AW: Fragen zu technischer Ausstattung von Radiosendern
So...
Welche Mischpulte für einen relativ kleinen Radiosender von Nutzen sein könnten und was die gängige Software in einem Studio ist.
"Relativ kleiner Sender": also ein kleinerer Privater z.B., der in einer mittelgroßen Stadt oder nicht flächendeckend in einem Bundesland auf Sendung ist.
Mischpulte sind heute meist digital, d.h., alles Laut-/Leise-/Mischfunktionen und das ganze Umschalten irgendwelcher Leitungen auf irgendwelche anderen Leitungen (um z.B. schonmal in den folgenden Beitrag reinhören zu können, während on air was anderes läuft) erfolgt digital. Stelle Dir also das Mischpult als eine Art PC vor, in dem eine ganze Horde Soundkarten stecken, an denen alle Zuspielquellen (CD-Player, der Rechner des Sendesystems mit der Mucke drauf, die Mikrofone, das Studiotelefon usw) angeschlossen sind. Statt mit der Maus virtuelle Schieberegler zu bedienen (das ist assi und funktioniert nicht zielgenau und nicht in Echtzeit), hat man halt eine einem alten Mischpult ähnlich aussehende Hardware-Oberfläche gezimmert, die wiederum nur die Software auf dem Rechner steuert, der das Mischpult darstellt. Der Bediener merkt also erstmal nicht, daß er mit dem Schieberegler nicht direkt ein Tonsignal laut oder leise stellt, sondern nur einem Rechner sagt, mit welchem Faktor er diesen einen Kanal verstärken oder abschwächen soll, bevor er auf die Gesamtsumme addiert wird.
Diese Mischpulte sind ähnlich wie ein Computer hochgradig modular. Also: du legst fest, wieviele "Soundkarten" da drinstecken und was für welche (für Mikrofone, für analoge Quellen, für digitale Quellen). Du legst auch fest, wieviele Regler die Oberfläche hat (z.B. bei DHD in 4er-Gruppen, also 4, 8, 12, 16 , ... Regler, beim neuesten DHD-Pult sogar in einer-Stufen). Preisangaben sind somit kaum sinnvoll, der Preis für ein Pult kann je nach Ausbaustufe irgendwo bei 10.000 Euro beginnen und über 100.000 Euro enden.
Hinzu kommt noch, daß man mehr Eingänge am Pult haben kann, als man Schieberegler hat. Man kann dann die Eingänge frei den Reglern zuordnen. Wenn man einen Eingang (z.B. einen CD-Player) nicht braucht, dafür aber gerade was vom DJ-Platz spielen will, legt man halt per Tastendruck den DJ-Platz auf den Mischpultkanal und der CD-Player ist erstmal weg.
Lass uns mal in einen kleineren Sender schauen. Dort gibt es den Moderator und den Sidekick, die sich früh lauwarme Verbalkamellen zuwerfen. Sind also 2 Mikrofone und 2 Kanäle aufm Pult. Falls Gäste da sein sollten (und für den meist im gleichen Raum aufsagenden Nachrichtensprecher) dann noch 2 weitere Mikrofone und Kanäle am Pult. 2 CD-Player für den Notfall - noch 2 Kanäle. Das Sendesystem hat manchmal 2 Ausspieler, es können in anderen Konzepten aber auch z.B. 4 sein. 2 Regler sind für die Telefonanlage da, damit 2 Hörer z.B. gegeneinander spielen können. Vielleicht gibt es noch einen DJ-Platz für die Samstagabendsendung mit kleinem DJ-Pult, das wiederum an einem Kanal des Sendepultes hängt. Eventuell steht da noch ein DAT (ungewöhnlich) und ein MiniDisc (inzwischen auch eher selten), die könnten sich einen Kanal teilen. Mit 12 Reglern aufm Pult kann man also schon recht bequem das Format einer kleinen Popwelle abwickeln. Es ginge auch mit 8 Reglern, weniger wird eng.
Mischpulte mit 12 Reglern gibt es einige. Das kleinste halbwegs professionelle ist vermutlich das
Klotz Xenon - preislich knapp 10.000 Euro brutto. Ich kenne keinen Sender, der so ein Pult im Einsatz hat. Wenn Klotz, dann das größere
Aeon, das in
4er-Gruppen konfigurierbar ist.
TripleAudio nennt einen Preis von etwa 9260 netto für 8 Fader, 10100 für 12 Fader und 11055 für 16 Fader. Und
hier stehen die Module, mit denen man die Ein- und Ausgänge konfiguriert.
Bei DHD aus Leipzig ist es ähnlich: das äußerst populäre
RM4200D wird in 4er-Fadergruppen konfiguriert und die Ein-/Ausgänge stopft man in ein großes Gehäuse rein, in dem Netzteil und Mainboard drin sind. Für 12 Fader und genug Anschlüsse für einen anständigen Lokalsender sind so um die 25.000 - 30.000 Euro netto einzuplanen.
Ähnliche Preise darfst Du für das
Lawo Zirkon kalkulieren. Der BR stattete gerade
einige Studios damit aus.
Falls Studio A ausfällt, sollte ein Studio B vorhanden sein. Im Idealfall ist dieses identisch aufgebaut, also nochmal so ein Pult und alles drumherum und eben nochmal soviel Geld. Wenn keine Havarie ist, nutzt man das B-Studio für Vorproduktionen aller Art.
Redakteure (so vorhanden) kommen mit O-Tönen, wollen sie schneiden, mischen und eigene Texte dazu sprechen. Dafür gibt es Redakteursplätze mit Schnittcomputer und einem kleinen Pult. Das sind dann so Dinger vom Kaliber
Jünger Mix 4 für etwa 5000 Euro oder
Yellowtec Intellimix für 2700 Euro netto.
Größere Sender haben mehrere solcher Plätze, kleine low-budget-Programme vielleicht gar keinen mehr...
Mikrofone: beliebt vor allem bei Privatsendern ist das
ElectroVoice RE20, das für Moderation denkbar ungeeignet ist. Das
Shure SM7 wird auch häufig installiert. Vorteil beider Mikrofone: hohe Nebengeräuschunterdrückung, man muß sehr nah rangehen und kann so die schlechte Akustik (Hall!) der meisten Sendestudios etwas kaschieren. 500 Euro kostet so ein Mikrofon.
Eine "amtliche" Lösung mit hochwertiger Sprachübertragung kostet etwa 1000 Euro und stammt von
Neumann oder
Gefell. Da müssen aber etliche 1000 Euro in den Akustikbau investiert werden, sonst lohnt das nicht.
Thema Akustikbau: eigentlich gehören Sprecherräume auf ein eigenes Fundament und sind vom Rest des Gebäudes entkoppelt. Nichtmal die ARD leistet sich heute noch diesen Aufwand. Das Einstellen eines angemessenen Anteils an reflektiertem Schall erfolgt im besten Fall über Absorber an den Studiowänden. Das sind dann diese Holz- oder Rigipsplatten mit vielen Löchern oder Schlitzen drin. Dahinter ist ein akustisch durchlässiger Stoff,, dann kommt ein paar cm nichts, dann kommt eine Art Dämmwolle. Wenn man das richtig dimensioniert, bekommt man einen nicht halligen, aber auch nicht völlig "toten" Raum. Wenn man dann noch anständige Studiofenster (mit gegeneinander schrägstehenden Doppelscheiben gegen Flatterechos) und Studiotüren einbaut, kostet das Studio schon einige 10.000 Euro, bevor das erste Gerät drinsteht.
CD-Player: werden kaum noch zum Senden benötigt, sind oft nur als Backup vorhanden. Es gibt auch keine schönen Studio-Player mehr. Der Behelf heißt oft Denon
DN-C635, kostet um die 600 Euro brutto und sollte pro Studio doppelt vorhanden sein.
Sendecomputer sind ein ganz spezielles Ding. Die Software, die da läuft, ist branchenspezifisch und deshalb schweineteuer. Bekannte Namen:
Dalet,
d'Accord,
dira,
DABIS,
Zenon. Du kannst davon ausgehen, daß man sowas nicht einfach kauft, sondern Wartungsverträge mit jährlich wiederkehrenden Kosten hat. So etwas ist auch im Mischpultbereich üblich. Kleine Hersteller (Barth aus Hamburg z.B.) leb(t)en eher von den Serviceverträgen als von den Geräteneukosten.
Man kann hunderttausende in ein Studio stecken und hinterher klingt es so
miserabel wie derzeit z.B. Bayern 3. reizvoll wäre der andere Ansatz: nimm so wenig Geld, wie zum stabilen Betrieb mit hoher Qualität nötig ist. Aber ich befürchte, das ist nicht Deine Aufgabe in dieser Arbeit. Dazu bräuchte man z.B. als programmveranstalter Mut und Kompetenz, die Ratschläge der Berater in den Wind zu schlagen. Gesellschafter, die eine Rundfunkstation eröffnen, haben meist keine Ahnung von Technik, die wollen Geld verdienen.