Der Skandal ist: Es gibt sooo viel Musik. Aber aus Quotengeilheit betreibt die ARD Radioattrappen, die jeweils von einem winzigen Titelpool gespeist werden und die sich musikalisch innerhalb derselben Häuser auch noch stark überschneiden.
Das Problem ist: Die Radiomacher würden selbst sicher auch lieber eine größere Musikvielfalt senden. Aber so ein Sender muss ja auch von der Gesellschaft akzeptiert werden. Es käme bestimmt zu heftigen Protesten, wenn für einen Sender
alle Leute Rundfunkgebühren zahlen müssen, aber kaum jemand hört zu.
Und warum müssen sich die ganzen Dudelterrorprogramme ausschließlich auf "Hits" ausrichten? Es ist so einfach, sich mit dem Gesamtkunstwerk der Musiker auseinanderzusetzen und unbekannte Musik bekannt zu machen.
Natürlich ist das einfach - und die Redakteure hätten sicherlich auch Bock darauf. Aber es gibt ja KEINEN einzigen Sender, der es geschafft hat, mit so einem alternativen Programm erfolgreich zu sein. Im Internet haben es über die Jahre
Tausende Leute versucht, ein einigermaßen erfolgreiches Internetradio auf die Beine zu stellen - gescheitert sind sie ausnahmslos alle. Im Fernsehen ist der Sender VOX Anfang der Neunziger mit dem Anspruch, sich vom Mainstream abzuheben, voll auf die Fresse geflogen.
Bremen Zwei könnte ein wunderbares Programm für Singer-Songwriter, Americana, Reggae, Blues, Jazz, europäische Musik und dergleichen sein. Aber nein, auch hier müssen sich die Quälbarden aus den Charts inklusive des deutschen Jammermülls breitmachen.
Es interessiert einfach nur eine verschwindend geringe Minderheit. Hier mal ein paar nackte Zahlen aus Wuppertal: Beim Wuppertaler Lokalradio (107,4), also Radio NRW, schätzt man, dass in einer Durchschnittsstunde um die 10.000 Hörer erreicht werden. Solche Zahlen sind auch erforderlich, damit sich so ein Kanal rentiert.
Vergangenen Montag trat in einem bekannten Wuppertaler Lokal die in der Region mittlerweile namhafte Jazzmusikerin
Inga Eichler auf. Der Eintritt war kostenlos, aber dennoch waren gerade mal ca. 100 Gäste da, von denen ein Großteil wahrscheinlich nicht wegen ihr kam - denn die Veranstaltung lief im Rahmen des normalen Restaurant-Betriebes. Aufgrund der immer noch geltenden Corona-Auflagen ist derzeit die Zahl der Tische etwas reduziert, aber mehr als 150 Gäste (von denen wie gesagt nur wenige gezielt wegen der Musikerin kommen) wären selbst bei Vollauslastung nicht drin. Seien wir großzügig: 20 Gäste kommen vielleicht gezielt wegen ihr. Und das ist schon eine Frau, die der geneigte Jazz-Fan aus Wuppertal und Umgebung mittlerweile
kennt.
Anhand solcher Zahlenwerte kann man sich leicht ausrechnen, dass so eine Künstlerin im Radio ein reiner Ab- oder Umschalter wäre.
Morgen schaue ich mir die Sängerin
Anchalita live an. Die kenne ich noch nicht. Ich bin via Facebook auf das Konzert aufmerksam geworden, und die Beschreibung las sich gut. Eintritt kostet 15 €. Mal sehen, wie viele Leute da kommen... Aber die Zahl Interessenten für solche Musik ist offenbar so gering, dass sich sowas im Radio nicht zu lohnen scheint.
Die Frage ist auch: Wenn es in jeder größeren Stadt wöchentlich mehrere solcher Veranstaltungen gibt, zu sehr günstigen Eintrittspreisen oder komplett kostenlos: Besteht dann überhaupt noch Nachfrage nach solcher Musik im Radio? Die generelle Nachfrage nach Jazz, Blues, Singer-Songwriter und dergleichen scheint dann doch sehr überschaubar zu sein.