AW: Die Widersprüche der Radioberater
Ich glaube ich hatte bisher mit vier oder fünf Beratern zu tun, Namen nenne ich aber nicht. Schlimm wird es im Grunde immer dann, wenn der Berater wechselt, weil plötzlich alles/vieles, was gerade noch "toll" war, plötzlich als "schlecht" dasteht. Soetwas zeigt dann aber eher eine Führungsschwäche weiter oben, da wird in der Tat dem eigenen (vielleicht auch nicht mehr vorhandenen) Instinkt nicht mehr vertraut und blind alles geheiligt, was der Berater vorgibt.
Wann braucht ein Sender einen Berater? Naja, so eine Sendung wie "Rach, der Restauranttester" kann man niedermachen, ich will auch gar nicht wissen wieviel da getürkt und gestellt ist, aber: es zeigt im Grunde alle möglichen Schwächen vermeintlicher Profis. Beim Radio ist es nicht anders, man sitzt drin und sieht vor lauter Bäumen den Forst nicht mehr. Wenn es wirtschafltich bergab geht und Du nicht kapierst warum, dann brauchst Du einen Berater. Sonst im Grunde nicht, denke ich. Wobei einen Berater einstellen natürlich immer was von "nach dem Weg fragen" hat. Viele sehen das als Zeichen von Schwäche, sowas zu tun, andere als weise, bevor man sich verzettelt.
Warum braucht ein Sender einen Berater? Weil es nicht dauerhaft bergab gehen kann, weil dauerhafte Führungswechsel evtl noch schädlicher wären.
Warum sollte der Berater extern sein? Damit er frei von internen Eitel- und Zwistigkeiten überprüfen kann, was gut und was schlecht ist. Damit er nicht eigene große Mühen und arbeitsintensive Tätigkeiten im Kopf hat, wenn er eine Aktion oder sonstwas vorschlägt oder absägt.
Welche Qualifikation muss ein Berater haben? Er sollte einen Namen als erfolgreicher Radiomacher haben. Jemand, der über Jahre Programme geführt und entwickelt hat. Auf Zertifikate oder Diplome würde ich auch nicht schauen, wären in dem Bereich vollkommener Quark.
Welches Risiko geht der Berater ein? Da gab es einen schönen, themenbezogenen Tatort vor einigen Wochen. Ich glaube es war der Kölner. Das größte Risiko also: dass ihn einer aus der Belegschaft gefesselt vom Dom wirft. Oder Gift ins Glas mischt.
In der Tat geht es Beratern aber wie vielen PD und GF: sie kommen, versuchen möglichst lange viel Geld aus dem Laden zu holen, haben aber wenig Identifikation mit der Firma/dem Sender, wissen also, dass relativ schnell auch wieder Ende sein könnte. Dann ziehen sie halt weiter, wie amerikanische Söldner. Rumballern gerne, den Dreck aufräumen können andere.
Welches Risiko geht der Sender ein? Viele Euro im Schornstein verbrannt zu haben für nichts und wieder nichts. Aber das kennen die Sender ja auch aus anderen Programmbereichen. Solange es nicht in das Gehalt von Redakteuren gesteckt wird ist Geldverbrennung akzeptiert.
Was kostet ein Berater? Nimm noch die Kosten für sämtliche Researches dazu und man könnte sich locker bis zu zehn hochqualifizierte Redakteure ins Team holen. Oder aber die, die schon da sind, mal anständig bzahlen.
Was haben die Mitarbeiter des Senders zu befürchten? Siehe etwas weiter oben. Mord ist kein Kavaliersdelikt. Selbstjustiz auch nicht. Selbst dann nicht, wenn es verständlich erscheint.
Wer ist schuld, wenn die Beratervorschläge nicht den gewünschten Erfolg bringen? Wenn der Erfolg ausbleibt, kann sowas taktisch sehr gut benutzt werden. Sie wollten schon immer Ihren Berater loswerden? Oder doch erstmal den renitenten MoShow-Moderator? Oder diesen unverschämt teuren Musikredakteur? Oder sollte doch der riesige Produktionsapparat als erstes verschlankt werden?
Wie kurz- mittel- oder langfristig wird von Seiten eines Senders geplant?
Alle wären gerne Borussia Dortmund, verhalten sich aber leider wie der HSV. Menschliche Großmannssucht und persönliche Eitelkeiten machen vieles kaputt. Das ist aber kein Radiophänomen.