/r-Rundfunk oder keine grundlegende Reflexion darüber, wem man verpflichtet ist. Befördert durch (wie überall) undemokratische, nämlich hierarchische Strukturen mit einer klaren Rangordnung. Je höher die Position, desto weniger muß das eigene Tun begründet werden (das sieht man u.a. auch in der Wissenschaft).

[...]

die oberen Hierarchien (gilt auch für Politik, Privatwirtschaft, usw.) haben eine recht weltfremde Sichtweise der Dinge entwickelt.

Ö/R und Quote: dahinter steckt m.E. dreierlei: persönliche "Gier" nach mehr Einfluß, etc. Jeder hätte gerne mehr als weniger Hörer, wenn man das mal so sieht. Die Abhängigkeit von der Politik, die sofort auf dem Plan steht, wenn der Ö/R nicht mehr die Bevölkerung mit der "politischen Willensbildung" sprich Parteimeinung beglückt. Und drittens Angst um den eigenen Posten, denn je weniger Menschen Ö/R hören, desto geringer ist auch die Gebührenakzeptanz und desto unsicherer die eigene Zukunft.

Wer sind eigentlich die Oberhäuptlinge der Rundfunkanstalten? Von, pardon, irgendwelchen Juristen dürfte nicht unbedingt zu erwarten sein, daß sie für Kunst, Kultur und hochwertige Publizistik einstehen. Jedenfalls dann nicht, wenn es dabei in die Breite geht, weg vom Milieu der Eliten.

Aber bei den derzeitigen Rekrutierungsmechanismen ist nicht zu erwarten, dass Leute an die Spitze der ÖR-Wellen kommen, die an diesem Zustand etwas ändern könnten/oder wollten.

In diesem Zusammenhang sei mir gestattet, noch aus einem anderen Thread zu zitieren. Es ging um meine Frage, was die Oberen so für Beweggründe haben.

Meine Vermutungen waren bisher:
a) Sie haben Spaß am Zerstören. (Und wollen damit ihre Macht unterstreichen.)
b) Sie dulden keine Götter neben sich und beobachten Moderatoren, die drohen, zu beliebt zu werden, sehr argwöhnisch.
c) Sie denken wirklich, sie machen das Richtige, und lassen sich darin auch nicht beirren.
d) Ich bin nicht repräsentativ für die Mehrheit der Hörer, und diese will genau das profillose Programm, wie es jetzt überwiegend präsentiert wird.
zu c):

Man darf wohl unterstellen, daß sie vom eigenen Tun überzeugt sind, und die meisten sogar guten Willens. Daher trifft a) nur in Extremfällen zu. Das Problem ist ihre unbeirrbare Borniertheit. Sie haben entschieden, und damit basta. Sie haben Formatradio verinnerlicht, daher kennen sie die Gefahr der Ausschaltimpulse. Aber sie haben nicht den Mut, Einschaltimpulse zu generieren. Wenn dann eine Sendung daherkommt, die geeignet ist, ihre Theorien in Frage zu stellen, dann muß die natürlich schnell weg. Rebell zu kippen, dessen Traumsendung am Rande der meßbaren Einschaltquoten versteckt wurde, das ist ja noch easy. Wenn aber dann die Sendung mit den meisten Zuhörern im ganzen Laden sie eines Besseren belehren könnte, dann könnte man ja mal nachdenken, woran das liegt, und was man lernen könnte Stattdessen ducken sie ab. Schnell weg damit, damit wir nicht nachdenken müssen!

(Nach wie vor kann ich aber nicht glauben, daß sie eine solche Sendung sang- und klanglos kippen und das Echo aussitzen wollen).

zu d.) Nein, die Mehrheit der Hörer will NICHT das profillose Programm. Die Mehrheit der Hörer ist zwar genügsam. Würde sie aber vor Alternativen gestellt, würde sie sich immer für informatives Qualitätsprogramm einsetzen. Sie stimmen ja in hr3 bereits mit dem Einschaltknopf ab. Siehe die Zahlen vom Samstagvormittag.

Warum ist aber trotz dieser guten Wortmeldungen keine Diskussion in Gang gekommen:

Nun, du beantwortest viel Fragen ja schon selbst

Und das ist das eigentlich Niederschmetternde. Da gibt es also einen Rundfunkstaatsvertrag, der aber offenbar nicht mal das Papier wert ist, auf dem er geschrieben steht, weil sich in der Praxis keiner darum schert. Die Intendanten haben tatsächlich einen Freifahrtschein und können mehr oder weniger tun oder lassen, was sie wollen – solange die Quote einigermaßen stimmt und sie keinem einflußreichen Politiker zu sehr auf die Füße treten.

Der hehre Auftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten ist am Ende nichts als ein Papiertiger, der gerade noch dazu taugt, die allgemeine Gebührenpflicht aus ihm abzuleiten. Einzufordern oder gar einzuklagen ist er wohl nicht. Dazu ist er zu sehr aus Gummi.

Wenn man an den Rechtsstaat glaubt, so wie ich, dann ist das aber sehr deprimierend, daß es keinen Hebel (juristisch oder anderweitig) geben soll, diese eklatante Schieflage zu beseitigen. Ich möchte am liebsten schreien

„Aber er hat ja gar nichts an!“

Ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk wirklich in den Händen seiner Feinde, wie manche sagen? So weit würde ich nicht gehen zu behaupten, daß die Intendanten und die sie stützenden Politiker in böser Absicht das öffentlich-rechtliche System an die Wand fahren wollen. Aber fahrlässig ihm schaden tun sie wenigstens.

Warum nur können die, die das Dilemma erkennen, offenbar nichts weiter tun, als hier bestimmte Dinge anzuklagen – oder gar nur Trauerarbeit zu leisten? Warum können sie nur resignieren und nicht aktiv etwas dagegen tun? Und da habe ich nicht nur diejenigen im Auge, die intelligente Sendungen zu Popkultur auch und gerade jenseits des Mainstreams hören wollen, sondern auch z B die Fans des deutschen Schlagers.

Gibt es am Ende doch finstere, unbesiegbare Mächte in unserem Rechtsstaat? Gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk, um die Ausgangsfrage zu beantworten, tatsächlich nur einer machtgeilen und -bewußten Clique, die keinen an sich ranläßt und Andersdenkende gnadenlos beruflich kaltstellt?

PS: Was ich auch noch sagen wollte, ist, daß es mich zunehmend ärgert, wie ein trivialster Vorfall
wie die Schwangerschaftsstory über alle Maßen aufgeblasen wird? Wie hier Politikberichterstattung mal wieder in grausamer Weise trivialisiert wird?
Das trifft sowohl hier für dieses Forum als auch für den sonstigen Medienbetrieb zu. Und Dinge, die es wirklich lohnten, mit allem Für und Wider gründlich diskutiert zu werden (zum Beispiel eben, was beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk alles falsch läuft, wobei es selbstredend weit gravierende Themen gibt, ich sage nur Staatsfinanzen, Generationenvertrag, die Rolle der Bundeswehr, ...), finden praktisch nicht statt.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Tja, und ich habe auch nicht mitdiskutiert. Ich bin müde, ich bin es leid. Alles ist zigmal gesagt. Die, die nach ethischen Maßstäben "Recht" haben (wobei das eine sehr unglückliche Formulierung ist), sind in der Minderheit. Die Masse will es so und ich gebe gerade nicht wenig Geld dafür aus, wiederum nur zu hören, daß ich doch froh sein könne, mich immerhin noch ins Loch zu verkriechen, denn es könnte alles noch viel schlimmer kommen. Im Mittelater wäre ich schließlich gleich auf den Scheiterhaufen gekommen und in der DDR in den Stasiknast. Ich soll das doch mal im globalen Maßstab sehen und wie unwichtig ist da Radio und alles andere.

Ich fokussiere es dann hier lieber doch auf den Hörfunk. Klar, ich kann privat abschalten. Ich kann vielleicht noch den Taxifahrer dazu bringen, solange ich im Wagen sitze, das Radio auszuschalten. Schon beim Einkaufen wird es schwieriger: in fast jedem Laden läuft irgendwelcher musikalischer Abfall, in den großen Ketten zum Glück meist eigenes Gewächs, so daß wenigstens der Frust über den Sieg des Flachfunks auch in diesen öffentlichen Beriechen wegfällt. In meinem Schwimmbad verweigern sie neuerdings aber, das Radio auszuschalten, solange ich Gast bin. Die Hausordnung verbietet zwar den Gästen den Betrieb von "Tonwiedergabegeräten" und mahnt sie zur Einhaltung von "Ruhe", aber selbst halten sie sich nicht daran. Die Mehrheit der Badegäste fordere die Beschallung, ihnen selbst gehe es "links rein und rechts raus", was bei mir leider nicht funktioniert. Und ich muß einen weiteren Lebensbereich abhaken. Also kein Schwimmen mehr, außer im Sommer an irgendwelchen Waldseen. Da ist mir wieder bewußt geworden, wie perfekt die Vertreibung aus dem Leben organisiert ist. Der Mensch ist diesem Terror schutzlos ausgeliefert.

An den Hinhörer: nutze die Zeit und Dein brillantes Hirn für was sinnvolleres als für Versuche, die doch systembedingt vergeblich sein müssen. Hier hilft nichts mehr, zumindest nichts, was auf dem Boden der Legalität einer Gesellschaft steht, die den beklagten Zustand genau so will. Hier wären andere als nur geistige und verbale Geschütze nötig - aber wir wissen ja, das darf man nicht. Echte Veränderungen sind ohnehin ausdrücklich unerwünscht, vermutlich in jeder Gesellschaft. Deshalb gehen Gesellschaftssysteme ja auch ab und an mit einem großen Knall von der Bühne der Geschichte ab, wenn der Druck der Masse die Limits übersteigt. Nur: hier fehlt der Druck der Masse, denn die ist happy mit Großbildfernsehern für 399 Euro, Dschungelcamp, Maden-Fressen, Kakerlaken-Baden, Superhits, geheimnisvollen Geräuschen und sonstigem geistigen Junk-Food. Nähme man ihnen das weg, dann ginge die Bombe hoch - dann würden sie nämlich merken, welch beschissenes Spiel man mit ihnen inszeniert. Kleiner Trost: sie könnten die Ursache ihres Unwohlseins nicht artikulieren.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Radiowaves schrieb:
In meinem Schwimmbad verweigern sie neuerdings aber, das Radio auszuschalten, solange ich Gast bin. Die Hausordnung verbietet zwar den Gästen den Betrieb von "Tonwiedergabegeräten" und mahnt sie zur Einhaltung von "Ruhe", aber selbst halten sie sich nicht daran.

Hetz ihnen doch einfach mal die Gema auf den Hals!
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Bisher gehe ich davon aus, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Allgemeinheit gehört, und somit gesellschaftliches Eigentum ist, wird er doch durch diese zum größten Teil finanziert.
Nein, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gehören niemandem bzw. allenfalls sich selbst, denn es handelt sich dabei um Institutionen, die per Gesetz geschaffen wurden, um dauerhaft einem öffentlichen Zweck zu dienen. Das jeweilige Gesetz regelt auch, welche Organe die Anstalt leiten und kontrollieren, wie diese Organe zusammengesetzt werden und wie die Anstalten finanziert werden. Dabei erwerben diejenigen, die etwas bezahlen, eben gerade kein Eigentum daran, das ist ja das Wichtige. Wer Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlt, erwirbt ja auch kein Eigentum am Schreibtisch des jeweiligen Präsidenten, und er hat auch keinen Anspruch darauf, die Farbe des Blattes festzulegen, auf welches der Rentenbescheid gedruckt wird.

Matthias
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Hetz ihnen doch einfach mal die Gema auf den Hals!
Daran habe ich auch schon gedacht. Es sind, wenn ich mich nicht verzählt habe, 8 "Hörstellen" (Hallenlautsprecher). Ob die brav 8 mal GEZ und an die GEMA zahlen? Bei einer öffentlichen Einrichtung sollte man das zwar annehmen, aber...

Bislang hab ichs nicht gemacht, da ich auf eine Regelung gehofft habe, die es mir noch ermöglicht, schwimmen zu gehen. Daß ich - Radiofreund - mir einst eine radiofreie Zone wünsche...
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Ich denke nicht, dass die Anzahl der "Hörstellen" (:D) entscheidend ist. An die GEZ (die Jungs arbeiten ja bekanntlich auch mit nicht gerade weichen Bandagen) bei Vorhandensein der Rundfunkampfangsanlage zu zahlen, ist das eine.

Der GEMA-Tarif ist festgelegt bei "Betrieben mit Hintergrundmusik" (Arztpraxen, Friseurstudios, Einzelhandel, Fitness- und Sportstudios etc.) nach Raumgröße und Musikquelle (CDs, kopierte CDs, mp3, Radio u.a.). Einzelheiten für "Fitness- und Sportstudios" hier.

Schadet ja nicht, beim Besuch des Badebetriebs die Tarifübersicht in der Tasche zu haben. ;)
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

@ Pianist Berlin:
Der Unterschied zwischen gesellschaftlichem und privatem Eigentum ist mir bekannt, deshalb schrieb ich ja auch von der Allgemeinheit. Den Begriff "Volk" in diesem Zusammenhang habe ich bewusst versucht zu umgehen, da dieser im Zusammenhang mit Eigentum negativ belastet ist.

Auf den Seiten des NDR fand ich übrigens der Eingangsfrage Lösung:
Als „gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts“ hat der NDR das Recht der Selbstverwaltung. [...] Die Rechtsaufsicht über den NDR führen die Regierungen der Staatsvertragsländer, die Finanzkontrolle erfolgt durch deren Rechnungshöfe.*

Also doch gesellschaftliches Eigentum?

___________
* Quelle: Wem gehört der NDR?
 
AW: Versuch eines Resümees

Die Intendanten haben tatsächlich einen Freifahrtschein

Den sollten sie ja tunlichst auch haben. Wieder ein Staatliches Komitee für Rundfunk einsetzen? Es schaudert einem schon bei dem Gedanken. Allein schon angesichts der Vorstellung, wie das dann wohl besetzt wäre. Zumindest in Sachsen ...

Nee, ich denke, so würde das erst recht nichts werden.


Ich möchte am liebsten schreien

„Aber er hat ja gar nichts an!“

Und warum tust Du's nicht einfach?
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Und damit haben wir die ideale Gelegenheit zu fragen, wie es denn weitergehen soll. Denn mit den Strukturen, die der deutsche öffentlich-rechtliche Hörfunk derzeit hat, frißt er sich immer tiefer ins Niveaulose hinein. Da es das "Staatliche Komitee für Rundfunk" ja nun auch nicht sein soll/darf und die Ethikkommission sich sicherlich nicht zuständig fühlt...

Also, irgendwer Ideen? Oder sollte man nicht auch konsequent die Hülle plattmachen (Inhalt ist ja schon weg) und sagen, das war was aus dem 20. Jahrhundert und wir haben ja jetzt die ganzen tollen Internetkanäle, auf dem jedermann für jedermann buntes Nichts gestalten kann, das gesellschaftlich weniger relevant ist als Blätterrauschen im Wald?

Wie also kommen die ausgeschlossenen Bevölkerungsschichten wieder zu einer angemessenen Berücksichtigung im Hörfunk? Wo bleibt z.B. das bundesweit auf UKW empfangbare alternative Vollprogramm für die nicht-Vollpfosten unter den nicht-Klassikhörern? Man müßte jenseits des Tagesprogramms nichtmal sonderlich viel Inhalt neu erfinden, sondern einfach innerhalb der ARD aufsammeln und bündeln. Oder warum soll es das nicht geben?

Die Beantwortung letzterer Frage hilft vielleicht auch schon weiter. Und nein, die Antwort, die ein Onliner aus der Sputnik-Redaktion gab, lasse ich nicht gelten. Die ist menschenverachtend. Selbst bei Tieren kämen sie hier mit dem Artenschutz. Aber es sind ja nur Menschen.

"Gab leider nicht so viel von deiner Sorte Hörer."
 
Andere Frage:

Wie läuft es denn im Fernsehen? Ist vielleicht aufschlußreicher, da dieses Medium nicht dabei ist, sich selbst immer weiter zu marginalisieren, wie es weite Teile der deutschen Hörfunklandschaft als „alternativlos“ ansehen.

Onliner sagt doch schon alles: Die haben da schlicht und ergreifend das Radio abgeschrieben, meinen, es tauge nur noch als Klangtapete und suchen nun, eventuell noch vorhandene Ambitionen im Internet auszuleben.
 
Na, also!

Jetzt bekomme ich doch mal Widerspruch, so daß ich einhaken kann. Sehr schön.

Die Intendanten haben tatsächlich einen Freifahrtschein
Den sollten sie ja tunlichst auch haben.

Genau das sehe ich nicht so. Wo kämen wir hin, wenn sie nicht irgendeiner Instanz gegenüber rechenschaftspflichtig wären? Der Pianist und Ammerlaender haben ja auch Hinweise gegeben, welche Stellen das (zumindest auf dem Papier) sind. Und zwar, wenn es um Inhalte geht (und die Überwachung der Einhaltung des Programmauftrags), der jeweilige Rundfunkrat.

Das ist natürlich absolut kein Staatliches Komitee für Rundfunk, eher scheinen mir die Rundfunkräte überwiegend am entgegengesetzten Ende der Einmischungsskala zu liegen. Die Causa MDR Sputnik hat das wieder eindrucksvoll gezeigt. Wenn aber noch nicht mal die Rundfunkräte so genau zu wissen scheinen, was die einzelnen Programme überhaupt für Ziele haben, können sie natürlich prima von der Intendanz am Nasenring durch die Arena gezogen werden.

Nein, ich habe es oben ja schon skizziert, was ich fordere: Offenheit und Öffentlichkeit in allen Belangen der Programmausrichtung bei Zielen, Umsetzung und Erfüllungsstand. Die allgemeine Geheimniskrämerei bei den internen Analysen scheint mir von den einschlägigen Gesetzen jedenfalls nicht gedeckt zu sein. Und ich sehe überhaupt keinen überzeugenden Grund, warum eine Offenheit hier schädlich sein soll (indem sie z B der Konkurrenz in die Tasche spielen könnte). Nein, eigentlich wäre Offenheit nur schädlich für die Illusion, der Kaiser hätte Kleider an. Und das finde ich unerträglich.

Womit wir hier wären:

Und warum tust Du's nicht einfach?

Vor irgendwelchen Aktionen schätze ich Aufwand und Nutzen ab. Daher fällt eine wörtliche Umsetzung schon mal aus. Übertragen kann ich es mir schon eher vorstellen. Nur fehlt mir bisher die richtige Gegenstelle. Hier gibt es immerhin schon Gleichgesinnte, aber die sitzen nicht an den richtigen Hebeln. Wenn aber ein Rundfunkrat seinen Auftrag mal ernst nehmen will und seine Kontrollfunktion wirklich gewissenhaft ausüben möchte, leiste ich gern argumentatorische Schützenhilfe.

Noch (?) bin ich nicht bereit, die zynische Sicht einzunehmen, daß natürlich Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen und dumm ist, wer annimmt, daß z B der Rundfunkstaatsvertrag auch tatsächlich so gemeint sein könnte. Widersprüche dieser Art kann ich jedenfalls nicht einfach mit einem Schulterzucken abtun. Tut mir leid.
 
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