Klassiksender in Deutschland

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
AW: Klassiksender in Deutschland

Also tagsüber ist das nach meiner Auffassung kein Klassikradio, auch wenn da ab und zu mal ein "klassisches" Stück gespielt wird (neben Pop, Chanson, Jazz usw.). Jetzt läuft allerdings schon seit 20 Uhr die Übertragung eines Konzerts mit den Berliner Philharmonikern (Bach, Berg, Schubert). Das ist denn doch schon recht "klassisch". Und ziemlich gut.
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Von einer Schwafelgeschwätzsendung (Müller & Müller & Co.) vertrieben, landete ich per Rumgezappe bei Klassik-Radio
(Kabel Berlin 88,35 MHz) und wurde schier erschlagen von dieser „Wall of Sound“.

Raumklang wird ohne weiteres mittels einer Stereoanlage erzeugt.
Wer weiß mehr? Welche Technik steckt dahinter?
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Stereobasisverbreiterung. Gehört zu jeder anständigen Klangquetsche (sprich Optimod und Konkurrenzerzeugnisse) mit dazu.

Und natürlich alles schön auf ein gleichbleibendes Lautstärkeniveau einebnen; Forte und Piano sind doch nur was für Snobs, aber nicht für die Hörer des Deppenleerzeichen Radios.
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Auf Klassikardio läuft hauptsächlich Filmmusik. Der Sender wird seinem Namen nicht mehr gerecht und scheidet daher aus.

Ich finde, man sollte die Wirkung von Klassikradio als Einstiegsdroge nicht unterschätzen. Abends läuft viel Filmmusik, das ist wahr. Doch tags läuft schon Klassik, wenn auch ein eher enges Repertoire an populären Stücken. Das wird schnell mal als Classic light oder Häppchen-Klassik genaserümpft. Aber diese Sicht entstammt der eigentlich überkommenen Unterteilung in U und E.

Meine Tochter hört gerne Klassikradio und ist dadurch grundsätzlich für Musik offen, die auch ohne Beat funktioniert. Auf Bayern4, das musikredaktionell sicher gut ist, würde sie mit ganzen Brahms-Symphonien oder Werken von Gustav Mahler oder Mussorgski überfordert.
Klassikradio ist eine leichter zugängliche Mischung, die das Ohr an Orchesterklang gewöhnt, ohne gleich Nischenwissen zu fordern. Man kann ja dann später noch umsteigen auf "härtere" Sachen....

gruß nach HH
doscho
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Ich finde, man sollte die Wirkung von Klassikradio als Einstiegsdroge nicht unterschätzen.

Ein gutes Argument, über das ich überhaupt noch nicht nachgedacht habe. Zum "Anfixen" von Leuten, die sonst nichts, aber auch gar nichts mit "klassischer Musik" anfangen können, mag das - oft allzu - Populäre tatsächlich eine Einstiegsdroge sein. Bleibt trotzdem die Frage, ob jemand, der sich von Samuel Barbers "Adagio For Strings" in der Badewanne umschmeicheln lässt, irgendwann auch mal Pfitzners "Palestrina" hören wird...
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Das wird schnell mal als Classic light oder Häppchen-Klassik genaserümpft. Aber diese Sicht entstammt der eigentlich überkommenen Unterteilung in U und E.

Ich sehe das eher umgekehrt: Mir scheint die Einteilung in U und E auch bei Programmen wie KlassikRadio wirkmächtig zu sein. Weil man dem angenommenen oder tatsächlichen Durchschnittshörer nichts zumuten möchte, was als "E = Ernst" empfunden werden könnte, versucht man alles in "U = Unterhaltung" zu vewandeln. Heraus kommt Häppchen-Klassik.

Auch wenn ich mir jetzt vielleicht sogar widerspreche, aber ich bin davon überzeugt, dass mit dem Begriff "Unterhaltung" im Zusammenhang mit sog. klassicher Musik anders umgegangen werden muss, als bei der Tagesrotation der meisten Rundfunkstationen. Natürlich wollten diese Komponisten ihr Publikum auch nicht verjagen. aber als akustische Tapete, als nettes Raumaroma beim Abwaschen, Zeitunglesen oder in der Badewanne hatten etwa Bach oder Mahler ihre Kompositionen eigentlich nicht gedacht.

Dies wirft die grundsätzliche Frage auf, ob ein Klassik-Sender überhaupt als Tagesbegleitprogramm geeignet ist. Denn auch ich höre beim Abwaschen, Zeitungslesen oder in der Badewanne eben nicht Bach oder Mahler.

Was die Sache mit der "'Einstiegsdroge" angelangt, so schließe ich mich OnkelOtto und seinen Zweifeln an. Ich glaube auch nicht, dass die Verantwortung für die Vermittlung eines Zugangs zu sog. klassischer Musik einzig dem Radio aufgebürdet werden kann. Hier sind m. E. vor allem das Bildungssystem, der Kulturbetrieb und - am unbequemsten für uns alle - auch die Familien gefordert.
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Wobei es nach meinen Beobachtungen anscheinend keine bedauerlichen Einzelfälle sind, bei denen Musiklehrer eine mitunter ausgesprochen tiefsitzende Abneigung gegen klassische Musik erst erzeugt haben.

Zu ergänzen wäre, daß hier von Personal der DDR-Volksbildung die Rede ist. Ich wage aber die Vermutung, es hier nicht mit einem DDR-spezifischen Phänomen zu tun zu haben.


Im übrigen wurde mir mal von Leuten erzählt, die finden Klassikradio ganz prima zum .......... hmmm ... ich trau' mich nich' ...
 
AW: Klassiksender in Deutschland

...wenn man eine Musiklehrerin hat, für die moderne Musik bei Elvis Presley aufhört und statt dessen von vorn bis hinten, von A bis Z Beethovens 3. durchgenommen wird, könntest du durchaus Recht haben.
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Vielleicht haben die Ossis einfach nur gelernt, daß man im Falle des Nichtgefallens eben abschaltet? Wenn ich mir die Quoten des RBB-Kulturradios so anschaue...

Im Ernst: Radio-Qualitätsdiskussionen kenne ich - von "ganz normalen" Menschen geführt - nur aus Westdeutschland. Wo eine Frau von 73 Jahren nach dem Umzug von NRW nach HH eben das "Zeitzeichen" vermißt und ich es ihr wieder beschaffen muß. Wo die selbe Frau NDR Kultur für einen Populistensender mit Einkaufcenter-Musik hält. Wo Leute sich Hörtermine im Kalender anstreichen und selbige so ernsthaft und konzentriert wahrnehmen wie anderswo vielleicht allenfalls noch eine CD.

Im Osten läuft - auch traurige Erfahrung - oft halt einfach das, was gerade dudelt. Da hören 30-jährige MDR 1 und 50-jährige Jump.

Oder sind das Einzelfälle?

Nein ich glaube das sind echt keine Einzelfälle und deshalb verflachen fast alle Programme im Osten und ich schrieb schon mal an anderer Stelle, der MDR ist mit Hauptverursacher dafür das der Rundfunk ( und das TV auch) Deutschlandweit immer platter und privatähnlicher wird und aus meiner Sicht der MDR HF+TV sowas wie ein elektronischer Ableger von Bild, Superillu und anderen Boulevardmedien ist.
Es gibt wenige welche Radiohören genauso nach Programmzeitschrift auswählen wie es beim Fernsehen z.T. noch üblich ist und viele wissen überhaupt nicht was sie über Sat oder Kabel empfangen können ... haben keinen Anschluss an ihren Radio und hören nur den Singsang und meist platte Wortfloskeln der Sprecher ( etwas gebessert hat sich da MDR Figaro).
Auch ist oft zu beobachten ... das irgendeine Musik gehört wird und so wie ein Sprecher anhebt etwas zu sagen ... weitergezappt wird und irgendwo hängen bleibt.
Auch ( weiß ja nicht wie das im "Westen" ist ) ... viele die Meinung vertreten wenn sie Privat hören/sehen ... das dieses Programm für die Gebühren die man zahle ne Zumutung ist:rolleyes: ... also Hintergrundwissen Null.
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Ich finde, man sollte die Wirkung von Klassikradio als Einstiegsdroge nicht unterschätzen. Abends läuft viel Filmmusik, das ist wahr. Doch tags läuft schon Klassik, wenn auch ein eher enges Repertoire an populären Stücken. Das wird schnell mal als Classic light oder Häppchen-Klassik genaserümpft. Aber diese Sicht entstammt der eigentlich überkommenen Unterteilung in U und E.

Meine Tochter hört gerne Klassikradio und ist dadurch grundsätzlich für Musik offen, die auch ohne Beat funktioniert. Auf Bayern4, das musikredaktionell sicher gut ist, würde sie mit ganzen Brahms-Symphonien oder Werken von Gustav Mahler oder Mussorgski überfordert.
Klassikradio ist eine leichter zugängliche Mischung, die das Ohr an Orchesterklang gewöhnt, ohne gleich Nischenwissen zu fordern. Man kann ja dann später noch umsteigen auf "härtere" Sachen....

gruß nach HH
doscho

Ja ich denke auch das Klassikradio ein Einstieg in die Musik sein kann, besonders für junge Menschen, wenn die Ansprüche dann wachsen wird es sicher eine Umorientierung geben ... ich selbst höre bei Klassikradio auch ab und an rein ... aber durch meinen Digisplin habe ich ja einen Zugriff auf so viele Programme das die Auswahl fast zu groß ist.
Als Morgeninfo ab und an Fall MDR Figaro ( was ja nicht mehr der Klassiksender an sich ist), meist aber DLR Kultur ... dann wenn es um Klassik geht oft Bayern 4, SWR oder die Schweizer.
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Hallo K 6 und Sachsenradio 2:
Was Ihr über Erfahrungen mit Musiklehrer/innen schreibt, dürfte genau die Defizite der Schule bei diesem Thema beschreiben. Und: Nö, ich glaube nicht, dass es sich dabei um ein DDR-spezifischen Phänomen handelt.

Mein Musiklehrer hat damals (in den 70ern) neben der offenbar üblichen Komplettanalyse einer Beethoven-Symphonie wenigstens noch die "Bilder einer Ausstellung" von Emmerson, Lake und Palmer (damals schwer angesagt) durchgenommen. Naja, ging so. Aber wenigsten hatte er sich bemüht, nicht komplett den Anschluss an den damaligen Zeitgeist zu verlieren.

Sollte KlassikRadio tatsächlich einen Einstieg in die Musik ermöglichen, dann soll es mir recht sein.
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Natürlich wollten diese Komponisten ihr Publikum auch nicht verjagen. aber als akustische Tapete, als nettes Raumaroma beim Abwaschen, Zeitunglesen oder in der Badewanne hatten etwa Bach oder Mahler ihre Kompositionen eigentlich nicht gedacht.QUOTE]

Mahler sich er nicht. Bach....? Die Orchestersuiten sind herrlich beim Autofahren... aber unsere Situation als "Konsument" gab es zu seiner Zeit ja nicht. Vor der Erfindung von Phonopramm und Radio war Musikhören eben nur live möglich. Und wer hatte schon ein Privatorchester neben der Badewanne sitzen? Ansonsten kommt es immer auf die Tonalität an. Gibt schon "schwere" Werke und leichter zugänglicheres. Und wie gesagt: Klassik-Hits als Einstieg haben ihren Wert.

Deshalb finde ich Klassikradio grundsätzlich ne feine Sache - bis auf den jüngst etwas übertriebenen Trend Richtung Popwelle: Ramps, immer hart in den Nachhall reinquatschen, aufdringliche Dropper, Gewinnspiele usw. - da fällt das entspannt bleiben schwer.
 
AW: Klassiksender in Deutschland

Deshalb finde ich Klassikradio grundsätzlich ne feine Sache - bis auf den jüngst etwas übertriebenen Trend Richtung Popwelle: Ramps, immer hart in den Nachhall reinquatschen, aufdringliche Dropper, Gewinnspiele usw. - da fällt das entspannt bleiben schwer.

Da sagste was! Diese "schnelle", m.E. völlig dilettantische Fahrweise verleidet mir extrem den Hörgenuss von Klassikradio. Vielleicht ist es ja auch eine berufsbedingte Übersensibilität. Aber ich will als Hörer der Stimmung eines klassischen Werkes noch "hinterherfühlen", will noch zwei, drei Sekunden durchatmen können nach leisem Schluss, will für kurze Zeit noch euphorisiert sein nach donnerndem Showdown der Komposition - aber ach, es ist nicht möglich, weil radikal und brutalstmöglich dazwischengejingelt wird. Furchtbar.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben