TDF verkauft Media Broadcast an Freenet (mobilcom-debitel)

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Auf den Technik-Nachrichtenseiten klingt die Meldung unspektakulär (etwa Golem: "Mobilcom-Debitel kauft Betreiber für HD-Antennenfernsehen"), aber dass es nicht nur um DVB-T, sondern auch um Radio auf UKW und DAB+ geht, haben die wenigsten verstanden.

Hier die Pressemitteilung von Freenet. Von TDF wie von Media Broadacast gibt es interessanterweise bisher keine Information.

Hintergrund:

Im Zuge der Postreform Anfang der 90er-Jahre landeten die Sendeanlagen der Bundespost und der Deutschen Post der DDR bei der Deutschen Telekom. Vor knapp zehn Jahren hat die Deutsche Telekom ihren Rundfunksenderbetreiber Media Broadcast an den Betreiber der französischen Sendeanlagen, die Télédiffusion de France (TDF), verkauft. Seitdem gab es, was Rundfunksendeanlagen betrifft, in den alten Bundesländern ein Duopol von ARD und TDF, und in den neuen Bundesländern hat die TDF sogar ein Monopol. Dieses Duo- bzw. Monopol wurde zwar kürzlich durch die Zulassung neuer, kleinerer Sendebetreiber etwas abgeschwächt (siehe auch), aber gerade bei den großen Sendeanlagen wird sich nichts ändern.

Bisher war von TDF geplant, einen europaweiten Betreiber von Sendeanlagen zu zimmern, doch man scheint man die Synergien wieder in der vertikalen statt in der horizontalen Verkettung zu sehen. Ganz logisch erscheint mir das aber auch nicht, denn Freenet ist inzwischen ein reiner Reseller. Die Pläne, ein eigener Netzbetreiber zu werden (ironischerweise mit der ehemaligen TDF-Mutter France Telecom als Partner) hat man schon vor fünfzehn Jahren wieder aufgegeben.

Warum das ganze also? Will mobilcom-debitel künftig Mobilfunkverträge und DVB-T2-Angebote bündeln? Möchte man die Marktposition gegenüber den drei Mobilfunknetzbetreibern stärken? Schließlich senden diese häufig von MediaBroadcast-Sendeanlagen und, was LTE betrifft, auch auf weiteren Fernsehfrequenzen. Oder will man den lineraren Rundfunk schleifen, um im dann alternativloseren IP-Markt seine Marktposition ausspiegel zu können? Bislang hat Media Broadcast hier einen potenten Gegenspieler gegenüber den Machtfantasien der großen Telcos gespielt, diese Rolle wird man künftig wohl eher unterlassen.

Und schließlich: Laut Freenet-PM verbleiben die "Media Broadcast Satellite GmbH" und der "Media Broadcast Satellite Services GmbH" bei der TDF. Verstehe ich das so richtig, dass das Zuführgeschäft weiterhin bei TDF bleibt, und nur die Ausstrahlungen zukünftig von Freenet durchgeführt werden? Die Sendetürme (ohne die technischen Einrichtungen) gehören übrigens, bis heute der Deutschen Funkturm, einer Tochter der Deutschen Telekom.
 
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Freenet möchte offenbar HD und 4k über Antenne (DVB-T2) und Glasfaser vermarkten in dem sie Abonennten als Kunden gewinnen.

Bemerkenswert: Radio kommt in der Pressemeldung nicht vor. Nahezu alle Radiosendeanlagen (ausgenommen Immobilie und Sendemast) in Deutschland (UKW, DAB, KW, auch die gerade stillgelegte LW & MW) gehören jetzt also einem Anbieter, der keine - so vermute ich - Strategie und langfristigen Pläne, also eigentlich keinerlei Interesse, für dieses Geschäftsfeld hat.
 
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Du meinst, die werden mir bestimmt antworten, dass sie gezielt UKW und DAB+ an die Wand fahren wollen, um dann in fünf Jahren Zusatzbeiträge fürs Internetradio durchsetzen zu können?
Zu der Annahme passt im Übrigen, dass o2/Telefónica als unmittelbarer Netzbetreiber den Verkauf von Smartphones mit DAB+ eine Absage erteilt hat. Die Gründe sind dermaßen naheliegend, dass man selbst nicht um den heißen Brei redet:
[Telefónica-Manager Helge Lüders'] Meinung nach fehle ein Geschäftsmodell, und irgendeiner müsse ja die Kosten tragen. Kein Hörer oder Nutzer würde im großen Stil für mobiles Highspeed-Volumen zahlen, wenn es das Radio woanders umsonst gebe.
http://www.teltarif.de/dab-plus-digitalradio-smartphones-telefonica/news/63080.html
 
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Freenet ist doch letztlich "nur" ein technischer Dienstleister, der die Frequenzen bespielen darf - und nichtmal mehr der einzige seiner Art ist. Insofern wäre es prinzipiell möglich, den Betreiber seiner Frequenzen zu wechseln, wenn Freenet keine Lust mehr auf das Geschäft hätte, das sie nun mit übenrommen haben.

Spannend bleibt auf jeden Fall, ob sich am künftigen UKW-Preismodell der Media Broadcast, das seit einem Jahr ja für Unruhe in der Szene sorgt, wieder etwas ändern könnte.

Bitte auch dran denken: die west-ARD-Anstalten betreiben meist ihre eigenen UKW-Sendernetze nebst eigener Zuführung und auch eigenen Sendetürmen. Zumindest da ist keine Unruhe zu erwarten, die Freenet auslösen könnte.
 
Eine deutliche Duftmarke vom neuen Eigentümer: Während DVB-T beim Zuschauer als "Überallfernsehen" vermarktet wurde, heißt DVB-T2 nun "Freenet TV".

Lässt das hoffen, dass es dem neuen Eigentümer doch nur um das Fernsehen geht und er das Radio in Ruhe lässt?
 
Es dürfte eher so sein, daß das Radio den neuen Eigentümer in Ruhe läßt - im Sinne von: nicht mehr von ihm betrieben werden kann, weil die Kunden abspringen. Könnte natürlich auch anders interpretiert werden: Freenet dürfte kaum Ruhe haben deswegen, weil das einstige Kerngeschäft wegbricht. Was interessiert schon das DVB-T(2)-Zeugs gegen UKW? Was interessieren 3-10% Nutzung (ok, in Berlin ists mehr) gegen faktisch 100% Nutzung?

Die Abspringerei ist nämlich brutalstmöglich im vollem Gange. Divicon/Broadcast Partners und Uplink/Derutec haben zumindest im Osten soweit ichs überblicke fast alle großen Privatketten an sich gezogen. Antenne Thüringen und Top40 sind bei Divicon, Landeswelle Thüringen bei Uplink (soweit ich mich erinnere), Antenne MV bei Uplink, in Sachsen sind wohl auch die Regiocast-Ketten (PSR, R.SA) bei Uplink.

Ja, da gehen ganze Ketten einstmaliger DDR-Grundnetzsender mit 100 kW ERP je Standort vom einstigen "Staatsbetrieb" endgültig weg hin zu den "Discount"-Broadcastern. Vgl. auch http://www.radioeins.de/programm/se...o_news/beitraege/2016/uplink-network_sbw.html - obwohl die 5. UKW-Kette der DDR seit 1992 entwertet und verloren ist (inhaltlich), ists sie erst jetzt auch komplett raus aus "amtlichen" Sphären.

Techniker, die auf Sendeanlagen zu tun haben, berichten von teils brüllend lauten, luftgekühlten Sendern italienischer und/oder französischer Herkunft, die die soliden Rohde & Schwarz - Anlagen der Media Broadcast arbeitslos machen. An manchen Standorten hatte MB erst vor einem Jahr neue UKW-Sender hingestellt, die nun arbeitslos sind.

Installiert wird nach dem, was einem erzählt wird, angeblich teils so, wie der legendäre Christian Finger seine Maschinen baut - nur daß Finger es aus Spaß macht und nicht für zahlende Kunden.

Möglicherweise (dies ist eine Vermutung von mir) sind auch die Tage der Sat-Verbreitung von Radio Top40 gezählt, denn diese war primär UKW-Zuführung, wird von der MB via Usingen betrieben und versorgte einstige MB-Sender, die nun zur Divicon gewechselt sind. Schaunwermal. Da kann man sicher was stricken mit kostengünstiger Anbindung via Brieftauben, Rauchzeichen (in Holland sind Rauchzeichen bei kostengünstig betriebenen UKW-Standorten gar nicht so selten, dienen aber nicht der Kommunikation, sondern bezeugen nur die hohe Installations- und Wartungsqualität ) oder berittenen Boten, die das Programm zum Sender bringen.

Auch der MDR kooperiert auf Umwegen mit einem der neuen Anbieter. Man hat strategische Partnerschaft und läßt bereits eine (?) Funzel für MDR Info Aktuell betreiben.

Ja, das muß der Media Broadcast schon derbe weh tun. Vielleicht hat sie das Thema UKW deswegen ohnehin schon halb aufgegeben?
 
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Und wenn dann erstmal MDR, RBB und Schlandradio ihre UKW-Aufträge ausschreiben müssen ...

Usingen sollte übrigens nicht mit an Freenet gehen. Steht in diesem Moment aber doch noch in der Internetpräsentation der MB mit drin.
 
Möglicherweise (dies ist eine Vermutung von mir) sind auch die Tage der Sat-Verbreitung von Radio Top40 gezählt, denn diese war primär UKW-Zuführung, wird von der MB via Usingen betrieben und versorgte einstige MB-Sender, die nun zur Divicon gewechselt sind. Schaunwermal.

Und weg isser. Heute wurde Top40 von Astra abgeschaltet. 12:06 Uhr soll Schluß gewesen sein. Bin gespannt, in wievielen kleinen Kabelnetzen das Programm nun raus ist. In Thüringen, versteht sich. UKW-Empfang in der Kopfstelle ist bei weitem nicht überall möglich.

Ebenfalls raus ist Top40 damit im großen Netz der TeleColumbus in Berlin.
 
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Nach dem, was mir heute von einem Kabelnetz-Servicetechniker und Netzbetreiber zugetragen wurde, ist thüringenweit bei Kabel Deutschland / Vodafone Dunkeltuten auf der Top40-Frequenz. Konnte es selbst bislang nicht prüfen. Wenns so wäre, dann: Gratulation, akkurate Aktion. :D

Top40 selbst spricht auf facebook natürlich von einer "Optimierung":

"Wir haben im Zuge einer Optimierung die Verbreitung über Astra eingestellt. Bitte nutzt unsere Webstreams oder unsere APP für den Empfang ausserhalb von Thüringen."

Das mit den Kabelnetzen ist da offenbar gar nicht im Bewusstsein gewesen.
 
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Statt schlichtem Übersehen könnte es durchaus eine überlegte Kommunikationsstrategie sein. Einfach die, den Verbreitungsweg Kabel-UKW erst garnicht mehr zu erwähnen, da für das eigene Produkt mittlerweile unterhalb jeder Relevanz und vermutlich ohnehin in naher Zukunft wegfallend.
 
Durchaus denkbar. Vielleicht schaut man jetzt erst mal, wieviele Hörer motzen. Und stellt dann die TLM vor vollendete Tatsachen: Kabelverbreitung nur noch für potente Großnetze machbar.

In Jena betreibt die TeleColumbus ein Großnetz mit Kopfstelle in Göschwitz. Wo deren terrestrische Antennen sind, weiß ich nicht, das ist allerfeinste Tal-Lage. Habe gerade prüfen lassen: auch in diesem Netz ist Top 40 tot. Auf der 89,35 gibt es einen Leerträger und "*TOP_40*" als RDS-PS. Also Sat-Zuführung auch da, obwohl man die Funzel in den Kernbergen auf 94,8 MHz gehabt hätte.

Ich schätze, daß da 25.000 Haushalte dranhängen, fast ganz Jena, zumindest die großen Wohnungsgesellschaften/Genossenschaften sind zwangsverkabelt. Im kleinen, später übernommenen "Landgrafen-Netz" (Damenviertel, Landgrafenviertel, Sonnenberge) mit Kopfstelle an eben jenem Ort dürfte Top 40 drin sein, da wird vermutlich terrestrisch empfangen.
 
Wollen die Damen und Herren Regulierer etwa mal wieder einen Brief loslassen, der so ist, daß man ihn gleich vom Juristen beantworten läßt?

In dem Fall könnte die Antwort womöglich aus dem dezenten Verweis auf eine bestimmte Handlungsoption bestehen. Nämlich die, den Laden dann eben ganz dichtzumachen, wenn es den Damen und Herren nicht paßt.
 
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