Alle bauen ab - wie soll das weitergehen?

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Feuertraum, ich will Dir ja nicht zu nahe treten, aber auch ich wundere mich darüber, dass jemand mit Deinem Schreibstil und Deiner Wortwahl so lange arbeitslos war. Immerhin läuft genug blödes Volk rum, das kaum den eigenen Namen unfallfrei zu Papier bringt, aber irgendwo auf festen Stellen sitzt. Da drängt sich mir auch eher die Frage auf, ob Deine Ansprüche viel zu hoch waren. Ich kenne auch Leute, die Sprüche wie "Für unter 2500 brutto fang ich nirgends an!" zu ihrem Credo machten und irgendwann einsehen müssen, dass sie doch nur 2000.- wert sind. Ich weiß zwar nicht, ob diese Einstellung auf Dich zutrifft, aber allein diese immense Anzahl von Bewerbungen ist schockierend. Ich befinde mich am anderen Ende der Skala; drei Bewerbungen auf eine Lehrstelle, drei Bewerbungen für spätere Stellen und dazwischen eine für den Ersatzdienst. Bisher nie arbeitslos gewesen, keine Lücke im Rentennachweis.
 
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Ich habe selbst eine Zeit lang junge Menschen begleitet, die als schwer vermittelbar galten.
Die meisten haben irgendwo eine Anstellung gefunden, überwiegend im handwerklichen oder kaufmännischen Bereich.

An einen kann ich mich noch besonders gut erinnern: Das war so ein schräger Vogel, dass er selbst hartgesottene Sozialpädagogen zur Weißglut bringen konnte.
In einer Gruppe von 15 in etwa gleichaltrigen Jugendlichen fiel er mit seiner nonkonformistischen Art sofort auf.
Er passte einfach in kein vorgefertigtes Raster und das mögen Sozialarbeiter und Lehrer i.d.R. überhaupt nicht.
Da gab es in den Teamsitzungen natürlich auch besorgte Diskussionen: Wie können wir den nur in eine Ausbildung vermitteln?
An einem Tag kam er plötzlich daher und erklärte ganz stolz, er habe einen Ausbildungsplatz gefunden, und zwar, kaum zu glauben, ausgerechnet bei einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt!

Ich weiß bis heute nicht, wie er das geschafft hat.
Wir waren jedenfalls alle für einen Moment sprachlos.

Die einzige schlüssige Erklärung, die ich habe finden können, liegt darin, dass in der Personalabteilung wohl Ausschau nach unkonventionellen Bewerbern gehalten wurde.
So etwas gibt es wohl auch.
 
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Feuertraum, ich will Dir ja nicht zu nahe treten, aber auch ich wundere mich darüber, dass jemand mit Deinem Schreibstil und Deiner Wortwahl so lange arbeitslos war. Immerhin läuft genug blödes Volk rum, das kaum den eigenen Namen unfallfrei zu Papier bringt, aber irgendwo auf festen Stellen sitzt. Da drängt sich mir auch eher die Frage auf, ob Deine Ansprüche viel zu hoch waren. Ich kenne auch Leute, die Sprüche wie "Für unter 2500 brutto fang ich nirgends an!" zu ihrem Credo machten und irgendwann einsehen müssen, dass sie doch nur 2000.- wert sind. Ich weiß zwar nicht, ob diese Einstellung auf Dich zutrifft, aber allein diese immense Anzahl von Bewerbungen ist schockierend. Ich befinde mich am anderen Ende der Skala; drei Bewerbungen auf eine Lehrstelle, drei Bewerbungen für spätere Stellen und dazwischen eine für den Ersatzdienst. Bisher nie arbeitslos gewesen, keine Lücke im Rentennachweis.

Ersteinmal Danke für das Kompliment :)

Wenn ich Absagen bekommen habe (auf viele Bewerbungen gab es erst gar keine Antwort), dann hieß es zumeist:

- jemanden gefunden, der besser qualifiziert ist
- Sie haben diesen Bereich nicht gelernt
- Sie haben den falschen Bildungsabschluss
- Sie haben keine Erfahrung
- Sie sind zu lange arbeitslos und damit nicht mehr in der Lage, sich in dieser Arbeit zurechtzufinden (!!)

Ich glaube nicht, das meine "Forderungen" zu hoch waren: Normales Gehalt, so dass man leben kann. (900 - 950€ netto)
Ich war (und bin es immer noch) bereit, für den Job umzuziehen.
Allerdings bin ich nicht bereit, für einen auf 3 Monate befristeten 450-€-Job umzuziehen. In diesem Punkt sind meine Gehaltsforderungen vielleicht dann doch überzogen...:oops:
 
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Hallo!

Ich habe den Thread erst heute gelesen - und es wurde wieder reichlich geschrieben.

@Mona_Ffm: Natürlich ist die Personalpolitik der ÖRA für dich persönlich (und ganz sicher auch andere Leute mit ähnlicher Qualifikation/ Erfahrung) nicht schön, aber so sieht's halt in der Branche aus. Richtig neu ist das Ganze aber auch nicht, denn mir springen sofort ein paar ältere Threads zum Thema ins Auge, wenn man bei Google unsere beiden Nicks eingibt. Und nein, ich will mich mit dir jetzt wirklich nicht "weiterzoffen". Die Faktenlage zeichnet einfach ein düsteres (Berufs)Bild. Die "goldenen Zeiten" beim ÖR sind längst vorbei...


https://www.google.de/search?q=site:radioforen.de+zwerg#8+mona_ffm


Grüßle
 
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Oder gibt es noch eine ARD-Anstalt, die sich trotz Spardiktat noch fähige Leute leistet und erkennt, dass es sich lohnt, seine Redaktionen mit Talenten zu bestücken?
Nicht eine, sondern ZEHN davon - aber die Anzahl der Festangestellten schwindet...
Sicherlich stimmt @Zwerg#8 mir zu:
Wer lieber sein Leid unter Personalpolitik-Vorwand postet, als nachdrückliche Überzeugungsarbeit bei Entscheidern zu leisten, sollte nicht bei subventionierten Medienunternehmen anfangen.
10 Bewerbungen [...] in einem halben Jahr
- es gab Zeiten, da habe ich so viele an einem Tag geschrieben!

In Hessen, Rheinland-Pfalz und NRW gibts jeweils mindestens 6 Stationen, die angeschrieben werden könnten...
 
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Leute, für die 900€ netto ein normales Gehalt sind, sind die grössten Feinde dieser Gesellschaft. Sie geben denen noch recht, die Dumpinglöhne anbieten. Es mag ja sein, dass Du ohne grosse Ansprüche davon alleine über die Runden kommen kannst, aber gönne mal damit einer Familie ein ansprechendes Leben...und anderswo sitzen Leute, die nix und dreimal gar nix auf dem Deckel haben und die bekommen die Kohle in den Arsch geschoben. nein wirklich, es wird Zeit für Mindestlöhne...und noch für viel mehr. Es muss nicht nur ein Ruck durch dieses Land gehen, sondern ein mittelschweres Erdbeben!
 
Rege Dich nicht auf, er meinte einen Halbtagsjob...:D

Aber im Ernst: Ich glaube kaum, dass das sonst für ihn kostendeckend wäre.
Also hat da wohl jemand übertrieben.
 
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Wenn wir schon völlig vom Thema abgekommen sind...
Ja, es ist ein Halbtagsjob.
Der Handel (und ich bin derzeit im Handel) zahlt meist nur in sehr seltenen Fällen über 1300€ brutto. Ein Kollege (inzwischen in einem anderen Unternehmen) bekam für eine 37,5 Stunden-Woche abzüglich aller Steuern 890€ netto.
Und, lieber Radiocat, wenn dass AA dich zwingt, einen Job anzunehmen (außer, Du willst, dass man Deine Zuwendungen streicht), dann nimmst Du diesen Job für das Gehalt. Meistens hat man keine andere Wahl.
Ja, der Mindestlohn muss her.
Aber ich bin sicher, diesen wird man genauso umgehen wie manch anderes auch.
 
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Nein wirklich, es wird Zeit für Mindestlöhne...und noch für viel mehr. Es muss nicht nur ein Ruck durch dieses Land gehen, sondern ein mittelschweres Erdbeben!

Bist du etwa "links angehaucht"? *hüstel*


Mal abgesehen vom (durchaus verständlichen) Wunsch-Traum einer Festanstellung beim ÖR-Rundfunk, sollten wir die Realität im Land nicht aus den Augen verlieren. Dazu reicht eine kleine Presseschau mit Artikeln aus den der letzten Tagen...


Grundsätzlich kann es doch nicht sein, daß sich "Geschäftsmodelle" nur rechnen, wenn Arbeitgeber darauf spekulieren, daß die "Solidargemeinschaft" die kalkulierten Hungerlöhne "aufstockt". Das sind letztendlich Steuergelder und/oder (hohe) Sozialabgaben, durch die solche "Geschäftsmodelle" überhaupt erst möglich werden.

Und nun dreht sich die Lohnspirale nach unten (mit Auswirkungen auf ALG1 und Rente) - flankiert von markigen Sprüchen:

http://www.spiegel.de/fotostrecke/arbeitslosen-bashing-auf-sie-mit-gebruell-fotostrecke-103824.html



Ach, der Mindestlohn kommt jetzt? Abwarten. (Achtung: Das Wort "Medien" - als bekannter Hungerlohnsektor - findet sich explizit im Artikel!)
http://www.spiegel.de/wirtschaft/so...nen-weniger-als-den-mindestlohn-a-937340.html


Für die "Sendegeilen" unter euch, gibt es diese aktuelle Info aus der Schweiz. Das sieht in DE bei den ÖR sicher auch nicht anders aus, wie wir spätestens seit dem Eingangsposting von Mona wissen.

http://www.handelszeitung.ch/unternehmen/schweizer-fernsehen-prueft-abbau-von-moderatoren-537229


Ach ja, in der Schweiz gibt es 2014 wohl auch eine Volksabstimmung zum Thema Mindestlohn. Nur redet man dort gleich mal von 18 Euro/h. Das liegt aber einfach an den allgemein höheren Preisen, speziell Mieten, in CH. In Zürich bezahlt man für eine Ein-Zimmerwohnung schnell mal 1000 CHF - "kalt" selbstverständlich.


Gute N8





Edit: Dich hätte ich doch fast bei meiner Presseschau vergessen:

Der Handel (und ich bin derzeit im Handel) zahlt meist nur in sehr seltenen Fällen über 1300€ brutto. Ein Kollege (inzwischen in einem anderen Unternehmen) bekam für eine 37,5 Stunden-Woche abzüglich aller Steuern 890€ netto.

Bitte nicht umfallen!

http://www.derbund.ch/wirtschaft/Wa...en-Arbeitsbedingungen-aufholen/story/12430612
 
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Leute, für die 900€ netto ein normales Gehalt sind, sind die grössten Feinde dieser Gesellschaft. Sie geben denen noch recht, die Dumpinglöhne anbieten. Es mag ja sein, dass Du ohne grosse Ansprüche davon alleine über die Runden kommen kannst, aber gönne mal damit einer Familie ein ansprechendes Leben...und anderswo sitzen Leute, die nix und dreimal gar nix auf dem Deckel haben und die bekommen die Kohle in den Arsch geschoben. nein wirklich, es wird Zeit für Mindestlöhne...und noch für viel mehr. Es muss nicht nur ein Ruck durch dieses Land gehen, sondern ein mittelschweres Erdbeben!

Hm. 900€ Netto für ne Vollzeitstellle??°?°?!??!?
Wie soll man davon leben?
 
Vielleicht darf ich mal von diesen dramatisch niedrigen Löhnen im Einzelhandel ablenken und Euch auf die Tabelle des öffentlichen Dienstes NRW hinweisen, die auch für mich gilt. Da beginnt eine Fachkraft nach 3jähriger Ausbildung, sofern als Fachkraft eingesetzt, mit EG 5 Stufe 1 und kann im Laufe der Jahre (ohne Weiterbildung/Studium) bis EG 7 oder 8 (in Ausnahmefällen EG 9), Endstufe, kommen. Das sind Gehälter, über die die Großindustrie sich halbtotlacht, angesichts derer aber Friseure und Verkäufer oder Handwerker in Familienbetrieben beinahe ins Koma fallen. Wie so oft im Leben ist es halt immer eine Frage der Perspektive.
 
Nicht links, nicht rechts, einfach nur ein paar Lichtjahre weiter vorne. Während Angie aus ihrer Raute Seifenblasen aufsteigen lässt und die SPD sich Gedanken macht, wer den schönsten Mittelfinger hat, die Grünen überlegen, was noch nicht verboten ist, die FDP sich Gedanken macht, ob sie überhaupt noch existiert und die Piraten die Reste ihres Schiffs vom Meeresboden aufkratzen, denke ich an die Zukunft und an die Menschen und den Planeten, auf dem wir leben. Kann das schaden?

"Meistens hat man keine andere Wahl."
Leute, die einem mit diesem Satz kommen, sollte man kräftig eine dachteln, damit sie mal aufwachen aus ihrer deutschen Pessimisten-Lethargie. Es gibt IMMER eine andere Wahl. Man darf sich nur keine Denkverbote auferlegen (lassen).
 
@Feuertraum: ich habe mein Posting bar jeder bösen Absicht verfasst, und ich wollte Dich schon gar nicht als "komplett untauglich für alles" hinstellen. Vielmehr habe ich bei Menschen wie Dir die Befürchtung, dass sie sich zu sehr im "alle sind gegen mich und das Schicksal erst recht"-Zirkel festlaufen und gar nicht bemerken, dass die Ursache für Mißerfolg so gut wie immer auch in einem selbst zu finden ist. Oft wird doch krakeelt, dass ja alles so himmelschreiend ungerecht ist: "Mit Anfang 40 nochmal voll ins Radiobiz einsteigen, das muss doch möglich sein, das kann doch nicht an antiquierten Vorstellungen der Entscheider scheitern, wo ich doch so talentiert und zielstrebig bin!" Dafür verschwenden die Menschen m.E. zu viel Zeit und Energie! Wer feststellt, dass die Rahmenbedingungen bescheiden sind und die Voraussetzungen schlecht, der tut gut daran, eine originelle Lösung für diese Probleme zu finden, statt auf späte Einsicht der anderen und deren plötzliches Entgegenkommen zu hoffen. Das garantiert dann zwar auch noch keinen (schnellen) Erfolg, aber ich bin überzeugt davon, dass er auf diesem Wege erreichbarer wird.
 
Ja, weil 942€ derzeit das ist, was ich mitsamt der Aufstockung durchs Arbeitsamt bekomme.
Ja, es ist ein Halbtagsjob.
Ich weiss nicht, wie viel Geld Du zum Leben benötigst und ob Du bspw. noch eine Familie ernähren musst.
Ab und an lässt sich jedoch auch negativen Dingen etwas Positives abgewinnen.

Du hast bspw. aufgrund Deines Halbtagsjobs mehr Freizeit als das Gros der Arbeitnehmer.
Diese Zeit kannst Du in Deine Hobbies investieren.
Denkbar wäre bspw. die Moderation bei einem Webradio, wenn Du Dich für diesen Tätigkeitsbereich interessierst (wie Du ja selbst schreibst). Es gibt sehr viele Webradios, die auf der Suche nach Moderatoren sind.
Wäre das nicht was für Dich?
 
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Denkbar wäre bspw. die Moderation bei einem Webradio, wenn Du Dich für diesen Tätigkeitsbereich interessierst (wie Du ja selbst schreibst). Es gibt sehr viele Webradios, die auf der Suche nach Moderatoren sind.
Wäre das nicht was für Dich?

Das wäre jetzt auch mein Vorschlag gewesen.

Kein Radiosender auf dieser Welt lässt jemanden so ohne weiteres ans Mikrofon. Da hilft nur: üben, üben, üben. Vielleicht einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Webradio-Szene entwickeln. Sein Image pflegen. Dann irgendwann, wenn man meint, man habe den Dreh raus, bei einem kleinen lokalen Sender anklopfen. Weitermachen. Erste Sendungen haben. Weiter sein Image pflegen. Und dann durchstarten.
 
"Alle bauen ab! - Weshalb?" sollte der Tenor vielmehr lauten. Glaubt man der "Radiozentrale", so geht es der Medienlandschaft blühend.
Gegenüber 2010, wo 530 Rundfunkprogramme gezählt wurden, kamen bis Ende 2012 noch einmal 25 neue Angebote hinzu. Vor allem die Anzahl der Hörfunksender nahm zu (plus 8 Prozent), unter anderem wegen neuer DAB-Programme.
Hörer an sich binden mit 555 Programmen? Von "schlecht gehen" kann also keine Rede sein.
Der private Hörfunk konnte 2012 mit einem Umsatz von 665 Mio. Euro (plus 21 Mio. Euro gegenüber 2010) – davon 86 Prozent aus Werbung - über alle Anbieter hinweg auf ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr zurückblicken. Den größten Teil der Umsätze generierten der landesweite Hörfunk (398 Mio. Euro) und der lokale Hörfunk (210 Mio. Euro).
Auch bei den öffentlich-rechtlichen sieht es nicht anders aus:
Der Rundfunk in Deutschland hatte im Jahr 2012 insgesamt 38.164 festangestellte Beschäftigte. Davon machten die Angestellten beim öffentlich-rechtlichen Rund-funk rund zwei Drittel aus (24.043, ohne Deutsche Welle).
Quelle
 
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@Inselkobi
Mehr Programme heisst noch lange nicht Gewinn, mehr Anbieter heisst noch lange nicht Gewinn, mehr Umsatz heisst noch lange nicht Gewinn.
Die Anzahl der festangestellten Vollzeit-Rundfunk-Mitarbeiter schrumpft - aber das muss die Radiozentrale nicht thematisieren!
Kurzum:
Nicht alles, was blüht, wirft Ernte ab!
 
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Wir driften etwas ab.

Eine ähnliche Entwicklung ist auch in anderen Bereichen feststellbar. Der ALDI bei mir um die Ecke wird - mit Ausnahme der Filialleiterin, die schätzungsweise Mitte, Ende 40 ist - nur von Azubis gestemmt. Ob diese armen Jungs und Mädels auch in 10 Jahren (mit Mitte 30) noch einen gescheiten Job bei ALDI kriegen, ist freilich eine andere Frage. Immerhin stehen dann die nächsten Azubis auf der Matte, die sich für einen Hungerlohn verheizen lassen.

Mich besorgt die allgemeine Entwicklung, die die Radiosender in Deutschland in den vergangenen 15 Jahren mitgemacht haben. Die zunehmende Amerikanisierung hat nach meiner Beobachtung zu einer Verflachung und Angleichung untereinander geführt. Ob Privat oder ÖR, ist oftmals kaum noch zu erkennen. Überall dieselbe langweilige Musik, Majer Promos und Gewinnspiele (möglichst anspruchslos, wie uns Frau Weber ja sehr eindrucksvoll beschrieben hat). Die Hörerzahlen gleichen sich immer weiter an, alles klingt irgendwie gleich. Dann kriegen die Programmdirektoren Schnappatmung, weil sie feststellen, dass die jungen Leute kaum noch oder gar kein Radio mehr hören. Oder aber sie stellen in ihren Researches fest, dass die Leute kein "Gelaber" hören wollen. Anstatt aber anständiges Programm zu machen, wird dann alles NOCH flacher: NOCH engere Rotationen, NOCH kürzere Wortbeiträge. Und damit die Wiedererkennbar künstlich wieder hergestellt wird (denn die gibt es ja auch nicht mehr, weil ja alles gleich klingt), werden die MOderatoren gezwungen, jede Moderation mit Sendernahmen und Claim einzuleiten. Individualismus ist verpönt, alles soll zu jeder Zeit gleich klingen. Gleich langweilig nämlich. Mit dem Ergebnis, dass das Radio zunehmend verflacht und Leute mit etwas Grips im Kopf lieber Zeitungen lesen und den iPod oder vielleicht noch CD-Player und Plattenspieler bemühen. Das Radio macht sich doch selbst kaputt!

Wenn dann die wenigen motivierten jungen Leute, die trotz der Misere noch anständiges Radio machen wollen, vergrault werden mit Begründungen wie "Ich würde Sie ja gerne nehmen, aber ich muss gerade 25% rauswerfen, weil wir nämlich keine Hörer mehr haben, weil wir sie durch jahrelange Verblödung weggeekelt haben", dann geht mir der Hut hoch. In mir keimt noch ein Funke idealistischer Resthoffnung. Und solange dies der Fall ist, werde ich weiter Bewerbungen schreiben und alles dafür tun, eines Tages selbst in eine Position zu gelangen, in der ich die Möglichkeit habe, Moderatoren wieder Moderatoren sein zu lassen und zu beweisen, dass es ohne Hot-Rotation, Claims und Major Promos und ohne diesen ganzen Amerikanisierungskäse auch geht.
 
@Mona_Ffm: Ich stimme Dir weitgehend zu und finde es bemerkenswert, dass Du als eine Insiderin eine Entwicklung bestätigst, die hier im Forum von zahlreichen Radiohörern beklagt wird.
In diesem Zusammenhang würde ich allerdings nicht von einer "Amerikanisierung" sprechen, sondern von einem Phänomen, das ganz besonders im deutschen Sprachraum verbreitet ist (der Ausdruck "Germanisierung" wäre, wenn er nicht schon eine anderweitige Belegung erfahren hätte, wohl zutreffender :wow:).

Wenn die deutschsprachigen Unterhaltungsprogramme nur halb so interessant klingen würden wie in den USA und Kanada, gäbe es einen derartigen Thread sicher nicht.
Dort ist allerdings die Ausgangslage im Hinblick auf die Anbietervielfalt eine komplett andere.
In Deutschland existiert vielerorts kein echter Wettbewerb der einzelnen Hörfunksender, deren Zahl mit Hilfe der Landesmedienanstalten und Staatskanzleien künstlich klein gehalten wird. Die Folge: Weil der Markt unter einer geringen Anzahl an Akteuren aufgeteilt ist, gibt es keinerlei Anreize zu einer Qualitätsverbesserung.
Das ist wie in allen Planwirtschaften: Im Laufe der Zeit geht die Qualität komplett in den Keller. Man braucht sich ja auch nicht zu bemühen, weil dem Hörer keine Alternativen zur Verfügung stehen.
Schalt mal in einer amerikanischen Großstadt das Radio ein und vergleiche das mit dem, was Dir bspw. in Frankfurt oder Hamburg inhaltlich geboten wird. Eigentlich genügt bereits ein Vergleich mit den Hörfunkprogrammen im benachbarten Ausland: Die qualitativen Unterschiede sind gewaltig!
Besonders nachteilig hat sich in diesem Zusammenhang die Tatsache ausgewirkt, dass sich die öffentlich-rechtlichen Popwellen inhaltlich den wenigen privaten Anbietern angepasst haben: Ob jemand nun NDR 2 oder Radio ffn einschaltet, ob SWR 3 oder RPR 1, ob Bayern 3 oder Antenne Bayern, ob Jump oder Radio PSR macht kaum einen Unterschied.
 
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