Frau Helmschrott und die technische Innovationsverweigerung

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Der Radiotor

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Beim allmorgendlichen Studieren der Blogs und Branchendienste ist mir heute früh diese Meldung ins Auge gefallen:

BB Radio träumt von Jugendwelle
Das private BB Radio denkt über eine Jugendwelle nach, um die Lücke zwischen dem Hauptprogramm und dem Kinderableger Radio Teddy, der seit 2007 zur Brandenburger Privatwelle gehört, zu schließen. "Das wäre mein Traum, auch für die Senderfamilie", sagt Geschäftsführerin Katrin Helmschrott im Branchendienst "text intern". Allerdings werde es bei der aktuellen Frequenzsituation auf UKW wohl "ein Traum bleiben", und DAB+ als digitale Alternative lehnt die BB Radio-Geschäftsführerin ab, da es "unter Ausschluss der Öffentlichkeit" läuft und "zu teuer" sei, "zumal die Förderung weggefallen ist".

Auch eine Expansion mit Radio Teddy scheitert derzeit an fehlenden freien UKW-Frequenzen: "Ich bin davon überzeugt, dass Radio Teddy noch ein riesiges Wachstumspotential hat. Aber im Moment ist nichts ausgeschrieben."

Der Radiotor kommentiert:

Soso, man träumt also von einem Radioprogramm, das eine technisch sehr versierte Zielgruppe erreichen soll, wehrt sich aber mit Händen und Füßen selbst gegen technische Innovationen. Das ist so, als ob ein Autor eine tolle Idee für ein Buch-Manuskript hätte, er aber nicht losschreiben kann, weil er auf dem Markt keine Farbbänder mehr für die mechanische Schreibmaschine findet.

BB Radio ist ja kein Einzelfall. Überall in der Privatradioszene herrscht das große Gejammer, dass potenzielle Innovationen an fehlenden analogen UKW-Frequenzen scheitern. 1995 wäre dieses Argument noch okay gewesen, aber wir schreiben 2013, überall um uns digitale Technologien, nur das angestaubte UKW-Radio verharrt munter wie aufmüpfige Gallier im analogen Ghetto.

Liebe Frau Helmschrott, zunächst einmal: DAB+ läuft längst nicht mehr "unter Ausschluss der Öffentlichkeit". Die Mehrheit der heute in den Markt kommenden Radioempfänger besitzen diese Technik bereits, in mehr als einer Million deutschen Haushalten steht schon so ein Gerät. Und die Verbreitung ist auch nicht "zu teuer": Einen Sendeplatz in Berlin bekämen Sie für 1000 Euro im Monat. Bei nur 500 Watt UKW würden Sie mindestens das Zehnfache zahlen.

Ohne Innovationen kann sich eine Technik auf dem Markt nicht durchsetzen. Aber hier geht es - wie immer bei der deutschen Privatradioszene - nicht um das nicht können, sondern um das nicht wollen. Da verzichtet man lieber auf eine Innovation und träumt davon, denn würde man das Thema DAB+ selbst forcieren, hätte man ja gleich 20 und mehr Konkurrenten mehr um sich herum. Das würde möglicherweise die eigene Innovation wieder in den Schatten stellen. Da lehnt man es lieber ab und jammert, jammert und jammert, dass es keine freien UKW-Frequenzen mehr gibt. Ärmlich, Frau Helmschrott. Echt ärmlich.

By the way: Dass man den Verbreitungsweg DAB+ von Radio Teddy im Rhein-Main-Gebiet auf der Website und auch jeder Pressemitteilung (zuletzt der Jubel-Arie zur MA) ignoriert, gehört wohl auch zu dieser Strategie. Die Kids einer Freundin aus Idstein/Taunus hören Teddy übrigens täglich - über DAB+, denn Satellit wurde ja abgeschaltet.
 
Ich hab den Artikel auch gelesen und mich wahnsinnig geärgert. Das Schlimme daran: Mit solchen inkompetenten Aussagen werden stetig die Verbraucher verunsichert! Es ist so typisch: kaum kann sich Deutschland mal profilieren, wird alles getan, um ein innovatives Feld anderen zu überlassen und sich innerhalb Europas lächerlich zu machen. Das DAB+ noch wenig Hörer hat ist Fakt, aber erst darauf zu warten, bis man damit Geld verdienen kann um dann aufzuspringen ist verantwortungsloses Handeln im Sinne des Fortschritts. Gut, jedem seine Meinung aber in diesem Fall bitte ich diese doch wenigstens für sich zu behalten! Sollen Sie doch darauf hinarbeiten in der Bedeutungslosigkeit des Internets zu verschwinden. By the way: Selbst Daniel Fiene, der jetzt nicht gerade als der größte DAB+-Fan bekannt ist, hat gestern in seiner Sendung "Was mit Medien" die Indoor-Empfangsqualität von UKW kritisiert, leider aber auch nichts von DAB+ in diesem Zusammenhang erwähnt... . Seine Aussage zu UKW jedenfalls teile ich völlig, da ich sie selbst in mehreren Wohnungen so erlebt habe...
 
Ich habe mir jetzt mal den ganzen text intern-Text zufaxen lassen: So unaufgeschlossen gegenüber neuen Techniken ist Frau Helmschrott dann ja doch nicht und lobt dass Radio Teddy immer mehr über Smartphone-Apps gehört wird. Pädagogisch unwahrscheinlich wertvoll: "Mami, Radio Teddy geht nicht mehr, aber hier steht dass man auf OK klicken soll um weiteres Higgspäädvolumen zu buchen. Ich weiß nicht was das ist, aber ich mach das mal. Okay, Teddy geht wieder". :wall:
 
Das kommt davon wenn Leute auf leitenden Positionen sitzen die keine Ahnung haben. Ist ja aber leider nichts neues. :(

Genau. Da wenden wir uns lieber DAB+ zu, wo eine bundesweites Sport-Vollprogramm am fehlendem Platz im Bundesmux gescheitert ist.

Hä? Wo ist denn ein Sport-Programm gescheitert? Erstens mal ist Sport 1 ja gerade gestartet und zweitens kann man das Programm ja, zumindest Fußball, über Energy hören. Wer mehr will kann ja gerne das Programm über Internet hören. Ist bisher nicht verboten.
 
zweitens kann man das Programm ja, zumindest Fußball, über Energy hören.

Eben, sag ich, ja. Das bundesweite Sport-Vollprogramm über DAB+ ist gescheitert. Alles andere ist Notlösung.

Wer mehr will kann ja gerne das Programm über Internet hören. Ist bisher nicht verboten.

Falls man da wo man gerade ist zugriff aufs Internet hat. Das habe ich z.B. auf der Arbeit nicht. Das haben dort nur die Häuptlinge und die Sekretärinnen.
 
Die Frequenzprobleme in Berlin von BB Radio sind bekannt. DAB+ als Lösung von UKW-Unterabdeckungen ist eine lustige Idee, denn dafür ist die Marktdurchdringung von DAB+ momentan noch zu niedrig.
 
Es liegt mir zwar völlig fern ausgerechnet BB-Radio zu verteidigen, aber ich stelle mal die Frage, ob das wirklich eine "technische Innovationsverweigerung" ist? Ich behaupte, dass Frau Helmschrott hier ausnahmsweise mal eine sehr realistische Betrachtung vorgenommen hat, zumindest was DAB+ angeht. Selbiges DAB+ ist nicht mal ansatzweise brandenburgweit verfügbar. Warum also sollte sie mit ihrem Sender auf DAB gehen?
Was alerdings das Jugendradio angeht... :D :D :D
 
@Radioinsider:
Laut dem BB-Mitbegründer Stümpert beziehen sich die beiden B in BB Radio auf die beiden B in Brandenburg. Das Programm ist also kein Berliner Programm, und jegliche Versorgungslücken in der Hauptstadt sind dann eben Pech. Für manchen aber vielleichtauch Glück. ;)
 
Zwei Anmerkungen:
1. DAB ist tot und jeder darin versenkte Euro ist einer zu viel.
2. UKW Frequenzen sind noch zahlreich verfügbar. Hierfür wäre entweder eine Zerobase sinnvoll oder die Aufgabe von Schutzabständen der alten "Grundnetzsender". Ein Pirat in Rhein-Main auf 98,9 hat es letztens bewiesen. Selbst im Rhein-Main-Gebiet, wo schon 40 Sender über UKW empfangbar sind, ist noch Platz für neue Sender: 94,6 etc.
Also: Für den Grundbedarf reicht UKW noch lange hin. Special Interests werden im Internet in Hülle und Fülle bedient. Mehr ist in der heutigen Nischenanwendung Tonrunfunk nicht drin und auch nicht erforderlich.

Ich halte nach wie vor die Wette: DAB+ wird eher abgeschaltet als UKW. Die meisten DAB+ Fanboys werden die Abschaltung von UKW nicht mehr erleben :cool:
 
@FrankSch: Genau da liegt das Problem: Funzeln sind vielleicht noch machbar; sobald es aber darum geht, größere Gebiete zu versorgen, kommt man mit den entsprechenden Sendeleistungen nicht mehr hin.

Ich behaupte, dass Frau Helmschrott hier ausnahmsweise mal eine sehr realistische Betrachtung vorgenommen hat, zumindest was DAB+ angeht. Selbiges DAB+ ist nicht mal ansatzweise brandenburgweit verfügbar.
Sie könnte natürlich auch für einen landesweiten Ausbau des Multiplexes plädieren. ;)

Während dessen hörte ich heute die ganze Zeit über DAB+ "FG DJ Radio": Auf der Straße, im Geschäft, in der Bank, auf der Hauptstrasse und in den Nebenstrassen, dann bei mir zuhause, ja selbst im Aufzug (!)
Wird das originale Programm aus Paris übertragen oder eine deutschsprachige Version?
Neben Contact FM habe ich das Programm gern in meiner Jugend über ASTRA gehört.
 
Zwei Anmerkungen:
1. DAB ist tot und jeder darin versenkte Euro ist einer zu viel.

Gott sei Dank, dass wir hier Leute wie dich oder Gegenstromkobi haben, sonst würde der VPRT noch denken er sei mit seiner Anti-Haltung gegen DAB+ alleine. Gut aber auch, dass die Realität Gott sei dank anders aussieht. Zur IFA werden schon 70% aller neu auf den Markt kommenden Radios DAB+ beherrschen, nur die ganz billigen Geräte aus Fernost sind dann Nur-UKW-tauglich.
 
Absolut!!! Hat eigentlich schon jemand überprüft, wie die UKW- Nutzungszahlen sind? Die steigen bestimmt kontinuierlich an, oder? Unaufhaltsam..., oder? Und digitale Wege fallen dagegen, auch das Internet? Ich habe doch Recht? Lasst uns doch zur Langwelle zurückkehren..., war das nicht lupenreiner Klang und diese Programmvielfalt..., unglaublich... .
Wenn rachschwarz Recht hat mit seiner Prognose, dann läuft irgendwas falsch...
 
@Lord Helmchen: Das Interview mit Herrn Stümpert war damals in einem Gerd Klawitter Buch zu lesen...interessant war auch seine Aussage (nicht wortwörtlich wiedergegeben): "Das man trotz einer Konzentration auf Brandenburg, die Berliner Hörer nicht von vornherein ausschließt, vor allem da der Fernmeldeturm am Schäferberg auf Berliner Boden steht, praktisch an der Grenze zu Potsdam."

@raschwarz: Dann wirst du den Niedergang von UKW und den Aufstieg von DAB+ wohl nicht mehr miterleben, wenn man deiner Logik folgen mag. ;)

@Internetradiofan: Gute Frage. In den Jingles, die immer wieder eingestreut werden wird darauf hingewiesen, das man u.a. in Paris oder Monaco sowie in Berlin über DAB+ sendet. Ich würde mal sagen, es ist eine Mischung aus dem FG Europe und dem Pariser Programm, was hier in Berlin übertragen wird.
 
Internetradiofan schrieb:
Sie könnte natürlich auch für einen landesweiten Ausbau des Multiplexes plädieren.
Könnte sie, muss sie aber nicht, denn die brandenburgweite Koordination der Frequenzen und DAB-Senderstandorte ist seit gefühlten Ewigkeiten durch. Dafür, dass man besagte Standorte nicht in Betrieb nimmt, kann man ja kaum BB-Radio verantwortlich machen.
 
Ich würde mal sagen, es ist eine Mischung aus dem FG Europe und dem Pariser Programm, was hier in Berlin übertragen wird.
Dem würde ich zustimmen. Die einzige Sendung, die – allerdings ohne französischsprachige Moderation – aus dem Pariser Programm übernommen wird, ist "Starter FG" mit DJ Hakimakli. Das scheint aber keine Live-Übernahme zu sein, denn die Sendung scheint hier in Berlin von 19 bis 21 Uhr zu laufen, während die Pariser Sendung von 20 bis 23 Uhr läuft. Danach schließen sich dann im Berliner Programm diverse DJ-Shows an, die auch im Pariser Programm stattfinden. Ich finde es schade, dass man in Berlin nicht das Pariser Programm laufen lässt, so wirkt das DAB+-Programm vor allem tagsüber ziemlich seelenlos.
 
Gott sei Dank, dass wir hier Leute wie dich oder Gegenstromkobi haben, sonst würde der VPRT noch denken er sei mit seiner Anti-Haltung gegen DAB+ alleine.

Mal abgesehen davon, dass dieses Forum seit etwa 5/6 Jahren keinerlei Bedeutung mehr hat, was Meinungen innerhalb der Branche oder aber auch der Hörerschaft anbelangt, finde ich die Aussage mutig.

Die DAB+Fraktion ist mir ihrer Pro-Haltung nämlich alleine. Kein Konsument braucht DAB. Ein Internetradio zu Hause bietet viel mehr und mobil (Auto) tuts der lokale Dudler, oder wenns unbedingt sein muss, ja dann eben das Smartphone mir Flatrate. Mache ich zum Beispiel gerne.
 
Die DAB+Fraktion ist mir ihrer Pro-Haltung nämlich alleine. Kein Konsument braucht DAB. Ein Internetradio zu Hause bietet viel mehr und mobil (Auto) tuts der lokale Dudler, oder wenns unbedingt sein muss, ja dann eben das Smartphone mir Flatrate. Mache ich zum Beispiel gerne.
Er steht keineswegs alleine. Da geht mal wieder jemand von seiner Situation und Interessen aus, die dann auch durchaus funktionieren, wenn u.a. die Infrastruktur (Internet, Flatrate) stimmt und man mit dem lokalen Dudelfunk zufrieden ist ... aber mit dieser vorteilsbehafteten Einstellung, bist Du nicht allein. /K.
 
Ein Jugendradio in Berlin-Brandenburg, soso... Gibt ja erst Fritz, Energy, Kiss, 104.6. Und mit Abstrichen radioeins und Flux...
 
Ja, UKW wird niedergehen. Ich habe gestern nach über 1 Jahr zum ersten Mal den in meinem Smartphone eigebauten UKW Empfänger ausprobiert. Lachhaft, wenn ich das mit dem schon 100x gebrauchten TuneIn vergleiche. Momentan ist es ggf. noch nicht möglich überall die erforderliche Bandbreite und das erforderliche Datenvolumen zu haben, um viele Stunden am Tag via Smartphone Radio zu hören. Aber die 128 kbit/s oder was man für Tonrundfunk braucht werden bald überall selbstverständlich zur Verfügung stehen und dann braucht niemand mehr einen Tonrundfunkempfänger.

Wobei hier sicher auf absehbare Zeit weiterhin die Hälfte der Leute FFH hören wird und darum bin ich sicher, dass die 105,9 noch 20 Jahre auf Sendung bleibt (gilt natürlich auch für die anderen UKW Sender). Und weil oben ein "Experte" geschrieben hat, dass leistungsstarke Frequenzen nicht mehr verfügbar wären. Der Pirat war im gesamten Rhein-Main-Gebiet zu hören.
 
Aber die 128 kbit/s oder was man für Tonrundfunk braucht werden bald überall selbstverständlich zur Verfügung stehen und dann braucht niemand mehr einen Tonrundfunkempfänger.

...aber einn prall gefülltes Konto. Freue mich schon auf die Diskussion um die Grundversorgung! Oder mit anderen Worten: Eine Albtraum, der nie zu finanzieren sein wird und damit meine ich nicht nur den Verbraucher. Wenn dann wird und kann die Zukunft im Netz nur aus einem Pay-Radio bestehen, und zwar einem Radiopaket, welches die Mobilfunkbetreiber schnüren und welches wie bei DAB+ auch in der Senderzahl maximiert ist Meine Güte sind hier viele wild darauf fürs Radiohören Geld zu bezahlen...
 
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