"Der Wunsch nach Wort wächst wieder."

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iro schiesst den Vogel ab. Genau so ist es. "Nur Musik", das fand man in den frühen und mittleren 90ern interessant und StarSatRadio tönte per Sat und Kabel aus nicht wenigen Lautsprechern, war fast eine Art "Geheimtipp" für "Musik ohne Geschwafel". Heute gibt es das im Internet, mobil fast überall verfügbar und natürlich auf dem mp3-Spieler. Da muss Radio mehr bieten! Wort bietet sich da freilich an. Aber Wort ist nicht gleich Wort. Und bezüglich Wort gibt es in Deutschland zwei Lager: langatmige, bisweilen angestaubt wirkende Bildungsradios auf der einen Seite, die maximal etwas Füllmusik versenden, damit der Mikrofonadjutant mal einen Schluck Wasser trinken kann und auf der anderen Seite quietschfidele Kaspermäuschen mit beginnendem Schamharbewuchs, die sich dabei gefallen, minutenlang mit Claims, Pseudoservice-Elementen und belanglosem Zeugs die Stundenuhr zu füllen. Ach ja, die Tut-nicht-weh-Magazinwellen mit ihren immer seichter werdenen 1:30 bis 2:30-Beitragsplätzchen gibt es natürlich auch noch. Gut gemachte Unterhaltung? Weitgehend Fehlanzeige.
 
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Besonders zutreffen in Radiocats Beschreibung: "Die Tut-nicht-weh-Magazinwellen". Das ist etwas, was mir schon lange auf den Keks geht - Pseudo-informative, schnell zusammengerotzte O-Ton-Beiträge, die angeblich ein "Thema des Tages" oder "Aktuelles Theme" etc. beleuchten.
 
den Satz höre ich momentan immer wieder von vielen radioleuten...

was meint ihr, ist das so oder is das nur ein hirngespinst???

Bei mir trifft es auch zu. Was ich mir wünschen würde das unser Lokalsender hier in der Oberpfalz sich wieder darauf besinnen würde wieder mehr Lokale und Regionale Informationen zu bringen die nicht nur aus Wetter und Verkehrsfunk besteht.
 
@Mannis Fan: Könige in dieser Disziplin: WDR2, das über die Jahre kräftig entpolitisiert wurde. Der Rotlack ist ab, aber leider der Belanglosigkeit gewichen. Und leider, leider ganz oben auf diesem Treppchen: SWR1!!
 
Es kommt immer, so denk ich, auf die Altersstruktur des Senders bzw. der Hörer an: typische Teenie-Sender werden weiterhin bei einer Art Dauerbeschallung bleiben, weil sie befürchten, dass die Teenies zu den digitalen Medien überschwenken (was schon längst passiert ist). Sender, die eher ältere Zuhörer haben, sollten sich bei der Musikauswahl nicht nur darauf verlassen, dass man in bester Schlagermanier nur Roland Kaiser oder Helene Fischer zum Besten gibt, sondern man sollte schon etwas anspruchsvolleres senden: ein guter, ausgewogener Teil sollte dem Wort als Information dienen, wo man wirklich auch mitbekommt, was in der Welt passiert und nicht wie es bei den BLR-Nachrichten ist, in 3 Minuten alles runterrasselt, was einem in den Sinn kommt. Das verstehen auch ältere Menschen nicht mehr. Davon sind sie sogar überfordert. Wort ist eigentlich sowas wie eine Mehrbedeutung: für mich ist vom griechischen logos auszugehen: also ein Wort, das gleichzeitig Geist und Sinn berührt, aber auch scharfsinnig die Welt betrachtet. Ein gutes Beispiel hierfür sind die radioSpitzen in BR2. Informationen sollten klar und verständlich rübergebracht werden, ohne lästige Musikuntermahlung. Das ist nicht sehr ästhetisch, sondern ist sogar etwas nervend, wenn man bei Nachrichten einen tackertacker-Unterton hat (s. Gong 97,1 Nürnberg).
Was für mich auch wichtig wäre, wäre, dass man unterschiedliche Arten von Wort auch verwendet. Manche Moderatoren können kaum noch richtig deutsch. Auch bei öffentlich-rechtlichen Sendern tut sich der Gedanke oftmals auf, warum dieser sich nicht privatisieren ließe, weil hier öffentlich-rechtlicher Anspruch und die Wirklichkeit des Senders aufeinanderprallen!
Für mich ist ein sehr gutes Programm daher der Deutschlandfunk geworden. Nicht aus Arroganz oder Überheblichkeit, oder um als Intelligenz-Proll auffallen zu wollen, nein, weil hier das Wort und die Musiknote eine abgewogene Mischung bieten, die im Grunde eine sehr ausgewogene Harmonie bilden. Möchte ich etwas mehr Wort haben, höre ich B5 Aktuell oder MDR info, möchte ich etwas mehr Musik haben, so schalte ich auf FIGARO oder BR2.
Innerhalb der DRadio-Familie sind die drei Sender sehr gut ausgewogen, sodass ich meine, hier eigentlich einen Vorbildcharakter zu erkennen.
Übrigens glaube ich, dass die Zeit der Teeniesender vorbei ist. Die paar Hitradios, die sich noch um die Leute bemühen, haben längst erkannt, dass es sinnlos ist. Doch Hitradio wäre nicht Hitradio, wenn man den Teenies quasi intravenös einflösste, wenn du uns nicht hörst, bist du nicht in. Wenn du nicht in bist, bist du uncool. Und diese Art "Hörerdroge" ist doch symptomatisch für die ganze Szene.
 
Das Problem ist doch wohl, das die wirklichen Nachfolger von Kenny Everett, also Leute die Spiel- und Experimentierlaune mit der verfügbaren Technik hatten, und damit ganz unglaublich unterhaltende Sendungen auf die Antenne gebracht haben, heute gar nicht mehr am Pförtner in irgendeinem Sender vorbei kommen.

Es ist doch keiner mehr da, der mit selbstgebauten Jingles einer Sendestunde einen ganz anderen Klang geben kann und durch seine pure Anweseneheit für "einfach mehr Abwechslung" im Programm sorgen kann.

Der Bedarf ist bei den wirklichen Hörern natürlich noch da. Das heutige Radio wird allerdings nicht mehr für sie sondern für die puren Einschalter gemacht. Da liegt wie bei allen Diskussionen hier der Hase im Pfeffer.
 
So ist es Berry. Inzwischen endet jeder thread früher oder später im selben Mix aus Besserwisserei und Gejammer, gesalzen mit Details aus Programmen, die sich kein gesunder Mensch anhören würde, wenn er sie wirklich so bescheiden finden würde. Geschweige denn daran mitarbeiten.

Zum Thema: Schöner Trend, sollte er denn stimmen!
 
Wie lassen sich Wort- und Informationsprogramme differenzieren? Gibt es da Unterschiede? Weil Bayern 2 kann ein Wortprogramm sein, und gleichzeitig ist es ein Informationsprogramm. Umgekehrt ist B5 Aktuell ein Informationsprogramm und weniger ein Wortprogramm, oder doch Wortprogramm, weil man Informationen durch Worte weitergibt?
 
Eigentlich ists ein Sammelbegriff für den Wurf in einen Topf, aber strenggenommen kann man Wortprogramme (nahezu ausschließlich Wortanteil) genauso mit Hörspielen, Talkshows und Lesungen in Verbindung bringen wie Informationsprogramme (nahezu ausschließlich Nachrichten) mit Features, Verkehrshinweisen und Magazinen...
 
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So ist es. Auch ein Hörbuchradio wäre demnach ein Wortprogramm. Ein Verkehrskanal mit computergenerierten Wortbausteinen ebenfalls. ;)
 
berry schrieb:
Aber warum schaltet ihr dann immer diese Magazinwellen ein?
Vielleicht aus professionellem Interesse. Ich kann Mist schließlich nur beurteilen, wenn ich ihn mal gesehen und gerochen habe. Dann bilde ich mir ein Urteil und zappe weiter.
Da es weit und breit kein Programm gibt, das mich so fesselt, dass ich nur dieses eine und sonst keines anhöre, zappe ich halt durch die Gegend und kriege so mein Bild. Falls Du zu jener Sorte gehörst, die einen festen Lieblingssender hat und sonst nichts, wundert mich, dass Du überhaupt mitdiskutierst.
 
Ich tippe mal auf ein Hirngespinst. Der Wunsch nach Wort wächst nicht. Es gibt lediglich ein relatives Wachstum, weil bzw. falls der Wunsch nach Musik (aus dem Radio) schrumpft.

Im günstigeren Fall erleben wir eine kleine Renaissance des Gesprochenen im Mainstreamradio. Im ungünstigeren Fall wird die gewünschte Programmeigenschaft einfach behauptet, so wie das in der Vergangenheit bereits mit "echter Abwechslung", der "lustigsten Morningshow" etc. gehandhabt wurde.
 
Niemand stellt sich vor die Radiokiste und stellt analytisch fest: "Ich wünsche mir mehr Wort!" Dieser "Wunsch" nach mehr Wort ist eher eine latente Unzufriedenheit mit dem vorhandenen Angebot, ohne dass die breite Masse der Hörer genau sagen könnte, woraus diese Unzufriedenheit besteht, was sie eigentlich vermissen.
Die MA möge mal anstatt zu fragen "welchen Sender kennen Sie/hören Sie - und wann und wie lange?" die Qualitätsfrage stellen: Was gefällt Ihnen am Radioprogramm? Was nicht? Wovon hätten Sie gerne mehr? Wovon weniger? Ich glaube, es gäbe ein böses Erwachen.
 
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