AW: Radio vor und nach Privatradiozulassung
Noch einige Ergänzungen, dann geb ichs auf:
Ich lebe nur zeitweise in Salzburg, sondern auch in Passau und Wien.
Für mich sind die Hintergrundhörer, Berieselte, die, die nebenbei das Radio stundenlang am Tag eingeschaltet haben ohne zuzuhören, nicht vergleichbare Hörer.
Ö1 Hörer sind wirklich Hörer die echt zuhören.
Da werden Birnen mit Äpfeln verglichen !
Meine Eltern hören übrigens in Passau auch Radio Salzburg, aber hauptsächlich die Diskussions-Sendungen zu Mittag und abends die Volksmusik.
Irgendwo habe ich mal gelesen, von 100.000 Ö1 Hörern wissen 85% genau, was sie gehört haben.
Von 100.000 Dudelradiohörern wissen nur 4% was sie gehört haben.
Also 85000 Echt-Hörer zu 4000 Echt-Hörer. Da schaut der Vergleich schon wieder ganz anders aus.
Da werden immer die Echt-Hörer mit den vielen Nicht-Hinhörern der Dudelradios verglichen.
Wie ich Amerika war, habe ich mich auch ein wenig interessiert, wie es dort läuft und habe ein Radio besucht.
Da heißt es z.B. nicht nur für einen Werbekunden: "How many listeners at your station ?" sondern auch "How many members, fans, actives ?"
Das heißt, da interessiert einen Werbekunden schon auch, ob der Sender echte Hörer hat, ob sie ihren Sender lieben, viele aktiv mitarbeiten und eben aufmerksam alles verfolgen, was am Sender passiert, wie individuell zufrieden die Hörer sind usw. und ob sie die daher auch die Werbekunden in das Image einbinden und schätzen usw..
Ob es einen Hörer-Radio-Klub gibt, die das Radio samt ihren Werbe-Sponsoren hochhalten usw.
Also die nackten Billboard-Quoten sind dort schon lange zu wenig !
Da gibt es z.B. irgendeine Firma, die wirbt dort nicht in einem landesweiten großen Sender, sondern in verschiedenen kleinen Sendern, obwohl die laut Billboard weniger "Hörer" haben, aber die Affinität, der Rücklauf der potentiellen Kunden ist trotzdem größer.
Wäre auch logisch, bei 8000 aufmerksamen Hörern, denen ich in einer "Aufmerksamkeitssendung" etwas über ein neues Auto erzählt habe, da gewinne ich doch mehr Kaufinteressenten, als in einem Dudelradio, dem 100.000 nicht hingehört haben.
Ich kann noch so einen guten 2 Minuten-Beitrag machen. Es nützt nichts, wenn er nicht gehört wird.
Bei uns wird alles als Hörer gezählt, was auch nur im weitesten irgendwie damit zu tun hat. Sogar meine Mutter hat 8 Stunden Formatradio "gehört" und "genutzt", nur weil im Büro ein Radio gelaufen ist, von dem sie nicht einmal genau gewußt hat, welcher Sender eingestellt ist.
Umgekehrt hat sie zu Feierabend daheim dann einen anderen Sender aufmerksam gehört, den sie aber nicht während der Umfrage im Büro erwähnt hat.
In den Staaten zählt z.B. der "Direct Impact", also die begeisterte Hörerpost. die Reaktionen auf Sendungen, die eine Firma gesponsert hat und natürlich wieviele Kundenbeziehungen entstanden sind usw.
Scheinbar sind bei uns die Werbetreibenden immer noch zufrieden mit den alleinigen Radiotestquoten und es immer noch keine Untersuchungen über die Hörer-Qualität, Programmqualität, Image des Senders, Kompetenz, Glubwürdigkeit bestimmter Sender usw..
...und man verteidigt zähneverbissen dieses System.
Nur: Man vergißt dabei, daß man eben keine ZU-Hörer mehr hat.
Das Radio wird bei uns einfach nicht mehr für voll genommen und das wird einfach nicht begriffen.
Daher gebe ichs jetzt auf. Bei diesen Konstellationen und Hörigkeit auf dieses System hats einfach keinen Sinn mehr, für ein besseres Image des Radios zu kämpfen.
Die echten Musikliebhaber werden mich verstehen. Da gibt es in Österreich z.B. den weltbesten 12 jährigen Violinisten und keiner kennt ihn. Dafür erfährt man dauernd etwa über Britney oder wie die alle heißen.
Hier werden nur die Pressemeldungen der Hit-Industrie verlesen. In der Musik ( ausgenommen ernste Klassik in Ö1) hat das Radio die Kompetenz in der Musik völlig verloren. Radio ist nur noch Werbemedium für die globale Musikindustrie.
Radio hat einfach die Kompetenz verloren und wenn nach Eurem Radiotest noch so viele zu"hören", es wird einfach nicht mehr als kompetent ernst genommen.
Seid Ihr also damit zufrieden, daß Euer Medium NUR NOCH als Hintergrundberieselung taugt ??
Seid ihr damit zufrieden, daß sich das Radio dahin entwickelt, daß es das am wenigsten aufmerksam genutzte Medium ist ?
Seid ihr damit zufrieden, daß Werbekunden schon bemerken, daß der Kundenrücklauf pro Werbebuchung immer geringer wird, trotz von diesen Radios immer höher angegebenen Hörerzahlen und "Nutzungszeiten" ?
Ich dachte immer, ein Radiomacher wäre stolz, wenn er ( neben den Hintergrundnutzern ) auch eine möglichst hohe Quote an Aufmerksamkeit hat.
Aber scheinbar ist da nichts zu machen. Wenn man auf diese Entwicklung als interessierte Hörerin und Musikerin hinweist und nachfragt, dann bekommt man mehr oder weniger aggressive Antworten in der Art wie: Was willst denn, wir haben doch so einen Erfolg, die große Mehrheit will das so. Man solle froh sein, daß es Ö1 noch gibt und auch das eigentlich eine Frechheit ist, daß man für so wenig Hörer ein aufwendiges Programm macht usw..
Daher: Ich gebs jetzt auf. Aber vielleicht denkt im Hinterkopf doch jemand ein bißchen nach, denn ich weiß, es gibt viele, die so denken wie ich, nur die machen sich nicht die Mühe, hier oder sonstwo zu schreiben. Denen ist das Radio einfach zu unwichtig geworden.
So hat es mich fast ein wenig gewundert, daß in Hessen ein kleiner Höreraufstand zustandegekommen ist:
www.rettedeinradio.de
Diese ganze Statistik über die Erfolge des Format-Dudelradios und die Entwicklung des Mediums Radio kommt mir so vor, als ob gut bürgerliche Restaurants zu Pommes-Buden verkommen sind.
Früher haben da pro Tag 500 Leute eine gutes Menü konsumiert und jetzt bezeichnen die Pommes-Verkäufer es als Erfolg und als viel besser als "früher", weil sie jetzt 1000 Pommesportionen statt 500 teurerer Menüs verkaufen.
Ich merke es doch in meiner Umgebung, Familie, Freunde, Verwandte und Bekannte, daß ihnen das Radio nichts mehr bringt !
Wegen einer Studienarbeit habe ich angefangen, mich mit dem Radio zu beschäftigen, daher mein Interesse und wegen der Musik. Aber sich sehe, daß
es nichts nützt, sich hier zu äußern, was einem an den Radios heute nicht gefällt. ES gibt nur eine Lösung: Schalten wir halt ab !
Tschüß dann. Macht halt so weiter, wie ihr glaubt. Es wird sich ja herausstellen, inwieweit Radio sich als ernstzunehmendes Medium wieder etablieren wird oder weiter in den Hintergrund im wahrsten Sinne dese Wortes gerät.