Signalbearbeitung bei Stimmen

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Gecko

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Hallo zusammen,

seit längerer Zeit plane ich, eine Sendung für einen Lokalsender von zu Hause aus zu voicetracken. Da dieser Zeitpunkt nun immer näher rückt, bin ich dabei, die letzten technischen Details einzustellen.
Hochwertige Studiotechnik ist vorhanden, auch die Räumlichkeiten sind für dieses Vorhaben gut umgebaut worden.

In den letzten Tagen habe ich nun die ersten Testaufnahmen machen können. Alles soweit ganz gut, nur eine Sache gefällt mir noch überhaupt nicht: Die Audiokurve nach der Aufnahme. Diese ist nämlich ganz unterschiedlich; mal ist die Lautstärke auf einem niedrigen Level, plötzlich schlägt sie sehr weit aus. Es sind große Schwankungen drinnen, die mir nicht wirklich gefallen. Außerdem ist das Signal teilweise sehr dünn.

Ich habe vor einigen Jahren ein bisschen Internetradio gemacht, habe dabei die Gesamtsumme, Musik und Sprache, mit einem Kompressor bearbeitet. Wenn ich mir danach die Audiokurve angeschaut habe, war das alles sehr schön gleichmäßig und geregelt - so wie das nach einer Bearbeitung durch einen Kompressor eben aussieht.

Meine Frage deswegen jetzt: Macht es Sinn, eine Stimme mit Kompressoren zu bearbeiten, wenn sie anschließend auch nochmal beim Sender durch einen Kompressor geht? Ist es vielleicht schon ausreichend, wenn ich den Limiter auf einen geeigneten Wert einstelle? Wird das Signal für die Rundfunkstation schlechter, wenn ich die Spur nach der Aufnahme noch normalisiere?

Ich würde mich freuen, wenn sich jemand findet, der auf meine Fragen eine Antwort hat. Vielleicht war das auch an Stellen ungenau beschrieben, dann bitte ich um Nachfrage, damit ich es erklären kann.

Vielen Dank!

Liebe Grüße
Gecko
 
Ja, es ist üblich, die Mikrofone zunächst einzeln zu komprimieren. Machen eigentlich alle "echten" Studios so. Auch wenn die Sendesumme später nochmal durch den Optimod geht - aber der muss ja noch ganz andere Parameter im Auge haben. Die Kompression der Sendesumme wird nie so stark sein, wie man sie auf ein einzelnes Mikrofon anwenden kann - außerhalb von Holland zumindest ;)

Wie wird das denn bei euch im Sender gehandhabt? Gibt es da Voice-Prozessoren?

Dein Ziel sollte es sein, deine Stimme ähnlich klingen zu lassen, als hättest du sie vor Ort im Studio aufgenommen. Das gilt auch für den endgültigen Pegel und damit der Frage nach der Normalisierung: Normalisieren ja; aber auf welchen Pegel, das ist bei jedem Sender anders. In der ARD wird nach Rundfunknorm auf (man korrigiere mich) -9dBFS gepegelt. Im nichtkommerziellen Bereich gerne mal auf 0dBFS :) Also einfach mal beim Sender anfragen, wie sie es haben wollen.
 
Also einfach mal beim Sender anfragen, wie sie es haben wollen.
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Der Kunde möge das bekommen, was er sich wünscht und womit er die wenigsten Sorgen und Nacharbeit hat. Also handelt man mit ihm nicht nur aus, in welchem Format und mit welchen Parametern geliefert werden soll, sondern freilich auch, was in den Tracks stecken soll.

Auf eigene Faust und nach eigenem Gutdünken sein Signal zu verhunzen kann man schon als eine Unart ansehen, die dem einen oder anderen Studiobetreiber schnell mal Tränen in die Augen treibt.

Und yps,
Die Kompression der Sendesumme wird nie so stark sein, wie man sie auf ein einzelnes Mikrofon anwenden kann - außerhalb von Holland zumindest
Du scheinst zu wenig deutschen Hörrundfunk zu "genießen".
 
Dein Ziel sollte es sein, deine Stimme ähnlich klingen zu lassen, als hättest du sie vor Ort im Studio aufgenommen. Das gilt auch für den endgültigen Pegel und damit der Frage nach der Normalisierung: Normalisieren ja; aber auf welchen Pegel, das ist bei jedem Sender anders. In der ARD wird nach Rundfunknorm auf (man korrigiere mich) -9dBFS gepegelt. Im nichtkommerziellen Bereich gerne mal auf 0dBFS :) Also einfach mal beim Sender anfragen, wie sie es haben wollen.

Beim Sender nachzufragen ist sicher eine gute Idee, normalerweise haben diese ganz konkrete technische Richtlinien, die verschiedene Parameter vorgeben. Das Normalisieren nach Spitzenpegel ist zwar althergebracht, führt jedoch zum größten Problem der Audiowelt, nämlich der unterschiedlichen Loudness ("Wahrnehmungslautstärke" beim Hören) bei gleichen Spitzenpegeln. Die angeführten -9dBFS sind im Übrigen sehr irreführend und werden auch immer falsch verstanden. Genau aus diesem Grund hat man sich ja auch beim Fernsehen entschieden, nicht mehr nach Spitzenpegeln auszusteuern und zu normalisieren, sondern nach Loudnesslevel gemäß der EBU R-128. Näheres dazu unter diesem Pfad.

http://www.radioforen.de/index.php?...euert-ab-01-01-2012-nach-ebu-r-128-aus.33928/

Im Übrigen findet, zumindest in den ARD Anstalten, auch im Hörfunk eine Erörterung dieser Methode statt.

Zum Klang kann man nun stundenlang philosophieren. Prinzipiell sollte sich eine Stimme so anhören, wie sie nunmal klingt, sofern nicht ein spezieller Sound ggf. mit Effekten (Hall, Delays etc.) gefragt ist. Negativ auf den Klang von Aufnahmen wirken sich in erster Linie Raumresonanzen auf, die sich mit dem Originalklang mischen und diesen somit verändern. Nicht zu vernachlässigen ist sicher auch das Mikrofon.
 
Das Normalisieren nach Spitzenpegel ist
ganz eindeutig nicht der Weg
zum größten Problem der Audiowelt, nämlich der unterschiedlichen Loudness ("Wahrnehmungslautstärke" beim Hören) bei gleichen Spitzenpegeln.
Die Lautheitsdiffenzen zwischen Stimmen und Mikrofonen, die hauptächlich in deren Bandbreiten und spektraler Verteilung begründet liegen, sind vergleichsweise ein Witz gegen den unbedarften und unbedachten Einsatz von dynamikreduzierender Hard- und Software, sowie der schieren Unfähigkeit, Pegelmesser zu lesen und deren Ausgaben sinnvoll auszuwerten.

Allein simples Peaklimiting kann zu einer dramatischen Erhöhung der Lautheit mißbraucht werden und läuft erfahrungsgemäß bei ausreichend vielen Spitzbuben und Spielmätzen unter "Normalisieren".

Das größte Problem der Audiowelt ist also vielmehr, dass zuviele Unbedarfte ein Zuviel an Möglichkeiten bei einem Zuwenig an Grundwissen haben, was sich in allen Bereichen, deren Basis Digital Audio ist, beobachten lässt.

Ein Lob an dieser Stelle an den Threadersteller: Er hinterfragt sein Tun wenigstens noch.

Auf die Idee, kommen schon längst nicht mehr alle.
 
Allein simples Peaklimiting kann zu einer dramatischen Erhöhung der Lautheit mißbraucht werden und läuft erfahrungsgemäß bei ausreichend vielen Spitzbuben und Spielmätzen unter "Normalisieren".
Mal so hinter der vorgehaltenen Hand: Im "Loudness-War" sind die analogen Kompressoren und Limiter von ADT-Audio mit ihren extrem schnellen Regelzeiten eine hochwirksame Waffe gewesen. Nun wurde zumindest im Fernsehen mit der EBU R 128 eine Art "Friedensvertrag" geschlossen, der auch tatsächlich funktioniert. Da ich mich bei meinen Tonmischungen (auch wenn die meisten meiner Filme im Internet und auf Veranstaltungen laufen) nach dem Fernsehen richte, kann ich definitiv sagen, dass ich meine Kompressoreinstellungen erheblich verändert habe. Es wird weniger komprimiert als vorher, was dazu führt, dass die Sprachaufnahme weniger verdichtet ist und vom Messgerät gnädiger bewertet wird. Dadurch kann man dann die Spurlautstärke ein wenig erhöhen und hat zum Schluss tatsächlich eine schöne Ausgewogenheit zwischen dem Off-Text und den O-Tönen der Leute vor Ort.

Ich finde es aber trotzdem wichtig, dass keine einzelnen Transienten durchflutschen, die vielleicht doch mal eine digitale Übersteuerung verursachen. Daher ist ein echtes Peak-Limiting weiterhin wichtig. Ich könnte mir aber vorstellen, dass der Ursprungsfrager mit einem simplen DBX 286 ohne echtes Peak-Limiting schon relativ weit kommen dürfte, wenn er den Einsatz nicht übertreibt. Die Beschriftungen an den Reglern sind dort allerdings recht untechnisch, so dass man nicht genau sieht, was man da eigentlich macht, also geht es nur über das Anhören des Ergebnisses.

Matthias
 
[...]
Hochwertige Studiotechnik ist vorhanden, auch die Räumlichkeiten sind für dieses Vorhaben gut umgebaut worden.
[...]mal ist die Lautstärke auf einem niedrigen Level, plötzlich schlägt sie sehr weit aus. Es sind große Schwankungen drinnen, die mir nicht wirklich gefallen. Außerdem ist das Signal teilweise sehr dünn.
[...]
Hier wird ja gleich daran gearbeitet, was aus dem Mikro rauskommt. Ich hab wenig mit Radio (schaffend) zu tun, mehr mit Liveton. Und da gilt meist "Was man vor dem Mikro verliert, kriegt man elektrisch nicht mehr aufgeholt".
Da stellt sich mir die Frage nach dem, was ins Mikrofon hineinkommt:
Schon mal überlegt, woher das kommt, dass da "große Schwankungen" drin sind? Was ist ein "dünnes" Signal?
Sprechen wir technisch über den Pegel? Oder sprechen wir bei "dünn" über den Frequenzbereich?

Zum schwankenden Pegel: Hast Du Dich mal beobachtet, wie der Abstand zwischen Dir und dem Mikro bzw. die Winkellage zwischen Hauptachse des Mikros und Deinem Kopf war in den Passagen, die "große Schwankungen" enthielten oder "dünn" waren? Im Zweifelsfall mal ne Videocam mitlaufen lassen. Ich tippe mal auf starke Änderungen in Einsprechrichtung und -Abstand. Der Menschliche Kopf gibt Frequenzen extrem richtungsabhängig wieder. Je näher am Mikro, je besser die Technik, desto mehr hört man auch kleinste Abweichungen der Sprechrichtung.

Wenn das stabil ist - Könnte es sein, dass Du (unbewusst) nicht gleichmäßig laut sprichst? Meine Erfahrung ist mit Laienchören, aber auch mit "Profi"-Sprechern: Sind sie sich unsicher, was sie sagen / singen müssen bzw. müssen sie ihr Hirn gleichzeitig zum Formulieren benutzen, werden sie langsamer und leiser. Die Stimme von der Lautstärke her im Griff zu halten ist Teil professioneller Sprecherziehung.

Oder sprechen wir von einzelnen Lauten? "S", "SCH"? "P", "T", "F"? Ploppschutz richtig angewendet?

Wenn "dünn" was mit dem Frequenzband zu tun hat - "dünn" wird meist mit wenig Tiefen assoziiert. Und dann bedeutet "dünn" meist die ernüchternde Erkenntnis, wie eine Stimme ohne Nahbesprechungseffekt und zusätzlicher "Badewannenkurve" im EQ " au naturel" klingt.

Sicher kann ein Kompressor da etwas bewirken. Ich selber laufe Gefahr, dass er wie "Maggi" wirkt - man braucht immer mehr, dass man etwas davon wahrnimmt und nachher schmeckt alles gleich. Und sicher ist in einer Signalkette, in der Rückkopplungen ausgeschlossen sind, der Spielraum auch größer, in dem man Effekte u.s.w. einsetzen kann.
 
... Die Lautheitsdiffenzen (..), die hauptächlich in deren Bandbreiten und spektraler Verteilung begründet liegen, sind vergleichsweise ein Witz gegen den unbedarften und unbedachten Einsatz von dynamikreduzierender Hard- und Software, sowie der schieren Unfähigkeit, Pegelmesser zu lesen und deren Ausgaben sinnvoll auszuwerten....
Hallo @dea, soll das nun folgendes bedeuten? :
1) "Lautheitserhöhung durch spektrale Verdichtung ist schlimm."

2) "Lautheitserhöhung durch Dilettanten ist viel, viel schlimmer."
Interpretiere ich Dich hier richtig?


... da gilt meist "Was man vor dem Mikro verliert, kriegt man elektrisch nicht mehr aufgeholt".
Das wird heute gern vernachlässigt. So auch die notwendige akustische Raumgestaltung.
 
Das wird heute gern vernachlässigt. So auch die notwendige akustische Raumgestaltung.
Wenn man den Eingangspost liest, scheint aber zumindest der Raum OK zu sein. "die Räumlichkeiten [seien] gut umgebaut worden".
Scheint also doch was am Interface zwischen Stuhl und Mikro korrekturbedürftig zu sein.

Was ist es nur, was mich ahnen lässt, dass dem Eingangs-Poster unsere Beiträge hier ganz egal sind?
 
Gängiger Standard: Frage stellen, nicht DIE Antwort erhalten (die man gern gehabt hätte) und am Ende - egal, ob das Problem gelöst wurde, oder nicht - die User im Forum im Unklaren über den Lösungsweg lassen.

Das muss zwar nicht zwingend bedeuten, dass die bis dahin gegebenen Antworten gänzlich ihr Ziel verfehlten, sagt aber eine Menge über Teamgeist aus. Aber der Begriff ist ja durch seine ewig mißbräuchliche Verwendung am Arbeitsmarkt als Synonym für Willenlosigkeit, Formbarkeit und die Perfektion von Duckmäusertum längst negativ besetzt. Insofern muss man auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn man am Ende Zweifel am Wahrheitsgehalt der Problemstellung an sich hegt.
 
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