Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

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FR-Online vom 12.03.2008, 10:12 Uhr, zuletzt geändert um 10:48 Uhr:

FR-Online schrieb:
Karlsruhe (ap) - Das Bundesverfassungsgericht hat das absolute Verbot für Parteien, sich an privaten Rundfunksendern zu beteiligen, für verfassungswidrig erklärt. Nach dem Urteil verstößt eine entsprechende Vorschrift im hessischen Privatrundfunkgesetz gegen das Grundgesetz.

Damit dürfen sich Parteien nun an privaten Rundfunk-Unternehmen beteiligen. Allerdings könne der Gesetzgeber Beteiligungen verbieten, wenn dadurch Programminhalte beeinflusst werden könnten, so das Urteil.
Der gesamte Artikel ist hier zu lesen.

Nun ist in dem Artikel zwar erläutert, warum die SPD auf eine entsprechende Beteiligung pocht - die Finanzierung über eigene Verlage -, aber warum sollte sich eine Partei an einem Privatsender beteiligen wollen, wenn sie keinen Einfluss ausüben darf?
Zumal: Wenn die Beteiligung einer Partei an einem Privatsender etwas größer wäre (z.B. > 12,5%), würde der Sender dann nicht vielleicht "freiwillig" genehme, parteinahe Mitarbeiter einstellen? Dieses Prinzip kennen wir ja auch aus den Aufsichtsräten, wenn ein Investor einen entsprechenden Anteil an einer AG hat.

Über die nicht offen erkennbare Einflussnahme der Parteien über Gremien auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wurde hinreichend diskutiert.
Doch jetzt lasst uns mal eine Prognose wagen: Geht es bei diesem Urteil "nur" um die Gleichbehandlung oder eröffnet das den Weg der parteien in die Sender - und damit eine indirekte Einflussnahme?

Gruß, Uli
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Da es für Parteien kaum Hindernisse gibt, Zeitungen, Zeitschriften und Printmedien aller Art herauszugeben oder sich wirtschaftlich daran zu beteiligen, ist nicht einzusehen, warum sie bei Radio (und Fernseh?) Sendern zurückhaltung üben sollten.
Die Frage nach der inhaltlichen Einflussnahme erübrigt sich eigentlich in einem Medium, das tendenziell immer inhaltsleerer wird.
Selbstverständlich wird der Inhalt über die Personalpolitik beeinflusst - wer dann einen Platz in einem Parteisender gefunden hat, der braucht das tägliche Briefing nicht mehr, der hat die Schere sowieso im Kopf. - Das erleben wir aber auch heute schon bei Zeitungen und bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die ihre Spitzenpositionen ziemlich ungeniert nach Parteiproporz besetzen.
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Studio Rebstock schrieb:
Geht es bei diesem Urteil "nur" um die Gleichbehandlung oder eröffnet das den Weg der parteien in die Sender
Ersteres, denn die anderen Parteien (von der Linken und ihren angeblich verschwundenen Milliarden vielleicht abgesehen) haben gar nicht das Geld, sich Medienbeteiligungen anzuschaffen.

Inwiefern die Beteiligung an einem Rundfunksender oder einer Zeitung, also eine unternehmerische Tätigkeit, allerdings den grundgesetzlichen Zweck dient, demzufolge Parteien lediglich "an der politischen Willensbildung des Volkes" mitwirken sollen, vermag ich nicht nachzuvollziehen.
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Wo ist das Problem!? Viele Sender sind schon seit Jahren sehr parteinah, egal ob Öffi oder private Anstalt.....
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Hallo Rebstock,

um das Urteil zu verstehen, musst Du in die Geschichte der SPD schauen. Es ist ja so, dass die Sozialdemokraten im 19. Jahrhundert je nach gesellschaftlichem Bereich, sagen wir, nicht allzu wohl gelitten bis regelmäßig verfolgt waren. Sie tauchten in der Berichterstattung kaum auf. Also unterhielten sie umfangreich eigene Publikationen, Parteizeitungen, Verlage etc. (Aus dieser Zeit stammt auch die interessante Einrichtung des Sitzredakteurs, den es heute aber nicht mehr geben darf.)
Die Notwendigkeit wandelte sich schon zu Zeiten der Weimarer Republik, noch stärker nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber die Tradition, sich an Medien zu beteiligen, blieb. Insbesondere gilt das für regionale Tageszeitungen. Ein Einfluss der SPD auf die Berichterstattung kann aber wissenschaftlich nicht belegt werden. Im Gegenteil, Erhebungen zufolge werden gerade die regionalen Zeitungen von den Rezipienten als überwiegend konservativ geprägt wahr genommen. Die Quelle der Studie müsste ich Dir aber nachreichen, ich habe sie gerade nicht zur Hand.
Wie wir alle wissen, waren die Verlage bei der Gründung der Privatrundfunklandschaft maßgeblich beteiligt. So kam es eben zustande, dass die SPD mit ihren Holdings auch dort die Finger im Spiel hatte, insbesondere über Madsack, aber auch über die DDVG selbst. Das war eine wirtschaftliche Frage, wenn die Strukturen einmal da sind, haben auch Pille-Palle-Beteiligungen eher Sinn. Medien sind immer noch ein relativ rentables Geschäft. Sie waren es definitiv bis Anfang der 2000er Jahre.
Insofern ist der Artikel ein bisschen irreführend geschrieben. Es ging nicht um die Frage, ob sich zukünftig eine Partei am Rundfunk beteiligen darf. Die SPD war es längst, jede andere Partei hätte auch gekonnt, hat es aber aus eher traditionellen Gründen nicht getan. Die SPD aber wurde mit der Änderung des Privatrundfunkgesetzes in Hessen aus der dortigen Radiolandschaft vertrieben. Das eben war verfassungswidrig.
Beste Grüße
Die Hexe
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

@ NURadio: Dann schau doch mal die Rechenschaftsberichte der Parteien genauer an, recherchier ein wenig zum Thema "Beteiligungen und Tochtergesellschaften" und Du wirst feststellen, daß die SPD ungleich vermögender ist als CDU, FDP und Grüne zusammen.


@ alle anderen: Die Stellungnahme der FDP-Bundestagsfraktion zum Thema:
++ WAITZ/OTTO: Verfassungsgerichtsurteil zu SPD-Medienbeteiligungen schafft Intransparenz (12.03.2008)

BERLIN. Anlässlich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen das hessische Verbot der Beteiligung von Parteien an privaten Rundfunkveranstaltern erklären die Medienexperten der FDP-Bundestagsfraktion Christoph WAITZ und Hans-Joachim OTTO:

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts schafft mehr Unklarheit als Klarheit. Rundfunk soll staatsfern betrieben werden, so hat es auch das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Entscheidungen entschieden. Dort, wo Parteien Programminhalte oder Strukturen in Rundfunksendern mitbestimmen können, ist eine freie und unabhängige Berichterstattung nicht mehr möglich.

Problematisch ist, ab wann Parteien durch eine Medienbeteiligung bestimmenden Einfluss auf ein Rundfunkunternehmen erhalten. Sicher ist dies bei einer Mehrheitsbeteiligung der Fall. Aber auch bei kleinsten Beteiligungen können Allianzen mit anderen Anteilseignern geschmiedet und mittelbar Einfluss genommen werden. Ein Einfluss, der für den Bürger nicht nachvollziehbar ist. Aus dem Aspekt der Transparenz war die Regelung des hessischen Privatrundfunkgesetzes klar und schlüssig. Für die FDP Fraktion bedauern wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes.

Für um so wichtiger halten wir es, dass die Medien mit Parteibeteiligung freiwillig diesen Umstand ausweisen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, was sie konsumieren.
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Abgesehen davon, dass größtmögliche Transparenz zweifelsohne sehr wünschenswert ist (auch im Zusammenhang mit eigenen Geschäftsfeldern der Medien, man denke da an PIN & Co), könnte man aber allein bei der äquivalenten Verwendung der Begriffe "Staat" und "Partei" ins Zweifeln kommen, ob der Verfasser der PM von Staatsrecht viel Ahnung hat - oder gar weiß, wovon er redet.
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

@ Makeitso

Sicher die Zahlen der Rechenschaftsberichte stehen auf Papier.
Und das ist bekanntlich sehr geduldig.

Die einen Parteien beteiligen sich seit Jahrzehnten an Medien...und manch Andere hat Schwarzgeldkonten, Koffer und Waffenhändler!

Die CDU Landesregierung in Hessen wollte damals eine eventuelle, programmliche Einflußnahme auf private Stationen besonders FFH, durch die indirekte SPD Beteiligung,verhindern und hatte deswegen, die bis dahin bestehenden Beteiligungen einfach per Gesetz verboten.

Selbst wenn die SPD im Geld schwämme,gute Wahlergebnisse sind bis jetzt noch nicht damit erkaufbar !

Zu den verschwundenen SED Millionen oder waren es gar Milliarden die Makeitso so neidvoll propagiert, Folgendes:

http://www.dbtg.eu/bp/1998/bp9803/9803061b.html




In diesem Sinne...
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Aus dem FAZ.net:
Die DDVG ist (...) ein moderner Medienkonzern, und zwar einer der größeren im Lande. Über ihn ist die SPD mittelbar an mehr als siebzehn Zeitungen beteiligt. Sie hält unter anderem vierzig Prozent am Verlag der „Frankfurter Rundschau“, ist beteiligt an der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“, der „Westfälischen Rundschau“, der „Sächsischen Zeitung“, der „Südthüringer Zeitung“, der „Leipziger Volkszeitung“, zwei Radiosendern und - zu fünfzig Prozent - am Verlag der Zeitschrift „Öko-Test“.

Über die DDVG kooperiert die SPD mit den anderen großen Verlagskonzernen des Landes, mit der WAZ, mit Madsack (wo man selbst 23 Prozent der Anteile hält), mit Springer, mit DuMont Schauberg, mit dem Verleger Ippen und mit der Südwestdeutschen Medienholding. Hätte die DDVG seinerzeit nicht dem Süddeutschen Verlag die „Frankenpost“ abgekauft, hätte die Südwestdeutsche Medienholding bei dem in Finanznot geratenen Verlag gar nicht einsteigen können. Hätte die DDVG nicht 2004 neunzig Prozent der „Frankfurter Rundschau“ übernommen - von denen man dann fünfzig Prozent an DuMont Schauberg abgab -, wäre das Blatt vielleicht gar nicht zu retten gewesen. Die damalige Schatzmeisterin der SPD, Inge Wettig-Danielmeier, gab seinerzeit offen zu, ein politisches Ziel zu verfolgen. Die Übernahme, sagte sie, habe einen „politischen Hintergrund“ gehabt: „Wir wollten das Meinungsspektrum in Deutschland erhalten.“ Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - bedeutet es doch nichts anderes, als dass ohne das Eingreifen der SPD die Meinungsvielfalt der deutschen Presse zuschanden ginge.

Dass es bei solchen Aktivitäten weniger um Meinungsvielfalt denn um die eigene Meinungsmacht geht, auch wenn man nicht Mehrheitseigentümer ist, das scheint außerhalb der Vorstellungswelt der Verfassungsrichter zu liegen. Dabei gibt es immer wieder kleine Hinweise darauf, dass die SPD - Mehrheit hin oder her - als Eigentümer bei den Redakteuren sich sehr wohl zu Wort meldet. Der Chefredakteur der „Frankfurter Rundschau“, Wolfgang Storz, bekam 2005 von Inge Wettig-Danielmeier zum Beispiel einen Brief, in dem diese empfahl, den Artikel einer „befreundeten Historikerin“ zum Thema Linkspartei zu veröffentlichen. Storz lehnte das ab.
Hier der vollständige Artikel.
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Ist die SPD, eigentlich an der FAZ beteiligt ??

:)

Also bis jetzt ist mir persönlich kein übermässiger Meinungsproporz der Deutschen Medienlandschaft zugunsten der SPD aufgefallen.....haben die da doch etwas falsch gemacht, bei ihren Beteiligungen ?

Anderseits stellt sich die Frage,von welchen Verlagshäusern bzw. Medienkonzernen die CDU zum Beispiel Parteispenden bekommt...das wäre auch mal ein interessanter Aspekt in der Diskussion.
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Eigentlich müsste es heißen: "Parteien dürfen sich weiterhin an Privatsendern beteiligen", denn es ist doch grundsätzlich nichts Neues.
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Und was bringt es? Wir haben 23%. Bei der letzten Ortsvereinssitzung haben wir noch gescherzt: "Die 5-Prozent Hürde werden wir auch 2009 wieder locker überspringen!"
 
AW: Parteien dürfen sich an Privatsendern beteiligen

Vielleicht solltet Ihr mal bei Guido anfragen - er könnte dem Beckibär ja seine 18%-Schuhe borgen... :wow::wow::wow:
 
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