Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

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Nach längerem Überlegen habe ich doch diesen thread mal aufgemacht. Möchte vermeiden, Kritik immer nur und ausschließlich an bestimmten Sendern festzumachen.
Und sowohl meine Meinung als auch die Erfahrung zu Formaten gern zur Diskussion stellen - nicht als ultima ratio gedacht.
Oder nur Fragen beantworten. Was auch immer.
Freue mich auf eine gehobene Diskussion!
 
AW: formate - ja oder nein - fluch oder segen ?

Das strikte Baukastenprinzip hat das Medium dort hin gebracht wo es heute ist, in die Bedeutungslosigkeit.

Richtiges Radio hat (genau wie Fernsehen) etwas mit dem Erwecken oder Spiel mit Emotionen zu tun. Über eine gute Comedy lache ich. Der Bericht von hungernden Kindern in Afrika macht mich traurig. Ich freue mich wenn mein Lieblingslied gespielt wird und singe (und tanze?) vorm Gerät mit. Wenn "unser Lied" gespielt wird gerate ich ins Träumen und denke an meinen Schatz.

Das alles kann mit einem am Reißbrett geplanten Programm nicht funktionieren. Das starre Einhalten einer Stundenuhr läßt den kreativen Machern (so sie denn noch im Sender vorhanden sind) keinen Freiraum um mit diesen Emotionen zu spielen. Daher: Format - nein danke.
 
AW: formate - ja oder nein - fluch oder segen ?

Daher: Format - nein danke.

Ohne ein Mindestmaß an Format ist Radio nicht machbar.
Die Frage kann also keine Frage nach einem digitalen Ja und Nein sein,
sondern sollte vielmehr nach Öffnung fragen bzw. wieviel Engstirnigkeit
eigentlich wirklich unbedingt notwendig ist.
Und hier habe ich eine klare Antwort: weit weniger, als angenommen wird!
Hörer sind zwar intolerant, aber SO intolerant, dass sie einen bestimmten Titel
am Tag unbedingt zwei- oder mehrmals hören müssen, sind sie auch nicht.
 
AW: formate - ja oder nein - fluch oder segen ?

"Richtiges Radio hat (genau wie Fernsehen) etwas mit dem Erwecken oder Spiel mit Emotionen zu tun."
100 % Zustimmung !
Aber deshalb Format - nein danke
zu sagen möchte ich nicht. Gewisse Dinge haben sich im Kopf halt festgesetzt und daran möchte man vielleicht auch festhalten.(subjektiv)

Das die sog. Berater die Radios versaut haben ist ausser Frage, aber ich denke das wird sich nicht mehr ändern. Es sei denn alle Radios werden zusammengefasst und Elmar Hörig wird Präsident von dem Verein :D
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Ein Format an sich ist schon nicht schlecht. So kann sich der Sender aufstellen und entscheiden, wie er gesehen werden will. Stundenuhren finde ich ebenso sinnvoll, da sie Struktur geben. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier. Und im Tagesgeschäft ist das alles gut aufgehoben.

Auf die Frage, wie genau man seine Vorgaben nehmen sollte, sagte mir ein guter Freund und Radiokollege einmal: "Sinn geht vor Unsinn."

Es macht keinen Sinn, einen Titel abzubrechen, nur weil um viertel nach die Werbung geplant ist. Ebenso macht es keinen Sinn, eine Minute zu Quatschen, wenn man mal ne Minute zu kurz ist zum Service um halb. Es macht keinen Sinn, irgend ein Instrumental zu spielen, wenn man 10 oder 20 Sekunden vor der vollen Stunde mit dem Titel durch ist. Dann feuert man die News halt etwas früher ab. Es macht keinen Sinn, ständig zu sagen, wie der Sender heißt und welchen Claim man hat, wenn der eh schon ständig in der Verpackung für die Breaks mitläuft. Genau so sehe ich es mit den Playlisten (obwohl das in vielen Sendern zur sofortigen Kündigung führt, wenn man an der Playlist rummacht. Kann man also nicht einfach mal so machen, muss man vorher schon abklären): Habe ich eine Modaration und der folgende Titel hat keine Rampe, der danach aber eine Schöne, dann nutze ich sie und ziehe den Titel vor. Andererseits muss man auch nicht auf deubel kaputt in jede Rampe reinlabern (auch wenn das sehr oft gefordert wird).

Man sollte allerdings nur so lange und weit vom vorgegebenen Format abweichen, wie man es auch vertreten und begründen kann.

Format wird erst dann zum seelenlosen Gedudel, wenn man es dazu werden läßt. Wer am Regler steht, hats in der Hand. Manchmal bekommt man für dies oder das auf die Finger, okay habe ich auch schon. Gelohnt hat es sich aber immer, mal zu schauen, was so hinter der Grenze los ist.

Sendungen mit Special Interest 'sollten' meiner Meinung nach vom Format des Senders abweichen. Klar müssen Werbung, News und Service gespielt werden aber in einer Rockshow will ich kein weichgespültes Gesülze sondern einfach einen, der so spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Und ich finde, man kann auch gerne mal fünf oder sechs Minuten sprechen. So lange das Thema trägt, wieso nicht?

Gruß
Wilson
 
AW: formate - ja oder nein - fluch oder segen ?

Vielleicht sollte man sich, wenn man sich diese Frage beantworten möchte, zunächst eine andere Frage stellen: Warum gibt es Formatradio überhaupt? Ich selbst nehme dieses Phänomen erst seit kurzem bewußt wahr, obwohl ich mittlerweile mehr als 25 Jahre bewußt (mal mehr, mal weniger) Radio höre. Aber bis ich über das Internetradio selbst mal die Erfahrung machen konnte, was es bedeutet, über einen längeren Zeitraum ein Radioprogramm zu gestalten, und in diesem Zuge auch auf die radioforen stieß, die mich mit mancher weitergehenden Erkenntnis ausstatteten, hatte ich lediglich den subjektiven Eindruck, Radio würde "immer schlechter".

Ich weiß nicht, ob ich alles richtig verstanden habe, aber aus meiner Sicht gibt es Formatradio vornehmlich deshalb, weil Radio, so wie ich es aus meiner Jugend in Erinnerung habe, nicht "durchhörbar" war. Ich wußte als Schüler zum Beispiel genau, wann welche Sendung lief und die Vormittagssendung für die Hausfrau am Bügeleisen konnte man sich ja schon gleich dreimal nicht anhören. Ich entschuldige mich an dieser Stelle bei allen hart arbeitenden Hausfrauen, diese Bezeichnung ist hier keineswegs abwertend gemeint, sondern gibt lediglich das Empfinden des aufmüpfigen Jungradiohörers wieder ;)

Allerdings schien es zu dieser Zeit auch nicht so wichtig, daß da Werbung im Programm lief, ich vermute mal, daß Rundfunkwerbung (obwohl es die ja schon seit mindesten 1948 gibt) für die meisten Firmen unerschwinglich war oder als nicht wirksam genug angesehen wurde. Zudem hatten es die Sender in Deutschland vor dem Aufkommen der "Privaten" ja auch noch gar nicht so nötig, Geld zu beschaffen, da sie ja aus dem Gebührentopf genährt wurden und kaum Konkurrenz zu fürchten hatten.

Größere Konkurrenz zwingt zu mehr Wirtschaflichkeit, die man - grob vereinfacht - zum Beispiel durch Sparen oder durch hörere Einnahmen erzielen kann. Beide Bedürfnisse befriedigt das Format da man einmal kreative Leistungen und aufwendig produzierte Sonderformate einsparen kann und zum Zweiten wird das Programm auf einmal "durchhörbar" - der Hörer wird dauerberieselt und bekommt viel mehr Werbebotschaften mit, als wenn er gezielt am Sonntag Abend von 18 bis 20 Uhr einschaltet. Daß das auf die Dauer den Hörer abstumpft und damit noch mehr und noch aggressivere Werbung nötig macht, nimmt man billigend in Kauf.

Halte ich ein Format nun deshalb für Teufelswerk? Sicherlich nicht. Gerade, wenn ich programmiere, lasse ich gerne auch mal Radio "nebenbei dudeln" - da tut's auch ein Formatprogramm, weil meine Intention sowieso nicht ist, genau hinzuhören. Es wäre aber schön, wenn man sich daran erinnern würde, daß Radio nicht Format sein *muß* und den Mut hätte, wenigstens einige wenige Sender mit Programmen zu versehen, die vielleicht nicht durchhörbar sind, dafür aber die ganze Vielfalt dessen, was Radio eigentlich sein könnte, bieten.

Da könnte es dann eine Heavy-Metal-Show geben und danach 2 Stunden Schlager, moderiert von Dieter Bohlen. Völlig egal. Die Shows hätten bestimmt auch ihre Zuhörer. Klar ist der Aufwand da viel höher, das Programm zu gestalten. Man müßte Risiken eingehen. Kann man wirklich die Wildecker Herzbuben spielen, nachdem vorher Alice Cooper seinen Frankenstein gefüttert hat? Oder schieben wir da noch eine kleine Gesprächsrunde zur Beruhigung (oder auch Erhitzung, je nach Thema) der Gemüter ein? Obwohl ich auch bei diesem an sich formatlosen Programm eine gewisse Kontinuität nicht missen möchte: Zum Beispiel so etwas wie Nachrichten zur vollen Stunde, Wetter, eventuell Verkehrsmeldungen - gewisse *regelmäßig* wiederkehrende Elemente muß es meiner Ansicht nach geben.

Fest steht für mich: ein Hybrid würde nicht funktionieren. Entweder bekennt sich ein Programm zu einem Format oder es verzichtet darauf. Deshalb könnte meine bevorzugte Lösung so aussehen, daß ein Sender mehrere Programme ausstrahlt, darunter mindestens eines ohne festgelegtes Format, auf dem Klassik, Country, Jazz, Folk, Pop und Rock und was es da nicht noch alles am Musikerhimmel gibt, gespielt werden können. Mit einer Wunschsendung in der Woche, in der wirklich gnadenlos alles gespielt wird, was sich die Hörer wünschen, solange es rechtlich und moralisch vertretbar ist.

Aber solange wir unseren gewohnten Trott nicht ändern und abwechslungsreiches Radio *fordern* wird man uns weiterhin den Einheitsbrei vorsetzen, an dem wir jetzt schon oft würgen.

LG

McCavity

Kleine Ergänzung noch zu Wilson, weil ich's gerade gesehen habe: Das Backtiming hat sicherlich viel von seiner Bedeutung verloren, besonders, wenn man an die im Internet auftretenden Latenzzeiten denkt. Trotzdem versuche ich es immer zu beachten und mir gefällt auch ein Sender, der darauf achtet, weil mir das hilft - meistens sogar unbewußt - die Zeit im Kopf zu behalten. Beispiel: Wenn ich morgens beim Frühstück sitze und höre: aha, da ist das News-Jingle, jetzt solltest Du langsam aufstehen und zusammenpacken... ich weiß nicht, ob es wirklich sekundengenau sein *muß* aber angenehm finde ich es schon. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier :)
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Ich fürchte, rv01 wird sich da mal wieder den Mund verbrennen. Das ist eben seine Sache. Er wird wissen, was er tut. Das know-how hat er ganz sicher. Ich habe keine Ahnung von der Sache, werde aber interessiert mitlesen.
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Ich fürchte, rv01 wird sich da mal wieder den Mund verbrennen. Das ist eben seine Sache. Er wird wissen, was er tut. Das know-how hat er ganz sicher. Ich habe keine Ahnung von der Sache, werde aber interessiert mitlesen.

Was für ein blödes Gelaber, bei Zarquon. Was möchte uns der Autor denn mitteilen?!?

Gruß
Wilson
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Es wurde bereits in anderen Threads angesprochen, aber daran hat sich bisher nichts geändert. Formatradio ist grundsätzlich erstmal eine gute Sache. Nur, so wie es in Deutschland umgesetzt wird, funktioniert es nicht. Ein grossteil der Sender stürzen sich auf dasselbe Format. Ich würde es mal Mainstreamhits der letzten 30 Jahre nennen. Wo sind denn andere Formate? Wo ist z.B. ein Country-Format, wo sind Jazz-Formate, wo ein 80er Jahre Format oder auch ein Talkradio? Gibt es in Deutschland nicht. Stattdessen aber gefühlte 5000 mal das überall gleich klingende o.g. Format. In anderen Ländern gibt es auch Formatradio, allerdings klingt das dort ganz anders und deutlich abwechslungsreicher, weil man sich eben ein spezielles Format ausgesucht hat und sich damit eine feste Zielgruppe erarbeitet hat und diese perfekt bedient. Nicht zuletzte dadurch wird auch eine viel stärkere Hörerbindung erreicht.
 
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Dass man seinem Programm einen gewissen Rahmen und eine Struktur geben sollte, haben ja selbst die offenen Kanäle diverser Städte schon gemerkt.
Und Formatierung im Sinne von dem Programm eine Struktur vorgeben, eine innere und äussere Form, gibt es im Radio eigentlich schon lange - nur wurde das nie so knallhart und starr gehandhabt wie es seit Aufkommen der kommerziellen Privatsender passiert.
NDR2 zum Beispiel hatte auch schon vor 30 Jahren Elemente mit hohem Wiedererkennungswert, und vor allem Moderatoren mit ebensolchem. Der Wiedererkennugnswert entstand aber nicht durch Jingles und Claims die mit hoher Frequenz laufen, sondern durch die Moderatoren selbst - Stimme und Sprachstil, Musikauswahl, eventuell ne Erkennungsmusik.
Ach ja, Pausenzeichen gab es ja damals noch, an denen man den eingeschalteten Sender erkennen konnte.
"Durchhörbar" waren die Programme eher nicht, der Begriff war vermutlich noch nicht erfunden ;) . Im Gegenteil, darin lag nämlich die Abwechslung und jede Zielgruppe wusste was wann lief, und schliesslich gabs ja auch noch die Programmzeitschrift wo drinsteht was läuft.

Wenn man es aber allen Hörern immer recht machen will und das möglichst zu jeder Sendesekunde, entstehen Programmschemata, Musikauswahl und Sendungen halt nach Beratervorgaben auf dem Reissbrett. Das sogenannte Stylebook enthält mehr Text als alle Sendungen einer kompletten Woche, die "Personality" der Moderatoren ist - einem Drehbuch gleich - auf 50 Seiten festgenagelt. Und klingen soll das ganze schön amerikanisch.
Kreativität: unbedingt! Aber bitte nur innerhalb der Vorgaben. Und bloss keine Überraschungen die den Hörer erschrecken und vertreiben könnten.

Klingt vielleicht ein bischen zynisch, aber auf ein paar Sätze runtergebrochen isses doch so. Ich glaube diese Sender formatieren sich irgendwann selbst ins Nirvana...

Wünsche dennoch stets guten Westempfang :)
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Eine gewisse Formatierung ist nötig! Die Formatierung im heutigen, deutschen Radio ist Schrott! Nachrichten, Verkehr und Wetter gibt es übrigens schon ewig, schon lange bevor jemand die Worte Format und Radio verbunden hat. Und bei einem ordentlichen Radiosender kommen Nachrichten zur vollen Stunde. Nicht eine Minute danach oder davor.

Ein ordentlicher Radiosender legt sich auch eine CI zu. Häufig spielt hier aber die Frage des "wie" eine wichtige Rolle.
Was die Formatierung in Deutschland pervertiert, ist die Tatsache, dass die Meisten ein AC Format fahren. Formate sind also ein Fluch, wenn sie immer gleich und auf die gleiche Weise umgesetzt werden. Außerdem wuchern die Formate gerne aus auf Dinge, von denen sie sich besser fernhalten sollten. Wenn ein Programm zu eng formatiert wird, verliert es jegliche Flexibilität.

Ein Segen ist ein Format, wenn es synonym für Charakter und Alleinstellungsmerkmal wird. Es ist auch dann ein Segen, wenn man nicht den ganzen Tag das Selbe macht, sondern tageszeitabhängiges Musikprogramm und erkennbar unterschiedliche Personalities einsetzt, die ein jeweiliges Publikum ansprechen.
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Es wird viel über Form(at) geredet, wenig über Inhalt.
Lasst uns bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, was gespielt wird, was gesagt wird - darauf kommt es doch auch an.
Radioformate dienen lediglich der Orientierung und der Wiederkennbarkeit. Ob Country, AC, Talk oder All-Ramstein ist doch in erster Linie eine Frage des Marktes.
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Radioformate dienen lediglich der Orientierung und der Wiederkennbarkeit. Ob Country, AC, Talk oder All-Ramstein ist doch in erster Linie eine Frage des Marktes.


Richtig! Genau dies fehlt in Deutschland, weil fast alle Sender sich gleich anhören. Also macht man doch was falsch.
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Ein weiser Mensch hat mal gesagt: Wenn du wissen willst warum Dinge so sind, dann folge der Spur des Geldes. Mit Aufkommen der ersten privaten Radios in den 80ern in Deutschland (Politisch war es nicht mehr zu verhindern) haben die ersten Privaten natürlich erst mal so einiges (an Formaten) ausprobiert. Ziel war und ist es Werbung zu verkaufen und Gewinne zu machen. Dafür wurden natürlich auch Studien gemacht und im Endeffekt ist die Durchhörbarkeit der Sender ein wichtiges Kriterium weil die meisten Menschen doch zu "faul" sind ständig umzuschalten wie es z.B. der WDR jahrelang argumentiert hatte. In dem Zusammenhang ist es natürlich wichtig eine gewisse Kontinuität zu bewahren und die Hörer so lange am Apparat hält bis die nächste Werbung kommt.

Da die Privaten natürlich auch Steuern zahlen, ist es dem Staat natürlich wichtig davon profitieren zu können (es geht den Staaten grundsätzlich immer um die Maximierung der Steuereinnahmen). Also werden die ÖR Radioanstallten dem Trend folgen (müssen) und ihrerseits auch auf eine gewisse "Unhörbarkeit" sorgen. Damit wird alles zu einem Einheitsbrei (Format) und man kann sich dann noch den lästigen "Stars" von Moderatoren erledigen die Trends geschrieben haben aber dem Konzept schädlich sind. Im Endeffekt sind dann Moderatoren auch austauschbar und billiger und das bedeutet eine weitere Gewinnmaximierung.

Wenn es ein "Format" gäbe, welches bei höherem Niveau des Programmes (egal ob von der Moderation oder Informationsgehalt) höhere Werbeeinnahmen ausschütten würde (weil sowas ja irgendwie bezahlt werden muss), so währen mit Sicherheit schon andere darauf gekommen und hätten dies in Deutschland umgesetzt.

Des weiteren darf man nicht vergessen, dass das Spielen von Oldies und ein paar Interpreten von heute die meisten Einnahmen für die Gema und GVL bedeutet, die ja auch Politisch und auf ÖR Ebene eine bedeutende Lobbyarbeit leisten. Das bedeutet auf der anderen Seite das unbekannte Gruppen die sich der Gema und der Vermarktung durch die Musikindustrie (bedenke das Wort alleine) verweigern, auch kommerziell im Radio chancenlos sind. Es sei denn sie schmieren die Radiostationen...

Sicherlich ist die These nicht 100% untermauert und jeder einzelne Verantwortliche wird sich selber darin nicht unbedingt wiedersehen, aber gibt doch einen Blick in und auf unsere Gesellschaft wieder. Eine Gesellschaft die immer mehr und mehr willenlos ist und auch viel zu viel um die Ohren hat, sich mit dem Thema Radio noch mehr zu beschäftigen. Wenn mir die Musik im Radio auf den Keks geht, dann mache ich halt aus.

Hier in UK gibt es z.B noch Zeitschriften die sich nur mit dem Radioprogramm beschäftigen und insgesamt hat Radio hier noch einen ganz anderen Stellenwert. Mein lokaler Sender hier ist noch gemacht von einem richtigen "Radiomann" alter Schule der es auch versteht die richtige Mischung von Musik und (lokalen Informationen) herzustellen. Also für mich der Ideale Sender auch wenn es ohne Werbung auch hier nicht geht. Es geht also doch! (zumindestens für mich als Zielgruppe :) )

Viele "erfolgreiche" Webradios (auf denen hier mit Vorliebe so gerne rum getrampelt wird) z.B. Byte-Fm oder auch Raute Musik arbeiten mit Verlusten obwohl sie ein recht qualitatives Programm auf die Beine Stellen. Wenn nur einer davon einen nennenswerten Gewinn abwerfen würde, dann hätten wir vielleicht eine Chance in der Radiolandschaft etwas zu verändern. Bis dahin bleiben wir wahrscheinlich aber alle bloss Träumer, die keine Ahnung vom Profit & Loss haben und weiterhin unserem guten alten Radio nachtrauern ..

Das war jetzt meine persönliche Meinung ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen. Ich will damit auch keinen persönlich angreifen aber für eine Änderung des Zustands brauchen wir ein Bewusstseinswandel in der Öffentlichkeit und bei den Verantwortlichen. Ich hoffe unsere Diskussionen (die sich ja hauptsächlich um die schlechte Qualität des Mediums Radio dreht) kann etwas dazu tun wieder ein höherwertiges Format für das Radio zu finden.

Cheers,
Oli

..Rechtschreibfehler dürft Ihr gerne behalten :)
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Ich kann mir vorstellen (war wohl vor meiner Zeit), dass Format auch mal ein positiver Kampfbegriff war: gegen zusammengehauene Wellen und Programme, die auf Rhythmus und Dramaturgie keinen Wert legen und deren Macher geglaubt haben, dass man Inhalt unabhängig von seiner Darbietung bewerten kann.

In der Praxis habe ich das "Format" aber immer als Totschlagargument derer erlebt, die von Rhythmus und Dramaturgie keine Ahnung haben (wollen) und sich statt dessen auf irgendwelche Untersuchungen berufen. Der Hörer kommt bei diesen Stundenuhrfetischisten als Laborkarnickel vor, das rein mechanisch und vorhersagbar auf einen Musik/Moderation/Beitrags-Takt reagiert.

Ein gutes Format ist eigentlich wie eine gute Show: von "musikalischen" Leuten geplant nud gefahren, die auch für die Musik des Wortes ein Ohr haben. Ein schlechtes: Stundenuhr nach Vorschrift, angeblich unwiderlegbare Erkenntnisse als Grundlage, die gegen die Erfahrung und das Ohr der Mitarbeiter ausgespielt werden.
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Tweety:

Formatradio ist grundsätzlich erstmal eine gute Sache. Nur, so wie es in Deutschland umgesetzt wird, funktioniert es nicht. Ein Grossteil der Sender stürzen sich auf dasselbe Format.
Richtig erkannt. Ist ein Problem in 2008.

Fader451:

Es wird viel über Form(at) geredet, wenig über Inhalt.
Lasst uns bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, was gespielt wird, was gesagt wird - darauf kommt es doch auch an.
Das hat auch etwas mit der momentanen Krise zu tun...

Aber blenden wir doch mal zurück. Denn das, was einst mit Formaten und Privatradio begonnen hat, ist heute nicht mehr das gleiche wie einst. In DL hat es nach meiner Analyse Sprünge der Entwicklung in ca. 12-Jahres-Abständen gegeben. Die zu dem heftig kritisierten Zustand heute und hier geführt haben. (Dazu später mehr)

KLIF Texas – die Station, auf der der Mord an Kenndy live über den Äther ging – war die erste (und mit größte, erfolgreichste) Station, die TOP40 Ende der 50er Jahre (!) als Format in den USA einführte. Inhaber Gordon McLendon hatte Jahre zuvor visionär „Pam's“ gegründet, die erste und heute noch existierende Jingles-Produktionsfirma.



Nach Europa kam es dann über Umwege .... Europäischer Rundfunk war entweder staatskontrolliert und/oder öffentlich-rechtlich. „Pop“ als Musik wurde weitestgehendst verachtet und fand bei der BBC 1964 nur EINE HALBE STUNDE PRO WOCHE statt. Wegen der schlimmen Erfahrungen des Mißbrauchs von Rundfunk (siehe Hitlerdeutschland) waren alle Regierungen in Nordeuropa sich einig, keine Privatstationen zuzulassen.

Im Postwar-Babyboom wurde unter den heranwachsenden Kids die Forderung nach Pop, Beat, Twist, Rock'n'Roll stärker und lauter. Da es legal an Land nicht ging, wich man auf die hohe See aus... es entstanden die berühmt-berüchtigten Offshore (See-)Sender (:auch: Piraten!).
RADIO NORD vor Schweden war die erste Station in Europa, die eine EIGENE CHART hatte : 1962.... Unbd KLIF Texas war der Finanzier und Ideengeber!

Mit RADIO CAROLINE vor der Themsemündung Ostern 1964 kam dann endlich der Durchbruch für Popmusik in ganz Europa. Und es blieb nicht dabei – Konkurrenzstationen wie Radio London Big L, Radio Veronica, Swinging Radio England – alle waren FORMATIERTE Top40-Stationen mit eigenen „future hits“ („hitpicks“, „sureshots“ - fest zusammen mit einem Oldieanteil. Das wird vielleicht erstaunen, ist aber so.

Die Radioschiffe ...: Caroline adaptierte damals das Format von WMCA, Radio London Big L und Swinging Radio England waren die Kopie von KLIF aus Texas.... mit Jingles, Rotation und entsprechender präsentation – frech, frisch, frei – und Selbstfahrer (!) im Studio (das gab es bei den deutschen ÖR-Stationen erst 1985...) Unglaubliche 20 Jahre später.

SO fuhr man damals eine „Rotation“: Das „Karussell“ bei Swinging Radio England mit den auf Tonband (!) abgespeicherten Titeln, Jingles und Werbungen – nach einer Musik/Stundenuhr.

14 Millionen Hörer in Nordeuropa waren eine deutliche Sprache und Aussage FÜR die Poppiraten. Die u.a. auch als erste „horizontale Programmierung“ einführten: Jeden Tag zur selben Sendezeit das gleiche Programm.
Erinnern wir uns, wenn wir können: In Westdeutschland gab es in den sixties / seventies eine Viertelstunde Ackerbau & Viehzucht, fünf Minuten Wort zum Tag, Pausenzeichen.... Und die Sendungen ? Mit Studiotechniker, Aufnahmeleiter und anderen Figuren, die dem „Moderator“ während der Sendung auf die Finger schauten. Bis Ende der sechziger Jahre mussten sich fast alle Moderatoren auch ihre Texte vorher abnehmen lassen (!) – jede Spontanität wurde schon im Ansatz erstickt. Unfassbar, wenn man es sich heute vorstellt...!

Wenn man DAS weiß, kann man vielleicht nachfühlen, daß Menschen (wie ich...) sehnlichst sich Popwellen und Privatfunk herbeigesehnt haben. Ohne Radio Caroline hätte das alles noch viel viel länger gedauert. Vielleicht kann man jetzt auch nachvollziehen, daß ich Formaten gegenüber ZUNÄCHST einmal sehr offen eingestellt bin. Denn Top40 war damals eine Revolution UND die Poppiraten damals haben ganz gezielt neue Musik gespielt und hochgespielt (was heute leider vollkommen verloren gegangen ist!) – es war swinging London, die Beat-Explosion, die 68er...

Top40 war also sozusagen das ERSTE Format, alles andere kam danach. Dazu später mehr.

Unten : KLIF Texas Chart - RADIO NORD Top20 1962 - RADIO CAROLINE (North), 1964
Ganz unten: Zum Anhören - Radio Caroline Jingle aus 1965...

(Die Geschichte der Piraten, u.a. nachzulesen HIER) :
http://www.sixtiescity.com/Radio/PirateRadio.shtm
 

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...und hier noch das vergessene Foto der ersten Stunden/Musikuhr -
das "Karussell" auf Swinging Radio England 1966 (!) (siehe Text oben)
 

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Bis Ende der sechziger Jahre mussten sich fast alle Moderatoren auch ihre Texte vorher abnehmen lassen (!) – jede Spontanität wurde schon im Ansatz erstickt. Unfassbar, wenn man es sich heute vorstellt...!

Und trotzdem schafften es viele Moderatorinnen und Moderatoren spontaner, frischer, gefälliger und auch ansprechender aus den Lautsprechern zu erschallen als heute, wo (fast) alles irgendwie austauschbar und damit einfalls- und lieblos klingt.

Nichts gegen Formate, aber wenn ich mich jede Stunde schon Minuten vorher ärgern kann, dass pünktlich zur Minute .xy ein gleichgeartetes Element (und ich meine hier nicht Nachrichten, Wetter oder Verkehr) erschallt, so ist das auf Dauer auch sehr langweilig und zeugt nicht unbedingt von Kreativität der Macher. - Wenn ein guter Moderator/eine gute Moderatorin am Mikrofon sitzt, somit die Sendestrecke kurzweilig gestaltet wird, mag sich das "versenden". Aber leider ist das sehr selten der Fall. - Und ab und zu ist es sicherlich auch interessant, einmal über den Tellerrand zu schauen.
Abgewandelt gilt auch hier, was Philippus Theophrastus Aureolus Bombastus von Hohenheim in der frühen Neuzeit sagte: "Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, daß ein Ding kein Gift ist."
 
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... Und dann kamen die 70er – das Ende der Beatflotte vor Holland – RNI, Veronica, Atlantis off the air.
Nur Caroline machte mal wieder weiter – und schuf europaweit als erste Station ein neues Format : „Albumformat“. Man setzte nicht mehr auf Singles, sondern (teilweise überlange) Tracks von LPs. Und mehrheitlich Rockmusik, das sich aus „Underground“ als neuer Name entwickelt hatte. Caroline wuchs also mit den Hörern, die seit dem Sendestart allesamt 10 Jahre älter waren und den Musikgeschmack verändert hatten. Aus „Albumformat“ wurde dann „AOR – Adult Oriented Rock(music)“.

Und Deutschland? In den sixties gab es vereinzelte Sendungen – Hanns Verres machte ein gutes Ding beim HR. Neben dem aufgesetzt fröhlichem „Radio Luxemburg“ gab es sonst nur noch die Europawelle Saar, die popmässig aufdrehte – allen voran mit Manfred Sexauer. Oder gleich BFBS oder AFN.... Hier (DL) war es Radiosteinzeit ! Nur langsam kamen die „Popwellen“ wie hr3 voran - oder die beiden guten (damals) zu nennen : Bremen und SWF3 weit allen anderen voraus.
Alle anderen machten kunterbuntes Programm. Irgendwas auf dem Plattenteller. Ob es passte oder nicht, egal. Hauptsache Scheibe rotiert. Ein System dahinter? War nicht hörbar – eben Kraut und Rüben, wie es kam.
Den Anspruch, die charts MIT zu kreiieren, haben die ÖR-Stationen damals schon -unwissentlich oder freiwllig oder beides – aufgegeben. Dabei hatten es die Piraten eben gerade noch vorgemacht .... eben im Äther verpufft. Und immer noch deutlich hörbar – der erhobene Zeigefinger . Bis weit in die 80er Jahre hinein.
Liebe user, ob ihr es glaubt oder nicht: Die musikalische Vielfalt wurde damals schon stranguliert – eben durch den erhobenen Zeigefinger.... Musikauswahl nach höheren Prinzipien, Klampfe vor Discosound / Studio 54 oder New Wave oder Italopop. Ganze Trends wurden verpennt und ignoriert, durch den erzieherischen Auftrag und den erhobenen Zeigefinger.

Nur mal als Beispiel: Die Musikredaktion ließ sich eine Übersetzung von „Bobby Brown“ (Frank Zappa) anfertigen – um zu prüfen, ob dieses Werk auch in die sittliche Verantwortung des Senders passen würde (man entschied sich dann doch, es zu spielen, weil sowieso nur wenige so gut den englischen Text übersetzen könnten...). Ähnliches passierte mit „Relax“ (Frankie goes to Hollywood), „Walk on the wild side“ von Lou Reed und und und.

Lest selbst über die Steinzeit:
http://www.hfm-wuerzburg.de/~muench/material/diss/Beschraenkungen.pdf

Erzählt mir jetzt bitte nichts von den herausragenden Persönlichkeiten, die man 1965-1985 am Mikrofon gehört hatte.... sicherlich gab es da einige herausragende und erinnerliche Namen. Sonst war aber selbst SWF3 nur ein etwas lahmer, eingedeutschter Abklatsch von dem, was die Piraten vorgemacht hatten. Der Mief der Bürokratie, das versteinerte Oberlehrerdenken samt dem obligatorischen Bildungsauftrag (auch in punkto Musik!) waberte durch die Etagen sämtlicher ÖR-Anstalten. Musikuhr, Stundenuhr, Format, Musikkategorien – alles Fremdworte. Selbstfahrer – was ist das? Peppige Moderation, Jingles .... nee, bei uns nicht.

Die „Radio-DJs“ formierten sich außerhalb... in den aus Ostbelgien nach DL einstrahlenden deutschsprachigen Stationen (Henri Radio, BNL usw). Und in Italien – über die Alpen hinweg. Immer noch Caroline und Veronica und all die anderen guten Radioschiffe im Ohr und im Herzen. Und darauf brennend, den ÖR-Sendern mal ENDLICH und ORDENTLICH und TIEF den Ar..... mal aufzureissen..... (sorry. Musste so drastisch gesagt werden),.
Format: ja! Pop, guter Pop. Mal für die Älteren, mal für die Jüngeren, je nach Zielgruppe. Mit einem breiten Musikangebot.und Feuer im Herzen und Dampf hinter dem Mikrofon.
Ihr lest richtig... so war das damals. Wir schreiben 1985.....

Und dann kam endlich, endlich, endlich Privatradio. „Wir“ leisteten damals Sysiphos- und Aufbauarbeit sondergleichen. Aus dem Nichts der Aufbau eines passenden Musikarchivs. Die, die es konnten, brachten den Neulingen Moderation und Selbstfahrertechnik bei. Sendetechniker? Bloß nicht, der hemmt den Programmfluß. Musikredaktion? Einer, höchstens noch ein Stellvertreter. Wenn es der richtige Mann ist, hat er alles im Griff. Während bei den ÖR damals ganze Armeen unterwegs waren, um eine Sendung zu produzieren, machten es die Privaten mit 1-3 Mann. Beiträge selbst recherchieren, schneiden, in der vielleicht noch eigenen Sendung fahren – ausgesprochene Alleskönner wurden in den ersten Jahren herangebildet.
Eine echte Gefahr, wenn diese später mal zu den ÖR-Anstalten wechseln würden – mit einem ganz anderem Rückgrat und Können???? Wie gesagt, damals, 1985....
Die ersten Beraterfirmen gab es damals auch.
Und die meisten Privatradios mit Sendezeiten, die sie sich mit anderen Anbietern auf gleicher Frequenz teilen mußten.
Und die meisten Privatradios in den Händen von Verlagen und Großverlagen, die sich den Werbekuchen nicht aus der Hand nehmen lassen wollten. Was ja auch ihr gutes Recht war, sich um Lizenzen zu bewerben.
Damals gabe es eigentlich nur ein variierendes Format : AC. Angepasst auf den hiesigen Markt „Euro-AC“, sonst eben entweder Soft-AC (Charivari.Lokalradios in Bayern), Hot-AC (Gong-Radiogruppe in Bayern). Viel später kam dann mit „Salü“ ein deutsches Top40-Radio dazu....
Damals: Popbegeisterte machten die Musikredaktion, Piraten-DJs und die, die von denen angelernt wurden, gaben richtig Gas hinter dem Mikro, heizten ein. Vielfalt an Musik und Auswahl im Äther. Es hatte gut begonnen und Format war KEIN Schimpfwort.

Wie dann alles zu dem, was heute ist, kam, später mehr....
Dieser Rückblick mußte sein, um die mögliche Diskussion auch von den "basics" her führen zu können. :)
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Ne kurze Bemerkung noch zum zeitlichen Ablauf:

Bis 1957 gab es in DL keinen kommerziellen Rundfunk. Das änderte sich als RTL im besagten Jahr, aus einem auch deutschsprachigem Land, auf Sendung ging. Dieser kommerzielle Sender hatte (natürlich) eine klare Intention. Profit. Und der Erfolg blieb nicht aus.

Anfang der 60er musste(!) der Saarländische Rundfunk mit einem ähnlich ansprechendem Programm kontern. Das war die Europawelle Saar.
Nur dieser Sender allein konnte die Kommerzielle Konkurenz aus dem Nachbarland nicht kleinhalten. Auch ein anderer ÖRa, der SWF, sah sich gezwungen zu Antworten. Diese Antwort hiess SWF3. Anders als beim SR versuchte man hier nicht zu kopieren sondern orientierte sich eher an BBC Radio One.

Und hier gelang es erstmals mit einem, wie ich finde, intelligenten und unkommerziellen Programm RTL den Rang abzulaufen. Die Hörerzahlen auch im direkten Sendebereich von RTL belegten dies.

Die Piratensender hatten in den 60er und 70er Jahren keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die deutsche Radiolandschaft (anders in NL und GB).

Ich selber kannte Radio Caroline nur aus den 80ern und war vom Musikangebot nicht so überzeugt, da kam auf BFBS und 208 besseres..

soweit meine Sicht der Dinge bis 1985... :)
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Ein Format ist schon mal nicht schlecht. Allerdings ist die Umsetzung in Deutschland eine Katastrophe. Beispiel Rockradios: hier werden zumeist nur die best getesteten rockigen Titel des AC- oder Oldie-AC-Formats rausgefiltert und dann in einem separaten Programm rauf- und runtergedudelt. Es gehlt der Mut auch mal weniger erfolgreiche Singles der Musikgeschichte oder erst recht Album-Tracks zu spielen. Das macht das deutsche Radio musikalisch zu dem was es ist: eine stinklangweilige, eintönige Angelegenheit.
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Da, wo ein Moderator/DJ ein 2- oder 3- stündiges Programm eigenverantwortlich gestaltet und produziert, klappt es zumeist mit der Vielfalt die nicht formatbeschränkt ist. Das sind zwar dann keine Sendungen, die die gesammte Hörerschaft eines Senders ansprechen, aber für mich als Hörer ist es immer wieder ein Genuß, zu solchen Sendungen zuzuschalten.

Das waren früher z.B. Schlagerrallye (Wolfgang Neumann), Hallo Ü-Wagen! (Camen Thomas), dann diverse RTL Sendungen, speziell Superclub ("Oliver"),
dann auch holländiche und englische Sendungen (Stewart Henry etc.) später John Peel und heute noch Underground (John Kennedy) Holger Klein (Fritz und YouFM).

Natürlich muss ein Moderator/DJ zum Sender halbwegs passen (auf WDR4 würde ich Holger Klein erst gar nicht suchen). In der Gestaltung sollte er aber frei sein undnicht durch starre Themenvorgaben oder aufgepfropfte Rotationen in die konstruierte Langeweile manövriert werden.
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Eine bestimmte "Ausrichtung" finde ich generell gut, aber statt dem Wort "Format" sollte man lieber "Konzept" sagen. Und dabei kommt es natürlich auf die "Vielfalt" drauf an.

Das Sender ohne ein Konzept langweilig klingen und oft weder "Fisch" noch "Fleisch" sind sieht man doch bei Programmen wie N-joy Radio oder MDR-Jump die irgendwo im Nichts "rumdümpeln" und ihren "Weg" suchen.
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

@radiovicoria01:

Dein Geschichtsüberblick über die Entwicklung des Radios in den letzten 50 Jahren ist sehr einseitig - Mir haben gerade Ende der 70er, Anfang der 80er die Programme des ÖR extrem gut gefallen. Muffig und altbacken vielleicht aus heutiger Sicht. Aber damals ?

Und was spricht dagegen, Sendungen von mehreren Leuten produzieren zu lassen ? Bei WDR 1 und WDR 2 war die musikalische Vielfalt bis in die 90er Jahre hinein auf jeden Fall stärker ausgeprägt als heute. Und das lag sicher auch daran, dass mehrere Musikredakteure das Programm von Hand planten. Dass immer wieder mal auch die üblichen Verdächtigen gespielt wurden, finde ich absolut in Ordnung.

Und im Gegensatz zu Dir finde ich, dass sich die ersten Privatradios grottig angehört haben und in vielen Fällen einfach nur eine (schlechte) Kopie von Radio Luxemburg waren. Ich muss allerdings auch sagen, dass im Vergleich zu heute dieses noch "Gold" war. An die Magie, die von den Seesendern ausging, kamen die nicht mal ansatzweise heran.

Heute funktionieren die Gemischwarenläden wohl nicht mehr - Formate mussten her, aber die Umsetzung des eigentlich Sinnvollen verdient die Note 6. Setzen !

Noch eine Anmerkung: Den Kritikern wird ja hier oft ewige Gestrigkeit vorgeworfen - ich will auch gar nicht die Sendungen von damals 1:1 wiederhaben. Aber der Geist, der damals dahinter steckte und das Herzblut der Macher würden dem Radio von heute ziemlich gut tun.
 
AW: Formate - ja oder nein? Fluch oder Segen?

Es kommt vielleicht drauf an wie ein Format umgesetzt wird...
Wenn ich als Beispiel meinen lokalen Sender hier in Devon nehme so höre ich fast jeden Tag die gleichen Moderatoren, die Jingles sind gleich aber .. In der Rotation sind mit Sicherheit fast 10.000 Titel und mit Sicherheit von einem Redakteur irgendwann mal ausgesucht. Wichtige lokale Themen z.b. Interviews mit dem Counceler über die wirtschaftliche Zukunft der Torbay etc... (meistens gegen 17:00 - 19:00) und eine Radio Crew die man kennt und nicht allzu aufdringlich aber trotzdem präsent wirkt. Die Werbung ist nicht laut und wirkt irgendwie angepasst so das man sie nicht abschaltet.... Einige gut gemachte Gewinnspiele wo die Fragen auch mal nicht gelöst werden und eine sehr sehr hohe Hörerbeteiligung auch bei Umfragen. Zwischendurch immer mal wieder ein Hörerwunsch. Also alles in allem ein (good old English) Format.

Und... Was der eigentliche Punkt ist... Durch die Identifizierung mit dem Sender ensteht so etwas wie eine wechselseitige Beziehung. Wie damals bei den Piratensendern :)

Das passiert aber nur, wenn man seinen Beruf als Verantwortlicher Radiomacher auch als Berufung sieht (und nicht nur als Zahlen-Tabelle) und vor allem auch eine gewisse Liebe im Detail steckt.

Es ist schon sehr lange bekannt, dass sich der Geist und die Motivation eines Verantwortlichen auf seine Firma überträgt. Nur wollen das auch heute noch viele nicht wahrhaben und schieben die Schuld z.B. an einem schlecht umgesetzten Format immer noch den allgemeinen Umständen zu. (Kein Wunder das sich viele Moderatoren nur noch "Prostituieren" können wie es gerade in einer anderen Diskussion bezeichnet wird)

Wie hat es doch mal Mal Sondock formuliert:
Bei uns senden nur noch Bonzen und Beamte..

Cheers,
Oli
 
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