Diskussion im DLF: Radio nur noch Begleitmedium?

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In den anderen Ländern, in denen er noch zuck(te), wird er gerade nach und nach zu Grabe getragen.

In den Niederlanden habe ich noch Hoffnung. Hier gibt es trotz einer umfangreichen Privatradiolandschaft noch Vielfalt. Ich weiß nicht, welchen Einfluss es hat, dass die dortigen privaten Frequenzketten teilweise mit musikalischen bzw. inhaltlichen Auflagen versehen wurden. Aber es gibt noch unterschiedliche Gruppen, die bedient werden.

In Österreich sieht die Sache anders aus. Hier muss man dem ORF fast noch zugute halten, dass sie nur eine Cash-Cow (Ö3) mit einem privatradioentsprechenden Programm haben, es aber ansonsten schaffen, auf allen Wellen unterschiedliche Musik und Inhalte darzustellen. Die Privatradiolandschaft ist bis auf wenige Ausnahmen noch schlechter als bei uns. Wenn ich an Kronehit und die 90-Minuten-Rotation denke...
 
Und hier, exklusiv für Hörfunkdirektoren, Intendanten und Rundfunkräte, ein lustiger Bastelbogen zum Ausschneiden und Einrahmen:


Maßstab für Privatradio =

  • Quote, weil die Frage lautet: Wie überzeuge ich die Werbekunden?

Maßstab für öffentlich-rechtliches Radio =
  • Quote x Zuhörintensität, weil die Frage lautet: Was hat der Beitragszahler vom Programm?

 
Ach, was könnte man für luftige, interessante, überraschende Programme machen. Das Potenzial ist doch da. Die Leut', die Themen, die Musik, bis hin zu den Ideen für wirklich gelungene und nicht protzig-überladene Layouts- und: (nanu?) sogar die Hörer...
Und was machen wir? Wir schlabbern uns zu Tode an einer miefig-durchgequirlten Plastik-Einheitssoße quer über die Frequenzskala. So viele könnten es besser, aber wir brechen uns beim Kotau vor dem Format sämtliche Rückenwirbel. So traurig!

Ach, ich weiß nicht ob es wirklich so schlimm ist. Ich höre immer öfter Deutschlandradio Kultur, ganz bestimmt eher ein Begleitprogramm, so was wie hr1 mit Niveau. Gefällt mir gut, gute Musik und gute Theme, originelle eingestreute Kurzhörspiele... Das einzige Problem ist, sie haben halt kaum Hörer.
 
Radio wurde leider von den Verantwortlichen zum Begleitmedium gemacht. Radio konnte ja schlecht selbst mutieren, da bei den MA- und FAB-Präsentationen schon ab Ende der 80er als Nebenbei-Medium die Rede war.
Dem geneigten Hörer, der wohl erst geschnitzt werden muss, spielte das alles natürlich in die Karten:
Es wurde sogar an ihn, oder besser noch, für ihn gedacht.
Innovative und querdenkende Mitarbeiter der "Anstalten" haben spätestens ab Mitte der 90er in die Röhre geschaut bzw. den Mut verloren. Es gab zu diesem Zeitpunkt im letzten Jahrtausend gar keine Möglichkeit mehr, um eigene Gedankenspiele in die Planung einfließen zu lassen.
Sollte es tatsächlich vorgekommen sein, dass zum falschen Zeitpunkt geclaimt wurde und dazu noch eigene Ideen beim Station Meeting - oh Mann, da warst du der ärmsten Säue einer.

Ich habe die Hoffnung längst aufgegeben, es wird sich nichts ändern. Bei den Lokalrundfunktagen in Nürnberg wurde es ja wieder ganz deutlich:
gegenseitiges Schulter- und Schenkelklopfen in einer "ach, was sind wir gut Manier". Es wurde über Snapchat und sonstwas gesprochen, allerdings über die aktuellen Probleme nicht.
Der Hörer, der erst noch geschnitzt... (running gag), existiert bei den Radioverantwortlichen nicht.

Bis demnächst mal in diesem Theater...

2Stain
 
Dabei könnte es so einfach sein wenigstens ein wenig für Abwechslung zu sorgen:

Aktuell überträgt z.B. SRF3 live vom Gurtenfestival und auch ansonsten werden in das Programm regelmäßig - tatsächliche - LIVE-Events, die teilweise über den Zeitraum von einer Woche, unter direkter Hörereinbindung (vor Ort) laufen, veranstaltet. Dasselbe gelingt auch den anderen Programmen des Schweizer Radios, wie z.B. SRF Virus das sich auf Musik abseits des Mainstreams konzentriert.
 
Das RSI Rete Tre der italienischsprachigen Schweiz verbindet im Tagesprogramm ganz einfach populäre und alternative Musik. Warum kann man hierzulande kein solches breit aufgestelltes Programm veranstalten?
 
@DigiAndi

Dabei hätte das Deutschlandradio Kultur diese musikalische Chance "dazwischen" mal gehabt. Es ist jetzt aber eher ein High-End Bioladen mit schimmligen Gemüse geworden.
Bei Radio Eins hat man neben den vielen alternativen Songs durchaus auch mal einen "Hit" dazwischen. Mir persönlich wäre der ein oder andere bekannte Titel mehr allerdings lieber. Es müssen ja nicht gleich die Superhits der deutschen Top 100 sein. Aber ein Top Ten Hit aus England oder USA der es hierzulande nicht in die Charts geschaft hat, wäre für mich auch eine mögliche Alternative zum bekannten Gedudel.
 
Müsste dir dann nicht das Nordwestradio zusagen? Dort läuft vor allem Pop, aber vieles, was man noch nicht kennt, Songs, die nur auf Album erschienen sind, etc.
 
Mich hat die etwas überhebliche Art der Radio eins Vertreterin (Caspari(?)) abgeschreckt.
Was soll dieses pseudo avantgardistische Gequake? Habe ich irgendetwas verpasst oder was ist daran so besonders, einen Biosender für eine Prenzel- oder Kreuzberger linksgrün-bürgerliche Klientel zwangsfinanziert durch Gebühren am Leben zu erhalten? Überhaupt wo bleiben bei dem Sender Programmauftrag und Relevanz für Brandenburg?
 
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Biosender ... linksgrün-bürgerliche Klientel ... zwangsfinanziert durch Gebühren
Ach, spielen wir Bullshit-Bingo? Ich hab' auf jeden Fall eine Reihe voll.

Überhaupt wo bleiben bei dem Sender Programmauftrag und Relevanz für Brandenburg?
Radio Eins kommt dem öffentlich-rechtlichen Auftrag wohl in deutlich größerem Umfang nach als die meisten anderen Tagesbegleitsender der ARD. Hörst du den Sender regelmäßig, dass du seine Erfüllung des Programmauftrags infrage stellen kannst?
 
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Beleidigungen sind dumm.
Lieber inhaltlich auseinander setzen. Die Reichweiten sprich Hörerzahlen des Senders in Brandenburg sind unterproportional verglichen mit Berlin. Diese Disparität entspricht weder einem Versorgung- noch Programmauftrag. Das wird man ja wohl mal feststellen dürfen.
 
Berlin ist vor allem in der Kulturberichterstattung gegenüber Brandenburg überrepräsentiert, da stimme ich dir zu. Deshalb dem Sender gleich seine ganze Legitimation im Sinne des Programmauftrags zu entziehen, lässt mich allerdings eher vermuten, dass du mit der alternativen Ausrichtung von Radio Eins nichts anfangen kannst.

Welchen Programmauftrag erfüllen dann erst die öffentlich-rechtlichen Hitdudler, die nichts abseits der aktuellen Promosingles der Plattenfirmen und den bestgetesteten Oldies kennen und auch informations- und unterhaltungstechnisch gegenüber den unter wirtschaftlichen Aspekten betriebenen Stationen keinen Mehrwert darstellen?

Genau um diese Kluft zwischen rein statistisch begründetem Mainstream auf der einen Seite und kompromisslosem Alternative auf der anderen ging es schon ein paar Beiträge weiter oben. Beides hat seine Legitimation, aber der vereinende Mittelweg ist verloren gegangen.
 
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Radio Eins meldet im Verkehrsfunk Blitzer, auch aus Brandenburg. Programmauftrag erfüllt. Und ganz viel Werbung vor den Nachrichten. Wortanteil überragend. Im Ernst: mir geht diese Lobhudelei für Radio Eins auch gelegentlich auf die Nerven.
 
Seid doch froh, dass ihr solche Sender wie Radio Eins habt. Ich komme aus Köln (NRW) und hier sind im Rundfunk "nordkoreanische" Verhältnisse.
 
Sowohl
Radio Eins kommt dem öffentlich-rechtlichen Auftrag wohl in deutlich größerem Umfang nach als die meisten anderen Tagesbegleitsender der ARD.
also auch
Radio Eins meldet im Verkehrsfunk Blitzer, auch aus Brandenburg. Programmauftrag erfüllt. Und ganz viel Werbung vor den Nachrichten. Wortanteil überragend. Im Ernst: mir geht diese Lobhudelei für Radio Eins auch gelegentlich auf die Nerven.
treffen meiner Meinung nach zu. Fazit: da besteht immer noch Verbesserungsbedarf. Werft endlich diese lästige Werbung aus dem ARD-Hörfunk raus, also auch aus Radio Eins! Und den Verkehrsservice kann man auch "neutral" trocken lesen und ausschließlich auf den Regionalwellen laufen lassen, im Falle RBB z.B. Antenne und 88acht. Auf Radio Eins würde dann mit EON drauf verwiesen, fertig, aus. Käme dem Programm sehr entgegen.

Und die "Arroganz" der Musikchefin ("wir spielen, was wir für gut befinden") stünde jedem ARD-Programm gut zu Gesicht. Dann hätten die Programme wenigstens ein Gesicht. Die meisten haben nämlich keins mehr.

Dennoch, wenns nach mir ginge: ich hätte gerne Radio Brandenburg zurück.
 
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Hörst du den Sender regelmäßig, dass du seine Erfüllung des Programmauftrags infrage stellen kannst?
Bist Du Pizzabäcker, dass Du beurteilen kannst, wie eine Pizza zu schmecken hat?
Ich mag solche Totschlagargumente ja.

Aber:
Mich hat die etwas überhebliche Art der Radio eins Vertreterin (Caspari(?)) abgeschreckt.
Das kann ich nachvollziehen und damit ist er auch nicht der Einzige. Die überhebliche Art, mit dem erhobenen Zeigefinger zu erklären wie die Welt funktioniert, kann ich ebenfalls nicht ausstehen. Das scheint aber der gewünschte Stil dort zu sein.

Dennoch schafft es auch der Sender nicht, das Radio zu etwas anderem als einem Begleitmedium zu machen.
Um hier nochmals auf das SRF hinzuweisen: Dort ist es üblich, dass PraktikantInnEn auch ggf. in die laufende Sendung mit eingebunden werden. So erinnere ich mich an Eine, Anna, die vor zwei Jahren bei Virus war und Vormittags um eine Rezension zu einem Konzert einer SEHR bekannten Künstlerin gebeten wurde. Sie lobte die Künstlerin ansich, ließ sich dann aber in ein paar Sätzen nicht gerade sehr positiv über das Konzert aus, was hier in diesem Ausmaß wohl niemand - schon gar nicht als Praktikant - getan hätte. Das Zwiegespräch zwischen Moderatorin und Praktikantin lief ganz "normal" weiter und anders als eigentlich von mir erwartet (nach DEM Kommentar würdest Du in Deutschland SOFORT Deine Klamotten packen!), war sie in den folgenden Tagen erneut mit Berichten zu hören und auch im Studio.
Aufdass ich nichts Neues schreibe, aber: Was den Programmen fehlt, ist Mut. Mut, dem Hörer mehr zuzutrauen und Mut sich selbst mehr zuzutrauen. Nur der Mut wird wohl so lange nicht da sein, so lange man sich selbst den gottverdammten Quotendruck auferlegt.
 
Bist Du Pizzabäcker, dass Du beurteilen kannst, wie eine Pizza zu schmecken hat?
Ich mag solche Totschlagargumente ja.
Nein, aber um eine Pizzeria wirklich beurteilen zu können, muss ich dort öfter als einmal gegessen haben.

Dennoch schafft es auch der Sender nicht, das Radio zu etwas anderem als einem Begleitmedium zu machen. ... Aufdass ich nichts Neues schreibe, aber: Was den Programmen fehlt, ist Mut. Mut, dem Hörer mehr zuzutrauen und Mut sich selbst mehr zuzutrauen. Nur der Mut wird wohl so lange nicht da sein, so lange man sich selbst den gottverdammten Quotendruck auferlegt.
Schon wieder habe ich das Gefühl, dass wir nicht über denselben Sender reden. Dass Radio Eins mutlos wäre, kann man wirklich nicht behaupten. Die Arroganz, die man hier festzustellen glaubt, ist vielleicht auch nur ebenjener Mut, den Hörer als auch sich selbst einem gewissen Anspruch gegenüberzustellen. Wenn Macher mit Namen und Herzblut hinter "ihrem" Sender stehen und sich unter Umständen auch bewusst dessen sind, dass sie ihre Sache zumindest nicht gänzlich falsch machen, ist mir das 100 Mal lieber als in Anbiederungsversuchen an das, was Sabine (45, Abitur) und Andreas (43, mittlere Reife) vermeintlich morgens auf dem Weg zur Arbeit hören wollen, mit Vorsatz für dumm verkauft zu werden. Das macht mich nämlich vielmehr wütend.

Und zu guter letzt ist Arroganz vielleicht auch nur eine Wechselwirkung mit einer (Radio-)Welt, in der Expertise und Individualität immer weniger als Werte angesehen werden.

Ich finde nicht alles gut, was man bei Radio Eins macht, aber für einen Begleitsender - als etwas anderes ist der Sender nie konzipiert gewesen - macht man dort seine Arbeit ziemlich gut.
 
Also jetzt mal ganz ehrlich: Klar gäbe es an Radio1 manches zu kritisieren, insbesondere in den letzten Jahren. Die allgemeine Programmausdünnung der rbb-Rundfunkprogramme ging auch an diesem nicht so ganz spurlos vorbei. Aber: Wenn es ein Programm gibt, dass dem vermeintlichen Mainstream noch zahlreiche Extras verpaßt, dann ist es ja wohl Radio1. DEN Sender MUSS man länger als 5 min hören, um ihn beurteilen zu können.

Überhaupt wo bleiben bei dem Sender Programmauftrag und Relevanz für Brandenburg?
Soweit ich weiß gibt es dort wochentäglich zumindest im Vormittagsprogramm noch immer Auseinanderschaltungen der Potsdamer und der Calauer Frequenz für getrennte Nachrichten etc. Und die Extrasendungen aus dem Cottbuser Aussenstudio, die sich umfangreich mit Südbrandenburger Themen befassen, gibts auch immer noch. Die laufen aber auch nur über die 95,1 per Calau und nicht über die 95,8 in Potsdam.

Ganz allgemein sollte es ausserdem kein allzugroßes Geheimnis sein, dass beim rbb insgesamt unterhalb von Cottbus Brandenburg aufhört. Einen Großteil der Hörer und Zuschauer hat man dort schon vor Jahren an den mdr verloren. Und das weiß man in Potsdam auch. Das man beim rbb insgesamt da nur wenig gegen unternimmt ist bedauerlich (Stichwort DAB & Co), aber nunmal nicht zu ändern. Mit Anja Caspary selbst hat das allerdings nur reichlich wenig bis nichts zu tun. Sie ist Musikchefin und nicht Programmchefin.
 
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Nein, aber um eine Pizzeria wirklich beurteilen zu können, muss ich dort öfter als einmal gegessen haben.
Du verwechselst Pizza mit Pizzeria. Macht aber fast gar nichts.

Schon wieder habe ich das Gefühl, dass wir nicht über denselben Sender reden. Dass Radio Eins mutlos wäre, kann man wirklich nicht behaupten. Die Arroganz, die man hier festzustellen glaubt, ist vielleicht auch nur ebenjener Mut, den Hörer als auch sich selbst einem gewissen Anspruch gegenüberzustellen.
Nein, nein. Wir sprechen schon von demselben Sender. Wir sprachen nur, wie Du im obigen Zitat feststellen konntest, von unterschiedlichen Dingen. Eine Pizza ist bei weitem keine Pizzeria.
Mit Mut hat es nichts zu tun, den Hörer mit gestreckem Zeigefinger anzusprechen (Du, Du, Du! So und so hat das zu laufen! (bzw.) So und so geht das! (oder) So wie ich das sage ist das aber!). Von Mut zeugt es vielmehr, den Hörer sich ein eigenes Bild machen zu lassen und ihm die Infos, die er dafür benötigt, zu liefern. Dafür bedarf es allerdings eine Rundumversorgung mit ausfürhlichen Infos, also auch mit eben den Infos, die ungern gesehen, in dem Fall gehört, sind und lieber mal unter den Tisch fallen gelassen we(ü)rden.
 
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