Valerie Weber: noch fünfzehn Jahre lineares Radio

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Jedes Online-Angebot setzt ein bewusstes und aktives "Das höre ich mir jetzt an!" voraus. Im linearen Radio ist das nicht so, da ist mit dem einmaligen Einschalten die dauerhafte Nebenher-Beschallung gewährleistet. Deshalb kann das lineare Radio auch mit verflachendem Niveau und ausgedünnten Inhalten weitermachen, als wäre nichts geschehen. Das wird nicht sanktioniert, weil die Kiste trotzdem noch weiterläuft.
Bei Online-Angeboten gleichen Inhalts sehe ich da schwarz. Da wird halt nicht mehr draufgeklickt, das wird eben nicht mehr aufgerufen. Das wird als Geschäftsmodell so grandios zusammenbrechen, dass ein dem heutigen Radio vergleichbares Angebot bald nicht mehr existiert. Die Musik, die heute in Radios läuft (und auch die, die eigentlich laufen sollte, aber von den Sendern vergessen wird), kommt selbstverständlich künftig online und digital. Das ist aber kein Radio. Das ist Streaming oder sonstwas.
Die Nachrichten werden künftig auch online und digital geboten (wie heute schon). Aber dann sicher nicht mehr gesprochen und auch nicht im Kontext zu Musik. Das ist also auch kein Radio mehr.
Das gilt ebenso für Wetter, Verkehr, Veranstaltungshinweise. Selbstverständlich gibt es dies alles irgendwo im Netz. Aber als App oder als Push - nicht als Bestandteil eines irgendwie gearteten und wiedererkennbaren Programms.
Auch Reportagen oder Interviews wird es selbstverständlich noch mehr als bisher online und digital geben, - aber in keinerlei Zusammenhang mit einem "Programm", sondern lediglich als Speisekarte, aus der man gegen Gebühr auswählen kann.

Das bringt die Menschheit nicht um, denn es gibt weiterhin alles, was es bisher im Rundumversorgungspaket Radio ohne aktiven Aufwand gibt. Aber es wird kein Radio mehr sein, sondern selektiertes Häppchen-Angebot zum proaktiv auswählen, abonnieren, bestellen und bezahlen.
Was @Cart als seine wunderbare Ich freue mich drauf-Zukunft skizziert, ist zutreffend. Da steht er gar nicht in Widerspruch zu dem, was die meisten hier sagen. Es ist aber definitiv das Ende des Radios, so wie es seine Stärken am besten ausspielen und bedienen kann. Ich unterscheide mich von ihm lediglich darin, dass ich der Meinung bin, es lohnt sich für den Erhalt des linearen Radios zu kämpfen. Ich möchte es nicht aufgeben. Ich möchte es nicht einer anonymisierten und atomisierten Anbieterwelt überlassen, in der nichts zusammenhängt und nichts relevant ist.
Man kann den Eiffelturm auseinandernehmenund zerlegen und dann behaupten, es sei ja nichts passiert, alle Eisenstreben und Pfeiler seien ja noch vorhanden. Aber es wird nie wieder ein Eiffelturm sein.
 
Das bringt die Menschheit nicht um, denn es gibt weiterhin alles, was es bisher im Rundumversorgungspaket Radio ohne aktiven Aufwand gibt. Aber es wird kein Radio mehr sein, sondern selektiertes Häppchen-Angebot zum proaktiv auswählen, abonnieren, bestellen und bezahlen.

Wo gibt es das denn? Und wer wählt dort aus?

Es geht den meisten Menschen doch nur um Musik. Egal welche. Die bekommen sie auch ohne nervige Moderatoren, nervige Nachrichten und langweilige Verkehrshinweise. Das Geschäftsmodell hätte schon vor 30 Jahren funktioniert, aber es gab es schlicht nicht.
 
Was in 15n Jahren ist weiß kein Mensch, also warten wir es ab
Ist das nicht ein bisschen arg gleichgültig? Sicher wissen wir nicht, was in 15 Jahren sein wird, aber wir wissen, was in der Vergangenheit war, was in der Gegenwart ist und sehen, in welche Richtung sich Dinge entwickeln. Und wenn man diese Entwicklung nicht erfreulich findet, oder gefährlich, oder bedauerlich, ist es ebenso fahrlässig, sie mit einem "warten wir's ab" hinzunehmen, wie wenn man umgekehrt diese Entwicklung begrüßt, und super findet.
Die "Warten wir's ab Menschen" sind es immer nicht gewesen. Die haben nur zugeschaut. Aber zuschauen macht nicht unschuldig. Im Falle der Radioentwicklung halte ich es sogar für eine "unterlassene Hilfeleistung".
 
Die "Warten wir's ab Menschen" sind es immer nicht gewesen. Die haben nur zugeschaut. Aber zuschauen macht nicht unschuldig. Im Falle der Radioentwicklung halte ich es sogar für eine "unterlassene Hilfeleistung".

Andererseits wird seit 15 Jahren hier die immer schlechter werdende inhaltliche Qualität des Radios kritisiert, aber der Erfolg ist gleich null, eher im Gegenteil, die Spirale dreht sich immer schneller nach unten.

Wer soll da bitte nicht resignieren?
 
Andererseits wird seit 15 Jahren hier die immer schlechter werdende inhaltliche Qualität des Radios kritisiert, aber der Erfolg ist gleich null, eher im Gegenteil, die Spirale dreht sich immer schneller nach unten.

Wer soll da bitte nicht resignieren?
Ohne Gegenwind würden viele Änderungen überhaupt nicht mehr nachjustiert oder gar zurückgenommen werden.
Man sollte nur lernen, zumindest in etwa zu erkennen, ob und ab / bis wann sich der dafür erforderliche Aufwand lohnt.
 
Jedes Online-Angebot setzt ein bewusstes und aktives "Das höre ich mir jetzt an!" voraus. Im linearen Radio ist das nicht so, da ist mit dem einmaligen Einschalten die dauerhafte Nebenher-Beschallung gewährleistet. Deshalb kann das lineare Radio auch mit verflachendem Niveau und ausgedünnten Inhalten weitermachen, als wäre nichts geschehen. Das wird nicht sanktioniert, weil die Kiste trotzdem noch weiterläuft.

Das hast du schon vor zehn Jahren erzählt, und damals stimmte es sogar noch größtenteils. Heute findet man aber kaum noch Menschen die sich von Radioprogrammen den Tag vermiesen lassen, die nur aus nervigem Gedudel und Geclaime bestehen.
 
Wenn man den Stand von Rundfunk in Deutschland heute knapp skizzieren wollte, so könnte man sagen:
- kommerziell erfolgreich
- intellektuell erbärmlich

Foren wie dieses sind geeignet, genau diese Diskrepanz zu benennen und den Intendanten und Programmchefs regelmäßig aufs Brot zu schmieren. Wenn sie schon betriebswirtschaftlich mit ihrem Werk zufrieden sind, so sollten sie aber wenigstens wegen der Inhalte nicht vor Stolz platzen dürfen.
 
Mannis Fans

Wenn man diese Forum durchliest stelle ich eins fest:

Alle Massenprogramme sind schlecht und bein einigen Programmen wird da schon seit einer Dekade und mehr. Sorry wenn alles schlecht und man keinen sieht der das ändern will , dann kann man einfach nur abwarten
 
Wenn man den Stand von Rundfunk in Deutschland heute knapp skizzieren wollte, so könnte man sagen:
- kommerziell erfolgreich
- intellektuell erbärmlich

Foren wie dieses sind geeignet, genau diese Diskrepanz zu benennen und den Intendanten und Programmchefs regelmäßig aufs Brot zu schmieren. Wenn sie schon betriebswirtschaftlich mit ihrem Werk zufrieden sind, so sollten sie aber wenigstens wegen der Inhalte nicht vor Stolz platzen dürfen.

Das tut auch niemand, aber solange die Zahlen stimmen, ist der Auftrag erfüllt, und am Monatsende Geld auf dem Konto.

Wegen der Leidenschaft zum Radio macht doch niemand mehr auf UKW Programm, die Zeiten sind schon lange vorbei.
 

Ihr kämpft doch immer verbissen um die junge, stets mit Smartphone und Tablet bewaffnete Zielgruppe. Wenn man das Hirn einschaltet und die Lebensgewohnheiten moderner Menschen hinterfragt kann man getrost auf Quellen verzichten.

Die Senioren sind dem Radio ja auch schon überwiegend abhold, kaufen DAB-Radios, schauen Telenovelas, Boulevard- und Nachmittagsmagazine im Fernsehen oder hören Internetradios. Aber das bekümmert euch ja nicht.
 
Wegen der Leidenschaft zum Radio macht doch niemand mehr auf UKW Programm, die Zeiten sind schon lange vorbei.

Das ist doch Unfug! Oder wie erklärst du dir das Heer an Praktikanten, das sich umsonst abrackert und die vielen Freien, die mit wenig Geld und ein bisschen Hoffnung abgespeist, tagtäglich ihrem Beruf nachgehen.
Leidenschaft gibt es im Radio immer noch zu Hauf. Leider wird das nicht gewürdigt, sondern schamlos ausgenutzt.
 
Ihr kämpft doch immer verbissen um die junge, stets mit Smartphone und Tablet bewaffnete Zielgruppe. Wenn man das Hirn einschaltet und die Lebensgewohnheiten moderner Menschen hinterfragt kann man getrost auf Quellen verzichten.

Die Senioren sind dem Radio ja auch schon überwiegend abhold, kaufen DAB-Radios, schauen Telenovelas, Boulevard- und Nachmittagsmagazine im Fernsehen oder hören Internetradios. Aber das bekümmert euch ja nicht.
Was soll hier das Pauschalurteil? Ihr? Euch? Die angeforderte Quelle ist also nicht vorhanden, stattdessen kommst du mit Beleidigungen um die Ecke gekrochen . Aber schön, dass wenigstens dein Hirn noch funktioniert. Ist notiert. Schönen Tag noch!
 
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Hach, wir sind wieder off-topic... :D

Vermutung meinerseits: weil sie durch die Realität in deutschen Unternehmen und Behörden, in Schulen und Krankenhäusern bereits frühzeitig in die innere Kündigung getrieben werden. Eine Freundin von mir ist Ärztin, keine 40 Jahre alt und hat die Schnauze gestrichen voll. Ihren Schilderungen nach ist der Kliniks-Alltag geprägt von Hinterhältigkeit, von Vetternwirtschaft, von Verantwortungslosigkeit und zunehmend von aggressiven Patienten. Sie denkt bereits vorsichtig ans Auswandern - in eine Gegend, in der echte Krisen und schwere Armut herrschen, nicht in Europa.

Mein letzter Chef in der Industrie hat sich auch alle Mühe gegeben, mich in die innere Kündigung zu treiben. Er hat lange gebraucht, weil ich den Job mochte. Nachdem er es aufs äußerste eskalieren lassen hat, hatte er mich dann aber auch soweit. Bevor ich mich nach was neuem umgeschaut hatte, war das Unternehmen aber sowieso Geschichte und er konnte mich endlich entlassen.

Häufig lerne ich Menschen kennen, die ihren Job nur noch nebenbei - ohne Leidenschaft - tun, weils Geld dafür gibt. Fehlende Wertschätzung seitens des Vorgesetzen / Managements, fehlender Sinn bei den zu erledigenden Aufgaben - das wirkt. Achtung, Rundfunkbezug: wenn sich ein ARD-Urgestein freudig über den baldigen Vorruhestand äußert, spricht das Bände über die Situation in seiner Anstalt. Und diese Anstalt könnte wohl inzwischen "überall" sein. Die Beschreibung deckt sich übrigens mit dem, was vor Jahren schon eine einstige Kollegin von ihm schilderte (sie hat dem Rundfunk inzwischen den Rücken gekehrt).


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Wahre Worte, genau so läuft es vieler Orts .....leider.
 
Dennoch eine Intervention von mir: Man kann sich in so eine Situation ergeben, man kann sich aber auch selbst motivieren und Tag für Tag neue Bestleistungen abrufen. Ich kenne viele Kollegen, die im Hörfunk oder im Print eigentlich in einer hoffnungslosen Falle sitzen, aber dennoch Tag für Tag mit Begeisterung, Enthusiasmus, Know-how und Lust am Metier ein motiviertes Ergebnnis abliefern (Beitrag, Sendung, Artikel). Das trägt auch über schlimmste Krisen hinweg und wird eines Tages belohnt. Haltet durch, ihr Tapferen!
 
Was ich wünschenswert finde, Manni. Ich kenne nur leider zu viele für ihr Radio Motivierte, Begeisterte, Enthusiastische und mit Know-How und Lust am Metier Engagierte, die ihrern Job inzwischen wegen der aktuellen und womöglich zukünftig miesen Situation nur noch mit gedämpfter Freue nachgehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und mir ist gestern http://www.kameramann.de/branche/das-ende-der-leidenschaft verlinkt worden als Reaktion auf eine Äußerung aus meinem Medien-Freundeskreis. Derjenige, der da ursprünglich schrieb, arbeitet in der TV-Produktions-Branche, irgendwo in diesem Land, weltweit unterwegs für TV-Produktionen:

"Mein Kopf ist lange für Inhalte ausgeschaltet. Niedlich sind die "Neuen" in unserer Branche. Mit großen Augen verfolgen sie alle Einzelheiten. Heute noch beobachtet. "Ist es nicht besser wenn man das so oder so macht??" "Nein! Fällt keinem Arsch auf."
Ich bin nach 8 Jahren TV einfach nur abgebrüht, kalt, emotionslos. Hauptsache auf der Festplatte ist hinterher alles sauber aufgezeichnet und die Postproduktion sieht von Anrufen ab. Ziel erreicht. Next.
[...]
Ich bin eben Techniker, mehr nicht. Kleines Rädchen im Mahlwerk des Todeskandidaten. Ich erfreue mich an der Technik, dessen Bedienung und Konfiguration. Und wo es rauskommt, ist mir total egal."

Eine mir auch von anderen bekannte Methode, mit dem Irrsinn noch halbwegs ohne gesundheitliche Schäden klarzukommen. Nicht jeder beherrscht allerdings diese heute segensreiche Fähigkeit.
 
Es muss nur der richtige Chef/Programmanbieter her. Dann wird aus Routine schnell wieder Lust, aus Zynismus schnell wieder Ernsthaftigkeit, aus Defätismus schnell wieder Motivation.
Ich sag es noch einmal: Das Problem sind nicht die Mitarbeiter und "kleinen Rädchen" im Getriebe. Das Problem sind die Häuptlinge und ihre Konditionierung auf Business statt auf Content. Weil sie glauben, das Eine schließe das Andere aus. Das ist aber ein Fehlschluss, den ihnen die Berater eingeflüstert haben.
 
Ach, wäre das schön! Ich lasse mich ab und an in Tagträumen auch zu solchen "man müsste nur wieder..."-Dingen hinreißen. Aber wo Inhalt auftaucht, geht die Quote zurück. Inhalt polarisiert und dann brechen einem die Mehrheiten weg, die man mit einem "Programm", das aus Chart-Hits und Super-Oldies besteht und das im Hintergrund "weggehört" wird, derzeit vermeintlich noch erreichen kann.
 
"noch 15 jahre valerie weber" - bin ich der einzige, der das lieber lesen würde? es darf gerne nach belieben verkürzt und abgestrichen werden. weniger wäre hier mehr.
 
In 15 Jahren werden wir erleben, wie sich das Radio selber abgeschafft hat. VT nimmt immer mehr zu, auch in Ländern zu beobachten, wo Radio einen ganz anderen Stellenwert hat(te). Nehmen wir Luxemburg oder die Niederlande als Beispiel. In NL gibt es noch viele gute Moderatoren, die ihren Job mit Leidenschaft machen, aber auch solche, die nur Geld (kein Gehirn) im Kopf haben. Nehme ich mal Radio Veronica: Einst ein Pirat, heute privat. Was wird wieder wiederholt? Die 80s Top 750. das kann auch ein Radio auf Abruf. Im TV hat man außer Sport und Nachrichten auch alles auf Abruf. Ich glaube, wir stehen an der Zeit, wo das klassische Radio und Fernsehen durch Abruf aus dem Internet teilweise abgelöst wird. Mit viel Glück besinnt man sich wieder auf alte Qualitäten im Radio (und TV), denn das geht nicht auf Abruf, oder das klassische Medium Radio (und TV) schaffen sich selbst ab. Kommen freie Internetzugänge kann man Musik über Spotify und so weiter auch mobil und im Büro hören. Wer braucht dann noch Radio mit den besten Mix?!
 
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