"Baustelle" Radiodeutschland

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Diese Radios gibt es! Das Problem ist nur, dass das Senden in einer Region oft nicht reicht um zu überleben. Klassik Radio ist hier ein Beispiel. Frequenz für Frequenz etablieren die sich als nationales privates Zielgruppenradio. Nur Hamburg oder nur Berlin wäre halt zuwenig. Das gleiche galt mal für die Jazzwelle, die mehr Ballungsräume gebraucht hätte um wirtschaftlich die Zielgruppe bedienen zu können. Sunshine Live wird nie große Marktanteile bekommen, aber überall viele Kleine. Aber genau das läßt das föderale System noch nicht zu. Das Truckerradio ist daran gescheitert, das Fußballradio so gut wie unbekannt. Mit nationalen DAB Lizenzen wäre hier das erste Mal etwas möglich geworden - nur fehlen da überhaupt die Hörer.

Berlin ist als Ballungsraum halt so groß, dass viele private Sender auch eine Nische finden können. So eine große Metropolregion gibt es nur noch in NRW. Hier würden sich etliche Nischensender wirtschaftlich halten, wenn Sie denn dürften. So bleibt Berlin vorerst die Ausnahme.
 
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Ich rede jetzt nicht von einem Riesensatz, in dem die Rotation von 500 auf 5000 Titel vergrößert wird. Aber alle Anstrengungen den Hörern mal mehr zu bieten als immer nur die gleichen Songs, gingen nach hinten los. Gut möglich, dass ein paar Stammhörer glücklicher wurden, weil auch mal B-Songs von Phil Collins vorkamen. Leider hat der Großteil der Hörer diesen Schritt aber nicht mehr mitgemacht und ist abgehauen.

Das wundert mich nicht sonderlich. Statt andere, weniger bekannte Interpreten einzubeziehen oder weniger chartrelevantes Material zu spielen erweitert man nur das Titelrepertoire der drei dutzend Interpreten, die allgemein bekannt sind. Beim erwachsenen Dudelfunk sind das meist "B-Seiten" oder Album-Tracks von Phil Collins ;), Madonna, Santana, Tina Turner, Michael Jackson :( und all den anderen Mega-Stars und die können mit den Erfolgs-Singles meist nicht mithalten. Um andere, qualitativ vollkommen ebenbürtige aber weniger bekannte Interpreten zu finden müsste man ja erst mal recherchieren, das wäre zu viel Arbeit.

Ich weiß, ich vertrete einen Außenseiterstandpunkt - aber wäre Radio nicht viel fesselnder und interessanter, wenn man nicht immer gebannt auf die Hitparadenposition sondern auf die musikalische Güte und Formattauglichkeit eines Stückes achten würde? Wenn man das Angebot der immergleichen Top-Interpreten zurückfahren würde und statt dessen zuvorderst auf Qualitätskriterien achten würde? Drei Beispiele: Im Urban-AC-, AOR- und Classic-Rock-Format funktioniert das ganz hervorragend. Aber was will man heutzutage von einem schlechtbezahlten 28-jährigen DJ erwarten, der zu 70% aktuelles Material verwerten muss und bei der Auswahl der Klassiker mangels fachlicher Eignung immer nur Top-5-Hits von maximal 50 Interpreten auflegt??
 
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Aber was will man heutzutage von einem schlechtbezahlten 28-jährigen DJ erwarten, der zu 70% aktuelles Material verwerten muss und bei der Auswahl der Klassiker mangels fachlicher Eignung immer nur Top-5-Hits von maximal 50 Interpreten auflegt??

Hauptsache es reicht zu einer Visitenkarte "Redakteur - Moderator - Journalist"!
 
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Aber was will man heutzutage von einem schlechtbezahlten 28-jährigen DJ erwarten, der zu 70% aktuelles Material verwerten muss und bei der Auswahl der Klassiker mangels fachlicher Eignung immer nur Top-5-Hits von maximal 50 Interpreten auflegt??
Zunächst erinmal spricht dagegen, das er sowieso tunlichst nicht die Musikauswahl übernehmen sollte.... das wäre immer noch -wenn- die Aufgabe eines/mehrerer Musikredakteurs/re.
Ich rede jetzt nicht von einem Riesensatz, in dem die Rotation von 500 auf 5000 Titel vergrößert wird. Aber alle Anstrengungen den Hörern mal mehr zu bieten als immer nur die gleichen Songs, gingen nach hinten los. Gut möglich, dass ein paar Stammhörer glücklicher wurden, weil auch mal B-Songs von Phil Collins vorkamen. Leider hat der Großteil der Hörer diesen Schritt aber nicht mehr mitgemacht und ist abgehauen.
Es müsste nur ZÜNDEN, im Ohr.... mit der reinen Vergrösserung der Musikladung ist es nicht getan, es kommt
a) auf die Titel an, die geladen werden und
b) wie man sie verkauft. Z.B. durch zusätzlichen musicflow, d.h., Einschaltung der entsprechenden Filter/Sperren eines MusikPC in punkto mood/Stimmung und Tempi (mindestens).
Das Nachladen von B-Titeln von Phil Collins ist bestimmt der falsche Weg...
 
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Statt andere, weniger bekannte Interpreten einzubeziehen oder weniger chartrelevantes Material zu spielen erweitert man nur das Titelrepertoire der drei dutzend Interpreten, die allgemein bekannt sind. Beim erwachsenen Dudelfunk sind das meist "B-Seiten" oder Album-Tracks von Phil Collins ;), Madonna, Santana, Tina Turner, Michael Jackson :( und all den anderen Mega-Stars und die können mit den Erfolgs-Singles meist nicht mithalten. Um andere, qualitativ vollkommen ebenbürtige aber weniger bekannte Interpreten zu finden müsste man ja erst mal recherchieren, das wäre zu viel Arbeit.

Wenn schon bekannte und beliebte Interpreten wie Phil Collins mit weniger bekannten Hits scheitern, wieso soll dann „weniger chartrelevantes Material“ von „weniger bekannten Interpreten“ zünden?
Was bedeutet überhaupt „weniger chartsrelevant“? Soll ich mal provozieren? Das bedeutet nichts anderes als „am Markt vorbei produziert“.
Und was bedeutet „qualitativ ebenbürtig“? Sollte es etwa Interpreten geben, die völlig unbekannt geblieben sind, aber „qualitativ ebenbürtig“ zu Michael Jackson, Phil Collins, Tina Turner und Madonna sind? Und warum sind sie völlig unbekannt geblieben? Vielleicht weil den Mist niemand hören wollte? Ist das nicht mal wieder alles nur reine Geschmacksache? Ich habe den Eindruck, hier versucht mal wieder jemand, allen anderen seinen persönlichen Geschmack aufzudrücken. Kann gut gehen, muß aber nicht.


Ich weiß, ich vertrete einen Außenseiterstandpunkt - aber wäre Radio nicht viel fesselnder und interessanter, wenn man nicht immer gebannt auf die Hitparadenposition sondern auf die musikalische Güte und Formattauglichkeit eines Stückes achten würde?

Wer erzählt dir eigentlich immer, dass die Airplay-Charts in Deutschland kompatibel mit den Hitparadenpositionen der Verkaufsscharts sind? Ich habe mir mal die Mühe gemacht und die aktuellen Airplay-Charts (vom 15.10.) mit den Verkaufscharts verglichen. Von den zehn meistgespielten Titeln im Radio sind mal gerade zwei in den Verkaufscharts unter den Top 10, von den Top 20 in den Airplay-Charts sind gerade mal sieben in den Verkaufs-Top 20. Umgekehrt finden sich von den zehn meistverkauften Titeln in Deutschland gerade mal drei (Nr. 4,6 und 9) in den Airplay Top 20 wieder - ausgerechnet die beiden meistverkauften Titel („Over the rainbow“ und „Love the way you lie“) tauchen in den Airplay-Charts nirgendwo auf.

Wenn man das Angebot der immergleichen Top-Interpreten zurückfahren würde und statt dessen zuvorderst auf Qualitätskriterien achten würde?

Was sind das für Qualitätskriterien? Wer legt sie mit welchem Recht fest? Entscheidet wieder dein persönlicher Geschmack? Entschuldigung, aber wenn mir im musikalischen Bereich jemand mit "Qualität" kommt, werde ich grundsätzlich mißtrauisch. Für die meisten Leute gilt: "Qualität" ist das, was ich gerne höre. Das hat mit Radio aber nichts zu tun.
 
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Warum sind sie nicht bekannt? Weil sie nicht im Radio laufen. Warum laufen sie nicht im Radio? Weils keiner kennt. Das wäre jetzt zu einfach, da müsste man tiefer einsteigen, die ganze Misere fängt schon bei der A&R-Politik der Majors an, aber grob gesagt liegt da der Knackpunkt. Wer meint, die Leute wären durch die Bank gegenüber guter, interessanter aber bislang unbekannter Musik gänzlich unaufgeschlossen, der hat nie der musikuninteressierten Mitschülerin in der achten Klasse ein Tape gemixt und am nächsten Morgen das vergnügte Lächeln genießen dürfen. Wie soll der Hörer denn ein Musikverständnis entwickeln, wenn ihm das immer gleich vorgesetzt wird?
Der Musikmarkt ist übrigens inzwischen dermaßen diversifiziert, dass die Charts darüber kaum noch etwas aussagen. Wenn "diesen Mist" niemand hören wollte, wär keiner auf Festivals, würd niemand Musikmagazine kaufen, wären die Clubs leer.
 
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Für die meisten Leute gilt: "Qualität" ist das, was ich gerne höre. Das hat mit Radio aber nichts zu tun.
Da stimme ich zu. Dem Rest des postings widerspreche ich...

Blende mal in das Jahr 1989/1990: Neuerscheinung ESCAPE WITH ROMEO (deutsche Band!) mit Somebody...:

Ich behaupte mal, eine Nummer, die sowohl radiotauglich als auch ungewöhnlich gut ist und "zündet" (obwohl: Ok, Geschmackssache eben).
Damals hatte ich die in die Rotation aufgenommen, und gepowert, ein-drei andere Sender auch (ffn einst). Obwohl sie kein Hit wurde, ist diese Numemr aber auch heute noch gern als recurrent eine Perle im Programm und führt zu Reaktionen wie "wer war das, wie heisst der Titel?".

Einst machten erfahrene, musikbewanderte Musikchefs/-redakteure das Programm und das war in den Anfangstagen des Privatfunks gar nicht mal schlecht...

Heute ist es eben "researched". Und da fängt das URPROBLEM schon damit an, das ein solcher Titel erst gar nicht zum researchen vorgeschlagen wird... schon die Asuwahl ist eine Beeinflussung.
Und es gibt heutzutage viele viele Songs, die ich für die hot rotation als gut und tauglich und zündend erachte: Einige davon werden im thread "Neuvorstellungen-abseits des mainstreams?" genannt. Wobei man manchmal Überraschungen erlebt: Die neue von Alphaville, kaum vorgestellt, hat ja richtig eingeschlagen und wird überall genudelt. Späestens jetzt bereits mainstream...

Nein, unterschwellig gebe ich ricochet Recht- ich glaube zu verstehen, was er meint.
 
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Der Musikmarkt ist übrigens inzwischen dermaßen diversifiziert, dass die Charts darüber kaum noch etwas aussagen. Wenn "diesen Mist" niemand hören wollte, wär keiner auf Festivals, würd niemand Musikmagazine kaufen, wären die Clubs leer.

Damit spricht man aber nur eine relativ kleine Zielgruppe an - wie du richtig schreibst, ist der Musikmarkt stark diversifiziert. Würde ich das alles in einen Sender packen, liefen mir die Hörer auch weg. Zuerst mal die über 35, danach irgendwann auch der Rest.

Wie schrob ein User so schön:
Eher werden sich zwei Taubstumme verständigen als zwei musikalische Menschen, von denen einer Mozart liebt und der andere Wagner.
Joseph Roth, (1894 - 1939)

Übrigens finde ich es durchaus ehrbar, auch mal gelegentlich versuchsweise unbekanntere Nummern ins Programm zu nehmen, die aber kommerziell und massentauglich sein müssen (wir reden hier ja über ein Massenmedium). Danach dann schnell wieder Lady Gaga - wir wollen ja niemanden verschrecken. Auf die richtige Mischung kommt's halt an.

edit: Fällt mir gerade noch ein: Ausgerechnet SWR 3 hat das in Form vom New-Pop-Festival vorbildlich getan. Hier darf eine Musikredaktion mal zeigen, dass sie mehr kann als immer dieselben zehn Titel dreißigmal die Woche herunterzududeln. Viele später erfolgreiche Künstler wurden dort entdeckt.
 
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Damit spricht man aber nur eine relativ kleine Zielgruppe an - wie du richtig schreibst, ist der Musikmarkt stark diversifiziert. Würde ich das alles in einen Sender packen, liefen mir die Hörer auch weg. Zuerst mal die über 35, danach irgendwann auch der Rest.

Die Beobachtung, dass Leute mit 35 plötzlich jeden Anspruch über Bord werfen und auf Ü30-Partys gehen, konnte ich aber bisher nicht machen. Und gerade "ältere" Leute sind doch auch aufgeschlossener, da gibts einen Mainstream jenseits des Mainstreams, vorausgesetzt natürlich, das Musikinteresse ist nicht vollständig verkümmert. Das Problem der Diversifizierung sehe ich eher explizit bei den Jugendwellen, die es besonders schwer haben, es teils völlig stilfixierten Gruppen Recht zu machen.
 
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@ricochet: die meisten Musikredakteure auch bei Privaten machen sich im Übrigen durchaus die Mühe auch "andere Musik" zu finden. Der Unterschied zwischen einem Musikredakteur beim ÖR und einem bei den Privaten ist einzig der, dass der beim ÖR das, was er da findet, ggf ins Programm bringen darf. Und der bei den Privaten eben nicht. Und dann gibt es natürlich noch die ganz armen Schweine, die bei einem ÖR sitzen und trotzdem nicht dürfen...
Das mit Phil Collins war nur ein plakatives Beispiel, damit hoffentlich jeder sieht, was an sich gemeint ist. Wenn man - wie hier schon geschrieben wurde - noch Musiker hinzunimmt, die kaum einer kennt, dann hauen einem die Hörer noch viel schneller ab, als bei Phil Collins-B-Songs.Die Nummer geht leider so richtig nach hinten los, quantitativ betrachtet.
Grundsätzlich ist es aber doch ganz einfach. Es gibt drei Wege aus der Misere. Die ersten beiden sind "klassisch":

- Revolution von oben: staatliche Regulierung des Radiomarktes, Perspektive ist da aber wohl eher schlecht, die FDP würde sich wohl besonders freuen. Und überhaupt fürchte ich, dass Politiker eher Otto-Normal-Radio-Hörer sind, die die Problematik, die wir hier sehen, nur schwer nachvollziehen können

- Revolution von unten: wäre die schönste Methode. Hörer schalten einfach nicht mehr ein bei Dudelmusik. Perspektive: schlecht. Die meisten Hörer lassen sich lieber von seelenloser Musik immerhin zufriedenstellen als von Nischenmusik richtig glücklich machen.

Bleibt Möglichkeit drei: Selbstheilung der Radiobranche in Form einer Neuregelung der MA. Da lohnt sich ein Blick - kaum zu glauben, aber wahr - in die Fußball-Bundesliga. Dort kam man vor diversen Jahren auf die schöne Idee, dass die Teams, die immer nur auf Sicherheit und unentschieden spielen, die sich immer nur hinten reinstellen, auch nur mit einem Pünktchen belohnt werden. Wer sich aber traut und herrlich offensiv spielt - bekommt drei Punkte. Sowas bräuchte man beim Radio, ein System, wo Qualität sich auszahlt. Bisher zahlt sich Qualität nicht aus, nur Quantität lohnt sich.
 
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Würde ich das alles in einen Sender packen, liefen mir die Hörer auch weg. Zuerst mal die über 35, danach irgendwann auch der Rest.

Aber genau das passiert doch bei Antenne Bayern und ähnlichen geschmacksbefreiten Hitlieferanten. Aber die Hörer bleiben - dank banaler Comedy und abstrusem Geräuscheraten.

Wenn man - wie hier schon geschrieben wurde - noch Musiker hinzunimmt, die kaum einer kennt, dann hauen einem die Hörer noch viel schneller ab, als bei Phil Collins-B-Songs

Wie wär's zum Beispiel damit? Es gibt tausende Interpreten, die der deutsche Dudelfunk ignoriert, weil die Verantwortlichen keine Kenntnis davon haben (bei den ÖR hat man da natürlich mehr Glück).


 
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@ricochet: "You make my dreams come true" und "Somebody's baby" gehören natürlich in die Playlist. Da sind wir uns auf jeden Fall einig! Beide liefen früher auch öfter mal bei SWF3. Das sind kommerzielle, eingängige Nummern, die zumindest in den USA ja auch in den Top 10 waren.
 
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...wobei gerade Hall & Oates dereinst eine Batterie von radiotauglichen (und auch tanzbaren) Hits gemacht haben. Von denen läuft aber nur "Maneater" im bundesdeutschen Radio, wenn es läuft. Aber die Liste mit solchen Interpreten und deren Songs könnten wir seitenweise fortsetzen... was fällt mir alles an Songs von Roxy Music ein, die ab 1978 immer verträglicher wurden und übergreifend in mehrere Formate passen.... seufz.

neulichamsee schrieb:
Der Unterschied zwischen einem Musikredakteur beim ÖR und einem bei den Privaten ist einzig der, dass der beim ÖR das, was er da findet, ggf ins Programm bringen darf. Und der bei den Privaten eben nicht
Stimmt im grossen und ganzen.
Und dann gibt es natürlich noch die ganz armen Schweine, die bei einem ÖR sitzen und trotzdem nicht dürfen...
Im zunehmenden Maße...
Selbstheilung der Radiobranche in Form einer Neuregelung der MA.
Nein, wird es kaum bringen. Nur durch die Übersättigung des einen vorherrschenden Konzepts wird es zwangsläufig eine normale Marktreaktion geben: Nischen finden, diese mit einem generell mehrheitsfähigem, aber reichhaltigerem Programm besetzen. Und witzigerweise wird diese markttechnische Gegenreaktion von den so beschmipften privaten Sendern ausgehen.
 
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Was schwer bezweifelt werden darf. Nischen-Programm ist in D kaum möglich, da man dafür eine gewisse Reichweite braucht. Die hört hierzulande aber in der Regel an der Bundeslandgrenze auf.
Die Marktbereinigung wird so aussehen, dass der größte Teil der heutzutage bekannten Sender in absehbarer Zeit schlicht verschwinden wird, weil Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis mehr stehen. Alle bisher möglichen Varianten (DAB, Internet) wurden von der Radiogilde, sowohl im Privatbereich als auch im ÖR-Bereich schlicht verpennt oder bewußt nicht voran getrieben. Aus Sicht der Privaten ist das auch durchaus nachvollziehbar. Keiner weiß wie die MA- oder wie auch immer ermittelte Zahlen aussehen nach einem Wechsel in das andere System. Alle bisher auf DAB gesendeten Privatsender haben sich nach einer, in der Regel von der jeweils zuständigen Medienanstalt bezahlten Testphase, wieder daraus zurückgezogen, weils schlicht nicht reicht. Die UKW-Sender machen sich selbst überflüssig, weil sie früher oder später so oder so abgeschaltet werden müssen, der schönen neuen Digitalwelt sei Dank. Und bis der Zeitpunkt da ist, haben andere Informationssysteme dem heutigen Radio längst den Rang abgelaufen. Das herkömmliche Radio hat sich selbst spätestens Anfang der 90er zum Nebenbeimedium erklärt und bekommt jetzt die Quittung. Alle wissen es, aber keiner gedenkt was dagegen zu tun. Aktuelles Beispiel dafür dürfte der Berliner Rundfunk sein.
 
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Ja und nein.
Zunächst müssen wir mal UKW und DAB nicht unbedingt als zwei verschiedene Sachen sehen. Mit UKW-Radio meine ich im Prinzip eigentlich „Programme“. Ob die nun auf UKW oder auf DAB ausgestrahlt werden, ist zunächst einmal sekundär.

Und eine Nische ist nicht von vornherein mit Minderheit gleichzusetzen, sondern eher mit Marktlücke, neuen Zielgruppen, Neujustierungen... wie auch auf dem Zeitungsmarkt.

Dass niemand weiss, wie die MA-Zahlen nach dem Wechsel ins neue System (= Zielgruppenjustierung,) aussehen, macht die Sache schwierig, jemanden von einem Konzept zu überzeugen. Besonders dann, wenn einem Gesellschafter im Nacken sitzen, die nicht unbedingt drauflegen wollen.
Aber warum sind wir so pessimistisch? Die Fälle, wo eine Marktneubesetzung dringend geboten war, hat es ja schon gegeben: Ich denke da an das hessische sky radio mit der Anti-Laber-Garantie oder mainfm zurüc k...
Deswegen: Aus rein markttechnischen Gründen wird das schwingende Pendel zuerst bei den privaten Anbietern ausschlagen, und dort zunächst bei den kleineren.

Von den Informationssystemen mag es schon heute sein, das dem Radio der Rang abgelaufen wird. Nur fühle ich mit Radio immer noch am schnellsten informiert, auch wenn ich selbst viel n-24/n-tv/CNN (auch private...) und phoenix benutze, samt der guten alten Tagesschau. Aber eben nur, wenn ich auch zuhause bin. Im Auto bleibt mir nichts anderes als das Radio.... von b5aktuell bis hr1/info oder dem DLF.

Um die Informationen mache ich mir eigentlich keine Sorgen, da wird es immer Angebote geben. Aber durch die Minirotationen geht für mich auf Dauer gesehen ein Stück Kultur unter: Die Musikkultur.
 
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@ricochet: die meisten Musikredakteure auch bei Privaten machen sich im Übrigen durchaus die Mühe auch "andere Musik" zu finden. Der Unterschied zwischen einem Musikredakteur beim ÖR und einem bei den Privaten ist einzig der, dass der beim ÖR das, was er da findet, ggf ins Programm bringen darf. Und der bei den Privaten eben nicht. Und dann gibt es natürlich noch die ganz armen Schweine, die bei einem ÖR sitzen und trotzdem nicht dürfen...

Du hast das Problem so ziemlich auf den Punkt gebracht. Es ist eben nicht so, dass neue Ideen ins Radio gebracht werden, alles wiederholt sich schon seit Jahren, ohne wirklich etwas Neues (nicht nur auf Musik bezogen) in den Äther zu blasen.

Hier mal ein Beispiel von SWR1 RP: In der Vormittagssendung läuft schon seit mindestens zwei Jahren dieser Namensforscher-Professor (war ja am Anfang ganz witzig, aber es nervt langsam) und SWR1 RP schafft es nicht, hier mal eine neue Rubrik einzuführen.

Beispiel Bayern3: Dort gibt es schon seit Ewigkeiten den "Verhörhammer", aber auch das läuft sich mit und mit einfach "platt", weil ausgelutscht.

Das waren nur zwei Beispiele zum Programminhalt. Aber daran lässt sich doch die Misere erkennen: Die Radiosender haben eine Rubrik, dem Hörer gefällt's und es wird Monate/Jahre daran festgehalten, anstatt ab und an mal eine bestehende Sendung inhaltlich alle paar Monate mal umzukrempeln und mal was anderes zu probieren. Das führt dann zwangsläufig zu "Langeweile-Effekten".

Könnte noch mehr Beispiele der ÖR-Wellen nennen, aber ich denke, Ihr wisst, worauf ich hinaus möchte.
 
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Dort hat Radio aber auch einen anderen Stellenwert, nicht zuletzt deshalb, weil Lokalsender auch tatsächlich etwas mit lokal zu tun haben, ganz im Gegensatz zur hiesigen Radiolandschaft.
 
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Man muss ehrlicherweise sagen, dass die amerikanischen Musiksender meist reine Abspielstationen ohne journalistischen Aufwand sind, aber es ist fast ausgeschlossen, dass jemand kein geeignetes Musikformat findet. Üblicherweise schalten die Amis wie wild hin und her, manche hören pro Woche drei bis vier verschiedene Musikformate (Arbitron spricht von "Nachbarformaten"). Leider ist die Rotation mitunter ärmlich und so wechseln viele frustrierte Hörer zu Sirius oder verziehen sich ins Internet.
 
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@ricochet: woher weißt Du eigentlich, dass die Verantwortlichen bei Privaten die Hall & Oates-Nummer nicht kennen? Also ernstgemeint, die Frage. Kennst Du so viele Privatfunk-Redakteure und hast immer nach dem Song gefragt? Oder gibt es eine Studie, die ich verpasst habe?
Oder um es anders zu sagen: ich kenne die Nummer, finde sie wunderbar - und wundere mich trotzdem kein bißchen, dass sie im Formatfunk (und ähnlichen ÖR-Stationen) nicht läuft. Warum? Ganz einfach: weil viele Stationen schon Mühe haben "Maneater" ins Programm zu kriegen. "Out of Touch" ist bereits ein Song, den viele Hörer schon nicht mehr akzeptieren. Und alles was noch weiter entfernt vom Chartruhm ist liegt nahe an finanziellem Selbstmord. Wie ich darauf komme? Leider learning by doing. "Mut" ist eine schöne Sache - bis man merkt, dass die Hörer es einem nicht danken und in Scharen davonlaufen. Hartes Brot und ich bin froh, den wirtschaftlichen Bereich nicht mehr so in den Vordergrund stellen zu müssen wie früher.Nur eines ist relativ sicher: am fehlenden Willen und der fehlenden Kenntnis der Redakteure (auch im Wort-Bereich) liegt es in den seltensten Fällen.
 
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"Out of Touch" ist bereits ein Song, den viele Hörer schon nicht mehr akzeptieren

Was sehr schade ist, weil es davon eine sensationelle Maxi gibt, die aber bei Youtube und anderen Anbietern nicht auffindbar ist....
 
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... die es auf CD aber relativ problemlos zu erwerben gibt, ebenso wie den genialen und abgefahrenen Dub Mix, der die oben erwähnten Redakteure noch ein wenig mehr überfordern würde :)
 
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Nein, nein, nicht den Redakteur, den Hörer! Wenn ich sowas lese:

"Out of Touch" ist bereits ein Song, den viele Hörer schon nicht mehr akzeptieren.

und das bei dem Sender der Fall wäre, für den ich arbeiten würde, dann würde ich meine Hörer hassen. Für so einen Haufen grenzdebiler Schwachmaten, denen selbst so ein harmloses Nümmerchen schon zu "strange" ist, würde ich meine Arbeitskraft nicht verschleudern. Geschmack hin, Geschmack her.

Es fällt mir allerdings schwer zu glauben, dass man mit einer größeren Rotation nicht ein musikaffines Publikum erreichen kann. Zugegeben, bei einem Volk, dass einen "Kuschel-Song" von Schnuffel auf Platz 1 hievt (übrigens das erste mal, wo ich mich meiner Nationalität geschämt habe), würde man damit wohl schwerlich Marktführer. Aber es muß doch möglich sein, zumindest eine Nische damit zu besetzen, die wenigstens wirtschaftliches Überleben ermöglichen würde...

Vielleicht sind die Deutschen aber wirklich zu tumb und verdienen gar kein anderes Radio? Ist euch das schon mal bei Musik in Fernsehshows aufgefallen: Klatschen bei jedem Mist mit (auschließlich auf 1 und 3), egal ob's passt oder nicht. Ach, ich glaube ich schließe mich radiowaves an und werde auch zum Menschenhasser!
 
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Stimme Plattenschrank voll zu.
Vielleicht sollte man mal damit aufhören zu versuchen, auf Teufel komm raus den Resthörer nicht zu vergraulen, sondern stattdessen die Leute zurückgewinnen, die dem Medium Radio aus guten und bekannten Gründen längst den Rücken gekehrt haben.
 
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