AW: SWR3: Besser, als viele meinen
Hach ja, das waren noch Zeiten... Musik selbst raussuchen und auflegen was man möchte...
Ich befürchte allerdings fast, dass das endgültig der Vergangenheit angehört, so traurig das auch ist. (...) Und wer nicht spurt, fliegt eben - passiert schließlich immer wieder...
Ursprünglich ging es hier ja mal um öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sprich SWR3. Dieser Rundfunk ist nach wie vor und auf unabsehbare Zeit von Rundfunkgebühren finanziert. Werbung ist hierbei ein Zubrot, wenngleich auch ein zugegebenermaßen willkommenes Zubrot. Deswegen ist die Feststellung "was nicht genügend einbringt, wird eben abgesetzt" eine Ausrede. Denn ein ÖR Sender braucht darauf nicht zu achten. Tut es auch oft nicht. Um das beim Beispiel SWR mal deutlich zu machen: Man leistet sich hier ein Kulturprogramm (SWR2), ein Jugendprogramm (DASDING) und ein reines Wortprogramm (CONTRA). Das sind wahrlich alles keine Quotenschlager, dafür mit weitaus mehr Substanz als irgendein Privatsender.
Nun zu deinem Argument, dass ein kreativeres (und somit unterhaltsameres) Programm teurer wäre. Da widerspreche ich dir vehement. Unter kreativ verstehe ich, dass die Hörer nicht für dumm verkauft werden. Das heißt für mich intelligente Radiospiele, Interaktivität statt Vorführen, Glänzen durch Substanz und nachweisliche Hörerbindung (wenn auch viel strapaziert: Beide Vorgängersender von SWR3 haben dies geschafft!!!). Das erfordert aber Arbeit bis man Hörer an sich gebunden hat. Also ein kleiner Exkurs: Nach der Fusion von SDR(3) und SWF(3) sind die Quoten um fast eine Million eingebrochen (im Vergleich zur Summe von der SDR3 und SWF3). Da brannte natürlich die Hütte. Statt sich nun aber auf den mühsamen Weg zu begeben mit einem kontinuierlich guten und unterhaltsamen Programm Hörer zurückzugewinnen, hat man sich dafür entschieden mit aufwendigen Reiseaktionen, Verschenk- und Verscherbelaktion und aufdringlicher Selbstbeweihräucherung sich wieder über die 3 Millionen Grenze zu drücken. Nun da der Erfolg auch mit einem qualitativ niedrigerem Programm da ist, gibt es aus Sicht des Senders kein Grund zu Änderung.
Allerdings aus der Sicht einiger Hörer, denn für den Mist will ich kein Geld bezahlen. Aber das gilt zugegebenermaßen nur für die Radio Fans, die mal mitbekommen haben wie es besser geht.
Der "gemeine" Hörer allerdings hört Radio ja nicht aktiv, sondern passiv zu irgendwelchen Beschäftigungen. Hauptsache es dudelt. Der selbe "gemeine" Hörer würde aber auch wieder aktiv werden, wenn es ihm das Programm wert erschiene. Das kann man nur von ÖR Sendern erwarten.
Darüber hinaus gab es mal eine interessante Studie zu dem Thema wie sehr Radiowerbung bei den Menschen hängen bleibt, abhängig von deren Bindung zu dem jeweiligen Sender. Leider hab ich sie jetzt nicht zur Hand und sie hier wiederzugeben, wäre auch zu viel des Guten, aber sie lieferte sehr interessante Schlüsse über die Aufmerksamtkeit der Hörer für Werbung.
Wo ich schon bei Werbung bin, komme ich direkt zur "Währung" - der MA. Die MA ist ja bekanntlich eine Untersuchung, die eigentlich nur dem Zwecke der Feststellung der Werbewirksamkeit von Radio dient. Sie ist
kein Gradmesser für die Qualität des Radio, nur für seine Reichweite. Das ist auch nicht weiter schlimm und in Ordnung so. Schließlich müssen sich Werbepreise irgendwo orientieren. Das Schlimme ist aber, dass sämtliche Radiosender diese Währung als ihr Eichmaß ansehen. Damit steht und fällt der Wert eines Senders. Und hier liegt das Problem, denn: Es wird ja nicht danach gefragt, welcher Sender einer Person besonders gut gefallen hat, was ihr nicht gefallen hat, kurz: Es wird nicht nach Qualität gefragt, nicht einmal nach dem Programm, sondern nur nach der Verweildauer. Und das ist, zumindest in meinen Augen, der falsche Ansatz. Wenn zum Beispiel Hotelführer nur nach Verweildauer fragen würden, bekämen sie ein ganz anderes Bild, als wenn sie nach der Qualität fragen. Dann wären auch Abbruchbarracken in der Türkei der "Hit". Wenn ein Restaurantkritiker nur nach Verweildauer fragen würde, dann bekäme auch McDonalds einen Michelinstern. Meiner Meinung nach ist Radio ein Stück Kulturgut. Es soll unterhalten, informieren und auch Interaktivität bieten. Es soll kreativ sein und sich einen befruchtenden Konkurrenzkampf liefern, und
nicht sich gegenseitig kopieren bis zur Unkenntlichkeit.
Abschalten ist zumindest für mich keine Lösung. Ich mag Radio, ich mag was Radio sein und bewirken kann. Ich mag Vielfalt. Und ich halte eine Haltung wie "es ist eben so" und "der Markt ist eben so" für ziemlich resignativ und nicht hilfreich, wenn sich etwas ändern soll. Und meiner Meinung muss sich etwas ändern, denn sonst macht sich Radio selbst überflüssig. Ich zumindest brauche kein 9live. Weder im Fernsehen, und erst recht nicht im Radio.