AW: Arme Hörfunkmoderatoren
@tweety
Nimms mir nicht übel, aber du bist der Argumentation (oder soll ich gezielten Falschinformation sagen?) deiner Geschäftsführer auf den Leim gegangen. Die Privatfunk GFwerden IMMER sagen, sie können angeblich nicht mehr als den Hungerlohn xyz zahlen, sie machen dann auch gern ein leidendes Gesicht dabei! Das hat mein früherer GF auch ganz gern probiert. Da lohnt ein einfacher Blick in die Jahresabschlüsse (geht ganz easy beim zuständigen Amtsgericht) Da hatte ich dann immer ganz gute Argumente. Kurz: Die Sender machen ordentlich Gewinn, wenn dies nicht so wäre, dann würde es die jeweilige Station schon längst nicht mehr geben. Die GF ist logischerweise an Gewinnmaximierung interessiert - Kosten drücken geht bei einem Radiosender am ehesten auf der Personalseite - Materialkosten oder ähnliches fallen ja kaum ins Gewicht.
Dann wird auch gern über die allgemeine Lage gejammert (obwohl die eigentlich nicht soo schlecht ist) Und für die eventuelle Tatsache, dass dein GF keine ordentlichen Verkaufszahlen hinkriegt, dafür musst du als Programmmitarbeiter nicht die Rübe hinhalten - der GF wird nämlich auch in schlechten Zeiten immer ein marktübliches Salär beziehen, verlass dich drauf.
Bei Gehaltsgesprächen geht es um die Entlohhnung deiner persönlichen Leistung und nicht um die politische Großwetterlage unter subjektiver Berücksichtigung der aktuellen Arbeitsmarktdaten und allgemeiner GF Phrasen.
Du musst bei solchen Gesprächen allerdings deinen Marktwert und den Wert deiner Position genau kennen. Als Linercardableser oder Regionalreporter wirst du nicht viel herauspokern könnnen - als Mod einer eigenen Sendung mit ordentlichen Zahlen oder Nachrichtenanchor der Frühsendung sieht es natürlich anders aus. Egal wbei welchem Sender. Also: Lass dich nicht verarschen!
Ich habe mit meinem GF übrigens ein sehr extremes Spiel treiben müssen, ich habe zu solchen Gesprächen (4 mal glaube ich) immer meine Kündigung dabei gehabt. (Natürlich hatte ich mich vor bei anderen Sendern umgeschaut) Das hat funktioniert! Bis zum letzten Mal - da habe ich die Kündigung dann auf den Tisch gelegt, GF ist hart geblieben, ich habe die Station in Richtung ÖR Fernsehen verlassen! War ein sehr guter Entschluss übrigens!
So eine Taktik kannst du aber nur bringen, wenn du wirklich die Traute hast, wirklich zu gehen. Wer da einknickt, der braucht nämlich nie wieder um mehr Geld zu bitten. Und du solltest wissen, dass der GF dich eigentlich nicht gehen lassen möchten ....
Und um mal weitere Zahlen ins Gespräch zu bringen: Mein letzten Gehalt (brutto) bei einer privaten Station als Nachrichtenredakteur betrug 2002
2600 Euro. (Ostdeutschland, landesweite Station, über 100tausend Hörer)Als Freier beim ÖR Fernsehen liegt mein Satz für einen 2.30 Min Beitrag bei netto 400 Euro - in der Summe konnte ich mein Einkommen so etwa verdoppeln.
Mein allererstes Gehalt beim Radio als Redakteur lag 1997 bei 3500 DM brutto, damit war ich damals eigentlich zufrieden, obwohl der Sprung vom Volo Gehalt (zuletzt 2300 DM brutto) nicht allzu groß war - allerdings bekommen heutige Volontäre oft weniger ...
Zum Schluß: Ein beliebiger Mod bzw. Radiomitarbeiter einer privaten Station ist heutzutage meist ohne Berufsabschluss, Diplom oder anderer Zertifikate. Viele Quereinsteiger versuchen sich in diesem Metier, die Geschäftsführer stellen solche leute auch gern ein, weil sie eben billig sind - dies ist bei den kaum existenten Abschlüssen auch nur logisch, deswegen ist die Bezahlung auf Hilfsarbeiterniveau. Darüber dürfte sich aber eigentlich niemand beschweren. Man sollte sich selbstkritisch die Frage stellen, wofür man eigentlich sein Geld Bekommt? Ist man die innerlich gewünschte Summe x auch wert? Oder könnte bei geringer Anlernzeit auch ein beliebig anderer meinen Job machen? Gut bezahlt werden nur spezielle Fähigkeiten und Kenntnisse die mich sozusagen mit Alleinstellungsmerkmalen versehen - im Privatfunk ist sowas aber garnicht mehr gewollt und gebraucht.