Qualität von Nachrichten: ein Fallbeispiel

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Frag' doch mal in Deinem Bekanntenkreis, wer Angehörige beim Absturz verloren hat. Vermutlich wird es niemanden geben.

Womit wir wieder beim Thema wären: "Relevanz von Nachrichten".

Ich habe die Meldung vor 2 Stunden im Internet aufgegabelt. Traurig. Aber für mich gänzlich ohne Relevanz. Wieso soll ich mich dafür interessieren? Ich kenne niemanden, der abgestürzt ist. Ich kenne meistens auch niemanden, der mit dem Auto verunglückt. Diese Meldungen werden in der Regionalpresse verbreitet.

Du hast die Meldung aussortiert? Dann haben Deine Hörer wohl eine Nachricht vorenthalten bekommen, die sie auf der ganzen Welt hörten, nur nicht bei Euch. Sie werden sich diese Nachricht dort dann wohl auch gesucht haben.

Ein Flugzeugunglück ist doch meist der Aufmacher. Oft kann man sich streiten, ob nicht überzogen wird mit Mutamaßungen, pseudoinformativem Gestochere im Nebel. Aber wenn die Berichterstattung da stets so intensiv ist, hat das schon seinen Grund. Die Leute wollen das ganz genau wissen. Sie sitzen nämlich nächsten Monat selbst im Flugzeug, ob in die Türkei, nach New York oder sonstwohin.
 
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Zum einen: es interessiert schon viel mehr Leute als "nur" die Angehoerigen.
Denn nicht wenige muessen sich mit Flugsicherheit beruflich befassen.

Zum zweiten: Der Widerspruch ist fuer mich gerade eben der, dass Vielflieger es GENAU wissen wollen. Nur wegen der "Quote" werden sie mit reisserischen Aufmachern verarscht? Das finde ich unserioes - und, um beim Thread zu bleiben, halte es fuer ein Zeichen MANGELNDER Qualitaet.
 
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Man kann ja durchaus seine Meinung kundtun - das ist Sinn und Zweck der Sache hier. Aber wenn ich zum Xten mal so deutlich gesagt bekäme (man beachte den Konjunktiv!), dass meine alleinige und exotische Meinung zu Nachrichten einfach unmöglich ist, weil ich Nachrichten nur so machen würde, wie ich sie für richtig halte, würde ich freiwillig aufhören, diese immer wieder neu kundzutun.

Dass die Ausführlichkeit und Präzision der Meldungen im großen und ganzen ohnehin ohnehin schon wirtschaftlichem Druck weichen musste, ist an sich übel genug. Dass eine Einzelperson aber ernsthaft zu glauben scheint, IHRE ureigenen Interessen zum Maßstab für Nachrichteninhalte zu machen, lässt mich doch ganz erheblich zweifeln.
Ich kann es mir als Nachrichtenredakteur nicht leisten, nur bis in die eigene Unterhose zu denken. Ich will auch gar nicht wissen, was ich für Hörer hätte, wenn ich das täte.
 
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@ToWa:

Dein Argument kann ich nicht nachvollziehen! Welche Nachrichten sind denn dann für uns noch relevant, wie Gelb es auch passend schrieb?

Es war vermutlich eine 5-köpfige Familie aus Stuttgart an Bord und möglicherweise noch 15 andere Menschen aus Deutschland. Ist diese Tragödie immer noch weit weg für uns hier??

Klamüsern wir das doch mal auseinander...

Also, 26 Deutsche - von 80.000.000 - verlieren Ihr Leben bei einem Flugzeugabsturz. Einem Flugzeugabsturz, der selten ist. Dennoch: Es sind 26 Deutsche. Die kenne ich nicht, und die kennen auch meine Hörer nicht. Was ist jetzt also das Dramatische, das Nachrichtliche an diesem Fall?

Bitte komm' mir jetzt nicht mir: "Aber das war im Ticker rot-unterlegt!!!" Das lasse ich nicht gelten, denn Nachrichtenagenturen leben auch nur von solchen Ereignissen.

Wir haben die Fakten: Flugzeugabsturz einer Air-France-Maschine bei Brasilien.

Wow. Aber da kriege ich selbst als Nachrichtenfreak noch keine Erregung. Die Erregung kommt doch erst als es heisst, daß ein paar Deutsche an Bord waren. Ein Manager, und noch irgendwer.

Interessiert mich aber immer noch nicht. Wo ist da eigentlich die News? Gibt es echt Leute am Frankfurter Flughafen, die auf ihre Angehörigen warten? Ehrlich? Packt die in einen 7-Sitzer und ab zum Therapeuten. Die Welt dreht sich weiter!
 
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Also, 26 Deutsche - von 80.000.000 - verlieren Ihr Leben bei einem Flugzeugabsturz. ...Die kenne ich nicht, und die kennen auch meine Hörer nicht. Was ist jetzt also das Dramatische, das Nachrichtliche an diesem Fall?

@ToWa
Würdest Du bitte als gate-keeper bei Deinen Nachrichten mal exakt definieren, was bei Dir "Nachricht" ausmacht, welche Nachricht es wert ist, Deiner Meinung nach gesendet zu werden und was bei Dir durch das Raster fällt?
Es wird mit Sicherheit bei Dir auch eine "äußere" und eine "innere" Gewichtung der Nachrichten geben, die Du präsentierst.
Ob Du oder ob Deine Hörer die Opfer und Hinterbliebenen des Absturzes persönlich kennen - das ist wurscht. Fakt ist der Absturz der Maschine, und es hat wohl keine Überlebenden gegeben, aber das wissen wir ja noch nicht genau.
Der Absturz ist die "News", das ist das Nachrichtliche - nur um Deine Frage aus dem o.a. Zitat zu beantworten.

2Stain
 
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@ToWa:

Du lehnst dich bewusst weit aus dem Fenster und erwartest vermutlich auch ordentlichen Gegenwind. Deine Anonymität hilft dir dabei...

Dann drehen wir den Spieß einmal um: welche Nachrichten wären denn für dich relevant? Winnenden? Dort sind auch "nur" 16 Menschen ums Leben gekommen. Leider!

Also ist für deinen Sender (alias Nachrichtenwüste) nur die bevorstehende Eiszeit und Apokalypse erwähnenswert? Das glaubst du doch nicht ernsthaft, oder??
 
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Für mich ist Winnenden wichtiger als ein Flugzeugabsturz, klar. Aber für mich ist Winnenden nur zeitlich begrenzt eine "1" wert, der Flugzeugabsturz noch mehr zeitlich begrenzt. Ich weiß nicht mehr, warum, der TV dudelte im Hintergrund, aber seltsamerweise schaffte es der Absturz auf 1 in meinem MDR-Ländermagazin. *hust*
Komischerweise kam der erste Schweinegrippefall in Sachsen erst weiter hinten. War die Grippe nicht mal auf 1, als es in Deutschland überhaupt noch keine Fälle gab?
Ich pflichte ToWa in vielen Punkten bei.
Dass ein Absturz passiert ist, ok. Dass da viell. 20 Deutsche um's Leben gekommen - ok. Aber wonach soll ich mich richten, wenn auf 1 und in epischer Breite über die Suchaktion der brasilianischen Armee berichtet wird?
Da ist Karstadt, Opel, die KITA-Streiks ... deutlich wichtiger, als ein abgestürztes Flugzeug vor der brasilianischen Küste.
Ich pflichte bei: DAS ist Sensationsjournalismus. Nicht so krass wie bei "Blutbädern", aber in Ansätzen schon da.
 
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Ich pflichte ToWa in vielen Punkten bei.
Seine Nachrichten hätten vermutlich heute die Tops gehabt:

1. Die T-Com-Tochter T-Mobile will demnächst endlich auch Internettelefonie zu Anbietern wie Skype für (nur!) 10 Euronen/Monat anbieten, was bisher streng verboten ist. (AFP)

2. Indien hat 400 Mio. Handynutzer. China 600 Mio und die Inder wollen dies demnächst auch noch knacken. (AFP)

DAS ist Sensationsjournalismus.

Nu! (ist auch ein Wort)
 
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Liebster towa, schätze ja Deine nachdenklich machenden Positionen hinsichtlich Relevanz von news. Und bist ja auch lange genug im Geschäft, um sich mal derartige Gedanken zu machen.
Eine news ist ein so recht seltenes Ereignis wie ein Flugzeugabsturz immer, wenn auch -da gebe ich Dir Recht- die 26 deutschen Opfer in den news überbetont werden.
Bringen muss man sie, denn binnen 3 Minuten ist der Airbus vom Himmel verschwunden- und am Blitzeinschlag kann es nicht gelegen haben....
Vermutlich werden wir alle im Laufe des heutigen oder morgigen Tages erfahren, daß dieser als sicher geltende Airbus in gewissen Situationen durch eine Verkettung von unglücklichen Umständen gefärhlich reagiert:
Elektronik wird durch ein Ereignis lahmgelegt (möglicherweise Blitzeinschlag)
Starke Turbulenzen führen zu Gegenreaktionen der eingebauten Mechanismen:
Autopilot setzt zum steilen Sturzflug an, Piloten können diesen in der kurzen Zeit nicht händisch abschalten, Strom setzt aus- kein Notruf möglich...
Der Airbus muß wie eine Rakete aus 11000 Meter Höhe runtergekommen sein.

Und da beginnt der eigentliche Skandal und die eigentliche Nachricht:

Diesen Fall gab es schon mal (mit glimpflichem Ausgang). Er wird in den einschlägigen Piloten-Blogs weltweit disuktiert (die tauschen sich wie wir Radiomacher hier auch untereinander aus). Airbus muß davon gewußt haben (passiert ist nix).
Wir werden vermutlich in Report, Monitor, Panaorama, anderen Sondersendungen und Brennpunkten noch einiges (mehr) hören. Und erfahren.
 
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radiovictoria: Wenn DAS dabei rauskäme, wäre das tatsächlich sogar ne 1er-news. Denn das beträfe sehr viele. Nur: Dazu gehört Recherche... Zur Sensationsmeldung eines Absturzes gehört nur, die Ticker zu übernehmen.
 
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Towa hat vollkommen recht. Natürlich stimmt es, man muss nach dem Asturz vor dem nächsten Flug nach Malle nicht hystherisch werden. Solange geflogen wird, gibt es auch Unfälle, eigentlich wäre viel eher eine Meldung, wie wenig es gibt. Nur ist dies nun mal nicht die Logik seiner Hörer. Die wollen von dem Absturz alles erfahren.

Ich würde solche Fälle übrigens rein nachrichtlich abhandeln. Abgestürzt, Wrackteile gefunden, irgendwelches Suchgerät ist auf dem Weg. Sonst nix. Lasst die Angehörigen in Ruhe, hört mit den wilden Spekulationen über den "eigentlichen Skandal" auf. Das kann ich nach solchen Ereignissen besonders gut leiden, diese Geschwätz der Pseudofachleute.
 
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Vielleicht haben wir unterschiedliche Bedürfnisse, was den Radiokonsum betrifft? Ich möchte unterhalten werden und wissen, was in der Welt, in Deutschland und um mich herum geschieht. Ich bin nicht sensationsgeil, aber ich möchte auch den aktuellen Stand der Dinge wissen, was den Absturz angeht.

Towa bleibt uns immer noch eine Antwort offen, welche Nachrichten für ihn/sie(?) relevant sind und es verdienen, über seinen Äther zu laufen.
 
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ER sagt es doch immer wieder deutlich: Die, die für IHN eine unmittelbare RELEVANZ und Bedeutung haben.
Nur kann man mit dieser Einstellung nicht immer d'accord sein... und besonders keine Nachrichtensendung verantwortlich redaktionell betreuen... (eigentlich nicht :rolleyes:, towa?)
 
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Ich würde solche Fälle übrigens rein nachrichtlich abhandeln. Abgestürzt, Wrackteile gefunden, irgendwelches Suchgerät ist auf dem Weg. Sonst nix. Lasst die Angehörigen in Ruhe, hört mit den wilden Spekulationen über den "eigentlichen Skandal" auf. Das kann ich nach solchen Ereignissen besonders gut leiden, diese Geschwätz der Pseudofachleute.

D´accord! Tja, aber irgendwie muß man die Sendezeit halt füllen, wenn die Faktenlage dünn ist und alle paar Minuten eine Live-Schalte verlangt wird ;)
Ein herausragendes Beispiel für den Irrsinn von künstlich aufgeblasenen Reportagen mit Informationswert um die Null war übrigens die Berichterstattung über den im Sterben liegenden Papst, welche Oliver Kalkofe hier köstlich persifliert: http://www.youtube.com/watch?v=uS-MQcRXKcM
 
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Kommt mir vor wie ein Angler, der Vanillekipferl als Köder an die Rute hängt, "weil die nun mal am besten schmecken".
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30 von möglichen 10 Punkten!
*TränenausdenAugenwisch*
 
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D´accord! Tja, aber irgendwie muß man die Sendezeit halt füllen, wenn die Faktenlage dünn ist und alle paar Minuten eine Live-Schalte verlangt wird ;)

Wer verlangt die eigentlich? Man könnte ja einfach mal drauf verzichten.


Ein herausragendes Beispiel für den Irrsinn von künstlich aufgeblasenen Reportagen mit Informationswert um die Null war übrigens die Berichterstattung über den im Sterben liegenden Papst, welche Oliver Kalkofe hier köstlich persifliert: http://www.youtube.com/watch?v=uS-MQcRXKcM

Köstlich und traurig, denn so fühlt man sich wirklich, wenn man da steht und in acht Schalten täglich die gleichen bekloppten Fragen beantworten soll.
 
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Insgesamt sind mir persönlich die Nachrichten im Hörfunk sehr viel angenehmer als Nachrichten im Fernsehen. Am besten sind die Landeswellen der Öffentlich-Rechtlichen, sie berichten in 5 Minuten über das wichtigste, objektiv und in den W-Fragen. Nachrichten mit Bildern sind viel emotionaler und wirken oft aggressiver. Man regt sich über Fernsehnachrichten sehr viel schneller auf als über Meldungen im Funk. Ich behaupte einfach mal die Nachrichten in den ARD-Radios, abgesehen von den Jugendradios (Schlagzeilen) und Servicewellen (SWR3 etc.) sind sehr viel neutraler. In der Tagesschau erlebe ich immer wieder eine versteckte Meinungsmache in Form von Adjektiven.
 
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