Funkhaus historisch: Nalepastraße

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Beim Rundfunk der DDR waren zwei – so weit ich es überblicke, weltweit einmalige – Spezial-Tonbandgerätetypen im Einsatz: die Cuttergeräte R 34, R 34 a (1950), R 34 b (1951), R 34-1 (1956), R 34/2 (1956, alle von Sander & Janzen, Bandgeschwindigkeit 76,2 cm/s, bei R 34/2 auch 38,1 cm/s) und das Zweibandlaufwerk R 35 (ebenfalls für 76,2 cm/s).

Die Varianten des Cuttergeräts R 34 hatten zwar „nur“ einen Wiedergabekopf, dafür aber drei Wickelmotore, von denen Nr. 3 einen dritten Wickelteller antrieb, was „das getrennte Aufspulen bestimmter Bandteile“ ermöglichte, „wodurch das Ordnen umfangreicher und vielseitiger Aufnahmen erleichtert wird.“ (N. N., Ein Besuch im Funkhaus des Deutschen Demokratischen Rundfunks, Radio und Fernsehen Nr. 14/1955, Seiten 416 bis 419). In gewisser Hinsicht war R 34 ein Schritt in Richtung „Schneidetisch“ wie bei der Spielfilm-Produktion.
Dieses Gerät konnte wohl bei reinen Schnitt- und Montagearbeiten zwei „normale“ Tonbandmaschinen ersetzen, so dass der Schluss naheliegt, dass in den 1950ern relativ wenige Normal-Maschinen für Produktionszwecke zur Verfügung standen. Ich nehmen ferner an, dass auf den R 34 zumindest überwiegend „nass“ geklebt wurde, was pro Schnitt angeblich um die zwei Minuten gedauert haben soll (Schicht abschaben, einstreichen, passgenau andrücken, Klebewirkung abwarten).
Meine Fragen dazu: stimmen die Überlegungen, oder gab es einen anderen Grund für die Konstruktion dieser Maschinen? War der Bestand an Studiomaschinen etwa zeitgleich mit dem Übergang zur Bandgeschwindigkeit 38,1 cm/s und / oder dem Trockenkleben mit Klebeband groß genug geworden, so dass kein Bedarf für weitere Nachfolger bestand?

Fast noch interessanter als die R 34-Reihe ist das „Zweibandlaufwerk R 35 für schnittlose Tonmontage“, eine Entwicklung des Betriebslaboratoriums für Rundfunk und Fernsehen, gebaut 1955 als Typ SJ 110 von Sander & Janzen. Laut Beschreibung dient „das Laufwerk ... vorzugsweise zum intermittierenden Umschneiden von Wortaufnahmen eines Magnetton-Urbandes auf ein Kopieband ... Hierbei werden nur die gewünschten Sätze, Worte, Silben oder auch Buchstaben <sic> überspielt. Es können bei diesen Montagen auch Einblendungen von weiteren Modulationen ... vorgenommen werden“. (Handbuch der Studiotechnik / Ton, Teil I+II: R; Deutscher Demokratischer Rundfunk, Betriebslaboratorium für Rundfunk und Fernsehen, Zweibandlaufwerk für schnittlose Tonmontage, I/R 35/1….9; IA/R 35/1; II/R 35/1…5, 1956 /1957).
Das Vier-Teller R 35 bildete gewissermaßen zwei in einem Gerät zusammengebaute Tonbandmaschinen-Einheiten, von denen die eine nur Wiedergabe-, die andere Aufnahme- und Abhörfunktion hatte. Die Arbeitsgeschwindigkeit war 76,2 cm/s.
Ich stelle mir die Aufgabe dieses Geräts so vor: von einer Veranstaltung (welchen Charakters auch immer) liegen durchgehende Aufnahmen (die genannten Urbänder) vor, aus denen für Sendungszwecke Auszüge zusammenzustellen sind, ggfs. mit Einfügung von Kommentaren oder dergleichen. Das Urband sollte wohl ungeschnitten ins Archiv gehen. Normalerweise ist eine solche Aufgabe mit zwei üblichen Tonbandmaschinen zu lösen (bei der Urband-Maschine schaltet man vorsichtigerweise den Aufnahmeverstärker ab ...). Was also sprach für die doch aufwendige R 35-Konstruktion, die anscheinend ohne Nachfolger blieb? War es auch hier die Zeitersparnis gegenüber dem Nasskleben, weil man gewissermaßen lückenlos Aufnahmeteile aneinanderkopieren konnte (und das Kopier-Band zwecks eventueller Zweitbespielung keine Klebestellen aufwies?).
Nun liegen die Betriebsjahre dieser „Einmaligkeiten“ schon fast ein Menschenleben zurück, und deshalb fürchte ich, dass meine Fragen unbeantwortet bzw. meine Vermutungen unbestätigt bleiben. Ein Forum wie dieses bietet wohl die einzige realistische Möglichkeit, auskunftswillige Zeitzeugen zu finden. Es wäre schön (und käme einer geplanten Publikation sehr zugute), wenn sich auf diesem Weg noch einige Informationen und/oder Arbeitsberichte finden ließen.
 

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fpfleumer schrieb:
Beim Rundfunk der DDR waren zwei – so weit ich es überblicke, weltweit einmalige – Spezial-Tonbandgerätetypen im Einsatz: die Cuttergeräte R 34, R 34 a (1950), R 34 b (1951), R 34-1 (1956), R 34/2 (1956, alle von Sander & Janzen, Bandgeschwindigkeit 76,2 cm/s, bei R 34/2 auch 38,1 cm/s) und das Zweibandlaufwerk R 35 (ebenfalls für 76,2 cm/s).

Die Varianten des Cuttergeräts R 34 hatten zwar „nur“ einen Wiedergabekopf, dafür aber drei Wickelmotore, von denen Nr. 3 einen dritten Wickelteller antrieb, was „das getrennte Aufspulen bestimmter Bandteile“ ermöglichte, „wodurch das Ordnen umfangreicher und vielseitiger Aufnahmen erleichtert wird.“
Da gab es offensichtlich Nachfolger:
http://www.posaunenchor-weimar.de/sender/page/cutter.htm
 
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Ich bin baß erstaunt... Vielen Dank für die tollen Infos!

K6, der T5234 war doch Ost-Produktion, oder? Insofern wundert mich das
Lautsprecherboxenpaar (Canton HC 100, 35 W/4 Ohm)
um so mehr!


Gruß TSD
 
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Tondose schrieb:
K6, der T5234 war doch Ost-Produktion, oder?
Wohl VEB Tontechnik Berlin, angesichts von http://www.posaunenchor-weimar.de/sender/page/t22.htm

Die Studer-Maschine auf dem Bild ganz unten ist http://www.sender-weimar.de (das ist das Frameset zu diesen Seiten, siehe weiter oben) übrigens von Antenne Thüringen spendiert worden, hat also nichts mit dem DDR-Rundfunk zu tun.


Über die Lautsprecher (d.h. warum nicht Geithain) könnte man sich natürlich schon wundern. In dieser Richtung verwundert mich noch etwas anderes, nämlich der Einsatz von MD 421 als Studiomikrofone in den 70er Jahren (nach Fernsehaufnahmen hingen welche davon sogar noch zu Fritz-Zeiten herum). Dynamische Mikrofone als NSW-Import statt Kondensatormikrofonen aus DDR-Produktion, die vermutlich bessere Ergebnisse gebracht hätten (die Anordnung mit den Sennheisern soll auch noch ziemlich übel gerauscht haben) – was sollte das denn? Später hat man dann auch auf DDR-Kondensatormikros (Gefell UM 70) umgerüstet.
 
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Nicht verzagen - meinen Patenonkel fragen! :D

Hier also die Antwort eines inzwischen über 70-jährigen Mannes, der Nalepastraße und RFZ direkt und aus erster Hand miterlebt hat. Falls jemand Wertungen im Text findet - die sind authentisch. Soweit ich das mitbekommen habe, sind nicht gerade wenige alte Rundfunkleute nur noch entsetzt über den heutigen Hörfunk, sowohl, was ästhetische als auch was technische Belange angeht. Für meinen Onkel ist Radio und TV-Ton heute nur noch "Elektrosmog" und er hat sich aus dem Konsum dieser Medien zurückgezogen. Aber hier erstmal sein Text:

Hier wird vergessen, dass weit bis in die 80er Jahre beim Rundfunk der DDR durch Cutterinnen wie beim Film geschnitten wurde. Das war ein richtiger Beruf. Die Reporter usw. durften nichts am Band selbst machen, es sei denn, sie hatten einen Lehrgang hinter sich, der mit dem "Cutterschein" endete. Dadurch war der heutig übliche Pfusch beim Schneiden verhindert. In dem Lehrgang wurden sie entsprechend geschult, auch zu ästhethischen Fragen!
Der lange Gang in der ersten Etage des Blockes A in der Nalepastrasse hatte auf der einen Seite einen kleinen Cutterraum an den anderen, damit gleichzeitig in vielen Räumen gearbeitet werden konnte. Dort standen nur die Maschine, ein (später kleinerer) Studioabhörlautsprecher und zwei Stühle. (Später wurden viele der Räume zum Kurzwellensendekomplex umgebaut.) Cutterräume gab es auch im Musik-Archiv, um gleich dort Aufnahmen (mit dem musikalisch ausgebildeten Tonmeister zusammen) fertig zu cuttern.

Cutterer waren Postangestellte! Die ursprünglichen Cuttermaschinen (von Sander und Jantzen, ursprünglich 78 später umgebaut auf 38) hatten tatsächlich den dritten Teller, um Ordnung halten zu können. Es wurde ja lange echt geklebt und ein solcher Schnitt war unwiderruflich, da danach an dieser Stelle beim Öffnen ca. ein cm Magnetschicht fehlte. Ein Cutterer konnte aber wegen seiner Erfahrung sehr schnell arbeiten, auch kleben (freihand!! ohne Schiene)! Beim Magnetband konnte man nicht, außer bei ganz kurzen Stücken, die Einzelteile wie beim Filmcuttern irgendwo aufhängen, um sie dann entsprechend zusammenzustellen, da man ja nichts sieht. Außerdem wurden längere Bandreste durch "Klebefrauen" wieder zu großen Bändern zusammengeklebt für aktuelle Aufgaben. Band war auch in der DDR zu teuer, um es einfach wegzuwerfen!

Die R34 konnte nur von Spezialisten gut bedient werden. Sie führte sich, weil die Testmöglichkeit auch meist zu mehr Zeitverbrauch führte, nie richtig ein. Es wurden wohl nur sehr wenig dieser Laufwerke gebaut. Hier wurde nicht geschnitten, sondern zwei Bänder, das Original und das Aufzeichnungsband synchron transportiert und der eigentliche Schnittausschnitt kopiert. Das konnte man vorm Kopieren erst simulieren. Dazu wurde der Schreibkopf als Wiedergabekopf geschaltet, um die Weg-Differenz zwischen Hörkopf und Schreibkopf auszugleichen. Der Sinn war tatsächlich, das Urband zu erhalten. Außerdem wurde eben umkopiert, so dass das endgültige Band keine Schnittstellen enthielt und dadurch reißfest war. Bänder rissen oft in der Sendung an den Klebestellen. Der Abspieldienst hatte da eine richtige Kunst entwickelt, die gerissenen Enden aufzufangen und während der Sendung neu einzulegen, damit die Unterbrechung so kurz wie möglich blieb. In vielen Fällen merkte der Hörer nichts, da der Riss erst an der Andruckrolle auftritt und das Abspielband weiter (dann ins Leere) transportiert wird.

Sendeunterbrechungen technischer Art wurden als 2c gewertet und machten sich bei Häufungen eventuell als Lohneinbuße (Strafe) bemerkbar. (Das Arbeiten bei der Deutschen Post war im Gegensatz zu vielen VEB´s kein Kinderspiel und sehr hart!!!)

Anstelle der R34 hatte sich das "Bleistiftcuttern" etabliert, das man mit zwei Maschinen ohne Scheren-Schnitt machen kann. Diese Methode könnte ich Dir nur direkt an Studiomaschinen vorführen, man kann sie schwer erklären, muß sie sehen und man braucht dazu erhebliche Erfahrung. Von irgendeiner Maschine wird abgespielt. Mittels eines Bleistiftes wird das Band auf einer auf Aufzeichnung geschalteten Maschine vom Lösch- und vom Sprechkopf abgehoben, läuft aber am Wiedergabekopf. Im entscheidenden Moment legt man das Band an Lösch-und Sprechkopf an, so das neu darauf geschrieben wird. So kann man schrittweise auf einem neuen Band ohne Scherenschnitt aneinander oder sogar ein-setzen. Das geht sehr schnell, ist aber nichts für Ungübte, da ein Fehler dabei schon Vorhandenes löschen kann. Auf bestimmten Studiolaufwerken gibt es dafür sogar eine Vorrichtung anstelle des Bleistiftes. Ich kann aber nicht mehr sagen, welcher Typ.

Deine weiteren Fragen kann ich nicht recht beantworten, weil ich in diesem Forum keinen Zugang zu den Bildern habe. Was es mit den Canton-Boxen auf sich hat, weiß ich daher nicht. Entstand das Bild nach der Wende? Da hatten ja unerfahrene Leute plötzlich sehr viel zu bestimmen. Zur Nutzung der MD421 in stationären Studios führten wir ständig einen internen Kampf. Es war eigentlich nur als Reporter- und Nahfeld-Mikrofon eingeführt, weil die DDR als speisespannungsfreies Mikrofon nichts Gleichwertiges hatte. (Das Rauschen ist jedoch bei hochwertigen Nachverstärkern nicht entscheidend. Die RFZ-Studioverstärker waren da sehr gut!.) Teilweise waren schon in sehr frühen Jahren die Tendenz bei Einigen da: Alles, was aus dem Westen kommt, ist besser. Das führte zu ungerechtfertigten Forderungen mancher Rundfunkleute, die sich der Technik gegenüber durchsetzten.
 
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Dadurch war der heutig übliche Pfusch beim Schneiden verhindert.
Hart, aber es wird etwas dran sein, wenn man so als gängige Meinung liest, daß das mit dem Computer alles ganz einfach geworden und eins-drei-fix erledigt sei.

Der lange Gang in der ersten Etage des Blockes A in der Nalepastrasse hatte auf der einen Seite einen kleinen Cutterraum an den anderen, damit gleichzeitig in vielen Räumen gearbeitet werden konnte. Dort standen nur die Maschine, ein (später kleinerer) Studioabhörlautsprecher und zwei Stühle. (Später wurden viele der Räume zum Kurzwellensendekomplex umgebaut.)
Viele, aber nicht alle. Die Buchten (oder zumindest die eine, die ich damals sah) waren in der Tat von beeindruckender Schlichtheit. Nach dem Ende von Radio Berlin International hatte sich übrigens DS Kultur der erwähnten Studios bemächtigt.

Ein Cutterer konnte aber wegen seiner Erfahrung sehr schnell arbeiten, auch kleben
Ja, das ist Hexerei. Spätestens, wenn es sich dann hinterher gleich ganz anders anhört ...

Außerdem wurden längere Bandreste durch "Klebefrauen" wieder zu großen Bändern zusammengeklebt für aktuelle Aufgaben. Band war auch in der DDR zu teuer, um es einfach wegzuwerfen!
Anderswo hat man nach Konzertaufzeichnungen schonmal eine Viertelstunde Saalgeräusch weggeworfen, als ob es ein kleiner Fitzel wäre ...

Anstelle der R34 hatte sich das "Bleistiftcuttern" etabliert, das man mit zwei Maschinen ohne Scheren-Schnitt machen kann. ... Von irgendeiner Maschine wird abgespielt. Mittels eines Bleistiftes wird das Band auf einer auf Aufzeichnung geschalteten Maschine vom Lösch- und vom Sprechkopf abgehoben, läuft aber am Wiedergabekopf. Im entscheidenden Moment legt man das Band an Lösch-und Sprechkopf an, so das neu darauf geschrieben wird.
Kenne ich statt mit Bleistift so, daß die laufende Maschine im richtigen Moment auf Aufnahme geschaltet wird. Spezialität: Diese Methode statt beim Umzeichnen mit Sprecher, der vorm offenen Mikro darauf lauert, sozusagen live anzusetzen.

Das geht sehr schnell, ist aber nichts für Ungübte, da ein Fehler dabei schon Vorhandenes löschen kann.
„Jetzt habichs wenigstens richtig versaut“ :wow:

Besagte Spezialität ist natürlich auch nur etwas für geübte Sprecher. Und auch die konnten das so gründlich vergeigen, daß die ganze Regie gefeiert hat.

Zur Nutzung der MD421 in stationären Studios führten wir ständig einen internen Kampf. Es war eigentlich nur als Reporter- und Nahfeld-Mikrofon eingeführt ... Teilweise waren schon in sehr frühen Jahren die Tendenz bei Einigen da: Alles, was aus dem Westen kommt, ist besser. Das führte zu ungerechtfertigten Forderungen mancher Rundfunkleute, die sich der Technik gegenüber durchsetzten.
Dachte ich es mir doch, daß das die seinerzeitige Version des heutigen Elefantenpimmelwahns war ...
 
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Radiowaves und K 6:

Besten Dank für den Hinweis auf die Weimarer Posaunenchor-Seite und den ausführlichen Text des Paten(t)onkels von Radiowaves - bitte freundliche Grüße in diese Richtung.

(Kleine Rückfrage zur Sicherheit: bei dem in der Antwort "R 34" genannten, kompliziert zu bedienenden Gerät, handelte es sich wohl um das Zweibandlaufwerk R 35?)

Ich muss noch drei Fragen nachschieben:

- wann wurde beim DDR-Rundfunk auf "internationale Schichtlage", also "Schicht innen", umgestellt? Noch R 700 von 1965 ist offensichtlich für "Schicht außen" gebaut. Sind die Gründe für diese Umstellung (oder andersherum: für das lange Beharren des DDR-Rundfunks auf "Schicht außen") noch erinnerlich?

- wie hießen die Nachfolger der R 700? (Ich habe u.a. aus diesem Forum schon eine Reihe von Teilantworten, bekomme aber die zeitliche Abfolge der Entwicklung nicht klar!).

- seit wann waren beim DDR-Rundfunk und/oder den Musikproduzenten der DDR Mehrspurgeräte (also 1 Zoll - Vierkanal und Weiterentwicklungen) im Einsatz? Wer hat diese Maschinen gebaut?

Dank für Eure Mühe!
F.E.
 
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@Radiowaves
"Hier wird vergessen, dass weit bis in die 80er Jahre beim Rundfunk der DDR durch Cutterinnen wie beim Film geschnitten wurde. Das war ein richtiger Beruf. Die Reporter usw. durften nichts am Band selbst machen, es sei denn, sie hatten einen Lehrgang hinter sich, der mit dem "Cutterschein" endete. Dadurch war der heutig übliche Pfusch beim Schneiden verhindert. In dem Lehrgang wurden sie entsprechend geschult, auch zu ästhethischen Fragen!"

Ich bin als junger Spund 1972 in der Nalepastraße eingeritten, allerdings in den Block E. Da waren die Cutterinnen gerade abgschafft worden. Das Hinterklebeband hatte die Nassklebetechnik abgelöst. Die Cutterinnen waren umgeschult und in den K- und P-Räumen als Assistentinnen oder an den Reglern tätig. Die Schneidefähigkeiten der Redakteure waren durchaus unterschiedlich, teilt Quali mit, der zuhause noch seinen "Cutterschein" hat. Amtlich wurde ihm darauf der "Erwerb des technischen Minimums" bescheinigt. Die Ausbildung fand übrigens in der Funkschule in Grünau statt. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
 
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fpfleumer schrieb:
Sind die Gründe für diese Umstellung (oder andersherum: für das lange Beharren des DDR-Rundfunks auf "Schicht außen") noch erinnerlich?
Frei spekuliert: Könnte es etwas damit zu tun haben, daß irgendwann eine Wiedervereinigung Deutschlands kein Thema mehr war und damit internationale Gepflogenheiten (vielleicht in Zusammenhang mit dem Import von Bandmaschinen aus Ungarn oder dem Austausch von Tonbändern im Rahmen der OIRT) in den Vordergrund rückten? Das Thema kam hier vor einem Jahr schonmal auf, siehe ab hier.
 
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Hallo, K6,

könntest du bitte die Stelle genauer angeben, an der die Diskussion (o.ä.) über Schichtlagen anfängt? Wenn ich dem Link folge, lande ich genau am Anfang dieses Themas, und selbst bei langsamem "Durchschrauben" finde ich das Fadenende nicht!

Drei Sätze zu mir: Tontechniker, Abschluss Schule für Rundfunktechnik Nürnberg, dann fünf Jahre Sendungsdienst in Stuttgart. Wegen trüber Aussichten, jemals in der Produktion zu arbeiten, Wechsel nach Leverkusen (Agfa) als "technical writer", 1975 bis 1996 in Ludwigshafen (bzw. Mannheim) als "Datenblattredakteur" und Anwendungstechniker. Seit 1984 Arbeit an der Geschichte des Magnetbands, größere Publikation wird für Ende 2006 / Anfang 2007 erhofft.

F.E.
 
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Und weiter gehts, Teil 2 vom Patenonkel: ;)

Natürlich war die R35 gemeint, (R34=einfaches Dreiwickelteller-Cutterlaufwerk). Bei der Jahreszahl müsste es tatsächlich heißen "bis weit in die 70er Jahre" statt 80er.(Entschuldige, das war aber ein gleitender Übergang, die Antworten der Kenner dazu sind schon richtig.) Ich habe aber das so aus dem Gedächtnis geschrieben, nicht in Unterlagen nachgesehen. Zum "Bleistiftcuttern": Das Starten einer Maschine auf Aufnahme führte zu Knacken und Zeitverzögerungen, deshalb lief das Aufzeichnungs-Laufwerk schon vorher und wurde abgehört. Entscheidend war dann der zeitlich richtige Einstart der Zuspielmaschine. Deren Startvorgang wurde ja nicht mit aufgezeichnet.
Tipp-Fehler: Die Firma hieß Sander und Janzen.
Die T 5234 wurde wohl in Leipzig gefertigt. Dazu müssten sich Messtechnikleute mal äußern. Bei der Laufwerksfertigung gab es eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen PGH´s (entstanden aus früheren Privatfirmen mit ihren Erfahrungen) und dem RFZ als Entwicklungsbetrieb. In Berlin ist so irgendwie der VEB Tonmechanik entstanden.
Der Bandschichtwechsel ergab sich aus der Geschichte. Man könnte etwa so sagen: In der der DDR wurde zunächst die Technik aus der RRG-Zeit weitergeführt. (Übrigens, der "Rundfunk-"=Ton-ingenieur Probst, der sehr viel für die Weiterentwicklung der Rundfunktechnik in der DDR getan hatte, war wohl später sogar Postminister.) Ursprünglich (bei AGFA) lag die Schicht außen. So waren auch zunächst die Kopfanordnungen auf den Studiomaschinen. Bei der Umstellung auf 38 wurden viele alte Maschinen durch Ausstattung mit neuen Tonrollen umgebaut. Also blieb die Spurlage. Irgendwann kamen immer häufiger Bänder mit Schicht innen ins Funkhaus (Austausch) und auch Importlaufwerke mit der anderen Kopfanordnung (Ost und West). Das dadurch oft praktisch ausgeführte Bandverschränken (um das Umspulen einzusparen) war nicht gut für die Bänder (Dehnung!), daher kam Anpassung bei späteren Studiolaufwerken an international Übliches (etwa zur Zeit der Umstellung auf Stereofonie). Zu den anderen neuen Fragen müsste ich mich erst informieren, habe aber wenig Unterlagen. Hier fehlen Leute aus Meßtechnik und Technologie der Studiotechnik Rundfunk im Forum.
 
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Noch als Ergänzung zur T5234:
Dabei handelt es sich um eine Entwicklung von RFZ und VEB Tontechnik.
Dann kam die Wende dazwischen, und die Frage nach dem Bedarf wurde gestellt. Das Teil ist dann aber noch Anfang der 90'er Jahre in Kleinserie gebaut worden. Ca. 100 Stück. Im Funkhaus Weimar wurde es z.B. eingesetzt.
Jetzt hat ein Lokalsender 2 Stück davon. Nach meinen Infos stehen die dort nur rum und setzen Staub an.:wall:

Die Weimarer Internetseite bitte über das Frameset www.sender-weimar.de anklicken. Unter der "Posaunenchor"-Domain habe ich alles mögliche gehostet.
Das hat beides inhaltlich nix miteinander zu tun.

Ach ja, da fällt mir ein: Wollte nicht jemand an dieser Stelle Fotos von unseren Studiotechnik Ü-Wagen reinstellen ????
 
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Allen "Antwortern" meinen besten, nach erfolgreichem Krankenhaus-Aufenthalt leicht verspäteten Dank.

Ich muss noch eine Frage nachschieben: bei VEB Tontechnik und Thurow KG (als "Erbe" von Sander & Janzen) handelt es sich doch um zwei verschiedenen Betriebe, oder gab es da irgendwelche ("aus dem Westen") nicht erkennbare Zusammenhänge?

F.E.
 
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Hallo,
hier ein aktuelles Bild aus dem Schaltraum in der Nalepastraße. Aufgenommen am 5.2.06 bei einer Livesendung von Radio Fritz aus der Nalepastraße. Es ist der gleiche Raum der in diesem Forum mit einem Foto aus dem 5oer Jahren gezeigt ist.
 
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Oh oh,
was ist nur aus dem schönen Schaltraum geworden.
Als ich beim Radio anfing, wurde mir der SR bei einem ersten Rundgang gezeigt. Ich war beindruckt.
 
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Da kann ich nur beipflichten.Schade um die noch betsehenden Räume.Mann hätte soviel drausmachen können.Und jetzt auch noch der Hickhack mit dem ständigen verkauf des Geländes.Kenne eine prod.firma die dort Studioräume mieten wollte,aber bei dem Zurkus ums Gelände und den unverschämten Mietvorstellungen,unmöglich.Ich kenne den SR auch noch aus eigener Erfahrung.
 
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Ich hab mal im Archiv etwas gekramt:

Bild 1: Technikauftrag für Landfunk, Radio DDR
Bild 2: Technikauftrag für Fussball-Konferenzschaltung
Die Technikaufträge sind von der Studiotechnik Rundfunk (Post)
aus dem Jahr 1965.

Bild 3: Cuttermühle R34 im Funkhaus Weimar
 

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Hallo zusammen,
kennt jemand die Vergangenheit vom Funkhaus Grünau?
Ich meine von wem es erbaut wurde und welches die Besitzer waren - oder wurde es schon als Funkaus erbaut?
Ich habe dort übrigens von 1964-1967 gelernt-war eine tolle Zeit.
Oben probte Fips Fleischer und das Fernsehballett und unten wurden wir Lehrlinge gequält.
Viele Grüße
Klaus
 
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Hallo Klaus,

ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Soviel ich gehört habe, ist das Gebäude einst Eigentum der Deutschen Bank gewesen. Als Funkhaus wurde es genutzt, da der Berliner Rundfunk aus dem Funkhaus Masurenallee raus musste (Blockade der Briten 1952) und Nalepastrasse wohl noch nicht fertiggestellt war. Die Rundfunkschule war zu dieser Zeit bei uns in Weimar (1953 - 1955).
Wie geschrieben, nur Fragmente. Es finden sich bestimmt noch mehr Infos hier zusammen.

Thema Rundfunkschule: Der Wisch, den ich mit reinstelle müsste Dir bekannt vorkommen, oder ? :D
 

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Kenn ich :)
Nur wir als 10-Klassen Schüler mußten 3 Jahre lernen und unser Ausbildungsberuf wurde 1966 in Facharbeiter für Nachrichtentechnik umbenannt.
Viele Grüße
Klaus

Wir hatten übrigens im Sommer 2005 ein Lehrjahrgangstreffen. Waren fast alle da, auch ein Teil unserer Ausbilder.
 
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Hi.ja auch ich kenne die lange Lehrzeit.Hatte erst einen anderen Weg angefangen,(Vermittlungstechnik) habe aber dann irgendwie die Kurve zur Studiotechnik gekriegt.
Übrigens habe ich heute morgen einen sehr interessanten Beitrag in der "Abendschau" gesehen.Es geht um den "Investor" vom Gelände.Eine einzige Sauerei die da abläuft.Auf Deutschlandradio gab es am 15.2.06 einen längeren Beitrag dazu.Sehr interessant anzuhören.Am besten über www.rbb-online/abendschau reingehen da gibt es auch alle Links dazu.
Wollte auch bei einer Produktionsfirma anfabgen,die sich im Gelände niederlassen wollte,aber die Sache ist gestorben.Hatte bei einem Gespräch mit dem Geschäftsführer bald einen Ohnmachtsanfall bekommen.Da werden Mieten gefordert,mehr als utopisch.Ich würde sagen hier will jemand sich ganz schnell dickverdienen,mehr nicht.
Wäre schön wenn das Gelände gerettet würde und alle dort ansässigen Firmen und Studios erhalten blieben.
 
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schön diese Seite entdeckt zu haben.

Ich bin selbst Techniker beim BR, interessiere mich aber aus bestimmten Gründen für die gute alte RFZ-technik.
Ich habe das große Glück an einen Ü-Wagen mit einem RFZ 700-er Pult ranzukommen, welches ich mir mit einem Kollegen zusammen für mein privates Studio ausbauen. Ich weiß, daß es eine Schande ist den Wagen zu zerlegen, aber der LKW gehört nicht mir und das Pult ausbauen ist die letze Rettung vor der "Kontainerverschrottung". Insofern habe ich ein reines Gewissen. ;)
Ob und in welchem Umfang das Pult noch in Schuss ist, kann ich leider noch nicht ganz sagen, wir müssen es jedenfalls erstmal so schnell wie möglich ausbauen, da der LKW schon verkauft ist. (Mercedes) Ein kurzcheck vor den ersten Demontageschritten ergab einen Ton, aber wohl viele nicht funktionierende Relais, Schalter etc.
Unsere Studioräume befinden sich auch noch im Restaurationszustand, also alles in allem kann das ganze noch eine gute Weile dauern. Nebenbei muss man ja schließlich noch Geld verdienen ;)
Ich habe Gott sei Dank fast alle Schaltpläne der Einschübe, sowie viele andere Pläne(obs alle sind weiß ich nich). Ein "Blaubuch" hab ich allerdings keines gefunden. Vieleicht gans die auch in den Ü-Wägen garnicht.

bleiben sie drann,
Stephan
 
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