Radio-Nachrichten: Ist ihre Zeit abgelaufen?

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Als Hörer nehme ich bei manchen Sendern die Nachrichten wahr, als würden sie als "lästiges Übel" gesehen auf welches man am liebsten verzichten würde. Dabei gibt man freiwillig den Status als "schnellstes Medium" an das Internet ab. Ein Beispiel: Am Tag der Bekanntgabe des Rücktritts des Papstes hörte ich auf einem Sender Folgendes:"Aus dem Vatikan erreichte uns gerade eine überaus überraschende Meldung. Mehr bei uns in den Nachrichten um 12 Uhr" !?!?!. Natürlich wollte ich gespannt und neugierig nicht auf 12 Uhr warten, sondern fragte mich: "Wa ist da los?". Der Sender hat mich in diesem Moment an das Internet verloren... . Warum macht man sowas?

In diesem konkreten Fall kam die Eilmeldung und bestand eigentlich nur aus dem einen Satz "Der Papst tritt zurück." Würde mich interessieren, wer dich in diesem Moment im Internet besser informiert hat. Davon abgesehen, dass da erst mal jemand was tippen muss, gab es einfach noch nichts zu tippen. Also wäre es nur wilde Spekulation möglich gewesen. Manchmal muss man eine Nachricht einfach mal sacken lassen.

Der Spruch "mehr um 12" ist in diesem Fall wohl eher ein hilfloses "hoffentlich haben wir dann etwas mehr Infos".
 
Nachrichten sind für jeden halbwegs wachen Zeitgenossen nie langweilig. In jeder Nachricht steckt nämlich ein enormer Fundus an Hintergrund und weiterführenden Details.

Langweilig ist hingegen, was die meisten (Radio-) Redaktionen daraus machen. Sie nudeln nämlich den immer gleichen, glattgeschälten und auf eindimensionale Botschaften reduzierten Kern der Nachricht - meistens noch über mehrere Stunden im gleichen Wortlaut -, so dass es selbst dem genügsamsten Hörer bald aus den Ohren heraus hängt.

Um aber aus einer Nachricht alles herauszuholen, was in ihr steckt, müsste man als Redakteur (der man auch erst einmal wirklich sein müsste) eben auch tiefer in die Themen einzusteigen bereits sein, eigenes Wissen und eigene Recherche draufsatteln, Hintergründe ausloten, Zusammenhänge kennen, selbstständig zu denken in der Lage sein, die Zeit haben und bereit sein, von Stunde zu Stunde umzuformulieren und neue Aspekte zu beleuchten und noch Vieles mehr. Davon sind aber unsere News-Designer so weit entfernt wie der Ostfriese vom Mittelmeer.
 
Zum Pabstrücktritt nur so viel, er fand am Nationalfeiertag aller Narren,Rosenmontag, statt. Wie es sich für ordentliche Fassenachter gehört waren wir im Wirtshaus versammelt und im Fernsehen lief die Live - Übertragung des Rosenmontagszuges aus Köln. Als etwas zu diesem Thema bekannt wurde, hat der WDR eine Bauchbinde durchlaufen lassen und die Moderatoren haben es dann auch noch bekannt gegeben. Ich fand mich unter dem Bedingungen gut informiert.
 
Aber die Agenturen (wieder eine pleite) schieben eine Meldung nach der anderen über Systemrelevanzen platter Banken und Staaten und darüber, dass der Steuerzahler für all das natürlich nicht aufkommen muss. Dazu noch zwei OTöne: Einmal Schäuble und einmal Merkel oder einen von diesem Oberverräter des Berufstandes der Journalisten, Seibert... Da hat es sich für alle - Hörer und Macher - erledigt mit Nachrichten!

Man könnte, zumal nach dem Abgang des Projektes des Herrn Vorderdingsda, auch gleich „die Agentur“ schreiben. Bestimmte Tageszeitungen (konkret beobachtet bei den Organen der Bezirksleitungen Dresden und Cottbus) bestehen fast nur noch aus dpa-Texten, die einem schon mit ihrem typischen, ewig gleichen Stil unangenehm auffallen. Die pure Gleichschaltung.


Hinzu kommt dann noch die Verschärfung der Situation aus der Erkenntnis heraus, dass Nachrichten ja ohnehin ein Abschaltfaktor seien: Zwangsverjüngung in jeder Hinsicht. Inhaltlich verjüngen wir die Meldungen bis fast auf deren eigene Headlines.

Noch interessanter finde ich da die Auswahl der Meldungen. Ich kann mir die Phrasendrescherei von der „Lebenswirklichkeit unserer Hörer“ oder irgendsowas in der Art richtig plastisch vorstellen.
 
Auf der Suche nach mehr Informationen zu den detonierten Bomben in Boston
zappte ich vor einer Stunde durch die Berliner Radioprogramme:

Um 6:50 die Nachrichten auf 104.6 RTL und was kam?
"Mehr dazu in einer halben Stunde in den Nachrichten um 7:20 Uhr"
 
Auf der Suche nach mehr Informationen zu den detonierten Bomben in Boston
zappte ich vor einer Stunde durch die Berliner Radioprogramme:

Um 6:50 die Nachrichten auf 104.6 RTL und was kam?
"Mehr dazu in einer halben Stunde in den Nachrichten um 7:20 Uhr"

Hast du ernsthaft erwartet, bei Müllers Truppe fundierte Hintergrundinformationen zu erhalten?
 
Was nationale und internationale News angeht, hat das Medium Radio natürlich an Stellenwert verloren. Sicher lässt man sich das Weltgeschehen vom Nachrichtensprecher gern kurz zusammenfassen; geht dann aber bei Themen, die einen interessieren, ins Netz, um sich Hintergrundinformationen zu besorgen. Wo das Radio aber nach wie vor vorn liegt; es nur noch nicht oder zu wenig für sich einsetzt: Regionalität! Klar interessiert die Leute, was in der Welt passiert; aber mehr jedoch, was den eigenen Landkreis / das eigene Bundesland betrifft. Die Regionalnachrichten sollten eine viel größere Bedeutung bekommen. Wenn dies richtig umgesetzt und auch kommuniziert wird, hat das Radio hier einen enormen USP gegenüber den Newsseiten und -Magazinen dieser Welt.
 
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Auf der Suche nach mehr Informationen zu den detonierten Bomben in Boston
zappte ich vor einer Stunde durch die Berliner Radioprogramme:

Um 6:50 die Nachrichten auf 104.6 RTL und was kam?
"Mehr dazu in einer halben Stunde in den Nachrichten um 7:20 Uhr"

Es soll sogar Hörer des DLF geben, die warten jeden Morgen auf das geheimnisvolle Geräusch um einen dicken Geldpreis zu gewinnen. Mir fallen in Berlin eigentlich nur drei Sender mit
mehr bzw. fundierten Informationen ein. Damenoberbekleidung kauft man schliesslich nicht im Baumarkt.

Wenn die Privatradio-Nachrichten armselig sind, dann glänzen die ö/r-Nachrichten teilweise durch irre Themensetzungen oder redundanten Informationen, nach Tagesform des Redakteurs.
Unerreicht ist da der DLF, wahrscheinlich hört der Chefredakteur ziemlich selten seinen eigenen Sender.
 
In diesem konkreten Fall kam die Eilmeldung und bestand eigentlich nur aus dem einen Satz "Der Papst tritt zurück." Würde mich interessieren, wer dich in diesem Moment im Internet besser informiert hat.
Clara, in diesem Fall fiel dieser entscheidende Satz nicht, ich bekam lediglich zu hören, dass "irgendwas" im Vatikan vor sich geht. Dieser eine Satz aus der Agenturmeldung hätte mir an dieser Stelle genügt. Detailierte Informationen habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht erwartet.
 
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Solange der Trend anhält, die stündlichen oder gar halbstündlichen Nachrichten immer weiter zu verkürzen (bis hinunter zu 1:30, wie manche Privatdudelfunker praktizieren) muß natürlich der Informationsgehalt leiden. Für Hintergrundinfos eignen sich die Tageszusammenfassungen á la "Das war der Tag" (47 min.) und "Berichte von heute" (30 min.) wesentlich besser.

Immerhin: Einzelne Stunden-Nachrichten beim hier manchmal gescholtenen DLF erreichen noch eine respektable Länge von neun Minuten netto (ohne den größtenteils sinnlosen Verkehrsfunk).
 
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ich schalte gerne den Deutschlandfunk ein, insbs. wenn Internet nicht zur Verfuegung steht.

Abgesehen davon, die Nachrichten der Privatsender sind mir viel zu oberflaechlich und kurz.
 
Langweilig ist die lieblose Umsetzung der Agenturmeldung in Hörersprache.

Was mir als Hörer seit geraumer Zeit enorm auffällt und mich wirklich stört, sind diese UND-Meldungen. Zusammenhanglose Nachrichten werden nach einer Atempause mit einem lauten UND verbunden. Auch danach geht dieses lustige UND-Sagen weiter. Heute morgen z.Bsp. durfte man hören "Jetzt ist es Siebenuhrelf --- UND in Boston sucht man intensiv nach den Attentätern. Seit ich darauf (genervt) achte, kenne ich die UND-Stellen und kann sie schon mitplappern.

Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich hier mit einer vermutliche läppischen Kritik einfalle. Doch ich musste das endlich mal los werden, vor allem weil es mich in den Nachrichten stört. Wenn das hörergefällig sein soll, dann habe ich das falsche Gehör. Ich danke für eure Ohren.
 
die Nachrichten der Privatsender sind mir viel zu oberflaechlich und kurz.

Es ist eben wichtiger über Ulm als Knöllchen-Hochburg zu berichten, als über das politische Geschehen in der Welt. Und besonders hohe Priorität besitzt in den Nachrichten die Meldung, dass die alte 107.7 angeblich mal wieder meistgehörter Lokalsender in Baden-Württemberg ist.
 
Und wenn neben allen anderen Sünden und Mängeln die nachrichten dann auch noch fürs Eigenmarketing missbraucht werden, ist es ganz um sie geschehen ...
Die alte 107,7 war mal das Stadtradio bevor es "die neue 107 7 " wurde. Nur wirklicher Rocksender wie man ihn aus Nordamerika kennt, oder auch Dublin Irland "Radio Nova" sind die auch nicht, dazu haben die zu wenig Mut.
 
... sind keine Nachrichten, sondern ein Three-Element-Break.

Ich möchte ja mal wissen, was für Privatsender ihr hier eigentlich immer so hört. Wenn ich mir mal so die großen Privaten wie Antenne Bayern, FFH, ffn, Antenne Thüringen oder SAW anhöre - die Nachrichten von denen sind alle ziemlich ordentlich und gut gemacht.
Verständlich, gut aufbereitet und recherchiert, eigene Reporter und Redakteure, viel Regionalität, Relevanz für den Hörer und von guten Sprechern präsentiert. Verstehe gar nicht, warum hier so auf die privaten Sender eingedroschen wird...
 
Du scheinst nicht zu wissen, wie Nachrichten produziert werden.

Doch, das weiß ich recht gut, da ich es selbst gemacht habe. Daher auch meine Ausführungen von oben.

Und weil das vorhin auch mal angerissen wurde:
Bei Antenne Bayern gab es übrigens immer die Regel, dass JEDE Meldung umgeschrieben werden muss, wenn sie in der Stunde danach nochmal läuft. Keine Ahnung, ob das dort heute immer noch so ist - ich kann es mir aber sehr gut vorstellen. Nur weil ein Sender in der Programmfläche teils stumpfsinnige Aktionen macht und eine Mini-Rotation fährt, heißt das nicht, dass die Nachrichten bei diesen Sendern auch für die Tonne sind und es nur im DLF gute Nachrichten gibt. Denn das ist, so scheint mir, ja die geläufige Meinung in diesem Forum.
 
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