Meinungsmache statt Neutralität

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AW: Meinungsmache statt Neutralität

Die Bild Zeitung ist an der Meinung des Volkes oftmals näher dran als irgendwelche Intellektuellen. Manchmal finde ich unseren "Rechtsstaat" zum kotzen. Dieser ewige Täterschutz ist für mich unerträglich.
 
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Die Meinungsmache kam so von der Agentur und lief wahrscheinlich überall gleich. Mich würde interessieren, wer z.B. getitelt hat mit „Folteropfer Gäfken wird entschädigt.“ Für mich ist das näher an der Realität.

Erschreckend, wie viele auch hier es in Ordnung finden, daß einer Straftat Verdächtige(!) gefoltert werden. Auf der anderen Seite die gleichen Methoden in anderen Ländern (China, Iran) natürlich in großer Selbstherrlichkeit verurteilen. Übel.

Übrigens: ist ein „Kindsmörder“ nochmal was anderes als ein normaler Mörder? Bemißt sich der Wert eines Lebens an dessen Alter?
 
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@musicology:
In Deiner Aufzählung fehlen zwingend die USA mit waterboarding&co im Namen der Gefahrenabwehr - und der sehr intensiven gesellschaftlichen Folter-Debatte incl. definitivem Verbot.
Die Kindsmörder vs. normale Mörder-Frage ist schwierig, weil Mord (§211 StGB) für den Täter sehr unterschiedliche Gründe haben kann. Ein normaler Mörder-was ist das? Ich denke mal, die Heimtücke durch das Ausnutzen der Arglosigkeit macht den Mord von Kindern zu etwas besonders unfassbarem macht.
 
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Danke für den USA-Hinweis, stimmt schon, aber ich vermute fast, daß in diesem Fall die Folterhandlungen ja wiederum nicht kritisiert werden.

Ich habe nachgeschlagen: Kindsmörder ist explizit der falsche Begriff. Denn so bezeichnet man es, wenn man das eigene Kind tötet. Bis vor ein paar Jahren wurde in Dtl. dieser Mord sogar milder bestraft als ein normaler Mord, da der Mutter eine psychische Ausnahmesituation zugestanden wurde.

Gäfken hat ein Kind getötet, das macht ihn aber nicht zum Kindsmörder. Und in diesem Verfahren spielt der Mord auch gar keine Rolle, sondern lediglich die (angedrohte) Folter.
 
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Mir fehlt bei der ganzen Diskussion ein wichtiger Aspekt. Muss man über so etwas überhaupt berichten??? 3000 öhre na und? Er wird seine Strafe bekommen und der, der sich strafbarer Mittel bedient hat, hat sie schon. Es ist doch mittlerweile leider so, dass die Bild gehörigen Einfluss auf die Nachrichtenredaktionen in der Republik ausübt. Zwar nicht direkt, aber so ein Thema wäre bei ner Nachrichtensendung im Radio überhaupt keiner Silbe wert wenn die Blöd dass nicht so pushen würde.
 
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Klar muss darueber berichtet werden, schliesslich bewegt es nicht wenige Menschen. Aber auch ich halte das Zitat fuer ungeeignet, Stimmungsmache zu diskutieren. Stefanie hat einen Fakt kundgetan - und nur einen Fehler gemacht: sie behauptet, es waere "Schmerzensgeld" geflossen - und genau diesen Wortlaut hatte sich das Gericht VERBETEN! Ich kenne einen Konzernteil in LUX, der sich WIRKLICH der Stimmungsmache schuldig macht :)
 
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musicology schrieb:
Übrigens: ist ein „Kindsmörder“ nochmal was anderes als ein normaler Mörder? Bemißt sich der Wert eines Lebens an dessen Alter?
Nein. In der allgemeinen Wahrnehmung wiegt es aber schwerer. Und die Definition des Wortes hat sich verschoben, wie richtig angemerkt.

Papelbon schrieb:
Die Bild Zeitung ist an der Meinung des Volkes oftmals näher dran als irgendwelche Intellektuellen. Manchmal finde ich unseren "Rechtsstaat" zum kotzen. Dieser ewige Täterschutz ist für mich unerträglich.

Ich halte Ihr Posting für nicht durchdacht und unerträglich. Recht muß Recht bleiben, auch für Verbrecher und Mörder. Die gesamte Rechtsprechung basiert auf Grundregeln, die einfach für alle gelten. Ich sagte alle, und unser Rechtsstaat auch.
 
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Gibt es denn Redakteure/Moderatoren, die bewußt das Wort Kindsmörder oder Kindermörder in diesem Zusammenhang nicht verwendet haben? Das fände ich angemessen reflektiert.
 
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Zu diesem Thema wird letztendlich jeder seine eigene Meinung haben ... da hilft auch die Diskutiererei nichts. Worüber ich mich viel mehr ärgere ist, dass Frau Tücking sich wahrscheinlich gar nicht mit dem Thema beschäftigt hat. Mittlerweile schafft sie keine Anmod mehr oder Verprecher, spricht Städtenamen falsch aus, versemmelt jeden zweiten Ramp und drückt falsche Knöpfe ... das ist mangelnde Vorbereitung und fehlendes Können im Selbstfahrerstudio!!! Warum sollte sie sich also über irgendeinen Beitrag überhaupt Gedanken gemacht haben ... das hat wahrscheinlich eh irgendein ein Redakteur für sie Wort für Wort auf ein Blatt Papier geschrieben.
 
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Bei ihr wird ein Phänomen eingerissen sein unter dem viele langjährig diensttuende Moderatoren leiden. "Ich kann das ja". Also praktisch keinerlei Vorbereitung mehr. Man geht eben so in die Sendung und reisst sie herunter.
 
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Echte Meinungsmache betrieb übrigens Tückings Kollege Reinhard Hübsch beim Nachbarsender SWR2, der seine Anmoderation im "Journal" mit den Worten begann
Es war eine Sternstunde der Deutschen Justiz, als der Richter des Landgerichtes Frankfurt heute das Land Hessen dazu verurteilte, dem Kindsmörder Markus Gäffgen Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro dafür zu zahlen, (...)
Anhang anzeigen Symbolträchtiges Urteil_ - das Frank.mp3
 
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@Grizzly: Aber genau das ist auch die simple Denkweise des Bild-Klientels, das durch solche Art Moderation angestachelt werden soll. "Der Verbrecher wird auch noch belohnt" ist eine so schöne einfach Denkweise.
Und genau an dieser Stelle haben wir das Problem. Nicht nur Frau Tücking formuliert die Tatsache so, dass Meinungen geprägt werden (zwangsläufig schon fast) müssen, sondern auch sonstige Sender der ARD sind keinen Stutzen besser. In den vergangenen Tagen hörte ich mich durch einige und traf immer wieder auf ähnliche Formulierungen, die die Tatsache genau so hinstellten, wie es sich am leichtesten ein Bild zusammenbasteln lässt.

Allerdings wundert mich ebenso, dass selbst Menschen, die ich für durchaus denkfähig hielt, da sie sich bereits über "Waterboarding, chinesische Verschleppungen, Verstümmlungen der Genitalien von Mädchen in Afrika" etc. mokierten und selbst gegen entsprechendes weitestgehend einsetzen, an dieser Stelle jedoch, werden auch sie zum Henker von Gäfken.
Ich finde die zitierte Äusserung in Ordnung. Es gibt noch etwas zwischen "juristisch einwandfrei" und "Lynchjustiz". Vielleicht kann man es als "Gerechtigkeitsempfinden" bezeichnen.
Wir sollten unsere Einordnung nach menschlichen Maßstäben nicht komplett zugunsten der Rechtsstaatlichkeit aufgeben.
Das sollten wir in der Tat nicht, jedoch würden das in diesem Fall wohl gern die meisten der deutschen Bundesbürger - wie bereits Umfragen ebenfalls ergaben.
Das Gerechtigkeitsempfinden setzt in dem Moment offensichtlich aus, in dem es sich um einen Kindsmord handelt, der dann - für die breite Masse erstmal - mit Geld belohnt wird.
 
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Hat Tücking eigentlich in der Sendung darauf hingewiesen, dass die 3000 Euro Entschädigung nicht für Champagnerparties in Gäfkens Knastzelle verwendet werden, sondern direkt von der Gerichtskasse einbehalten werden (Prozesskosten)? Ein Aspekt, der in der Bewertung der Angelegenheit eigentlich keine Rolle spielen sollte, gleichwohl aber dazu beitragen mag, erhitzte Gemüter zu beruhigen.
 
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Ja, auch das bewusste Weglassen von Fakten ist Meinungsmache. Das würde ich jetzt aber Tücking nicht unterstellen, das ist typische Bild-Manier.
 
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Und selbst das kam in einigen Sendern vor. Lediglich aus der Tagesschau erfuhr ich, dass die Entschädigung nicht ausbezahlt, sondern zur Abdeckung von Gerichtskosten herangezogen würde.
 
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Ja, auch das bewusste Weglassen von Fakten ist Meinungsmache. Das würde ich jetzt aber Tücking nicht unterstellen, das ist typische Bild-Manier.

DAS ist BILD-Manier. Die ersten beiden Worte im Artikel treffen auch auf diese Art von "Journalismus" zu.

Lediglich aus der Tagesschau erfuhr ich, dass die Entschädigung nicht ausbezahlt, sondern zur Abdeckung von Gerichtskosten herangezogen würde.

Dabei ist diese Information mit Sicherheit nicht uninteressant, wenn man das durch das Gerichtsurteil offenbar bei vielen verletzte moralische Gerechtigkeitsgefühl ernst nehmen will. Aber man sieht: Bei der Ware Information geht es eben oft nicht darum, ob eine Information für viele interessant sein könnte, sondern ob sie zur Emotionalisierung und Skandalisierung taugt.

Die vorliegende Information birgt die Gefahr, Emotionen zu reduzieren und ist daher völlig ungeeignet für jeden Journalismus, der auf schnelle Quote oder Auflage abzielt. Das ist ein ganz grundsätzliches Problem.
 
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Ist das Urteil bereits rechtskräftig? Laut Bild nein.
Zitat: "Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung der Kammer kann Berufung eingelegt werden. Gäfgens Anwalt sagte, das Urteil sei „bereits dem Tode geweiht”. Das Gericht sei mit dem Befangenheitsantrag falsch umgegangen." Zitat Ende

2Stain
 
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Mal ganz davon abgesehen, dass Tückings Formulierung objektiv nicht wertend war (na logisch haben da Einige schlucken müssen), hat sie sich aber leider offenbar auf Agenturmeldungen bezogen, die zu diesem Zeitpunkt Falsches verbreitet haben. Viele Medien haben das ungeprüft übernommen. Die Forderung nach Schmerzensgeld wurde aber bekanntlich abgewiesen.

Die Frage, was Gäfgen von den (noch nicht rechtskräftig) zugesprochenen 3000 Euro sieht, ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Einerseits steht einer Verrechnung mit den bisherigen Schulden bei der Justiz ein BGH-Urteil entgegen, andererseits hat Gäfgen bereits 2006 Privatinsolvenz angemeldet, so dass das Geld eigentlich in die Insolvenzmasse wandern müsste und dort dann doch zur Schuldendeckung verwendet werden könnte (zumal Gäfgen virtuell auch 80% der Kosten des aktuellen Prozesses tragen muss, weil er ihn bisher weitgehend verloren hat).
 
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Gelungener Blogeintrag, Fastvoice! Ich schließe mich der Conclusio an: "Vielleicht sollte das Volk mal Schmerzensgeld von den Medien fordern, die es mit Falschmeldungen verblöden. Ach nein, geht nicht - Dummheit tut ja leider nicht weh."
 
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... Ich schließe mich der Conclusio an: "Vielleicht sollte das Volk mal Schmerzensgeld von den Medien fordern, die es mit Falschmeldungen verblöden. Ach nein, geht nicht - Dummheit tut ja leider nicht weh."
Wie sieht's denn mit Entschädigung aus für "durch vorsätzlich verbreitetes Verblödungsfernsehen abgestorbene Gehirnzellen"? Da müsste doch was gehen? ;)
 
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Mich beschäftigt eher die Wortwahl der Bildzeitung.
Am Tag danach die Schlagzeile "in was für einem Land leben wir". Schlechtes Deutsch wird auch noch verbreitet! In welchem Land leben wir wäre angemessen gewesen.
Und am Freitag dann die Schlagzeile "Deutschland diskutiert das Schandurteil". Der Zwang möglichst viel auf einen Punkt zu bringen darf nicht in einer Vorverurteilung oder einer lenkenden Wertung münden.
Ich bin froh daß es auch noch andere Zeitungen gibt und diese gelesen werden. Die journalistische Sorgfalt läßt zu wünschen übrig.
 
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