AW: Wahlberichterstattung. Kein Thema?
@tobschi:
(ich meine nicht Grüne, FDP, Linke sondern die "Anderen")
Das ist leider sehr klar, was Du meinst. Wenn das Wählen von irgendwelchen komischen Parteien, denen man zwar das Etikett "rechts" anheften kann, die aber entweder Veranstaltungen des Verfassungsschutzes sind (wie die NPD) oder das Spielzeug eines reichen, reaktionären Verlegers (wie die DVU) als "Protestwahl" bezeichnest, dann darfst Du dich auch nicht wundern, wenn seriöse Politiker diese Wähler nicht ernst nehmen.
Wer so wenig Durchblick hat, der ist offenbar auch für rationale Argumente nicht zugänglich. Wer so wenig demokratisches Verantwortungsbewusstein aufbringt, dass er eben mal eine braune Partei wählt, um den Politikern "eins auzuwischen" der beweist geistige Unreife.
Begründung:
Demokratie ist eine evolutionärer Prozess. Wahlen sind dazu da, die Politik in eine gewisse Richtung zu beeinflussen. So kommen ganz merkwürdige Ergebnisse zu stande: Einerseits schneidet die FDP relativ stark ab, andererseits verliert sie ihre Partner, die ihr erst die Teilhabe an der Gestaltung ermöglichen.
Das wird sicher Auswirkungen auf die Politik haben. Nehmen wir als Beispiel die anstehende Gesundheitsreform. Hier stehen zwei Modelle sich gegenüber, weil SPD und Union völlig unterschiedliche Vorstellungen haben, wie die Krankneverisicherung in Zukunft aussehen woll.
Wir werden also in der nächsten Zeit erleben, wie in dieser Frage ein Kompromiss gefunden werden wird. Die Verhandlungen und die öffentliche Diskussion dazu werden natürlich zäh und langwierig sein, die Argumente werden sowohl sachlich als auch polemisch vorgetragen werden.
Mich graust es aber jetzt schon vor den üblichen Stammtischparolen, welche diesen demokratischen Vorgang wieder in den Dreck ziehen werden: "Die können sich doch eh nicht einigen!" (klassische Eröffnung)-- "Die machen sich die Tasche voll, aber wir sind am Ende die Dummen!" (passt immer) und, das dümmste Argument überhaupt: "Statt sich da im Bundestag zu streiten, sollen die sich lieber mal um die Probleme im Land kümmern!"
"Sich um Probleme kümmern" aber heißt in der Demokratie eben, es öffentlich zu diskutieren und am Ende eine Lösung zu finden. Es wird niemand kommen, der mit der Faust auf den Tisch haut und sagt: "So machen wir's, und damit basta!". Und wenn jemand mit so was kommt, ist das garantiert einer, der das aus purem Machtwillen und Eigennutz macht. Genauso höchstwahrscheinlich wird sein "Rezept" auch nicht funktionieren.
Ankommen kann so was nur bei Leuten, die sich aus Ignoranz oder Desinteresse nicht für die auch tiefergehenden Argumente beider Seiten interessieren. Also genau diejenigen, die einige eben primitive, naive Zusammenhänge herstellen (20 Milliarden € für die EU), statt die Verflechtungen wirklich zu analysieren.
Die Medien in ihrer Oberflächlichkeit von "Chritiansen" über BILD bis zum Hitradio XY fördern das zwar, aber das darf nicht als Ausrede dienen. So geht auch von der Wahl am Sonntag ein relativ klares Signal aus:
1.) Die Grünen haben jetzt Pause.
2.) Auf die FDP will man nicht verzichten, aber die neoliberale Linie Westerwelles ist zur Zeit auch nicht gewünscht.
3.) Die Große Koalition ist gestärkt aus den Landtagswahlen hervorgegangen, aber das ist keine Belohnung für die ersten 100 Tage Merkel & Müntefering, sondern ein Arbeitsauftrag für die Zukunft.
4.) Die PDS hat in Sachsen-Anhalt sehr gut abgeschnitten. Sie ist im Osten verwurzelt und die Interessenvertreterin derjenigen, welche sich als die Verlierer der deutschen Einheit fühlen.
5.) Die WASG und die Rechtsparteien haben trotz geringer Wahlbeteiligung nirgendwo in der Nähe der 5-Prozent-Hürde abgeschnitten. Das beweist: Die Leute sind eben doch nicht so dumm wie die BILD.
"Die Politiker" wissen das. Tobschi nicht. Das ist der Unterschied.