Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
AW: Na, also!

Genau das sehe ich nicht so. Wo kämen wir hin, wenn sie nicht irgendeiner Instanz gegenüber rechenschaftspflichtig wären?
Dahin, wo wir sind, da sie faktisch nicht dem Volk rechenschaftspflichtig sind, sondern einem Gremium namens Rundfunkrat, das sie viel zu selten zur Rechenschaft zwingt.

Wobei mir Angst und Bange würde, wären sie dem Volk gegenüber rechenschaftspflichtig. Dann gäbe es vermutlich nichtmal mehr Figaro oder hr2 im derzeitigen Zustand. Egal, wie ich es drehe: das, was mir als Gremium in den Sinn käme, würde von Gutmenschen vermutlich massiv bekämpft werden. Es liefe meiner Meinung nach auf anerkannte Fachleute hinaus, die sich mit Politik, Gesellschaft und Kultur auskennen. Wie die auszuwählen wären, weiß ich selbst nicht. Muß ich auch nicht: Eliten sind ja in diesem Land unerwünscht, da man den kleinsten gemeinsamen Nenner sucht. Kennen wir ja auch vom Bildungssystem - mit den bekannten Folgen.

Das ist natürlich absolut kein Staatliches Komitee für Rundfunk, eher scheinen mir die Rundfunkräte überwiegend am entgegengesetzten Ende der Einmischungsskala zu liegen. Die Causa MDR Sputnik hat das wieder eindrucksvoll gezeigt. Wenn aber noch nicht mal die Rundfunkräte so genau zu wissen scheinen, was die einzelnen Programme überhaupt für Ziele haben, können sie natürlich prima von der Intendanz am Nasenring durch die Arena gezogen werden.
Ich bezweifele sogar, daß man sie ziehen mußte. Außer Hilker, bei dem ohnehin alle innerlich abschalten, wenn er dort den Mund aufmacht (der Mann ist die Verkörperung von verbrannter Erde) gibt es da nicht viele, die zu mehr in der Lage wären, als das Gebet von der Massenwirksamkeit und der Quote als Allheilmittel zu beten. Manche sind völlig ahnungslos (die sind im realen Leben dann Medienpolitiker und wußten bis 2009 nicht, was Sputnik ist), andere sind CDU-hörig und damit ist sowieso alles gegessen. Rundfunkrat und MDR-Chefetage schützen und stützen sich, seit ich mit dieser Einrichtung zu tun habe. Und das ist seit Anfang an.

Nein, ich habe es oben ja schon skizziert, was ich fordere: Offenheit und Öffentlichkeit in allen Belangen der Programmausrichtung bei Zielen, Umsetzung und Erfüllungsstand.
Und wen würde das interessieren? Die, die qualitativ hochwertigen Rundfunk mochten, haben abgeschaltet. Die, die es nicht taten, leiden unter dem ist-Zustand. Die Mehrzahl hat, was sie will. Du gehst von einem Idealzustand im Volk aus, davon sind wir weit entfernt.

Nur fehlt mir bisher die richtige Gegenstelle. Hier gibt es immerhin schon Gleichgesinnte, aber die sitzen nicht an den richtigen Hebeln.
"Ist es nicht schön, wie sich die Gummizelle seit 1990 nur vergrößert hat?" (Zitat meines Psychotherapeuten)

Da kannst Du gerne Gegenstellen suchen wie Du willst. Das System ist so aufgebaut, daß Du keine finden wirst, zumindest keine, die für Veränderungen zu haben wäre. Und genau das scheint das System in unserem System zu sein - nicht nur beim Rundfunk. Btw., ich suche dennoch ebenfalls danach. Immer noch. Ich schrieb deswegen mal einen recht bekannten Professor an, der sich dadurch "auffällig" gemacht hat, daß er gegen die Absetzung einer Kultursendung beim hr protestierte. Seine Antwort auf meine Frage war die Wiederholung der Frage: was könnten wir tun?
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Mal eine ganz naive Frage: wie wird man eigentlich Rundfunkrat? Ich habe jetzt mehrere Rundfunkstaatsverträge in diversen Varianten und Landesmediengesetze kurz mal überflogen, der Begriff taucht dort nirgends auf.
Auf der Seite der einzelnen Rundfunkräte heißt es, daß die Mitglieder von allen "gesellschaftlich relevanten Institutionen" (oder so ähnlich formuliert) für jeweils fünf Jahre "entsandt" werden.
Ich habe die Info, daß gesetztlich genau aufgelistet ist, welche Institutionen das sind, die ein "Entsendungsrecht" haben. Nur wo kann ich das nachlesen?

Beim SWR sind die jeweils drei Vorsitzenden dort her:
* IHK
* Volkshochschule
* Landtag
Aha! Warum sitzen jetzt nochmal gleich Politiker im Kontrollgremium?

PS: Aus eigener Erfahrung: der Rundfunkrat wird nur aktiv, wenn in der BILD-Zeitung (ja!) etwas Negatives über die eigene Anstalt steht, sonst hört man von denen nichts. Sind auch lange mit dem 3-Stufen-Test beschäftigt gewesen.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Rein rechtlich ist die Frage relativ einfach zu beantworten. Der ö-r Rundfunk ist in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) organisiert.

„Eine öffentlich-rechtliche Rundfunk-Anstalt ist ein Bestand von Mitteln, sächlichen wie persönlichen, welche in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung (hier: der Bundesländer) einem besonderen öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt sind.“

Otto Mayer: Deutsches Verwaltungsrecht, 1924
kursive Ergänzungen vom mir
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Genau! Das war der entscheidene Link. Da kann es jeder nachlesen, und damit ist die weitere Diskussion eigentlich obsolet...es sei denn, man würde sie weiterführen unter dem Aspekt: Ist-Zustand und Soll-Zustand bzw. erfüllt der ÖR-Rundfunk diesbezüglich seinen Programmauftrag und wie gross ist die Einflusßnahme der Politik?
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Oder was beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk der "besondere öffentliche Zweck" sein soll. Die Konkurrenz zum Privatfunk? Die Mehrfachversorgung (oft schon innerhalb einer Anstalt, ganz heftig aber beim Betrachten des gesamten Hörfunkangebots inkl. privater Anbieter) der vermeintlichen Mehrheit bzw. weniger vermeintlich zahlenmäßig "überlegenen" Bevölkerungsgruppen? Ist öffentlich-rechtlicher Flachfunk besser als Privatfunk, da halt "öffentlich-rechtlich"?

Oder doch eher die Sicherstellung der ganzheitlichen und nachhaltigen Versorgung mit Information, Kultur und auch niveauvoller und kreativer Unterhaltung, die so prinzipbedingt nicht anders geleistet werden könnte?
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Vielen Dank für den Link! Man könnte jetzt schauen, ob tatsächlich "die Gesellschaft" im Rundfunkrat repräsentiert ist. Insbesondere müßte man dann in die Details auch der persönlichen Biographie jedes einzelnen gehen, denke ich.

Ich komme auf 79 SWR-Rundfunkratsmitglieder (falsch gezählt?)
Insgesamt teilt sich das grob auf in
* 25 Mitglieder direkt aus der Politik (Exekutive, Legislative, Städte, Gemeinde, Landkreise, Parteien)
* 54 Mitglieder nicht direkt aus der Politik

Die übrigen Mitglieder aus
* 26 Wirtschaft/Erwerbsarbeit (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Selbständige/Freiberufler, Beamte)
* 8 Kirche
* 9 NGO (Frauen, Senioren, Jugend, etc.)
* 7 Erziehung/Bildung
* 4 Kunst

Frage: wer fehlt? Was fällt auf?
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?


Ja, weil

14.1
Der Rundfunkrat setzt sich zusammen aus 74 Mitgliedern aus den Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
[...]
14.4
Die Organisationen und Institutionen nach den Absätzen 2 und 3 entsenden die Mitglieder. Soweit in den einzelnen Nummern nach den Absätzen 2 und 3 jeweils mehr Organisationen genannt sind, als Mitglieder entsandt werden können, haben sich die betreffenden Organisationen auf das oder die gemeinsam zu entsendenden Mitglieder zu einigen.
 
Oder was beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk der "besondere öffentliche Zweck" sein soll.

Die – Trommelwirbel – Grundversorgung.


Sehr schön der Konsenstext unter http://de.wikipedia.org/wiki/Grundversorgung:

In Deutschland besteht gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ein Grundversorgungsauftrag des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Öffentlich-rechtlichen Rundfunksender haben also nicht nur die Aufgabe, eventuelle Lücken zu schließen, die private Anbieter offen lassen, sondern müssen das ganze Spektrum von Fernseh- und Hörfunksendungen bieten.

Die Interpretation, was unter diese Grundversorgung fällt, ist in hohem Maße umstritten und war Gegenstand mehrerer Verfahren vor dem BVerfG sowie europarechtlicher Kontroversen.



Polemisch gesagt: Das BVerfG hat uns mit dem Beharren auf seiner obsoleten Rechtsauffassung den ganzen Schlamassel eingebrockt. Oder möchte jemand dieser Auslegung widersprechen?
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Der öffentlich rechtliche Rundfunk gehört den Parteien. Diese haben ihn schon immer unter sich aufgeteilt. Und wehe dem, da käme ein Querulant, der mit dem Sumpf nicht einverstanden wäre!
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Der öffentlich rechtliche Rundfunk gehört den Parteien. Diese haben ihn schon immer unter sich aufgeteilt. Und wehe dem, da käme ein Querulant, der mit dem Sumpf nicht einverstanden wäre!
Was hindert Dich daran, Dich selbst in einer Partei zu engagieren und Dich in einen Rundfunkrat entsenden zu lassen?

Matthias
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Polemisch gesagt: Das BVerfG hat uns mit dem Beharren auf seiner obsoleten Rechtsauffassung den ganzen Schlamassel eingebrockt. Oder möchte jemand dieser Auslegung widersprechen?
Dazu müßte ich mir erstmal im klaren sein, ob das Bundesverfassungsgericht unter dem "ganzen Spektrum von Fernseh- und Hörfunksendungen" tatsächlich das versteht, als was man es auslegen könnte, wenn man bösartig ist.

Um auf einen Nachbarthread (mit ca. 10 mal soviel Zugriffen pro Tag, das sagt schon alles) anzuspielen: müßten die Öffis dann auch Penis-Tätowierungen im Hörfunk anbieten und Gewinnspielshows im Fernsehen? Ich bezweifle das. Und ich lege das "ganze Spektrum" so aus, als daß es sich eben nicht nur auf bloße "nackte" Information, Schulfunk oder vielleicht noch "E-Kultur" beschränkt, sondern halt alle Genres einbezieht - aber nicht alle Niveauschattierungen.

Dennoch wäre hier eine Präzisierung angebracht, schon um das Ausufern belangloser austauschbarer Angebote (Webchannels, x Popwellen ohne Inhalt - manche Anstalten haben inzwischen derer drei) einzudämmen.

Ach so, weils gerade noch reinkam:

Was hindert Dich daran, Dich selbst in einer Partei zu engagieren und Dich in einen Rundfunkrat entsenden zu lassen?
Ich bin zwar nicht gefragt worden, aber ein Hinderungsgrund für mich wäre meine inzwischen gut gefestigte Auffassung, wonach Parteien ethisch hochgradig verwerfliche Konstrukte sind, die der Ego-Befriedigung ihrer Führungsspitze dienen sowie der Diätensicherung, Vorteilsnahme, Befriedigung von Geltungsdrang, Herrschsucht - und vor allem immer an der Realität und an jedem gesunden Bauchgefühl vorbei. Fast immer, wenn ich Zeuge von kleiner oder großer Politik werde, erlebe ich einen unfassbaren Kindergarten gegenseitiger Anschuldigungen, durch-den-Dreck-Ziehereien, völliger fachlicher Inkompetenz, sinnfreier Polemik und Entscheidungen, die ausschließlich der Demonstation von Macht und Arroganz dienen, aber nicht dem Wohl derer, denen man suggieriert, sie müßten wählen gehen, um gut vertreten zu werden.

Das ist bitter, aber mehr ist für mich von diesem Gesellschaftssystem nicht übrig geblieben. Wen sollte einer wie ich noch wählen? Die, die mir gleich von Anfang an sagen, daß ich irrelevant bin und übergangen werden muß, z.B. in kulturellen und ethischen Dingen? Die, die mir sagen, daß es doch wunderschön ist, daß ich da bin und daß es auch ganz wichtig ist, daß ich als Mensch berücksichtigt werde - und den warmen Worten keine Taten folgen lassen? Die, die mir sagen, daß die, die mich nicht berücksichtigen wollen, Verbrecher sind und fortgejagt gehören, aber auf tieferes Nachbohren kein Konzept für ein "danach" vorlegen können? Die, von denen gleich klar ist, daß ihre Schlägertrupps (mit denen sie offiziell nichts zu tun haben wollen) gegen wen-auch-immer vorgehen? Die, die mir sagen, das regelt sich alles von alleine, wenn man es denn nur laufen lasse - und damit nur das Naturgesetz von der Anhäufung des Kapitals in ihren Reihen meinen, was sich tatsächlich von alleine regelt? Die, die auf mich lange noch am nachdenklichsten, besonnensten und vernünftigsten wirkten, sich aber bei genauem Hinschauen oft als einfach nur intellektuell verkleidete Zukunfts-Verweigerer ohne einen Funken Ahnung von irgendwas entpuppen? Oder - recht neu - die, die sich - weil digitale Nerds - für die Zukunft halten und dies mit Robin-Hood-Spielereien an der Grenze zur Lächerlichkeit zu unterstreichen versuchen?

Es ist wirklich schlimm. Ken Wilber tritt ja leider zur Wahl nicht an. Das wäre mal noch jemand, dem ich ein Kreuz aufm Stimmzettel spendieren würde.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Sagen wir es so: Niemand zwingt die Anstalten, Privatfunk zu kopieren. Es verbietet sie halt aber auch niemand. Das ist dann alles der "Ermessensspielraum". Und da ist es dann IMHO Sache der Rundfunkräte, was sie durchgehen lassen. Es wäre ihr Job, auch mal "Nein" zu sagen.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Wobei die Institution der "Rundfunkräte" als "pseudodemokratisches" Element durchaus hinterfragt werden muss; vor allem auch, weil sie ihrer Aufgabe nicht gerecht werden und somit das Geld nicht wert sind, welches sie für ihr Wirken bekommen.

Auch wenn es bereits an anderem Orte hier in den Forem steht, möchte ich das Beispiel NDR hier zur allgemeinen Diskussion bringen:

Laut Selbsteinschätzung des NDR ist die Welle NDR 2
... der Tagesbegleiter für all jene Hörer, die Information und Unterhaltung suchen. Neben journalistischem Profil und kompetenter Moderation zeichnet sich das Programm durch das umfangreichste Repertoire an Pop-Titeln im Norden aus.

Das Hören dieses Programms hinterlässt auch beim größten Wohlwollen gegenüber dem NDR aber einen ganz anderen Eindruck, denn zwischen (Selbst-)Anspruch und Wirklichkeit liegen Welten. - Wo bleibt hier der Einfluss der Rundfunkräte, oder gäbe es ohne deren Einfluss eine noch größere Diskrepanz?
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Wo bleibt hier der Einfluss der Rundfunkräte, ... ?

Der Einfluss der Rundfunkräte sollte nicht überschätzt werden. In erster Linie liegt die Macht über das Programm und dessen Inhalte, bei den Rundfunkanstalten und den Redaktionen selbst. Die Rundfunkräte sind eher so "Abnicker" soweit programmliche Fragen aufgeworfen werden. Mächtig wird ein Rundfunkrat eher bei wichtigen Personalentscheidungen (soll der nächste Intendant ein CDU- oder SPD-Parteibuch haben?), großen Investitionsvorhaben, usw.
 
Weiter in der Diskussion

Was hindert Dich daran, Dich selbst in einer Partei zu engagieren und Dich in einen Rundfunkrat entsenden zu lassen?

Du wirst zugeben, daß es nicht so einfach sein dürfte, sich mal eben „in einen Rundfunkrat entsenden zu lassen“. Das wäre ein laaangfristiges Projekt mit ungewissem Ausgang. Und der Ausgang „Entsendung“ wird garantiert nicht wahrscheinlicher, wenn man sich im Vorfeld schon als jemand, der unbequeme Fragen stellt, zu erkennen gibt.

Damit wir uns nicht mißverstehen: Ich kann Deinen Ansatz gut verstehen, daß man nicht nur meckern soll, sondern aktiv handeln muß, wenn man etwas verändern möchte. Es muß aber dennoch erlaubt sein, etwas, was man als Fehlentwicklung erkannt hat, zu benennen.

Ich bin mittlerweile zu dem Schluß gekommen, daß es für die Entscheider äußerst praktisch ist, daß Grundversorgung und Auftrag so schön schwammig sind. Nimm einen Rundfunkrat hinzu, über dessen Besetzung in Hinterzimmern entschieden wird, und, wenn man sich nicht allzu ungeschickt angestellt hat, fertig ist die Kuschelecke.

Insofern erwarte ich nicht, daß der besondere öffentliche Zweck

Die – Trommelwirbel – Grundversorgung.

von diesen Leuten jemals näher definiert wird, wenn sie nicht dazu gezwungen werden.

Und da ist es dann IMHO Sache der Rundfunkräte, was sie durchgehen lassen. Es wäre ihr Job, auch mal "Nein" zu sagen.

Es wäre in meinen Augen zunächst ihr Job, von der Anstalt einen detaillierten (!) Katalog einzufordern, wie man seinen Auftrag zu erfüllen gedenkt. Da sollte dann z B drin stehen, welche Sendeformen man wann für wen anbietet (politische Berichterstattung, Nachrichten, Magazine, Reportagen, Features, Hörspiele, ...), welche Musik wann angeboten wird usw. Mit anderen Worten eine Antwort auf die Wir-stellen-uns-mal-janz-dumm-Frage: Ihr habt einen Auftrag (und das Gebührenprivileg); wie gedenkt Ihr, ihn zu erfüllen?

Dann erst hätte man nämlich überhaupt eine Diskussionsgrundlage, auf der man auch mal "Nein" sagen kann.

Den Einwand

Wobei mir Angst und Bange würde, wären sie dem Volk gegenüber rechenschaftspflichtig. Dann gäbe es vermutlich nichtmal mehr Figaro oder hr2 im derzeitigen Zustand.

lasse ich übrigens nicht gelten. Wenn man Angst davor hat, dem „gemeinen Volk“ etwas zu erklären, ist immer etwas nicht koscher. Mit der bequemen Ausrede „Das verstehen die sowieso nicht.“ ist schon viel Schindluder getrieben worden. Im Prinzip war ja auch der real existierende Sozialismus auf der Grundlage gebaut worden, daß man das Volk notfalls auch zu seinem Glück zwingen muß, der höheren Sache wegen.

Warum sollte es schwierig sein, den Leuten darzulegen, daß hier das Angebot für die Fans der Popmusik ist, dort das für die Fans der klassischen Musik, da das für die politisch Interessierten usw? Man sollte tunlichst vermeiden, Mehrheiten und Ausschließlichkeit in einen Topf zu werfen. Auch wenn die Mehrheit mit Dudelfunk zufrieden sein sollte, ist das kein Argument dafür, nur noch das anzubieten. Und ich verstehe weiterhin nicht, warum es einen Dudelfunkfan stören sollte, wenn neben „seinem“ Radio auch noch Platz für z B SchwarzWeiß, Kramladen, Ball, ... ist? Daß deren Fans schließlich auch Gebühren zahlen, ist doch jedem sofort einleuchtend.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

daß es für die Entscheider äußerst praktisch ist, daß Grundversorgung und Auftrag so schön schwammig sind

Das ist genau der Kern des Problems. Alles ist in diesen eigentlich elementaren Definitionsfragen schwammig. Nehmen wir das Beispiel "Wortanteil". Als "Wortanteil" in einer Sendestunde zählt selbstverständlich das Claiming und Teasing ebenso wie der Blitzerwarnhinweis oder der kilometerlange Wetterbericht.
Der Geist dieser Formulierung "Wortanteil" (zum Beispiel in den Sendelizenzen) meint aber etwas völlig anderes, nämlich qualifizierte, inhaltliche Berichterstattung. Noch schwammiger wird es beim Thema "regionaler Wortanteil", da wird Schindluder getrieben ohne Ende und selbst die Lüge "Wir sind von hier" wird noch als regionaler Wortanteil verbucht.
Nur: Wer überprüft das alles? Wer fordert es ein? Wer sanktioniert Verstöße? Davon habe ich noch nie gehört.
Rundfunkrat? Nicht nur, dass es ein Gremium aus Papiertigern ist, die Papiertiger sind auch noch weder neutral noch überparteilich, in den meisten Fällen auch nicht vom Fach, auf jeden Fall aber bequem lenk- und beeinflussbar. Die "hetorogene" und "relevante gesellschaftliche Gruppen abbildende" Zusammensetzung dieser Gremien ist genauso überzeugend, wie es der bunte Mix der pseudo-Parteien in der früheren DDR-Volkskammer war.
 
AW: Weiter in der Diskussion

Es wäre in meinen Augen zunächst ihr Job, von der Anstalt einen detaillierten (!) Katalog einzufordern, wie man seinen Auftrag zu erfüllen gedenkt. Da sollte dann z B drin stehen, welche Sendeformen man wann für wen anbietet (politische Berichterstattung, Nachrichten, Magazine, Reportagen, Features, Hörspiele, ...), welche Musik wann angeboten wird usw. Mit anderen Worten eine Antwort auf die Wir-stellen-uns-mal-janz-dumm-Frage: Ihr habt einen Auftrag (und das Gebührenprivileg); wie gedenkt Ihr, ihn zu erfüllen?
Und das erwartest Du von Menschen, deren Qualifikation für den Job eines Rundfunkrates oft darin zu bestehen scheint, einfach nur in einer Organisation Mitglied zu sein, die jemanden entsenden darf?
Klar, es gibt Rundfunkrats-Mitglieder, die wissen in den Medien Bescheid. So wenig ich Heiko Hilker auch mag, der hat alle Kämpfe seit 1990 miterlebt und weiß, was im Hörfunk passiert. Klar weiß ein Torsten Cott Bescheid, der leitet selbst einen offenen Hörfunkkanal, auf dem teils die kulturelle Grundversorgung geleistet wird, die der MDR nicht zu leisten bereit ist. Aber schon bei einem dritten aus dem MDR-Rundfunkrat kommen mir Zweifel. Wenn man seiner entsendenden Truppe im Sommer 2009 erklären muß, was Sputnik ist, daß es zum MDR gehört und in Thüringen nicht auf UKW ausgestrahlt wird ("Das ist natürlich nicht gut, da müssen wir mal eine Anfrage...") und wenn eine Truppenkollegin von ihm am Rande einer Sitzung 2010 ausgerechnet den Chef der TLM (!) fragt, warum Sputnik in Thüringen keine UKW-Frequenzen hat (in der Hoffnung, durch diese Frage ausgerechnet an diese Stelle würde sich diesbezüglich etwas bewegen), dann wird klar, daß die Truppe inklusive "medienpolitischem Sprecher" nicht ein Fünkchen Ahnung hat von dem, worum es geht. Null, gar nichts. Völlig hilflos und naiv. Entsprechend lesen sich auch die medienpolitischen Wortmeldungen: die sind so konkret wie Wetter und Verkehr im Voicetracking, 3 Tage vor Sendung aufgenommen.

Erwartest Du von den Rundfunkratsmitgliedern besondere Liebe zum Rundfunk, Hingabe zu gehaltvollen Sendeformen usw? Erwartest Du von einer Mehrheit im "gesetzten Alter", daß sie sich für Alternativkultur einsetzen würden? "Die Jugend hört doch sowieso nur dieses Jeh-jeh-jeh und wie das alles heißt."

Sicher wird es das geben, aber wieivele werden das sein? Man müßte sie alle mal auf ihre Ambitionen hin interviewen. Warum sitzt ihr da drin, was erwartet ihr vom Rundfunk, wie wirkt ihr daraufhin? Das wäre doch mal spannend.

Wenn man Angst davor hat, dem „gemeinen Volk“ etwas zu erklären, ist immer etwas nicht koscher.
Natürlich ist etwas nicht koscher und mir schwant böses. Wenn ich mir anschaue, was die zumindest in der Öffentlichkeit aktive Bevölkerung so mag und tut, brauchen wir keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr. Zumindest keinen, der anders ist als der, den wir hier gerade beackern.

Im Prinzip war ja auch der real existierende Sozialismus auf der Grundlage gebaut worden, daß man das Volk notfalls auch zu seinem Glück zwingen muß, der höheren Sache wegen.
In der Krankenversicherung ist es auch heute so: auch die derzeit Gesunden müssen einzahlen - und auch bewußte Genußraucher finanzieren Maßnahmen zu ihrer eigenen "Ausrottung" mit, ob sie wollen oder nicht. Da zwingt man auch das Volk - allerdings über unser Staatssystem sauber juristisch gregelt. Da es hier um Leben und Tod gehen kann, wundert es mich nicht, daß es gegen die KV-Pflicht kaum spürbare Proteste gibt. Wie wird das aber beim Rundfunk sein, wo es ja "kostenlos" Angebote gibt, die für eine Mehrheit offenbar qualitativ vollkommen ausreichen? Es ist halt "bloß Radio" und nichts wichtiges...

Warum sollte es schwierig sein, den Leuten darzulegen, daß hier das Angebot für die Fans der Popmusik ist, dort das für die Fans der klassischen Musik, da das für die politisch Interessierten usw?
Darlegen ist nicht schwierig, aber ob das bei denen, die ohnehin den "Staatsfunk" ablehnen, so sinnvoll ankommt?

Auch wenn die Mehrheit mit Dudelfunk zufrieden sein sollte, ist das kein Argument dafür, nur noch das anzubieten.
Das sagst Du als jemand, der etwas anderes will. Das Demokratieverständnis (und auch die umgesetzte, gelebte Praxis in diesem Land) sagt aber ganz klar: wenn 50.0% + Epsilon der Bevölkerung Dudelfunk wollen, muß der Rest schweigen. Ich erlebe tagtäglich an den unterschiedlichsten Stellen, wie willkürlich lokale Mehrheiten sogar geltendes Recht aushebeln und durch Faustrecht ersetzen können: Verkehrsplanung, Umweltschutz, Lärmschutz. Das käme im Rundfunk auch sofort so unmittelbar, würde es auf kleiner Ebene im Volk entschieden, da bin ich mir leider recht sicher.

Und ich verstehe weiterhin nicht, warum es einen Dudelfunkfan stören sollte, wenn neben „seinem“ Radio auch noch Platz für z B SchwarzWeiß, Kramladen, Ball, ... ist? Daß deren Fans schließlich auch Gebühren zahlen, ist doch jedem sofort einleuchtend.
Ganz einfach: weil er glaubt, daß es ihn etwas kostet. Und weil er diese Angebote nicht will. Und weil er glaubt, es würde für ihn billiger / kostenlos, wenn es diese Angebote nicht gäbe. Daß die sensiblen Klassikfreunde derweil auch derbe Geld in Fußball- und andere Sportrechte pumpen, fällt da doch gern hintenrunter. Immerhin wirbt die ARD ja inzwischen mit Gassenhauern (Tatort sah ich wohl mal auf einem Plakat) um Verständnis für Gebühren und nicht mit echten Minderheitenangeboten. Die wissen schon, warum.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Ja, das Problem mit den Sesselfurzern hatte schon Elmi damals erkannt. Das war immer das Problem der Anstalten des öffentlichen Rechts (in manchen Fällen auch Links). Es entschieden und entscheiden Menschen, die von Rundfunk an sich keine Ahnung haben und deren Bedürfnisse und Wünsche hinsichtlich des Programms nur eine sehr geringe Schnittmenge mit der Restbevölkerung aufweist. Dann kam der Privatfunk. In den meisten Fällen hielten auch hier Leute geschäftsführend und geldgebend die Fäden in der Hand, die von Rundfunk wenig bis Null Ahnung hatten. In vielen Fällen liessen sie dann anfangs Leute ran, in deren Venen Radioblut floß. Nach dem Motto: Macht mal! Ihr werdet schon wissen, wie. Genau dann wurde es auch was. Irgendwann kamen sie dann auf die Idee, sich von Beratern das Programm auf Erfolg stricken zu lassen. Da wurde in den seltensten Fällen was draus. Heute regieren dort die Gewinnmaximierer. Das Programm bleibt auf der Strecke. Die Leute mit Radioblut laufen auf Batterie, weil sie nicht so dürfen, wie sie könnten oder wollten oder sie haben schon resigniert, und von unten wächst gar nichts mehr nach mit Radioblut. Und wenn, dann toben die sich auf irgendwelchen nichtkommerziellen Kanälen oder gar im Webradio aus. Leider haben sie dort selten die Möglichkeit, handwerklich etwas zu lernen und so verbleiben sie ewig auf der Amateurstufe, es sei denn, sie steigen auch in die Mühle ein und bekommen ihr eigentliches Talent abtrainiert. Und was haben die Sesselfurzer in den Anstalten gemacht, nachdem sie gesehen haben, dass ihnen die Hörer zu den Privatradios davon liefen? Sie haben versucht, diese nachzuahmen und haben dafür selbst die Herren Berater konsultiert. Das ist dann das doppelte Übel...und im Sinne der Hörer ist es in den seltensten Fällen.
 
Dazu müßte ich mir erstmal im klaren sein, ob das Bundesverfassungsgericht unter dem "ganzen Spektrum von Fernseh- und Hörfunksendungen" tatsächlich das versteht, als was man es auslegen könnte, wenn man bösartig ist.

Vielleicht findet sich eine Antwort, wenn man sich einmal überlegt, welche Medienangebote in den üblichen Juristenkreisen so konsumiert werden dürften.


meine inzwischen gut gefestigte Auffassung, wonach Parteien ethisch hochgradig verwerfliche Konstrukte sind, die der Ego-Befriedigung ihrer Führungsspitze dienen

Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt's einen, der die Sache regelt!


Noch ein Gedanke: Ich halte es mittlerweile auch nicht mehr für undenkbar, Rundfunk ganz platt mit Staatsknete zu betreiben. Im Ausland geht die Tendenz deutlich in diese Richtung, und hierzulande findet bei kulturellen Einrichtungen auch kein Mensch etwas dabei, obwohl da schonmal eine Eintrittskarte mit hundert Euro subventioniert wird. Schönes Gefühl, wenn's auf einmal die eigene ist, hähä.

Aber auch darüber braucht man sich angesichts der „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ erst gar keine Gedanken zu machen. Und selbst wenn: Ein flüchtiger Blick auf die Hervorbringungen der Truppenteile des Genossen Stadelmaier reicht, um alle Hoffnung fahren zu lassen, von diesen Technokraten könnte irgendetwas kommen, das den Charakter des Rundfunks als kultureller Institution befördert. Außer bürokratischer Popanze bringen die Herrschaften doch nichts zustande.

Es fällt einem immer schwerer, sich von Medienpolitik nicht angewidert abzuwenden.
 
Von Rundfunk- und anderen Räten

Und das erwartest Du von Menschen, deren Qualifikation für den Job eines Rundfunkrates oft darin zu bestehen scheint, einfach nur in einer Organisation Mitglied zu sein, die jemanden entsenden darf?

Moooment! In erster Linie erwarte ich das Geschriebene von der Institution Rundfunkrat. Und zwar ohne jegliche Abstriche! Daß die Figuren, die dort drin sind (und sich wohl auch jeweils Rundfunkrat nennen), mangels Qualifikation oder Interesse diese Aufgaben nicht erfüllen können oder wollen, gehört einfach öffentlich angeprangert. Schluß mit der Kuschelecke Rundfunkrat! (Wenn es nicht „nur um Radio“ ginge, wäre WikiLeaks vielleicht eine hilfreiche Drohung...)

Erwartest Du von den Rundfunkratsmitgliedern besondere Liebe zum Rundfunk, Hingabe zu gehaltvollen Sendeformen usw? Erwartest Du von einer Mehrheit im "gesetzten Alter", daß sie sich für Alternativkultur einsetzen würden? "Die Jugend hört doch sowieso nur dieses Jeh-jeh-jeh und wie das alles heißt."

Nein, natürlich „nicht wirklich“. Ich lüge mir die Wirklichkeit ja nicht schön. Trotzdem bleibe ich dabei, daß man die Inkompetenz der Rundfunkräte auch nicht als naturgesetzmäßig und unveränderlich ansehen sollte.

Ach so, warum fällt mir gerade jetzt ein anderer Rat, der für deutsche Rechtschreibung, ein?

Süddeutsche Zeitung vom 25. Februar 2006 schrieb:
Der Erlanger Sprachwissenschaftler Theodor Ickler, einer der profiliertesten Gegner der Rechtschreibreform, verlässt unter Protest den Rat für deutsche Rechtschreibung. Die Arbeit dieses Rates, so Ickler, sei von der Kultusministerkonferenz (KMK) als bloßes Schauspiel angelegt gewesen - als Farce, die den Widerstand gegen die Reform brechen sollte. [...] "Seit neun Jahren lernen die Schulkinder grammatisch falsches Deutsch, das richtige wird notenrelevant bestraft, Verbands- und Interessenvertreter befinden mit Zweidrittelmehrheit darüber, was Silbengelenke, Desubstantivierungen und satzwertige Infinitivkonstruktionen sind."

Schon die Konstruktion des Rates - der nominell ein unabhängiges Gremium hätte sein sollen - sei so beschaffen gewesen, dass das politische Interesse an einer Beibehaltung der Reform nie hätte in Frage gestellt werden können: In den Rat berufen worden seien vor allem Befürworter der Reform, die meisten davon keine Germanisten und Sprachwissenschaftler, sondern Interessensvertreter und dabei nicht zuletzt den Schulbuch- und Wörterbuchverlagen verbunden. Das Quorum einer Zweidrittelmehrheit habe produktive Kritik schon im Ansatz verhindert. Die Arbeit des Rates sei zudem durch die Kultusminister einem absurden Zeitdruck unterworfen worden. Nach Gutdünken der den Kultusministern gegenüber loyalen Mitgliedern des Rates sei über die Geschäftsordnung verfügt worden.

Theodor Ickler schrieb:
[...] Rates für deutsche Rechtschreibung. Dessen Mitglieder erfuhren bei dieser Gelegenheit auch, daß inzwischen die Stelle eines Geschäftsführers ausgeschrieben, die Bewerbungsfrist abgelaufen und eine Geschäftsführerin ausgewählt worden war. Leider gelang es mir nicht, den Text der Vereinbarung zu Gesicht zu bekommen. Die anderen Ratsmitglieder schien die Geheimnistuerei nicht zu stören, da sie, wie die weitere Entwicklung zeigte, ausnahmslos an der raschen Durchsetzung der Rechtschreibreform interessiert waren und sind.

[...]

Der Rat soll laut Statut „die wichtigsten wissenschaftlich und praktisch an der Sprachentwicklung beteiligten Gruppen repräsentieren“ – eine merkwürdige Bestimmung, denn es gibt keine Gruppen, die „wissenschaftlich an der Sprachentwicklung beteiligt“ sind. Der Rat wird denn auch von Verlagsunternehmen und anderen Interessenvertretern dominiert, die zwar mit der Reformdurchsetzung befaßt sind, aber sicher nicht mit der Sprachentwicklung.

Die Parallelen sind m E unübersehbar. (Wer alles lesen will: Quelle 1 und Quelle 2.) Und es wird gewiß weitere Beispiele für Räte geben, deren einziger Zweck der einer Beruhigungspille ist und die daher anscheinend folgenlos mit Inkompetenten (oder Interessenvertretern) gefüllt werden können.

Aber auch wenn das also offenbar Methode hat, ist es noch lange nicht akzeptabel.

In der Krankenversicherung ist es auch heute so: auch die derzeit Gesunden müssen einzahlen - und auch bewußte Genußraucher finanzieren Maßnahmen zu ihrer eigenen "Ausrottung" mit, ob sie wollen oder nicht.

Der Vergleich mit der Krankenversicherung ist schief. Hier bekommt tatsächlich jeder etwas, und zwar das Gleiche ohne Ansehen der Person: den Anspruch auf medizinische Versorgung, sollte er sie benötigen. Daß die „derzeit Gesunden“ auch einzahlen, ist dazu kein Widerspruch, sondern Versicherungsprinzip. Jeder „derzeit Gesunde“ kann jederzeit krank werden, und er muß sich im Prinzip um Arztrechnungen, die er nicht bezahlen kann, nicht sorgen. (Bitte jetzt nicht hier einhaken und eine Debatte über Zuzahlungen u dgl mehr anzetteln.)

Schlimm wäre es nur, wenn man einzahlen müßte, aber keine Leistungen im Krankheitsfall bekäme. Aber so ist es eben nicht. Insofern kann ich verstehen, „daß es gegen die KV-Pflicht kaum spürbare Proteste gibt.“

Das Demokratieverständnis (und auch die umgesetzte, gelebte Praxis in diesem Land) sagt aber ganz klar: wenn 50.0% + Epsilon der Bevölkerung Dudelfunk wollen, muß der Rest schweigen. Ich erlebe tagtäglich an den unterschiedlichsten Stellen, wie willkürlich lokale Mehrheiten sogar geltendes Recht aushebeln und durch Faustrecht ersetzen können: Verkehrsplanung, Umweltschutz, Lärmschutz.

Auch hier würde ich differenzieren. Es gibt binäre Entscheidungen – Lärmschutzwand ja oder nein, Umgehungsstraße ja oder nein, Ausrichtung von Sportveranstaltungen ja oder nein, ... Hier ist der einzig sinnvolle Weg, wenn der Mehrheitsentscheidung gefolgt wird. Aber wie viele Entscheidungen sind wirklich binär? Das Rundfunkangebot ist es gewiß nicht. Insofern besteht hier überhaupt keine Notwendigkeit, Minderheiten absichtlich zu unterdrücken. Der gegenwärtige Zustand der Radiolandschaft mag vielleicht so erscheinen, aber wenn es wirklich so wäre, ließe es sich jedenfalls nicht mit „Das ist eben Demokratie, akzeptiere das!“ rechtfertigen. Demokratie ist nicht die Diktatur der Mehrheit.

Daß die sensiblen Klassikfreunde derweil auch derbe Geld in Fußball- und andere Sportrechte pumpen, fällt da doch gern hintenrunter.

Hier gibst Du Dir ja bereits selber ein gutes Beispiel, daß es eben doch geht, für etwas zu bezahlen, das man selbst nicht bräuchte.

Ja, das Problem mit den Sesselfurzern hatte schon Elmi damals erkannt. Das war immer das Problem der Anstalten des öffentlichen Rechts (in manchen Fällen auch Links). Es entschieden und entscheiden Menschen, die von Rundfunk an sich keine Ahnung haben und deren Bedürfnisse und Wünsche hinsichtlich des Programms nur eine sehr geringe Schnittmenge mit der Restbevölkerung aufweist.

Vgl dazu das hier:

Schlimmer, mein Lieber!

Die Entscheidungsträger haben nie auf Popmusik gestanden. Das sind Sesselfurzer aus ganz anderen Bereichen. Gefühl für Hörerbedürfnisse: Null. Rat mal, warum die Riesensummen für Beratungsleistungen zahlen, die sie gar nicht bräuchten, wären sie denn kompetent
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Im Ruhrgebiet gibt es mit den D-Radios insgesamt 8 öffentlich rechtliche Hörfunkprogramme auf UKW. Auf der anderen Seite gibt es keine freien Frequenzen für ein landesweites privates Hörfunkprogramm.

Brauchen wir in Nordrhein-Westfalen wirklich acht öffentlich rechtliche Hörfunkprogramme auf UKW, oder ist das nicht Verschwendung von Gebührengeldern? Ich meine, ja.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Auf der anderen Seite gibt es keine freien Frequenzen für ein landesweites privates Hörfunkprogramm.

Sollte je irgendwo eine auftauchen, werden es neun öffentlich-rechtliche Wellen werden!
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Um eine Teil der Frage zu beantworten: das ZDF gehört zur Zeit der (Volkspartei) CDU

aus dwdl:
Intendanten-Wahl: Union drängt auf rasche Wahl

(29.01.2011) Wer wird Nachfolger von ZDF-Intendant Markus Schächter? Gute Chancen soll Programmdirektor Thomas Bellut haben. Der "schwarze Freundeskreis" im ZDF-Fernsehrat will die Frage jedenfalls schon bald klären.

Foto: Uwe Voelkner / FOXNach zwei Amtszeiten hat ZDF-Intendant Markus Schächter genug - für eine dritte steht er jedenfalls nicht mehr zur Wahl, wie er vor wenigen Tagen ankündigte (DWDL.de berichtete). Hinter den Kulissen hat die Suche nach einem Nachfolger bereits begonnen.

Wie der "Spiegel" berichtet, könnte die Wahl des Nachfolgers bereits bald geklärt sein. Der "schwarze Freundeskreis" im Fernsehrat, schreibt das Magazin, möchte bereits in der übernächsten Sitzung im Juni einen neuen Senderchef wählen, auch um monatelange parteipolitische Scharmützel zu verhindern, wie es sie 2001 vor der Wahl von Schächter gab.

Als aussichtsreichster Kandidat gilt jedoch auf beiden Seiten Programmdirektor Thomas Bellut, der als konservativ gilt. Nach der ZDF-Arithmetik würde an seine Stelle wiederum jemand nachrücken, der als konservativ gilt. Hier soll Bettina Schausten, die gerade erst das ZDF-Hauptstadtstudio übernommen hat, gute Chancen haben. Fraglich ist allerdings, ob sie kurz nach ihrem Wechsel nach Berlin schon wieder auf den Lerchenberg zurückkehren möchte.

Der unionsnahe Freundeskreis um Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) verfügt im Fernsehrat derzeit über die zur Wahl des Intendanten nötige Dreifünftelmehrheit. Jung wolle den neuen Intendanten jedoch im Konsens mit dem roten Freundeskreis bestimmen, heißt es laut "Spiegel" in der Union.
 
AW: Wem gehört der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

... das ZDF gehört zur Zeit der (Volkspartei) CDU
War es als solches nicht vor 50 Jahren konzipiert worden?

Was mich aber im Artikel zum Staunen bringt, ist der Satz
Nach der ZDF-Arithmetik würde an seine Stelle wiederum jemand nachrücken, der als konservativ gilt.
Hier stelle ich mir die Frage, warum es von "Gott" vorgegeben sein soll, mit welcher politischen Ausrichtung die einzelnen Stellen beim ZDF, aber sicherlich nicht nur dort, gefälligst zu besetzen sind. - Unabhängigkeit sieht in meinen Augen anders aus!
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben