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GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

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Raumschiff

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Hallo,

vor einiger Zeit habe ich mal mit einer Musikredakteurin gesprochen, die nun schon lange im Ruhestand ist. Sie erzählte von einem GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren, währenddessen es ihr nicht erlaubt war, "GVL-Titel" zu spielen. Sie und die Kollegen hätten sich damals während einer kurzen Phase anderer, nicht bei der GVL gelisteter Musiken zum Füllen des Programms bedienen müssen, was wegen der geringen Auswahl sehr schwierig und unbefriedigend gewesen sei. Leider kann ich zu diesem Thema nirgends weitere Infos finden. Wer erinnert sich oder weiß mehr?

Vielen Dank + Gruß,
RS
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

Es war in der Tat so. Die GVL hatte ihre Gebühren für gesendete Titel drastisch erhöht und die Anstalten wollten oder konnten diese erhöhten Abgaben nicht zahlen. Viele Sender sendeten daher außer in den Hitparaden-Sendungen keine Aufnahmen der Musikindustrie mehr. Das Musikprogramm wurde dann mit Aufnahmen der eigenen "Klangkörper" bestückt. Seinerzeit hatte jede Anstalt noch ihre eigenen Tanz- und Unterhaltungsorchester, daher konnte man bequem auf Eigenproduktionen zurückgreifen.
Man einigte sich dann irgendwann, die GVL senkte ihre Gebühren wieder und es wurden wieder Schallplattenmusik gesendet.
Nachzulesen ist die ganzse Geschichte sehr schön in den entsprechenden Jahrgängen des Musikmarktes.

Manchmal wünschte ich mir solch ein Streit würde heute auch noch einmal ausbrechen. Da ständen viele Hitdudler ganz schön dumm da und müßten sich tatsächlich mal Gedanken um ihr Programm machen.
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

Auf den Monat genau kann ich es auch nicht mehr einkreisen, habe aber das Ereignis noch sehr deutlich im Ohr.
Es war ein Streit um Gema-Gebühren und die öffentlich-rechtlichen Sendern wichen damals aus Protest und der Nichtbereitschaft, die verlangten Gebühren zu zahlen wochenlang auf ihre Tanzorchester, Bigbandmusik und von denen eingespielten Titeln der Beatles und Elvis ectpp. aus.
Nur morgens gab es handverlesen einige "echte" Platten dazu, und wenn "Hitparade" war: Da konnte man ja keine Kopien spielen. Hanns Verres beim hr und freitags abends die "Internationale Hitparade" beim Bayerischen Rundfunk hatten noch die Originalsingles....

Im Prinzip konnte man nur auf AFN, BFBS oder die vier fröhlichen Wellen von Radio Luxemburg umschalten...

Zeitlich würde ich das auf zwischen Ende 1964 und Ende 1965 ansiedeln, genau weiß ich es eben nicht mehr. Aber wie grauselig es geklungen hat: wie gestern noch im Ohr.
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

Hallo!

Sehr interessante Frage von Raumschiff und zwei (fast) gleichzeitig eingetroffene Antworten. Ich habe das bisher nicht gewußt, war ja auch vor meiner Zeit. Und sicher, den ganzen Tag nur Bigbandsound mit nachgespielten Hits aus dem Radio... :rolleyes: Harte Kost! ;)

Was mich interessiert, obwohl ich noch nicht rausbekommen habe, ob zu dieser Zeit überhaupt schon "Westtitel" regelmäßig im Ostradio liefen (*): War der DDR-Rundfunk auch betroffen? Wenn nicht, dann wäre der DDR-Rundfunk während dieser "Musikkrise" im Westradio für die Bewohner des "Zonenrandgebietes" evt. auch eine Alternative gewesen.


Grüßle Zwerg#8


*) Das Deutschlandtreffen war 1964 (DT64). Das berüchtigte 11. Plenum der SED (die Ulbricht Rede mit dem "Yeah, Yeah, Yeah") fand 1965 statt.
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

Mitte der 60er Jahre fanden, soweit ich mich erinnern kann, nur Gilbert Bécaud und Mireille Mathieu als westliche Künstler statt. Wie es mit den anderen Chansonniers oder den US-Protestsängern aussah, weiß ich nicht mehr. Ich kann mich nur erinnern, dass in der "FF-Dabei" wüste "Hörerbriefe" veröffentlicht wurden, in denen irgendwelche Leser der Meinung waren, die beiden seien schon zu viel.
Und als dann einmal Nana Mouskouri im DDR-Fernsehen auftrat und ein, der Jahreszeit entsprechendes, Weihnachtslied auf Deutsch zum Besten gab, wurde auch in dieser Zeitschrift der Untergang der DDR prophezeit. Schließlich hätte man ja genügend eigene Stars.
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

...Es war ein Streit um Gema-Gebühren und die öffentlich-rechtlichen Sendern wichen damals aus Protest und der Nichtbereitschaft, die verlangten Gebühren zu zahlen wochenlang auf ihre Tanzorchester, Bigbandmusik und von denen eingespielten Titeln der Beatles und Elvis ectpp. aus...
Du konntest das Posting von BlueKO in diesem Moment sicher nicht kennen. Ich möchte aber drauf hinweisen: es ging nicht um einen Urheberrechtsstreit, bei dem dann die GEMA berührt wäre, sondern es ging um das Leistungsschutz- und Senderecht, das zwischen den Sendern und der GVL vertraglich vereinbart wird.

Edit: Hier habe ich schon mal etwas dazu geschrieben. (Der Link im dortigen Posting funktioniert leider nicht mehr)
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

@count down: Wie immer eine kompetente Antwort! Aber wenn selbst du "Ich glaube, dafür wäre mir auch das Band zu schade gewesen" schreibst, dann muß diese Zeit ja wirklich "schlimm" gewesen sein.


vg Zwerg#8
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

Ein schön-schreckliches Beispiel, wie Choristen der hauseigenen Tanzorchester die damaligen Tageshits nachsangen, konnte ich bisher nicht auftreiben, wohl aber ein Beispiel dafür, wie es klingt, wenn Rundfunktanzorchester "Beat"-Musik nachspielen. Die Aufnahme stammt vom Februar 1966.
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

@ count down:
War das unter der Leitung von Willy Berking, der ja auch zur "Goldenen Sieben" gehörte, von denen ich noch einige Electrola-Platten habe?
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

Danke für dieses Beispiel, count....genau so klang es! Ob das damals um Gema, GVL oder wem auch immer ging, weiß ich heute nicht mehr- war als radiointeressierter Pimpf damals zu klein...:D.
Nur wenige Tage,Wochen oder Monate fand ich nachts beim ständigen Rumschrauben einen hochinteressanten Sender auf der Skala, von dem ich mal was gelesen oder gehört hatte und war wie elektrisiert... gegen den konnte auch ein Hanns Verres nicht anstinken.
Die Ansage lautete: This is Caroline on 2-5-9... :D
Und gleich daneben gab es noch ein Caroline.... war nur am Hin- und Herschalten. Und dann noch weitere sechs oder sieben Sender dieser Art. ARD war für mich gestorben und von dem Höreindruck bin ich bis heute infiziert... :D

Kannst Du ZEITLICH dieses Ereignis (Streik bei der ARD) einordnen? Ich muss da raten.
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

...Kannst Du ZEITLICH dieses Ereignis (Streik bei der ARD) einordnen? Ich muss da raten.
Nein, da war ich noch zu klein. Ich weiß nur, dass ich damals dann BFBS und AFN gehört habe. Es muss Mitte bis Ende der sechziger Jahre gewesen sein.

Übrigens streikte damals niemand. Die vertragliche Vereinbarung über die Senderechte und deren Vergütung war nur ausgelaufen und eine neue Vereinbarung wurde nicht getroffen. Damit verloren die Sender die Rechte auf Aufführung von Industrietonträgern. Warum sie nicht unter Vorbehalt der Vergütungshöhe haben weiter senden dürfen, entzieht sich meiner Kenntnis.
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?

Vielen Dank an alle für die interessanten Informationen!
 
AW: GVL-Streik/-Streit in den 60er oder 70er Jahren?


In Zeiten da sich Radio hauptsächlich im Mittelwellenbereich abspielte, musste man als Hörer und Musiksammler natürlich creativ und einfallsreich sein.
Ich erinnere mich so ca. 1966 gab es Streit zwischen ARD und der GEMA, natürlich wegen der Gebühren.
GEMA wollte mehr Kohle, die ARD blockte.
Folge war, dass zumindest hier beim HR nur noch eigenproduzierte Musik gesendet wurde, z.B. "Tanzorchester" des HR, Leiter Willi Berking, oder Produktionen des Vorläufers der HR-Bigband.
Katastrophe für uns Tonbandler und DJ's: Wo kriegen wir jetzt die aktuellen Hits her, ohne jedesmal die Single zu kaufen, die Single immerhin schon DM 5,-.
Also stiegen wir vom HR auf UKW nun auf Mittelwelle um und schnitten bei Radio Luxembourg auf 208 m mit ( in höchster Not auch von Kurzwelle 49m-Band, 6090 kHz ).
Qualität ? schnuppe... Hauptsache wir konnten auf der nächsten Schulparty oder Fete mit den neuesten Hits aufwarten !


Das habe ich im Thread "Studiotechnik in den 70ern" letztes Jahr gepostet :)

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