Qualität von Nachrichten: ein Fallbeispiel

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Ich frage: Kann ich solchen Nachrichten, die sich die Seite 1 einer Boulevardzeitung zum Vorbild machen, überhaupt vertrauen?
Klare Antwort von mir: nein.
Ich frage weiter: Kann ich einem solchen Sender, der sich sich die Seite 1 einer Boulevardzeitung zum Vorbild seiner Nachrichten macht, überhaupt vertrauen?
Klare Antwort von mir: ebenfalls nein.
Und noch frage ich weiter: kann ich privaten Sendern überhaupt vertrauen?
Auf die Frage fehlt mir noch die passende Antwort.

Das war nun doch zu einfach. VERTRAUEN kannst Du den Meldungen, nur sind diese eben plakativ und meist mit einer Schlagzeile aufgezogen. Und es fehlen meist tiefgründige Hintergrundinformationen. Das ist eben der Unterschied.
Erfunden und "akualisiert" (siehe BILD) wird da nichts.

Kenne aus den Anfangstagen des Privatradios aber Sender, die gezielt nachmittags/abends eine Art "Tagesreport" gesendet haben. Derzeit ist mir mit Ausnahme von mainFM bewusst kein Sender bekannt, der dies macht- man möge mich korrigieren.
 
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Zitat @victoria01: "Erfunden und "akualisiert" (siehe BILD) wird da nichts."

...aber aber, mein alter Profi Victoria. Wieviele Zeitungspakete von BILD möchtest Du denn haben, wo in Meldungen alles (ALLES!!) erfunden, erstunken und auch (Tagesgeschäft) "aktualisiert" wurde/wird.

Gruß vom Ablauscher
 
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Huii, mir gefällt diese Diskussion.
Das entscheidende Kriterium für Nachrichten ist doch wohl: Ist die Nachricht wahr und inhaltlich korrekt? Wie diese Nachrichten dann zusammengestellt und präsentiert werden, ist doch dann fast schon zweitrangig. Ich betone: fast. Denn je lockerer und flapsiger etwas formuliert wird, umso größer ist auch die Gefahr, dass da Ungenauigkeiten und Wertungen reinkommen.
Und grundsätzlich ist deshalb gegen die Nachrichten in einem bunten, lauten Programm nichts einzuwenden. Machen wir uns aber nichts vor: Vielen Hörern wird es wohl auch reichen, das Themen angesprochen werden, anstatt sie ausführlich zu behandeln. Viele Sender werben ja mit einem Solgan wie "Hier erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen" und meinen eigentlich "Hier hören Sie von allem etwas, wovon Sie mal gehört haben müssen."

FC
 
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Auf der Charivari-Homepage gibt es ja auch eine Nachrichten-Rubrik. Und so wie es da formuliert ist, will man es ganz gewiss nicht im Radio hören. Beispiel:
SoFFin legt angeblich am Donnerstag Übernahmeangebot für HRE vor
Derzeit wird die Hypo Real Estate mit Hilfen von 102 Milliarden Euro künstlich am Leben gehalten
Frankfurt/Main (ddp). Der staatliche Bankenrettungsfonds SoFFin wird Kreisen zufolge am Donnerstagmorgen ein Übernahmeangebot für die Aktien des schwer angeschlagenen Münchener Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate vorlegen. ...
Aber, Online und onair sind auch nur bedingt zu vergleichen. Schon klar.
Kreisen zufolge... grüßt:
FC
 
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"Erfunden und "akualisiert" (siehe BILD)
werter Ablauscher: Genau das meinte ich ja.... bei Bild war es und ist es teilweise noch Usus, bei den Privatstationen aber GARANTIERT NICHT. Dort sitzt man höchstens mal mangels background und eigenem Korrespondentenstab einer Ente auf...
 
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Puh, hier werden einige Dinge etwas vermengt, meiner Meinung nach. Es ist ein sehr komplexes Thema. Die Frage ist zum einen, wo der private im Gegensatz zum Öffi die Prioritäten setzt. Während der Öffi über den Fortschritt bei einer Kirchensanierung berichtet, thematisiert der "Private" eher, dass es ab sofort im Nebenraum besagter Kirche eine neue öffentliche Toilette gibt.
Dann gibt es weitere Phänomene: Mangels Recherchekapazitäten werden Zeitungen als Quelle angeführt, gern und vor allem morgens wird dabei gern auch BILD nachgeplappert.
Ferner gibt es Unterschiede in der Präsentation: Pseudo-Schalten, in denen per Frage an einen Korri ein Aufsager angetextet wird, klingen nicht authentisch und gestelzt. Dann werden gerne auch Misch-Darstellungsformen genommen, die streng genommen in den News nix zu suchen haben, wie etwa eine angedeutete Kurzreportage. Diese bspw. rückt in die Nachrichten, da für solcherlei Präsentationsformen im sonstigen leeren Flächenprogramm kein Platz eingeräumt wird.
Ergo: Nachrichten sollten von der Präsentation her Nachrichten sein, rückt man sehr weit von der klassischen Präsentation ab, sollte das auch im Titel kenntlich gemacht werden.
Weiterhin machen sich Nachrichten für mich unglaubwürdig, wenn innerhalb dieser fleißig geclaimt wird, wie zum Bsp. bei Hitradio RTL, die behaupten, mit den dargereichten Informationen einen "Informationsvorsprung" (wem gegenüber? Der Tageszeitung etwa?) zu haben. Bei näherer Betrachtung sind die Schnittmengen zwischen diesen Nachrichten und dem SachsenSpiegel oder MDR aktuell relativ gering.
Dementsprechend fühle ich mich bei solcherlei Nachrichten nicht ansatzweise ausreichend informiert und MUSS mir weitere Medien zur Ergänzung her nehmen.
Aber ähnlich ergeht es mir ja auch beim Konsumieren von RTL aktuell.
Frage also immer: Welche Zielgruppe will ich erreichen? Und: Erreiche ich sie tatsächlich. Weitere Frage: Gibt es dazu ähnlich umfangreiche "Researchs" wie im Bereich der Musik? Und wenn ja: Wie glaubwürdig sind sie?
 
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Dann gibt es weitere Phänomene: Mangels Recherchekapazitäten werden Zeitungen als Quelle angeführt, gern und vor allem morgens wird dabei gern auch BILD nachgeplappert.
Das erinnert mich stark an Radio Brenner, Radio M1 und die anderen aus Südtirol :D

Ferner gibt es Unterschiede in der Präsentation: Pseudo-Schalten, in denen per Frage an einen Korri ein Aufsager angetextet wird, klingen nicht authentisch und gestelzt

Stimmt. Hatte ich in meinen postings vergessen/übersehen. Stinkt mir trotz Einsatz für Privatradio auch: Die "getürkten" angeblichen Original-Berichte von einem "Korrespondenten" vor Ort, der in Wahrheit neben auf der Kloschüssel sitzt und vom Blatt abliest. Wenn es nicht "sitzt", klingt es peinlich.

Dementsprechend fühle ich mich bei solcherlei Nachrichten nicht ansatzweise ausreichend informiert und MUSS mir weitere Medien zur Ergänzung her nehmen.
Geht mir genauso. Trotz.... siehe oben.

Und: claims haben IN den news nichts zu suchen, maximal einmal am Anfang. Da denke ich formatmässig auch altmodisch.

RTL aktuell hat für mich bei den privaten TV-Stationen noch den höchsten Glaubwürdigkeitsanspruch, auch dank Peter Kloeppel.

Interessant: Gerade dieser argumentiert jetzt gegen ARD und ZDF- diese würden Programmschwerpunkte der privaten Sender imitieren...
http://satundkabel.magnus.de/medien...-gegen-ard-und-zdf-privatsender-imitiert.html
 
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werter Ablauscher: Genau das meinte ich ja.... bei Bild war es und ist es teilweise noch Usus, bei den Privatstationen aber GARANTIERT NICHT. Dort sitzt man höchstens mal mangels background und eigenem Korrespondentenstab einer Ente auf...

verneige mich entschuldigenderweise:cool:

alles gute Argumente, bin auch mit @sachsenradio vollkommen einig und natürlich mit victor01;)
 
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Liebe Kollegen,

leider ist es so, dass zumindest die Programmchefs, die ich kenne, die Auffassung vertreten, die Hörfunknachrichten (despektierlich "News" genannt) müssten sowas wie die Bildzeitung fürs Ohr sein. Ferner halten Sie den Hörer auch für dumm. Auch kursiert die Auffassung, dass den Hörer überwiegend die Region und vielleicht auch noch Deutschland interessiert, keinesfalls aber Auslandsmeldungen. In unserer Redaktion liegt ein erdachtes "Profil" eines Hörers unseres Senders, so, wie ihn sich unser Programmchef ausgedacht hat ( bildungsfern, Bild-Zeitungsleser, katstrophengeil, DSDS und Junglecampseher, Fußballfreak, Couchpotatoe). Der Programmchef steht aber mit seiner Auffassung nicht alleine.

Deshalb meine Frage Wieso geht man eigentlich immer davon aus, dass nur Idioten Privatfunk hören???

Solange Programmchefs (hoffentlich finden zahlreiche von ihnen diesen Thread, damit man mit ihnen mal hier anonym diskutieren kann, ohne seinen Job aufs Spiel zu setzen) immer vom DAH (dümmsten anzunehmenden Hörer) ausgehen. wird sich daran nicht viel ändern. Ich bin sicher, dass sehr viele Kollegen Nachrichten schreiben müssen, hinter denen sie gar nicht stehen, sondern, weil sie Geld verdienen wollen, die Klappe halten und die Vorgaben einhalten müssen.

Eben jene Programmchefs sollte man mal fragen, ob sie sich nach dem Hören der Nachrichten im eigenen Sender informiert fühlen, oder nicht doch heimlich umschalten, um bei der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz mitzubekommen, was eigentlich neben irgendwelchen Stars und Sternchen -Geblubber und (vermeintlichen) Katastrophen eigentlich wirklich auf der Welt passiert ist.

Das gilt auch für einen Kollegen von mir, der mir mal den Satz bei einer solchen Diskussion um die Ohren schlug: "Is doch egal, was gesagt wird, Hauptsache, es klingt gut". War einer der seltenen Momente, bei denen mir wirklich keine Antwort mehr einfiel.

Und da wären wir auch schon bei einem vor ein paar Wochen an anderer Stelle diskutierten Thema: die Formulierung. Wehe, wenn es (vermeintlich) zu kompliziert formuliert wird ... nicht zu vergessen: Die "Verpackung": Reißerische US-Newsjingles, Bumper, Stinger und Trenner sind ja hörbar auf dem Vormarsch ... leider. Und schließlich: O-Ton-Zwang.
 
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Das ist doch irgendwie ein Teufelskreis. Diejenigen, von denen die Dudelsendermacher glauben, dass sie gar nicht erst einschalten, schalten auch nicht ein.
 
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Kann ich bei manchen Privaten die Nachrichten als ernst und seriös ansehen, wenn 2 Minuten vorher noch ein eher primitives Programm gelaufen ist?

Warum eigentlich nicht? Das heute journal im ZDF wird doch auch nicht schlechter, weil zuvor ein Rosamunde-Pilcher-Film lief.
Die Zuschauer können das trennen, denke ich.
ZuHÖRER vermutlich auch.

Ich würde Format C zustimmen:
Das entscheidende Kriterium für Nachrichten ist doch wohl: Ist die Nachricht wahr und inhaltlich korrekt?

Und da liegt, glaube ich, nicht nur bei den Privaten das Problem.

Auch im öffentlich-rechtlichen Hörfunk wird die Recherche hinter den Nachrichten immer schwieriger.

Bizarrerweise zeigt sich das oft in Programmen, die besonders viele Nachrichtensendungen machen.
Denn wenn die Redakteure alle halbe Stunde zur "Show" ins Studio müssen - wo soll da (bei meist ausgedünnter Personaldecke) noch Zeit für gründliche Recherche bleiben?

Die Recherche beschränkt sich da notgewzungen oft auf den Abgleich von Agenturmeldungen.
Aber genügt das?

Mir jedenfalls scheint die Diskussion über die Qualität von Hörfunk-Nachrichten nur Teil eines größeren Problems.

Nämlich: Wo bleibt im Radio die Recherche?
Und: Fehlt sie? Oder ist das halt die Folge der Entscheidung, sich als Nebenbeimedium zu definieren? Und es reicht uns eben
dass Themen angesprochen werden, anstatt sie ausführlich zu behandeln.
?
 
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Ich bin sicher, dass sehr viele Kollegen Nachrichten schreiben müssen, hinter denen sie gar nicht stehen, sondern, weil sie Geld verdienen wollen, die Klappe halten und die Vorgaben einhalten müssen.
Das trifft sicherlich nicht nur auf Nachrichten-Kollegen zu. Ich gebe Dir uneingeschränkt recht, und auch ich spekuliere auf so manchen (privaten) Programmchef, der sich diese Diskussion durchliest.

Übrigens rechne ich täglich mit einer PN von Charivari. Leider ist bisher noch keine gekommen, aber, hey, lieber Charivari-Nachrichten-Chef, wenn Du das hier liest und mir dazu etwas mitteilen möchtest: ich würde mich sehr über eine - Achtung, Wortspiel - NACHRICHT :D freuen!
 
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Glaube kaum, daß Dir Catrin Wolf aus ihrem Alltag berichtet oder Thomas eine PN tippt. Wäre ungewöhnlich und ist seltenst trotz provokanter Themen und verbaler Angriffe passiert...
Die von Dir und anderen monierten Nachrichten... ganz einfach aus folgenden bereits von mir bereits erwähnten Gründen:
Nochmal zur Erinnerung: Wir brauchen nicht auf jeder Welle gleich zu klingen und den selben Tiefgang
und
Es gibt Sender, die WOLLEN so klingen wie sie klingen. Die WOLLEN mehr boulevardeske (und/oder lokale) News. Und wer mal in NRW,BW oder Bayern bei einem Lokalradio gearbeitet hat, weiß, daß auch dies ungeheuer viel Arbeit für ein meist kleines Team ist.

Was anderes würde ggf. in einer (un)möglichen PN auch nicht drinstehen...
 
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Falls dieses Beispiel für reichlich boulevardeske Nachrichten einer ARD-Landeswelle noch jemanden interessiert, der die Diskussion über NDR 1 Niedersachsen nicht verfolgt:

Heute während der 9.00 Uhr-Nachrichten der mit Abstand längste Beitrag: "Nadja Benaissa verhaftet"! - Nicht etwa eine Meldung in einem Satz. Nein, es wurde noch lang und breit über den Werdegang der "No Angels" gesprochen. - Ist denn nichts Niedersachsen bewegendes passiert, mit dem die Zeit hätte "gefüllt" werden können? Oder anders gefragt, nach welchen Gesichtspunkten wird die Länge und Ausführlichkeit einer Meldung in Hannover bewertet?

Anmerkung: Dass sie durch die Landen gev***** hat und Leute mit HIV infiziert haben soll, wurde nicht erwähnt!
 
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Wenn man nichts zu erzählen hat, macht man es auch wie Hitradio RTL Sachsen gestern (14.4.) in den Nachrichten 10.30:

Von der Art und Weise der Präsentation mal ganz abgesehen quasselte man eine Meldung breit, in der man dem Hörer mitteilte, dass und welche Zahlen das Buddhistische Standesamt (oder wie das heißt) in Wiesbaden zu Im- und Export veröffentlich hat - eine ungeheure Latte zweistelliger Prozentzahlen in x verschiedenen Zusammenhängen, die sich kein Hörer merken kann - schon gar nicht, wenn er sie im Dauerfeuerstil zwischen 10 und 11 vorgeschossen bekommt.

Der Clou daran: diese Agenturmeldung hatte ich bereits vor knapp einer Woche (!) in der Hand und es erging der Beschluss: Das hat in den Nachrichten so nichts verloren, weil es nicht in einen für den Hörer erfassbaren Text zu fassen ist. Also nicht nur alter Mist, sondern überhaupt Mist. Und das nur, damit man zwischen 10 und 11 was zu erzählen hat.
 
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Es ist leider bei den ÖR-Wellen, die in direkter Konkurrenz zu privaten Dampfdudlern stehen, auch eine traurige Boulevardisierung festzustellen. Das muss man leider mal so sehen. Und dazu kommt, dass die Personaldecke bei den ÖRs auch immer dünner wird.

Sie war früher eindeutig zu dick, das steht außer Frage. Als ich beim Funk anfing, haben wir zu noch viert Nachrichten gemacht: Redakteur, Sekretärin, Student der die Tickermeldungen abriss, Sprecher. Wenn man den Techniker dazurechnet, sogar fünf. Und das in den Randzeiten, wohlgemerkt :wow: -

Da sitzt heutzutage nur noch einer. Der ist freier Mitarbeiter und beschränkt sich darauf, dieselben ddp-Meldungen abzukupfern wie die Privaten und klaglos den Einlauf vom Wortchef hinzunehmen, dass er den neuesten Aufreger des Tages, den morgen keine Sau mehr interessiert, nicht auf der Eins vermeldet hat wie Hitradio Schieß-mich-tot.

Weil: der kleine freier Mitarbeiter ist - der Name sagt es bereits - kein festangestellter unkündbarer Dienstleiter, der dem Wortchef was erzählen würde nach dem Motto: "Die Nachricht bin ich". Sondern er ist ein kleiner freier Fuzzi, der schneller draußen ist als er sich absagen kann.

Aber trotzdem würde der sich (hoffentlich) eine Meldung verkneifen, wie sie ein Privatsender zu Ostern verkündete: "Die Benzinpreise sind heute am Ostermontag wieder gesunken. Sie waren vor den Feiertagen kräftig nach oben geklettert und dürften danach noch einmal nach unten gehen. Der Liter Normalbenzin kostet derzeit... usw."

Toll. Muss man melden, dass morgens die Sonne auf- und abends wieder untergeht?
 
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...erinnert mich an die legendäre Wettervorhersage, daß gegen Abend mit zunehmender Dunkelheit zu rechnen sei.... :D
Aber das gehört eigentlich in die Sprachlotterei.
 
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Nachdem ich den Faden nun ganz durchgelesen habe, bleibt mir die Eingangsfrage hängen: Einer boulevardesken Nachrichtenmeldung/Sendung vertrauen?

Dem möchte ich ein paar Fragen anhängen: Was heißt "vertrauen" an dieser Stelle? Davor steht doch die Frage, welche Inhalte ich als Hörer überhaupt erwarte. Welche Relevanz hat der Inhalt einer Meldung für mich?

Die klassische alte Nachrichtenschule geht von relevanter Information für den Hörer aus und meint damit "gesellschaftlich-politische Relevanz". Mit im Boot ist auch eine Haltung "soziokulturellen Anspruchs".

Die Gestalter "moderner" Nachrichten verfechten dagegen die Linie des Infotainments. Man will seine Hörer mit den dargebotenen Inhalten auch unterhalten, was sich in Auswahl, Formulierung und Präsentationsform entsprechend niederschlägt.

Letzteres Konzept dürfte aus den Erkenntnissen des Marketing rühren, dass die meisten Menschen auf das Ansteuern emotionaler Kanäle stärker und schneller ansprechen als auf die Notwendigkeit, das Gehörte rational zu durchdringen und einzuordnen.

Und nun zur Eingangsfrage: Wer sich nur auf diesem einfachen, leicht verarbeitbaren Kanal bewegt als Hörer, dem ist es auch schnell Wurscht, ob das alles so korrekt ist, was da läuft. "Vertrauen" ist also bei der anvisierten Hörerschaft gar nicht erwartet.

Es ist wohl so: Diversen (Nebenbei)Hörern ist diese Vertrauensfrage in Nachrichten ziemlich Wurscht. Das würde erst komisch, wenn die Meldung vom Feuer im Betrieb, in dem der Ehepartner arbeitet, sich als lustige bunte Ente rausstellt mit kleinem Ortsfehler - "war gar nicht die Filiale in Köln, sondern die in Düsseldorf" ..... ;)
 
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Und nun zur Eingangsfrage: Wer sich nur auf diesem einfachen, leicht verarbeitbaren Kanal bewegt als Hörer, dem ist es auch schnell Wurscht, ob das alles so korrekt ist, was da läuft. "Vertrauen" ist also bei der anvisierten Hörerschaft gar nicht erwartet.

DAS sehe ich nicht so. Sonst müsste man im Umkehrschluss sagen, daß die Hörer der privaten Stationen innerlich darauf vorbereitet sind, daß sie oft Enten, Lügen und schlecht formuliertes vorgesetzt bekommen. Das Vertrauen in die Richtigkeit der news muß schon gegeben sein.
Eine andere Frage ist:
a) WELCHE news nehme ich überhaupt rein (towa hatte da mal vor kurzem einen interessanten thread, vermisse sowieso seine Einmischung zu diesem Thema)
b) wie kurz und knapp formuliere ich, (siehe towa-thread)
c) mit und ohne Spitzmarke/Schlagzeile
und wie integriere ich die Nachrichten in mein Programm?

So sind eben die news bei BBC London anders aufgebaut und anders präsentiert als die von Capital Radio.... Und jeder dort weiß um die Glaubwürdigkeit, Neutralität und Recherche der BBC.
Warum sollte es hier anders sein?
Selbst bei den öffentlich-rechtlichen Stationen gibt es innerhalb der Wellen Unterschiede:
hr3 knapp und kurz und jede halbe Stunde (tagsüber)
hr1 info ausführlicher
Wenn ich also eine poporientierte Welle zum Zuhören im Äther habe,müss(t)en die news entsprechend dem on-air-design angepasst sein. Nichts anderes will man in München. Ich sehe den kulturellen Untergang des Abendlands nicht.
Wenn ich ausführliche und mit background-infos versehene news will, schalte ich dort (München) DLF oder B5 aktuell ein.
 
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... die news entsprechend dem on-air-design angepasst ... Nichts anderes will man in München.

Stimmt nur dann, wenn der Sender erklärtermaßen ein Lifestyle-Format fährt, das im ganzen dem Format von Illustrierten á la BUNTE, und SUPER ILLU sowie Tagesblättern á la BILD und MoPo entspricht. Ansonsten hat die Art und Weise der Nachrichtenpräsentation nur bedingt mit Inhalten zu tun und betrifft vor allem die Ausführlichkeit der Meldungen, die zwangsläufig mangels (Sprech-) Zeit leiden muss. 4 Meldungen in drei Minuten können nur mehr noch den Charakter einer Headline haben, was wiederum keinesfalls mit Aktualität und Richtigkeit der Meldungen kollidieren muss.

Das kritisierte Jobangebot lässt jedoch gar keinen anderen Schluß zu, als dass es nicht um die Produktion dessen geht, was unter "Nachrichten" hier noch immer von den meisten verstanden wird, sondern eher um ein dreiminütiges Klatschmagazin jeweils zur vollen Stunde.

Was ich mich allerdings frage, ist, ob das auch mit Blick auf diese Anmerkung
... einziges Kriterium ...:"Was die 25-jährige Berlinerin wissen muss, um durch den Tag zu kommen."
nicht sogar ein verschärftes Problem in den Metropolen jeweils der Länder ist. Je größer und je Multi-Kulti, desto verrückter.
 
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Ein ÖR-Sender ist aber auch kein Garant mehr für wirklich gute Nachrichten. Mal ganz abgesehen von der politischen Färbung des Senders, entdecke ich regelmäßig Züge von Boulevard und Trivialität bei der Informationsgewinnung über ÖR Radiosender wie SWR1.

Mal an einem Thema verdeutlicht. Als vor Tagen die Thailandkrise wieder ausbrach, habe ich sehr aufmerksam Radio gehört. In den SWR1 Nachrichten kam eine kurze Meldung "über den Stand der Dinge". OK, mehr müssen Kurznachrichten nicht bringen. Aber im laufenden Programm dann kamen kurze Einspieler zur Thematik, natürlich knapp verpackt zwischen der ewig gleichen Musik. Und auch dort wurde man nicht wirklich informiert. Es ging viel eher um die Belange der Tourismusindustrie und den Deutschen, die von oder nach Thailand fliegen. So ungefähr das was man von RTL oder SAT1 erwarten könnte.

Am Ende des Tages war ich nicht schlauer als zuvor. Wer sind die Rothemden? Was wollen sie? Welchem politischen Spektrum gehören die Gelbhemden an? An vertiefenden Informationen über die 2-Minuten-Einspieler hinweg kam nichts. Und das ist mehr als enttäuschend für einen ÖR-Sender.

Die lokalen Nachrichten sind meist ebenso trivial und seicht. In den Weltnachrichten geht der Fokus nur auf das "was man kennt". Frankreich, USA, ein bisschen Russland. Mehr erfährt man auch hier nicht. Und nie ausführlich da es immer Häppchen sind die man möglichst leicht vorgesetzt bekommen möchte.

Jetzt kommt sichergleich das Argument, man kann ja DLF hören. Sicher. Aber sollte ein 1.Programm eines ÖR nicht fundierter und tiefer informieren? Die Zielgruppe des Senders ist doch älter und hört gerne mal eine Stunde Wortbeiträge an. Nochmal der Blick in die Schweiz: DRS 1 informiert abends 1 Stunde am Stück, und im ganzen Programm sind Beiträge eingestreut, wo nicht auf die Uhr geblickt wird, sondern sich ungezwungene und ausführliche Informationen heraus gewinnen lassen.

SWR 1 klingt mir für deren Auftrag und deren Potential einfach zu billig und geistlos. Sicher eine Folge der gesamten Entwicklung der Radiolandschaft. Aber man sollte nicht aufhören, mehr zu erwarten. Ich zahle auch jeden Monat meine GEZ und diesen Monat wurde schon wieder erhöht. Für solch einfachgestricktes Beiprogramm sehe ich das bald nicht mehr ein.
 
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Kenne die Struktur des SWR nicht, aber bei uns in NRW bietet der WDR mit seinem "5er" genau das Geforderte. Schon die Nachrichten sind etwas länger und "trockener" als bei der Info-Welle WDR 2, ganz zu schweigen von den regelmäßigen, politischen Sendungen in der Fläche. Ausführliche Hintergrundberichterstattung gehört auch auf die Sendestrecke und nicht in die Nachrichten, die ja etwas möglichst Aktuelles bringen sollen, und das bestenfalls irgendwo einordnen, oder habe ich da etwas falsch verstanden?

radiovictoria1 schrieb:
DAS sehe ich nicht so. Sonst müsste man im Umkehrschluss sagen, daß die Hörer der privaten Stationen innerlich darauf vorbereitet sind, daß sie oft Enten, Lügen und schlecht formuliertes vorgesetzt bekommen. Das Vertrauen in die Richtigkeit der news muß schon gegeben sein.
Ja, den Umkehrschluss teile ich. Mit dem hier am Ende zitierten Satz bin ich allerdings nicht einverstanden. Was sagt der aus? Wer fordert "Vertrauen in Richtigkeit"? Und ich meine eben, dass es vielen Nebenbeihörern solcher News in dem Stil in vielen Fällen völlig egal ist, ob das alles so genau stimmt.... Ich mach mal n Beispiel: Wenn mir ein Radio-Onkel in den Nachrichten erzählt, dass Titney Biers wieder geheiratet hat, dann ist es mir doch völlig egal, ob das grade stimmt, weil diese Meldung keine Relevanz für mich hat. Ich wurde mehr oder weniger unterhalten, hier ehr abstossend. Die Meldung über einen Yorkshire-Terrier, der in Zuffenhausen einen gewissen Herrn Wideking gebissen hat, würde mich besser unterhalten, aber auch da hätte es keinerlei Relevanz, wenn es nur eine Oma auf der Straße war, die gekniffen wurde.... Anders sieht es aus, wenn ich ein Auto des Herrn Wideking fahre, und der mir mitteilt, dass die Baunummern xxxxxx bis zzzzz wegen eines gefährlichen Fehlers in der Lenkung dringend in die Werkstatt müssen. DA stelt sich die Vertrauensfrage, nämlich derart, ob ein angesprochener Boulevardesker Sender solche Meldungen überhaupt (und dann richtig) bringt. Wenn die Zielgruppe - hier "W:Fahrer":D - nicht gemeint ist, geht sowas gerne durch im infotainment.... wohlmöglich sogar soziologisch unerwünscht...
;)
 
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Wenn mir ein Radio-Onkel in den Nachrichten erzählt, dass Titney Biers wieder geheiratet hat, dann ist es ...

leider durchaus legitim, wenngleich ich selbstverständlich (!) auch der Meinung bin, das solche Meldungen nicht in die Nachrichten gehören. Wer da meint, mit solchen Dingen verstoße ein Sender gegen irgendwelches Recht, der irrt. In seiner MA-Kolumne vom 4.3. 09 erwähnt Christoph Lemmer die Auschreibung von RPR1-Frequenzen und zitiert den Sprecher der LMK RP, Dr. Joachim Kind.

http://www.radioszene.de/news/bitterlemmer_MA_040309.htm schrieb:
Dann steht im Ausschreibungstext auch noch, dass der künftige Sender tagsüber mindestens 100 Minuten Information zu senden hätte. Woher diese Zahl? Einfach aus früheren Auschreibungen übernommen, sagt Sprecher Kind. Dann heißt es noch, dass zwar Klatsch zu Information zähle, nicht aber Wetter und Verkehr. Diese Definition hätte ihn auch zuerst gewundert, sagt Kind, sie sei aber ebenfalls schon immer so gewesen.

Perfekt! Die gebührenfinanzierten Regelmacher schauen dem zu und lassen gewähren. Klar - für sie ist ja auch nur interessant, was durch den Vordereingang, erst recht aber durch die Hintertür in ihre Taschen wandert. Lobbyisten eben.

Lemmer weiter:
Hier offenbart eine gebührenfinanzierte Instanz derart gravierende Widersprüche, dass sie nur hoffen kann, niemals zu sehr ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Das wird nicht passieren, weil Deutsche keine Franzosen, Hörer grundsätzlich bequem und somit Proteste ausgeschlossen sind.

Die Zukunft gestalten jedenfalls andere.
sagt Lemmer abschließend, lässt aber leider im Dunkeln, wer.

Mit solchen Dingen wie Tit/t/ney Biers o.ä. darf sich der Moderator eines Pop-Formates gern im Verlauf sonst eher sinnleerer Sendungen befassen. Dann hat er außer Claimbeten wenigstens noch etwas zu erzählen. Solange es keine verbindlichen Konventionen gibt, die zur Erstellung und Präsentation von Nachrichten klassenweise je einen Fahrplan vorgeben, wird man als Nachrichtenredakteur oder besser -ersteller zumindest gelegentlich thematisch etwas danebengreifen, was durchaus menschlich wäre. Für den Hörer bedeutet die Freiheit des Redakteurs, dass er für sich entscheiden muss, wo und wie er sich informiert.
Für jedes Format gilt: Um Gottes Willen auch den geringsten Abschaltimpuls vermeiden! Nachrichten sind für manchen Hörer schon einer an sich und wie auch immer man sie gestaltet: Sie werden einer bleiben. Für die meisten Radios wäre es wohl das beste, man würde sie gänzlich davon befreien. Dann müssten sie auch nicht mehr so peinliche Jobangebote verfassen wie

"Suchen Nachrichtenredakteur- und Sprecher/in für mehrjähriges Volontariat. Vorraussetzungen: Hochschulstudium, mind. 1 abgeschl. Volontariat und mind. 5 Jahre Berufserfahrung bei mind. 10 Sendern".

Unterbezahlte Überqualifikation; damit Radiomachen ja nicht zu teuer wird.
 
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Leider verstehen einige Kollegen nicht, daß Nachrichten nicht "einfach so" in die Luft geblasen, sondern im Idealfall fein abgestuft für die jeweilige Zielgruppe und deren aktuelle Situation eingependelt werden sollten.

"Was soll der Hörer mit dieser Nachricht anfangen?"
Diese Frage sollten sich Nachrichtenredakteure stellen, bevor sie entscheiden.

Vermutlich jeder Sender hat doch ein "Idealbild" eines Hörers. Wie alt er ist, woher er kommt, wie sein Leben aussieht, welche Musik er mag.

Was ist schlecht daran, die Nachrichten entsprechend dieser Zielgruppe auszurichten?

Einem jugendlichen Publikum in den "News" die neuesten Steuerpläne der Regierung um die Ohren zu hauen, ist doch grober Unfug - bestenfalls.

Den Tod von Ernst Mosch würde ich hingegen auch nur in einem Programm für Ältere vermelden.

Aber letztendlich - auch wenn's Zeit kostet - einfach immer fragen: "Was soll die Nachricht beim Hörer bewirken?" Wenn mir dazu nichts einfällt - ab in die Tonne damit.
 
AW: Qualität von Nachrichten: ein Fallbeispiel

Bravo, ToWa! Sehr weise. :) Bliebe nur noch die Frage, wie weit der Begriff "Nachrichten" gehen sollte. Kann man ja tendenziell eher so oder eher so verstehen. Schließlich sind Promiklatsch und erschossene Hofhamster evtl. genauso aktuelle Meldungen im Sinne des Wortes wie eine Außenministerkonferenz oder die angesprochenen
ToWa schrieb:
neuesten Steuerpläne der Regierung
....

Sollte der Begriff "Nachrichten" nicht besser von Infotainment stärker abgegrenzt werden, um falsche Erwartungshaltungen zu vermeiden (siehe Eingangsposting von "Gelb"), oder ist es okay, weil einfach sachlich korrekt und überhaupt haben die Old-Schooler keinen Alleinvertretungsanspruch auf den Begriff mit ihren seriösen Vorstellungen?! :confused:
 
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