Die ARD ist doch jetzt schon mit ihrem Radioangebot hoffnungslos überfordert und bekommt keine vernünftigen Popwellen, keine vernünftigen Regionalwellen und keine vernünftigen Jugendradios hin. In manchen Bundesländern nicht mal einen vernünftigen Kultursender (RB, NDR, RBB, MDR) oder ein vernünftiges Inforadio (SWR).
So bitter das ist: genau so sieht es aus. Und es wird immer schlimmer. Mal sehen, wie lange es die autarken "Kultur"programme überhaupt noch geben wird. Und was ich in den vergangenen Wochen beim AAC-bedingten Durchzappen der Unterhaltungswellen so landauf, landab hören durfte, ist zumindest für mich das pure Grauen: öder, einfallsloser und ausgelutschter geht eigentlich nicht.
wo man irgendwelche Sternchen mitspricht in jedem zweiten Wort, die da gar nicht hingehören, wo man veganen Edamer und Bratwürste auf Erbsenproteinbasis testet und die Erstwähler schon dahingehend "erzieht", welche Partei in einer Farbe des Grases die richtige für sie ist?
Hättste den Absatz nicht reingeschrieben, hätte der Gesamt-Post einen Like von mir bekommen. Vermutlich sogar den mit den Herzaugen.
Nova ist ja wenn man so will, schon ein quasi bundesweit verfügbares Jugendradio.
Auf mich wirkte Nova immer wie eine akademisch begleitete, aus der Retorte erzeugte Welle für Leute zwischen 18 und 30, die sich für besonders oberschlau und elitär halten. Lebendig und authentisch wirkte das Programm auf mich nie. Ich habe es deshalb auch seit "ewig" nicht mehr gehört, zumal mich auch bestimmte Musikstile eher abstießen als anzogen (mein subjektives Thema). Eine aktuelle Einschätzung vermag ich also nicht zu geben, aber unterhalb "will Soziologie studieren" oder "studiert Soziologie" oder "wir halten gleich unser tägliches einstündiges WG-Plenum ab" ist da doch nichts mit Hörerschaft, oder?
Und Versuche mehr Inhalt ins Programm zu packen, hats ja durchaus gegeben, siehe Sputnik. Es hielt nur nicht allzulange an.
Weil der MDR nicht mehr gutes Programm mit Gebührengeld im bisherigen Umfang unterstützen wollte. Das wurde handstreichartig beendet. Man setzte halt Prioritäten auf seine ganz eigene Art. Das Sputnik der "Ära Markuse" war, soweit ich mich erinnern kann, ein durchaus geachtetes Programm. Auch bei der (teils dadurch erneuerten) Hörerschaft, die sehr dankbar war ob dessen, was ihr geboten wurde.
Und davon abgesehen kosten "richtige" Inhalte nunmal Geld, welches aber wiederum auch umsonst investiert wäre, wenn am Ende keiner zuhört. Teufelskreis.
Ich sehe das nicht als Teufelskreis. Es wurde zugehört, heute wird nur noch nebenbei gedudelt, weil es zu mehr sowieso nicht taugt. Man kann entscheiden, was man haben will: aufmerksame Hörer, die dabei sind oder einfach nur Leute, die das versehentlich laufen haben.
Hat jemand noch Zahlen greifbar, Sputnik z.B. 2009 vs. Sputnik z.B. 2014? Auch wenn es zwischendurch sicher wieder irgendwelche Änderungen an den Erhebungen gab.
Im deutschsprachigen Raum trat lediglich Radio Top40 bis zum Sommer 2008 in diese Kerbe (wenn auch noch etwas bunter und progressiver von der Musikauswahl her).
Ja, die Musikauswahl war "krass breit" und auch teils sehr "krass". Dazu gab es ungekünstelt die Haltung der Leute am Mikrofon. Ich liebte Top40 dafür. Journalistisch wars aber freilich eine Nullnummer.
Aber da stehen wir vor der gleichen Wand, wie bei den übrigen Programmen: Braucht jede Landesanstalt ein drittes Programm? Ein viertes Programm? Ein Kulturprogramm? In der jeweiligen Musikauswahl gleichen sie sich alle und sind keineswegs landes- oder regionaltypisch. Das könnte man in allen Fällen zu einem bundesweiten Angebot zusammenführen.
Das wird sicherlich auch - zumindest für einige Kulturwellen - recht bald passieren. Leider aber im Zusammenhang mit weiterem Sparen, dann haben wir bundesweit überall das gleiche belanglose Plätscherprogramm.
Es ginge auch anders: ich sehe durchaus bei vielen Programmsparten eine gute, kostensparende und den Hörern dienende Kooperation: Spezialsendungen, die bestimmte Autoren, die halt bei irgendeiner Anstalt arbeiten, für alle Anstalten produzieren und die z.B. in abendlichen Schienen bundesweit ausgestrahlt werden. Das kann Jugendkultur sein, Popkultur generell, auch bestimmte Bereiche aus dem typischen Umfeld der Kulturwelle. Solche Gemeinschaftssendungen müssen dann aber heutige "Verlegenheitssendungen" ersetzen, also die Wiederholung des mittäglichen Gesprächs oder das Versenden von einer Stunde Easy-Listening-Lala ohne relevanten Inhalt und ohne Gesamtkonzept.
Die Wellen jeweils komplett zusammenzulegen hielte ich für keine gute Idee. Es gibt genug regionaltypischen Inhalt, den man tagsüber dort auf separaten Wellen unterbringen könnte / sollte. Bei Kulturwellen z.B. das regionale Kulturgeschehen, Ausstellungseröffnungen oder Museumsportraits der Region, regionale Veranstaltungstips. Bei den "Servicewellen" auch die Regionalberichterstattung: wo ist der Campingplatz nach den Unwetterschäden wieder geöffnet worden, wie geht es den Skiliftbetreibern in diesem warmen Winter, was haben die neuen Eigentümer mit dem historischen Weinlokal vor, warum kommt der Radwegebau in die Vorstadt nicht in die Pötte, was hat gestern zum Eklat in der Stadtratssitzung der Stadt xy geführt, wer hegt da welche Absichten, wie steht die Bevölkerung dazu?
ein richtiges Jugendradio, im Stil von Bremen Next
Ich lese hier immer wieder Bremen Next. Ganz ehrlich: ich bin raus, da doppelt bis dreimal so alt. Aber wenn ich mich beim Testhören seit Juli (AAC-Satellitenradio) auf Bremen Next verirrte, bekam ich jedes mal das gleiche zu hören - nämlich eine Teilmenge dessen, was ich auf sonstigen Jugendwellen zu hören bekam. Nen Tacken krasser also - aber ansonsten auch absolute Nullnummer. Aus meiner Jugendzeit habe ich "Jugendradio" anders in Erinnerung: musikalisch breit gefächert, musikjournalistisch aufbereitet, keine "Show", sondern Präsentatoren, die sich hinter der Wichtigkeit der vermittelten Inhalte einordneten, hoher Wortanteil, politischer Journalismus bis hin zu einstündigen Themensendungen.
Ich bin froh, meine Jugend in einer irgendwie gesünder wirkenden Zeit verbracht zu haben. Leider war diese Zeit abrupt Ende 1991 vorbei und das große Siechtum begann - auch durch den Rundfunk ausgelöst. Inzwischen warte ich ja sowieso fast nur noch aufs erlösende Ende. Kein Scheiß, ist so. Mitmachen will ich schon lange nicht mehr bei diesem perversen Zirkus, der sich "Zivilgesellschaft" zu nennen wagt. Inzwischen will ich nichtmal mehr zum Zuschauen dabei genötigt werden. Es widert mich nur noch an. Wo ich auch hinschaue - fast überall lauert eine intellektuelle Beleidigung. Im Radio deshalb fast ausschließlich Bayern 2, das hat für mich oft noch einen fühlbaren Wert.