Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

BlueKO

Benutzer
In den vergangenen Wochen habe ich verstärkt BBC Radio 4 und Radio 4 extra gehört. Dabei ist mir eine Sache aufgefallen. Bei den dortigen Hörspielen gibt es drei Kategorien: Krimi, Drama und Comedy.

Die ersten beiden Kategorien werden auch von den deutschen Wortprogrammen reichlich produziert, also die handelsübliche Mördersuche, vor allem vertreten durch den Radio-Tatort. Dann gibt es noch eine Unmenge an bedeutungsschweren und meist bis zur Unhörbarkeit durchinszenierte Hörspiele mit ernsten Themen. Im deutschen Radio ist die Gattung Comedy allerdings überhaupt nicht vertreten. (Gemeint sind damit ausdrücklich nicht die max. 1:30-Stücke in den Dudelwellen.)

Stellvertretend für die britische Variante sei mal "Party" genannt. Das ist eine halbstündige Serie über einen Haufen junger Leute, die eine eigene Partei gründen wollen, aber irgendwie nur Chaos produzieren. Da ist jede Folge Sitcom und pure Unterhaltung wie ich sie in deutschsprachigen Programmen schon lange, lange nicht mehr gehört habe. Die letzte vergleichbare Produktion an die ich mich erinnern kann ist allenfalls die "Marx Brothers Radioshow" und das ist dann auch schon 20 Jahre her.

Gerade für die jungen/jugendlichen Programme wäre eine solche Sendeform optimal geeignet um Hörer zu erreichen, aber auch in den dort verbliebenen Programmplätzen laufen nur die üblichen Verdächtigen.

Warum ist es so schwer oder vielleicht sogar verpönt in Deutschland solche Sendungen zu produzieren?
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

.... vielleicht weil Ihr nun mal in Deutschland seid........
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Ich darf mal an eine Hörreihe erinnern, die im Winter 2010 auf YouFM und Fritz lief.
Es handelt sich hierbei um einen ziemlich packenden Thriller mit dem Titel "MPEG". Dieser lief im werktäglichen Nachmittagsprogramm beider Sender und hat pro Folge eine recht knappe Laufdauer - grade mal 3 Minuten á 30 Folgen. Fritz sendete den laut eigenen Sender genannten "Hörthiller" übrigens am einem Sonntag Nachmittag nach der finalen Episode komplett aus. Da hab ich auch zufällig nach KenFM reingehört und hab wie gebannt dem Stream gelauscht.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Humor im Radio - schwieriges Thema. Da hat uns GB schon immer was vorgemacht. Ich glaube, es liegt weniger daran, dass es keine Deutschen gibt, die das könnten - natürlich würde sich das Ergebnis immer noch vom typisch britischen Humor unterscheiden. Der Hauptgrund liegt aber darin begründet, dass wir uns weniger trauen. Vielleicht erinnert sich noch jemand an Spitting Image. Das war diese Serie mit den entstellten Politiker- und Royals- Köpfen und den ganzen gemeinen Anspielungen. Dann hat sich, soweit ich mich erinnere, der WDR an das Format herangetraut. Ergebnis: Ganz nett, auch mal zum Schmunzeln, im ganzen aber ziemlich harmlos.

Aber es gibt auch positive Beispiele, an denen man ablesen kann, dass sich was tut. Leider weniger im Radio, bis auf die eine oder andere Verlade bei Arno auf 104.6 RTL, Peter Zudeicks Wochenrückblick und Bruno Jonas (falls man den noch im derzeitigen Bauern 3 auftreten lässt) fällt mir so gar nichts Komisches im deutschen Radio ein.

Anders im Fernsehen: Hin und wieder gibt es selbst bei den Privaten mal einen Comedian, der aus der grauen Soße des stundenlangen Wochenendschabernacks herausragt, der zumindest positive Ansätze zeigt. Favorit ist für mich derzeit ein Zwitter - halb Comedian, halb Kabarettist: Urban Priol. Der ist sehr deutlich, bürstet gerne gegen den Strich und ist vor allem in der Lage, aktuelle Geschnisse sofort in seinen Auftritten einfließen zu lassen. Und ein Talent, öffentliche Personen zu imitieren, hat er auch.

Im Radio fängt die Crux ja schon bei den ganzen Maulkörben an, die man den Moderatoren auferlegt hat. Humor wird nur in eng vorbestimmten Bahnen zugelassen, bis es nichts mehr zu Lachen gibt. Ich glaube auch, es gibt große Strömungen im Land, die mit "ehrlichem" Humor, der sich mal nicht mit harmlosen, zwischenmenschlichen Problemen, sondern handfesten Skandalen der sogenannten Elite beschäftigt, nicht umzugehen wissen. Es gibt soviele Stimmen, die sich geradezu reflexartig zu Wort melden, wenn jemand mal an die Grenze des Zulässigen geht.

Priol hat mal sinngemäß gesagt, heutige Terroristen (in Anspielung an die Entführungen der RAF) würden sich weigern, Westerwelle, wenn sie den zu packen kriegten, mitzunehmen. Danach muss es wohl in einigen Printmedien einen empörten Aufschrei gegeben haben. :wall:
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Ja klar. Bring mal eine Hörspielreihe in Deutschland, in der man den Jugendlichen erklärt, wie man Politik macht und wie man eine Partei gründet. Das führt nur dazu, dass es einige auch machen werden. :)
Und sonst: Das Lösungswort zum Problem ist das erste Wort der Threadbeschreibung.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Tja, wenn ich Dich richtig verstehe, empfiehlst Du, auf BBC zu wechseln. Das ist natürlich immer eine gute Alternative - auch für Sendungen außerhalb der Abteiung "Humor". Ich liebe die Programmstrecken, in denen auf BBC Radio 2 mehrheitlich Musik läuft. Was die alles an spielbaren Tracks ausgraben, die hier keiner anpackt - dagegen ist SWR 1 mit ähnlicher Zielgruppe die reinste Provokation. Und wenn man sich dann mal vor Augen hält, dass SWR 1 eindeutig zu den besseren, wenn nicht gar besten Sendern dieser Art in Deutschland zählt, kann man - den gesamten ARD-Hörfunk im Blick - nur...:wall:
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Comedy/Kabarett empfinde ich nicht so als das Problem. Die DLF "Querköpfe" und WDR5 mit "Streng Öffentlich" bieten ausreichend Raum für Priol, Schramm, Nuhr, Pispers und Co. - also gern auch hochwertiges. Doch das komödiantische Hörspiel scheint es wirklich schwer zu haben. Ich erinnere mich an das Hörspiel "Moment, das wird Sie interessieren." mit einem brilliantem Boris Aljinovic. Sonst muß ich dafür in meine Stadtbibliothek (ca. 1.000 Hörbücher), da finde ich dann Jan Weilers Werke ("Maria, ihm schmeckts nicht", "MS Romantik", etc.) oder wenig anderes. Thommy Jaud und Doris Heldt sind dann schon wiederum Hörbücher.

Ein Blick über Hoerspieltipps.net bringt schon beinah den Beweis. Vielleicht besteht neben der Kategorie Kabarett einfach kaum Bedarf an heiteren Hörspielen oder es gibt zuwenig guten Stoff auf dem deutschen Markt - britischer Humor läßt sich meist nur sehr schwer ins Radio übersetzen.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Comedy/Kabarett empfinde ich nicht so als das Problem. Die DLF "Querköpfe" und WDR5 mit "Streng Öffentlich" bieten ausreichend Raum
Gerade die Sendungen empfinde ich als zu behäbig und brav, als nicht bissig genug.

Doch das komödiantische Hörspiel scheint es wirklich schwer zu haben...Vielleicht besteht neben der Kategorie Kabarett einfach kaum Bedarf an heiteren Hörspielen oder es gibt zuwenig guten Stoff auf dem deutschen Markt
Kann ich mir beides nicht vorstellen. Gerade das bayerische Bauerntheater zeigt, dass auch sogenanntes "Leichtes" auf große Gegenliebe stößt, die Comedywelle im Kommerz-TV ebenso. Die geht wahrscheinlich schon besser, weil man sich dafür als Macher nicht soviel trauen muss. Merkel und Schwesterwelle als optisch entstellte Gummipuppen, bis auf des Messer´s Schneide karikiert, würde auch hier funktionieren. Fehlt nur der Sender, der so unabhängig ist, sich ein solches Format erlauben zu können.

Zu wenig guter Stoff? Vielleicht. Dann muss ich halt junge Talente zum Schreiben animieren, im Zweifel selber in Auftrag geben. Aber die schreibende Zunft habe ich noch bei keinem Thema/Genre als Problem wahrgenommen. So wie ich in der SZ die manchmal im ARD-Hörfunk vermisste Thementiefe finde, stehen im Buchladen bestimmt auch zahlreiche deutsche humoristische Werke.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Mein Posting hat nun nichts mit Comedy etc zu tun. Mir ist aufgefallen, daß viele Hörspiele wirklich sehr dröge inszeniert sind. Wie oft hört man seltsames Jazzgedudel im Hintergrund. Gehört das zum Repertoire, daß ein Saxophon oder ein Kontrabass die Hintergrundmusik liefern muss? Eines der besten neueren Hörspiele ist für mich eine Produktion vom mdr (?). Da fahren ein paar Jugendliche in eine verlassene Stadt im Outback von Leipzig und stossen dort auf seltsame Kreaturen. Ich weiss den Namen leider nicht mehr. Aber da hat es mich sogar gegruselt.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Vielleicht liegt es daran, dass bei uns (in Deutschland) immer alles irgendwie bedeutungsschwer zu sein hat - oder zumindest so klingen soll.
Deutsche Songs im Radio! Grütze für Depressive!
Deutsche Literatur! Tiefenpsychologisches Geschwurbel!
Deutsche Hörspiele! - Siehe Diskussion!
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Kurze Antwort: Es hängt mit der allgemeinen Malaise der deutschen Radiolandschaft zusammen, dass es zwischen den Dudelfunkern (öffentlich-rechtlich und privat) auf der einen Seite und den Kulturwellen auf der anderen Seite kaum ein Angebot aus der Mitte gibt, also von anspruchsvoll unterhaltenden Radioprogrammen und -sendungen. Und das gilt sowohl für die Musik wie für das Wort. In Großbritannien gibt's da eine andere Tradition, da deckte Radio 4 immer schon das ganze Spektrum des gesprochenen Radios ab.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Warum wird "Hörspiel" eigentlich so unheimlich abhängig von "Radio" gemacht?

Es ist ja nun nicht mehr so, dass man darauf angewiesen wäre, zu warten, bis mal eins im Radio läuft. Das gehört zwar zur Entstehungsgeschichte von Hörspiel, ist aber eben längst Geschichte. Deshalb sehe ich erst einmal nur sehr bedingt Radiobezug.

Davon aber mal ganz abgesehen, gibt es schon Gründe, weshalb das Genre Comedy im Hörspielbereich allgemein unterbesetzt ist, noch viel mehr bei der Ausstrahlung in Hörrundfunkprogrammen. Da wäre nach meiner Ansicht der erste:

Man erwartet von einem Hörspiel einfach keinen Klamauk im Sinne von Comedy, wie sie beispielsweise im TV zuhauf angeboten wird.

Das mag zum einen daran liegen, dass der Begriff "Comedy" heute eben genau durch das besetzt ist, was man mit namhaften Comedians aus der Glotze verbindet. Da einige von denen zudem mit lästigen Werbespots nerven, hat der Begriff "Comedy" wohl bei manchem schon einen regelrecht negativen Touch. Unter Hörspielfans werden wohl nicht viele sein, die sich die Zeit nehmen, für Dampfplauderer im Kopfkino eine virtuelle Bühne frei zu machen. Humorvolle Hörspielproduktionen werden also sehr gut durchdacht sein müssen, um breite Akzeptanz zu finden und man sollte sie wohl, wenn man sie unter die Fangemeinde bringen will, nicht unbedingt unter das Genre "Comedy" zumal mit genau diesen Begriff stellen.

An dieser Stelle möchte ich nocheinmal aufs Kopfkino eingehen.
Ein Hörspiel ist nichts, was man sich mal eben nebenbei antun kann. Dazu muss man zunächst erst einmal unbedingt zu- und hinhören wollen. Dazu wiederum braucht man Zeit, Ruhe, Vorstellungsvermögen und man muss zulassen können und wollen, dass sich im Kopf überhaupt etwas formt (Akzeptanz von Suggestion). Alles zusammengenommen ist heute nun wirklich keine Normalität mehr, weshalb das Hörspiel es heute mehr denn je schwer hat, aus der Fanecke herauszukommen.
Wenn du genau diese Fanecke aber natur- und gewohnheitsgemäß bestimmte Genres erwartet und bevorzugt, was ich für durchaus gegeben halte, dann ist auch klar, das vor allem kommerzielle Produzenten das produzieren werden, dessen Absatz in angemessen Zahlen einigermaßen gesichert ist, wobei auch hier in der vergangenheit überraschend Flops und Hits gelandet wurden, die wohl anders geplant waren.

Zurück zum Radio:
Verschärft wird die ganze Sicht wohl, wenn man bedenkt, welche Programme vorwiegend Hörspiele ausstrahlen. Das sind ja wohl Kultur- und Infowellen. Und was haben die für Hörer? Mehrheitlich solche, die sich gezielt von geist- und merkbefreiten Medien sowie deren Konsum abwenden. Also werden sie auch Hörspiele so auswählen, dass sie der Hörerschaft ins gewohnte Bild des Programmes passen.
Das heißt freilich nicht, dass Humor keine Rolle spielen darf - auch ernste Unterhaltung bietet dafür Raum. Aber platte Comedy und alberne Parodien würden wohl eine Welle der Entrüstung auslösen. Somit bleibt nur, intelligent anspruchsvolles Hörmaterial zu senden, dass damit - Humor hin oder her - gewissen Ernst nicht entbehrt. Der steckt dann automatisch nicht nur im gesprochenen Wort, sondern auch in der Dramaturgie.

Es mag letztendlich einfach an der Mentalität der Hörerschaft liegen, dass die Szene so ist wie sie ist. Einen Grund, sie deshalb zu verurteilen, sehe ich aber nicht. Sie wird sich ebenso wenig darum scheren wie die Hörerschaft platter Popwellen, die auch nur deshalb blühen, weil ihre Hörer eben sind, wie sie sind, weshalb jede Kritik daran in Bedeutungslosigkeit versinkt.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Ein Hörspiel funktioniert nur mit einer durchdachten Dramaturgie. Ohne diese funktioniert überhaupt nichts, was man über eine längere Zeit im Radio erzählen möchte. Den Witznummern der TV-Commedy fehlt das fast immer. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch gute und lustige Unterhaltung geben kann, die auch über eine länger Strecke funktioniert.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Dea hat wohl Recht, was den Radiobezug betrifft. Hörspiel im radio bedeutet ja doch mehr oder weniger, dass man sich hinsetzen, Zeit mitbringen und zuhören muss - und zwar genau zu einem Zeitpunkt, den man nicht selbst bestimmen kann.
Der Erfolg der "Hörbücher" zeigt jedoch, dass Zuhören "in" ist, selbst wenn ohne aufwändige Geräusch- und Musikkulisse einfach nur vorgelesen wird.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Ich glaube es liegt daran, dass Hörspiele nicht mehr die grosse Bedeutung für die Sender haben. Die Sendungen wurden immer mehr in die Randbereiche (spätabends, nachts, Wochenende) gelegt. Das sagt doch schon alles über den Stellenwert aus.

Es geht aber auch anders. Ich erinnere da mal an die wunderbaren WDR-Produktionen "Ja Uff erstmal" oder das fantastische Hörspiel "Der kleine Hobbit", welches vor wenigen Monaten nochmal wiederholt wurde.

Ingesamt stimmt es aber, dass viele Hörspiele mich nicht ansprechen, weil sie mir zu "intellektuell" sind. Ausserdem werden zuviele Krimis produziert. Hier könnte man den Augenmerk auch mal auf andere Genres legen.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

@dea: Das "Bedingt" entsetzt mich nun doch ein wenig.
wikipedia schrieb:
Hörspiele wurden zunächst im Radio entwickelt und ausgestrahlt und sind damit die erste originäre Kunstform, die der Hörfunk hervorgebracht hat. Sie sind ein eigenständiges literarisches Genre, vergleichbar mit dem Roman, der Novelle oder dem Drama. - Geschichte - Die deutsche Hörspielgeschichte reicht bis in das Jahr 1918 zurück. Damals begann man bei der Firma Telefunken mit Bearbeitungen von Theaterstücken für die Ausstrahlung per Funk.
Soviel dann mal zur (überspitzten) These "Hörspiel hat mit Radio nix zu tun."

Inzwischen ist mir eingefallen, daß es bei Figaro am Anfang des Jahrtausends einen Sendeplatz alle zwei Wochen am Samstagabend für "Radiokomödien" gab. Dort wurde allerdings auch nur SEHR historisches Material gesendet. Ich erinnere mich da z.B. an eine Produktion mit Heinz Rühmann. Irgendwann wurde dieser Sendeplatz auch abgeschafft.

Die Krux bei dem Thema dürfte wohl eher darin liegen, daß das Hörspiel von Redakteuren und Regisseuren nicht mehr als Unterhaltungs- sonder eher als Kunstform gesehen wird. Und da ist unterhaltendes natürlich nur störend. Aber Radio kann und darf doch auch an dieser Stelle mal richtig Spaß machen und muß nicht immer nur bedeutungsschwer daher kommen.

Man muß sich aber auch keineswegs konzentriert hinsetzen um ein Hörspiel genießen zu können. Ich schaffe es jedenfalls hervorragend einem Hörspiel oder einer Lesung während der Arbeit am Computer folgen zu können, besser sogar als jeder TV-Serie, die mich durch das Bild nur ablenkt.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Der Erfolg der "Hörbücher" zeigt jedoch, dass Zuhören "in" ist, selbst wenn ohne aufwändige Geräusch- und Musikkulisse einfach nur vorgelesen wird.

Wobei auch der Markt schwieriger ist, als man sich das mal vorgestellt hatte. Hörbücher? Ja, aber am liebsten möglichst günstig oder kostenfrei aus dem Internet und am liebsten MP3, damit es den einfachsten Weg vom Rechner direkt auf dem MP3-Player oder ins MP3-Autoradio findet. Fast immer hört oder liest man: "Hörbuch? Ja, wenn ich unterwegs bin." Also auch nur dann, wenn die Zeit zum Zuhören regelrecht übrig ist. Alles andere kann man getrost als seltene Ausnahmen bezeichnen.

Zudem ist der Markt verzerrt. Während man sich beim Kauf eines Buches sicher viel eher am Autor oder tatsächlich dem Inhalt des Werkes orientiert als am Verleger, ist bei Hörbüchern der Interpret das Verkaufsargument. Eine große, bekannte Synchronstimme, die im Kopf eines deutschen Kino- und TV-Konsumenten fast immer mit einem ganz bestimmten Schauspieler und seinen Rollen verknüpft ist, ist wesentlich interessanter als das präsentierte Werk.
Interessanterweise kommen bei Rezensionen dann so enttäuschte Kommentare wie "Meine Lieblingsstimme, aber insgesamt uninteressant." heraus. Warum? Weil es schlicht unvorstellbar scheint, dass Sprecher A, der phonetisch immer zu Schauspieler B und seinen Rollen gehört, mal in eine ganz andere Rolle zudem ohne Visualisierung schlüpft oder aus einem Buch liest, das man selbst als echtes Buch beizeiten beiseite gelegt hätte, weil es einen einfach nicht anspricht.
Das untermalt meine These, dass Darbietungen gesprochenen Wortes ziemlich genau den Erwartungen und Vorstellungen der Hörer entsprechen müssen, um überhaupt Akzeptanz zu finden.

Auch gibt es, und dagegen kann sich keiner wehren, auch Stimmen oder Erzählweisen, die man einfach nicht mag. Bei Hörspielen ist es das selbe Dilemma, wenn auch durch verteilte Rollen deutlich entschärfter. Man muss ja nicht angestrengt einer Stimme lauschen, sondern das Hörereignis ist aufgelockert. Dennoch muss man für die jeweilige Story genau die richtigen, möglichst namhaften Stimmen zusammenbringen, um es richtig bekannt zu machen. Wenn ich mir das für ein Comedy-Hörspiel vorzustellen versuche... bei den Kosten für eine kommerzielle Produktion und dem dürftigen Absatz ist das alles heikel. Also lieber nicht.

Ich denke, bei dem Genre "Comedy" wird eher die freie Hörspielszene mehr liefern. Die muss sich um Absatz nicht scheren, weil ihre Produzenten nicht ein ganzes Monatsgehalt für einen Tag im Studio nehmen, und so kann dort viel freier experimentiert werden. Was ankommt und was nicht, sieht man später in Downloadzahlen und Rezensionen und darüber wird sich nach und nach entwickeln, was entwickelt werden muss.

Edit/Nachtrag:
Soviel dann mal zur (überspitzten) These "Hörspiel hat mit Radio nix zu tun."

Werter Kollege, lies bitte nicht, was dir gefällt, damit du dich auf den Schlips getreten fühlen kannst. Ich sagte ganz klar nicht "nix", sondern nur bedingt und ich nahm auch klar auf den geschichtlichen Zusammenhang Radio-Hörspiel Bezug. Der ist aber fast 100 Jahre später nicht mehr der alte. Den Wikipedia-Artikel kenne ich übrigens hinreichend, er wäre durch mich auch fast zu einem "Hörbuch" geworden, allerdings sind mir dazu ein paar zuviele Wenns und Abers drin.
Also bitte....!
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Zitat von Mannis Fan
Der Erfolg der "Hörbücher" zeigt jedoch, dass Zuhören "in" ist, selbst wenn ohne aufwändige Geräusch- und Musikkulisse einfach nur vorgelesen wird.

Absolut, allerdings sollte man hier beachten, dass Hörbuch und Hörspiel nicht dasselbe sind. Ein Hörbuch ist also ein Buch was orginalgetreu bzw. gekürzt vorgelesen wird. Ein Hörspiel hat nur ein Buch bzw. eine Geschichte als groben Leitfaden. Daher sind dort die Gestaltungsmöglichkeiten viel grösser und ein Hörspiel ist natürlich viel aufwendiger zu produzieren.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Eigentlich ging es ja um die Radiokomödie, aber offenbar herrscht ein wenig Verwirrung bei der Definition, was ein Hörspiel überhaupt ist. Ein Hörbuch muss nicht immer auch ein Hörspiel sein. Aus produktionstechnischen Gründen bleiben die meisten von privaten Unternehmen produzierten Hörbücher bei Vorlesestunden prominenter Darsteller. Das halte ich für völlig uninteressant, da lese ich mein Buch lieber selbst.

Ein Hörspiel hat deutlich höhere Ansprüche, will ein Film für die Ohren sein. Das erfordert natürlich eine andere Hörhaltung, als die Hitwelle XY. So wie Kinobesucher auch in der Lage sein sollten, 90 Minuten zuzugucken. Davon gibt es ja auch noch einige.

So etwas produziert bei uns bis heute fast nur die ARD. Die kleinen Sender vielleicht nicht mehr. Diese Hörspiele kommen nach der Ausstrahlung meist auch als Hörbuch auf den Markt. Daher werden sie auch nur sehr selten als podcast angeboten: Entwender haben die Sender die Rechte daran gar nicht, oder sie wollen sich die Vermarktung auf dem Hörbuchmarkt nicht selbst torpedieren. Aufnehmen kann man die sich aber natürlich weiterhin. Fast alle haben doch inzwischen ihre eigenen "Radiorecorder".
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

. Aus produktionstechnischen Gründen bleiben die meisten von privaten Unternehmen produzierten Hörbücher bei Vorlesestunden prominenter Darsteller. Das halte ich für völlig uninteressant, da lese ich mein Buch lieber selbst.

Na ja, uninteressant ist es nicht unbedingt. Es gibt schon ne Menge guter Vorleser wo das Zuhören ein echte Offenbarung ist. Viele sind aber leider nicht mehr in der Lage ein Buch komplett zu lesen, weil Ihnen die Kozentrationsfähigkeit fehlt. Inbesondere dann wenn es sich um richtig dicke Wälzer handelt. Da kommt so ein gekürztes Hörbuch natürlich gerade recht. Man muss nicht selber lesen und hat in 3-4 Stunden das Buch "durch".

Hier haben wir auch das Problem von Hörspielen. Wenns länger al 1-2 Stunden dauert, muss man es in mehreren Teilen senden und da fängt das Problem schon an. Eventuell verpasst man einen oder mehrere Teile und schon ist der Hörgenuss im Eimer.
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Ich habe gesagt, dass es für mich völlig uninteressant ist. Kann schon sein, dass immer weniger Leute längere Texte verstehen. Für die gibt es dann die "Bild" und das Dudelradio.

Der Zauberberg ist nun mal keine Kurzgeschichte. Entweder man macht den in mehreren Teilen oder man lässt es bleiben. Mehrteilige Hörspiele sind auch keine Seltenheit. Insgesamt sind es sicher nicht die meistgehörten Sendeplätze, aber die Hörspielgemeinde ist gar nicht so klein, wie manche hier glauben. Das sieht man auch an den Sonderheften, die die Sender dazu herausgeben, Internetforen etc..
 
AW: Deutsche Hörspiele - warum immer so dröge?

Insgesamt sind es sicher nicht die meistgehörten Sendeplätze, aber die Hörspielgemeinde ist gar nicht so klein, wie manche hier glauben.

...und z.B. die Fangemeinde der Prof. van Dusen-Hörspiele ist eine besonders hartnäckige.

Dem Autor Michael Koser gelingt es aber auch wie sonst nur wenigen einfach alle Genres in seinen Werken unter einen Hut zu bekommen.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben