Berufssprecher – Job ohne Zukunft?

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Ich habe nicht gesagt, dass ich "DIE" Stimme bin oder "DAS" Talent habe, meinte vielmehr, daß es momentan andere Gründe hat, warum es dort für Externe so schwierig ist. Mit der Fusion SFB und ORB kam das Sparprogramm und sowohl beim rbb-Hörfunk, als auch beim rbb-Fernsehen haben sie die Luken dicht gemacht. Was weiß ich, wer da plötzlich bei radio eins zu hören ist, aber muß ja nicht zwangsläufig ein ganz Neuer sein. Jedenfalls wird beim gesamten rbb die Personaldecke nicht freiwillig erweitert. Der rbb war aber nicht mein Hauptthema, ich habe nur am Rande erwähnen wollen, daß die Fusion seinerzeit die Situation nicht unbedingt leichter gemacht hat.
 
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Verzeihung, liebe KollegInnen, wenn sich der Thread-Eröffner erst jetzt wieder meldet. Da kam ein Urlaub dazwischen ;)
Interpretiere ich es richtig, wenn der Tenor vieler Postings ist, dass Präsentationsqualität durchaus noch einen Stellenwert besitzt und auch manche Autoren im Idealfall lieber auf Berufssprecher zurückgreifen würden (wenn Geld und Zeit zur Verfügung stünden)?
Das (bleiben wir zaghaft im Konjunktiv) ließe ja hoffen.
Vielleicht bin ich von der Entwicklung im eigenen Haus zu sehr "überrollt" worden, als man nämlich vor sechs Jahren ohne Not das Sprecherteam samt Chefsprecherbüro auflöste und uns verschiedenen Redaktionen und Wellen zuordnete. Wir müssen seitdem als "Einzelkämpfer" versuchen, unsere Qualitäten aufrecht zu erhalten und dafür werben, in Produktionen uns Profis einzusetzen.
Ich bleibe nach den Äußerungen der KollegInnen hier im Thread Zweckpessimist mit ersten Rekonvaleszenzerscheinungen :)
 
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Die durchgemachte Abwicklung ist es also.

Wenn ich nun sage, ich lasse es gleich sein, weil eh' alles früher oder ein bißchen später vor die Hunde gehen wird und diese brotlose Kunst keine Zukunft hat? Weiter so im Zweckpessimismus? Ist es recht so, oder eventuell doch nicht?
 
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Ich halte es immer für falsch zu resignieren. Wenn irgend etwas wirklich nicht mehr geht, muß jeder seine persönlichen Entscheidungen treffen, diese Situation sehe ich aber nicht. Wenn allerdings ein kommerzieller Sender sagt, ich zahle einem Sprecher für die stündlichen Live-News in der Nacht, zwischen 21 Uhr und 5 Uhr, "großzügig" 80 EUR, dann muß die entsprechende Station ohne Sprecher leben und sich einen Studenten suchen, der das Geld braucht und sich prostituieren muß. Diese unsittlichen Angebote gibt es (z.B. in Berlin) und ich empfinde sie offen gesagt als Frechheit. Letzendlich aber zahlt sich Qualität aus. Und eine gute Sprecher-Qualität ist pro Nachtschicht nicht für 80 EUR zu haben. Jedenfalls sollte sich niemand darauf einlassen. Nun gibt es für den Sprecher ja zum Glück nicht nur das Radio.
 
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K 6 schrieb:
Die durchgemachte Abwicklung ist es also.

Auch. Allerdings war sie nur der berühmte "Tropfen", der das Fass...
Als ich im Job anfing, knallte ich sozusagen unmittelbar in die Authentizitätsdebatte der Endsiebziger auch im hr.
Und leider hat mich irgend jemand mit recht feinen Öhrchen ausgestattet, so dass ich bei gesprochener Sprache immer auch auf das Wie höre(n muss). Und da bemerkte ich schon als unfertiger, unerfahrener Jungmann diese oft merkwürdige Diskrepanz zwischen inhaltlichem Anspruch und akustischer Umsetzung, wenn manche Verfasser selber ihre Texte vortrugen.
 
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Da würde mich natürlich interessieren, lieber Qualiton, - mit welchem Ergebnis?
Was die Präsentationsstandards betraf, war "Ihr" "uns" doch immer um eine Nasenlänge voraus.
 
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Lieber OnkelOtto,

die Tendenz war die gleiche. Mit der Magazinitis fielen viele Sprecheraufgaben weg. Gut, einige Sprecher gingen in Redaktionen und wurden Moderatoren; viele waren das aber nicht. Für die Sprecher blieben hauptsächlich Nachrichten und Programmansage. Die Programme waren ja noch nicht völlig durchformatiert. Es gab vor allem am Wochenende, am frühen Nachmittag und am Abend noch magazinfreie Zeiten. Zum Overvoicen, für Schulfunk, Feature usw. wurden Sprecher gebucht. Es ging auch sozialer zu. Fast alle Sprecher waren fest angestellt, entlassen wurde niemand. Sprecherische Laien hatten es aber nun mal nicht so gern, wenn sie in einer Sendung mit Berufsprechern auftreten sollten – also wurde der Rest des Magazins auf ein sprecherisch insgesamt niedrigeres Niveau gezogen. Ich erinnere mich daran, dass der legendäre Sportreporter Heinz-Florian Oertel auf Versammlungen nicht müde wurde, die sinkenden Präsentationsstandards zu beklagen. Seine gebetsmühlenartig vorgetragene Forderung war, den Mikrofonpass wieder einzuführen, der in den 50er und 60er Jahren Voraussetzung war, „durchsagen“ zu dürfen. Ich bin sicher, würde es die verblichene DDR noch geben, wären heute bis auf ein Kulturprogramm alle anderen Hörfunkwellen durch magaziniert mit den bekannten Folgen. Sicher wäre auch kein in Rente gehender Sprecher mehr ersetzt worden. Gehalten würde nur ein Stamm für die Nachrichten.
 
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Tatsächlich also recht ähnliche Entwicklungen in Ost und West.
Einen Heinz-Florian Oertel, der Qualitätsstandards einklagte und das nicht aus dem "Sprecher-Mustopf" heraus tat, tja, den gab es bei uns leider nicht.
Es hatte im Hause immer den Ruch der Selbstbeweihräucherung und Selbstüberschätzung, wenn wir als Sprecher es wagten, von Nicht-Berufssprechern Präsentationsleistungen auf einem gewissen Niveau zu fordern.
Der Mikrofonpass, die Lizenz zum "Durchsagen", wurde nur von den angehenden Sprechprofis verlangt, es war die Aufnahmeprüfung, die "Mikrofonprobe".
Wer aber redaktionell inhaltlich arbeitete und am Mikrofon saß, wurde nie durch einen solchen Test geschleust...
 
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In der Nalepastraße waren die Sprecherensembles der jeweiligen Produktions- bzw. Sendeleitung unterstellt. Dort wurde in den frühen Jahren auch entschieden, wer ans Mikro durfte. Mit jedem neuen Magazin kam eine neue Redaktion und mit ihr ein neuer Redaktionsleiter. Die wiederum waren zum Teil radioferne Persönlichkeiten, Quereinsteiger, auch mitunter nach politischen Vorgaben ausgesucht. In der Folge hatten also Leute zu entscheiden, die die Unterschiede gar nicht hörten.:rolleyes:
 
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Fernab jeglicher politischer Ideologie entscheiden auch hier häufig Menschen, die einen Diphthong für einen angeschnittenen Ball beim Tischtennis halten, über Wohl und Wehe am Mikrofon ;)
 
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:wow: Ach, Du meinst so Entscheider, die ihrerseits meinen, Phonetik sei der Name des neuen MP3-Players...;)
 
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Wobei - jetzt, wo Du's schreibst, fällt's mir auf - das Wort PHON-ETHIK über allem schweben sollte ;)
 
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Es ist ja ein Teufelskreis: Gibt es noch einen Sender, der eine interne Sprecherausbildung veranstaltet, so wie das im Osten üblich war? Jeder Sender hatte mindestens einen diplomierten Sprechwissenschaftler in festen Diensten, der den talentierten Nachwuchs erst extern und nach bestätigter Aussicht auf Eistellung intern ausbildete. Da auf diesem Wege heute niemand mehr nachkommt, ist wohl schon aus biologischen Gründen irgendwann Feierabend.
 
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Bei uns existiert ein sogenanntes Programm-Monitoring: Eine eigene, kleine Abteilung, geleitet von einem promovierten Sprechwissenschaftler, der mit seinen - freiberuflichen - Mannen Feedbacks in den Redaktionen durchführt. Nur setzt das Monitoring andere Schwerpunkte: Es geht viel um Formulierungen, Textinhalte usw.
Erst dann, wenn jemand selber feststellt, dass er am Mikrofon Schwierigkeiten hat oder wenn ein Vorgesetzter ihn darauf aufmerksam macht, arbeitet das Monitoring mit dem oder der Betreffenden fundiert sprecherzieherisch. Aber diese Fälle sind selten...
 
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Ein Rudiment mit neuem Anstrich.
Der Chef dieser Abteilung war früher für die Durchführung der Sprecher-Mikrofonproben verantwortlich. Dann wurde das Team aufgelöst.
 
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@ Qualiton

Meine Erfahrung in Privatsendern ist, daß ab und zu mal ein Sprechtrainer kommt, den man sich mit einem anderen Sender teilt und wer Lust hat, kann sich auf einer Liste eintragen und mal ein halbes Stündchen Sprechtraining nehmen - wenn überhaupt ein Sprechtrainer verfügbar ist. Ich weiß von Sendern, die nicht einmal Airchecks durchführen, so daß ein Moderator überhaupt nicht weiß, ob seine Arbeit nun gut oder schlecht war. Eine Bekannte von mir ist betroffen und beklagt sich sehr, zumal es die Programmdirektion auch gar nicht weiter beschäftigt. Wie die öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten das handhaben, weiß ich nicht, da habe ich keine Erfahrungen.
 
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Eigentlich möchte ich mit Dir überhaupt nicht mehr kommunizieren. Der Grund liegt in dem Wort "öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten".
Aber soviel: Wenn da die Sprechtrainer bei diversen Sendern gelegentlich aufschlagen ist die Frage zu stellen, sind das selbsternannte oder haben sie eine entsprechende Qualifikation erworben? Man kann Talente nämlich auch ganz schön verbiegen.
 
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Entschuldige, falls ich Dir da auf einen humorlosen Fuß getreten habe. Das war nicht meine Absicht.

Ich kann nicht für alle Sprechtrainer Deutschlands sprechen. Sicherlich gibt es eine Menge guter Trainer, die keine promovierten Sprechwissenschaftler sind (Reinhard Pede zum Beispiel). Ich glaube auch nicht, daß das Not tut.
 
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Was spricht eigentlich dagegen, dass Sprecher nicht auch redaktionell arbeiten. Ich denke nicht, dass der Beruf des Sprechers ausstirbt. Es ist nur heute so, dass niemand mehr nur aufgrund guter Sprecherleistungen einen Job bekommt. Heute muss man halt sprechen können und redaktionell etwas drauf haben. Was die älteren "nur" Sprecher angeht - Für eine Kultur- oder Heimatwelle habe ich keine Problem mit den Meisten. Für Pop- und Jugendwellen klingen mir diese aber doch zu altbackend. Ausnahmen gibt es selbstverständlich.
 
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Hallo mobo,

ich habe die Sprecherausbildung neben meiner journalistischen Ausbildung gemacht. Ich meine auch, daß es vorteilhaft ist, redaktionelle Erfahrung zu haben. In meiner letzten Festanstellung habe ich mehrere Jobs gleichzeitig gemacht - News-Anchor vor der Kamera, Sprecher für sämtliche Auftragsproduktionen, Trailer etc. und gleichzeitig habe ich redaktionell das Politik-Ressort übernommen. Nur leider habe ich lediglich einen Job bezahlt bekommen und das hat mir irgendwann gestunken. :)) Immerhin habe ich um einiges mehr zu tun gehabt, als ein gewöhnlicher Redakteur. Da beim kommerziellen Radio so oder kaum noch Beiträge gesendet werden, muß man dort wohl auch keine Sprecher mehr haben. Auch wenn es kommerzielle Sender gibt, die wieder zurück zu Beiträgen wollen. Bei meiner Ausbildung an der Deutschen Hörfunkakademie hatte ich einfach das Glück über 18 Monate kontinuierlich gute Sprecherziehung zu haben. Macht man ein Volontariat bei einem Sender, dürfte man nicht immer oder selten dieses Glück haben. Von daher - gut sprechen und trotzdem Journalist ist zwar toll, aber dafür muß man auch die Kenntnisse vermittelt bekommen. Und daß es da mangelt, hört man sehr sehr häufig z.B. in den Nachrichten der Privatsender. Ebenso Beiträge und Reportagen bei den ARD-Hörfunkwellen sind häufig nicht zu ertragen. Nur frage ich mich, wieso das dort niemanden stört und warum man diesen Zustand nicht ändert.
 
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Ich habe dir mit keiner Silbe deine Qualifkation absprechen wollen. Ich kenne aber andere Sprechertypen. Solche, die im Haus hin und her geschoben werden, weil sie keiner mehr gebrauchen kann. Dieser Typ stirbt aus, und das meiner Meinung nach zurecht.
 
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Heute muss man halt sprechen können und redaktionell etwas drauf haben.

Man sollte aber auch redaktionell was drauf haben und sprechen können, wenn man im Radio arbeitet. Das gerät m.E. langsam unter die Räder.

Ich kenne aber andere Sprechertypen. Solche, die im Haus hin und her geschoben werden, weil sie keiner mehr gebrauchen kann. Dieser Typ stirbt aus, und das meiner Meinung nach zurecht.

Begründung? Folge?
 
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