Gebührenverschwendung

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Aus der Badischen Zeitung vom 6.9.:

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Die erkaufte Nähe
Die ARD hat Radprofi Jan Ullrich bezahlt — damit der sich vor den Kameras inszenieren konnte

Von unserem Redakteur Ronny Gert Bürckholdt
Die ARD hat jahrelang eine unjournalistische Distanzlosigkeit zu Radprofi Jan Ullrich gesucht und gefunden. Das war bekannt. Nun aber kam heraus: Der Fernsehsender hat dafür bis zu 195 000 Euro im Jahr an den inzwischen unter Dopingverdacht geratenen Sportler bezahlt. Das Geld stammt vom Gebührenzahler. Der darf mit Recht sauer sein.


Eigentlich wollte die ARD-Chefetage den exklusiven Vertrag mit Ullrich gestern rechtfertigen. Doch sie machte es noch schlimmer. Für die normale Berichterstattung — wie Interviews hinterm Zielstrich — sei nicht gezahlt worden. Für Reportagen und Porträts aber habe der einzige deutsche Sieger der Frankreichrundfahrt Geld bekommen. Je besser Ullrich fuhr, desto mehr steckte er offenbar ein.

Diese Argumentation bringt ein verrücktes Verständnis von Journalismus ans Licht: Die Medien zahlen dafür, dass sich vor ihren Kameras einer für seine Werbepartner in Szene setzt.

Es menschelte in der ARD — und das freute die Sponsoren. Ein Held der Landstraße sei Ullrich, und doch einer von uns — mit all den Schwächen, die viele normale Menschen auch bei sich ausmachen: Eine Brise Trainingsfaulheit gepaart mit einem leichten Hang zum Übergewicht. Die ARD schrieb das Porträt vom Sympathen Ullrich fleißig mit: als Sponsor des Telekom-Teams ebenso wie in Person von ARD-Sportchef Hagen Boßdorf. Der verfasste nebenbei Ullrichs Biografie mit und moderierte ebenso nebenbei für Ullrichs Rennstall Empfänge. Boßdorf profitierte also persönlich vom Jubel um Ullrich. Zur selben Zeit war er für die anbiedernden Radsport-Übertragungen verantwortlich.

Sich mit dem Objekt der Berichterstattung gemein zu machen, ist eine journalistische Fehlleistung. Sich diese Kumpanei sogar zu erkaufen, eine besonders dreiste. Man mag bei einigen populären Sportarten mit Millionen Zuschauern den Verdacht hegen, dass die Akteure von den Berichterstattern nicht nur verhätschelt werden, sondern auch Geld bekommen. Täte der werbefinanzierte Sender RTL so etwas — zum Beispiel — mit Formel-1-Fahrer Michael Schumacher, wäre dies schlimm, hätte aber nicht eine solche Dimension wie im Fall ARD-Ullrich. Denn die ARD kann für solche Zwecke fast nur auf die fünf Milliarden Euro zurückgreifen, die vom Gebührenzahler stammen.

Nicht zum ersten Mal gerät die ARD wegen ihres Umgangs mit den Gebühren in die Kritik. Bevor eine neue Grundsatzdebatte über Sinn und Unsinn der Gebührenfinanzierung entbrennt, sollten sich die Rundfunkräte — die Kontrolleure der Landessender — schnell mit dem obskuren Pakt ARD-Ullrich befassen. Eines sollte man bei der ARD nicht vergessen: Die Pflichtabgabe darf nur dann erhoben werden, wenn die Öffentlich-Rechtlichen das Geld zweckgebunden für die Erfüllung ihres Auftrages einsetzen: einer Grundversorgung mit Information und Unterhaltung. Jahrelang aber wurde nicht der Zuschauer grundversorgt, sondern Ullrich.
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Die Töne dazu dürften auch im Radio gelaufen sein, deshalb kann das ja auch hier rein: Wie weit dürfen die Ö-R sender gehen mit den Gebühren?

So weit doch wohl nicht, oder?
 
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