AW: MDR-Intendant Udo Reiter kündet vorzeitigen Abschied an
Ist eigentlich nicht schon im ersten Satz des zweiten Absatzes eine Unwahrheit enthalten? - Wenn ich mich richtig erinnere, begann das Thüringer Fernsehprogramm doch aus Gera zu senden, und wieviele Jahre kam der Hörfunk denn noch aus Weimar, bevor dann aus Erfurt gesendet wurde.
Stimmt, das Thüringen-Fernsehen startete aus Gera, aus dem Stasi-Gelände nahe der Eselsbrücke im Norden der Stadt. Adresse
Hermann-Drechsler-Straße. Der Bau, in dem man damals arbeitete, war glaube ich die Kantine oder der "Kultursaal", in der Karte leicht schräg links oberhalb des "A". Heute sitzt auf dem Gelände u.a. das Finanzamt Gera. Der Hörfunk kam aus Weimar aus der Nietzsche-Gedächtnishalle und zog AFAIR erst 2000 nach Erfurt. Die Nietzsche-Halle ist innen weitgehend geschändet, im Keller grassiert der Schimmel, von Funk-Aktivitäten ist nicht mehr viel zu erkennen. Selbst die Glasscheiben zwischen den Studioräumen haben Beine bekommen.
War mir idT auch unbekannt, Achims Hitparade hat darüber nicht berichtet...
Die Indieszene wurde traditionell von DT64 beleuchtet, doch die entsprechenden Redakteure und Moderatoren sind Anfang 1992 zum ORB gegangen: Lutz Schramm (Parocktikum), Holger Luckas, Ronald Galenza. Auf MDR-DT64 hielt Marion Brasch noch ein wenig die Fahne oben, bis sie vergrault wurde. Dann spielte Ralf Bienieck ab und an noch etwas aus dieser Richtung, doch seit etwa 1994 war dann alles aus. Zur gleichen Zeit konnte man u.U. auf Energy Sachsen noch etwas vernehmen, selbst SAW hatte mal nachts eine passende Sendung (hieß glaube ich "Schallmauer"). Diese Bereiche sind seit spätestens der zweiten Hälfte der 90er Jahre, wenn überhaupt, nur noch in offenen Kanälen und NKLs zu finden. Ich habe dann auch vollständig den Überblick verloren, was es da vielleicht noch geben könnte.
Es muß nichtmal schräges Indie aus irgendwelchen ostdeutschen Kellern sein: solange auf dem MDR nicht auch mal Gerhard Gundermann ohne "Exotenstatus" laufen kann oder Dota, die Kleingeldprinzessin, solange ist das für mich keine vollwertige Anstalt. Solange werden nämlich ganze Kulturkreise ausgeschlossen. Holger Luckas spielt auf Radio Eins durchaus noch neue deutsche Musik, die gewissen Wert und erkennbar liebevoll ist. Ein Name, der mir recht aktuell hängengeblieben ist und der zum CD-Kauf führte, ist Moritz Krämer, eigentlich ein Theatermusiker aus Berlin, der auch schon im MDR-Sendegebiet arbeitete. Ich bezweifle, daß auf Jump so etwas laufen würde. Das Programm hat doch die Sensibilität und die Anmutung einer Planierraupe und will also auch solche Hörer ansprechen. Da ist kein Platz für feinsinniges - und es wäre auch ein zu derber Kontrast zu Rockenberg. Und für Figaro ist sowas vermutlich nicht Figaro genug. Auf Sputnik könnte sowas nach der Plättung letzten Sommer höchstens noch am späteren Abend laufen, dürfte aber von kaum jemandem wertgeschätzt werden, da man die, die es wertschätzen könnten, mit der Ausrichtung zum Beraterfunk gegen Standard-Dudelfunkhörer eingetauscht hat.
Den "identitätsstiftenden Heimatsender" glaube ich durchaus - aber nur für Leute wie den 30-jährigen Senioren bei mir auf Arbeit, der MDR 1 hört und dessen Handy mit Karat klingelt. In meinem "freiwillig" gesuchten Umfeld von Leuten um 30 ist der MDR nur Garant für Übelkeit, teils mit Ausnahme von etwas Figaro.