Gendern im Radio

Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich keine Menschen kenne, die sich dem dritten Geschlecht zuordnen. Sollte das bei euch anders sein und ihr auch Leute kennen, die auf diese Kenntlichmachung von mehr als zwei Geschlechtern großen Wert legen, könnt ihr mich da gern eines Besseren belehren.

Ich kenne auch keine einzige Person, auf die das zutrifft. Normalerweise sehen sich die Zwischengeschlechtlichen auch eher als Mann oder eher als Frau.
Wie sollte in dem Fall die Anrede erfolgen? Etwa anders als "Herr" oder "Frau"? Etwa "Trans"? "Schönen guten Morgen, Trans Müller!".
Wie sollen dann unbekannte Leute die Person ansprechen? Fettnäpfchen sind da doch vorprogrammiert.
z.B. Mensch betritt einen Laden, Verkäufer sagt "Guten Morgen die Trans, Sie wünschen bitte?" Antwort: "Trans? Was erlauben Sie sich?"
Auch haben die mir bekannten Sprachen auch kein zusätzliches Geschlecht für Menschen, Neutrum wird normalerweise nur für Dinge verwendet. "Es" für Mädchen ist eine Altlast der Sprache von früher (s. das Buch "Heidi", in dem immer von "das Heidi" geredet wurde, in der Zeichentrickserie wurde das nicht übernommen).
 
"Es" für Mädchen ist eine Altlast der Sprache von früher (s. das Buch "Heidi", in dem immer von "das Heidi" geredet wurde, in der Zeichentrickserie wurde das nicht übernommen).
Das "Es" für weibliche Personen kenne ich aus einigen Dialekten. Im Saarland, der Pfalz oder dem Marburger Hinterland ist das (leider) durchaus noch gebräuchlich und wirkt auf den Ortsfremden oft befremdlich..
Was nun die Situation mit Heidi betrifft, muss man natürlich auch betrachten, dass es sich dabei um eine Verniedlichung von Adelheid handelt. Und da kann man das Neutrum häufiger finden. Das Kathrinchen, das (Funken)Marichen und so weiter.
 
Verniedlichungen mit -chen sind nun mal grammatisch sächlich.

die Katze - das Kätzchen

-> Die Katze schläft in ihrem Korb, das Kätzchen in seinem.

die Magd, das Mädchen

die Marie, das Mariechen

der Mann, das Männchen

usw. usf.
 
Verniedlichungen mit -chen sind nun mal grammatisch sächlich.
Nicht nur die. Mit "...lein" oder je nach Dialekt auch "...li" oder "...le" verhält es sich ja genauso. Die Form, zum Verniedlichen lediglich ein i anzuhängen und das daraus entstandene Wort dann zu versächlichen, ist allerdings in der Tat ungewöhnlich (vgl. Veronika = Die Vroni, Therese = Die Resi, Elisabeth = die Elli etc.)
 
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Es ist schätzungsweise einfach eine Generationenfrage. Wie vieles hier in den Radioforen. Die "Boomer" Generation möchte es nicht - stirbt aber halt auch langsam aus (oder geht eben in Rente). Die jungen wollen gendern - und das wird sich durchsetzen.
 
Es ist schätzungsweise einfach eine Generationenfrage. Wie vieles hier in den Radioforen. Die "Boomer" Generation möchte es nicht - stirbt aber halt auch langsam aus (oder geht eben in Rente). Die jungen wollen gendern - und das wird sich durchsetzen.
Zum Teil eine Generationenfrage, ja. Junge Generationen sind Neuerungen gegenüber tendenziell aufgeschlossener. Aber gibt es tatsächlich Umfragen zur Einstellung zum Gendern, die nach Alter aufschlüsseln?
 
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Genau aufgeschlusselte Zahlen konnte ich auf die Schnelle nicht finden, aber zumindest einen Artikel, in dem das kurz gestreift wird: https://www.infratest-dimap.de/umfr...iter-vorbehalte-gegen-gendergerechte-sprache/ Daraus:
"Frauen, Personen mit höherer Schulbildung und die jüngere Generation zeigen sich weiter grundsätzlich offener gegenüber einer gendergerechten Sprache, aber auch unter ihnen sind die Befürworter gegenwärtig in der Minderheit." Eine deutliche oder gar überwiegende Bevorzugung der Gendersprache kann ich also auch in meiner Generation nicht erkennen. Da ist das eigene Umfeld ausnahmsweise mal representativ.
Wenn ich jetzt mal so die 20 Leute zwischen 12 und 20 Jahren durchgehe, mit denen ich am häufigsten zu tun habe und deren Einstellung in solchen Fragen ich daher recht gut kenne, fällt mir nur ein einziger ein, der ernsthaft gendert. Der Rest spricht einfach so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist oder macht sich gar über die Genderei lustig. Da sind teilweise schon ganz schöne, kabaratistisch angehauchte Stückchen entstanden.
Es ist schätzungsweise einfach eine Generationenfrage. Wie vieles hier in den Radioforen. Die "Boomer" Generation möchte es nicht - stirbt aber halt auch langsam aus (oder geht eben in Rente). Die jungen wollen gendern - und das wird sich durchsetzen.
Wie viel Kontakt hast Du selbst zu der von dir benannten Generation? Diese Aussage erinnert mich nämlich immer an irgendwelche selbsternannten Experten, die genau zu wissen glauben, wie wir ticken. Das haut auch in dieselbe Kerbe wie die oft sogerierte Darstellung, dass meine Generation mehrheitlich auf Fleisch verzichten würde (auch wieder nur einer von den 20) oder das die Mehrheit von uns bei den Klimademos mitmarschieren würde (auch nicht viele).
Zumeist werden solche verallgemeinernden Aussagen bei uns daher schmunzelnd, bei allzu großer Häufigkeit aber auch mal mit leichter Verärgerung aufgenommen. Man kann unsere Generation nicht wirklich verallgemeinern, weil wir nun mal unterschiedlich drauf sind, genauso wie die Angehörigen jeder anderen Generation auch. Und da gibt es vielleicht Menschen über 50, die konsequent gendern und gleichzeitig Jugendliche und junge Erwachsene, die dem gar nichts abgewinnen können.
Das heißt aber keineswegs, dass wir alle miteinander dem konservativen bis reaktionären Spektrum angehören würden, im Gegenteil. Wir machen uns durchaus so unsere Gedanken über den Umweltschutz, die Massentierhaltung oder eben auch die (geschlechterspezifische) Diskriminierung. Der große Teil von uns hat nur einfach begriffen, dass man sich mit dem freitäglichen Fernbleiben von der Schule oder dem Zerhacken von Wörtern zwar wunderbar profilieren kann, solches Handeln aber wenig bis nichts an den eigentlichen, durchaus vorhandenen Problemen ändert.
Wieso leider?

Die Versächlichung von Frauennamen ist traditionell gewachsen und hat nichts mit Diskriminierung zu tun.
Klar, man kann natürlich mit Tradition argumentieren, allerdings känne ich einige Leute (keine hardcore-Feministen), denen diese sprachliche Besonderheit sauer aufstößt, selbst, wenn sie aus einer solchen Gegend stammen.
 
Verniedlichungen mit -chen sind nun mal grammatisch sächlich.

die Katze - das Kätzchen

Und auf Männer trifft das in dem Fall auch zu, s. Hänschen oder Karlchen.
Die Leute haben früher so geredet, das habe ich aus Erzählungen "von damals" gehört, das sie über Kinder (besonders Mädchen) "es" gesagt haben. Johanna Spyri hat im 19.Jh gelebt, da ist das nicht verwunderlich.

Zurück zum Gendern: Irgendwann hat jemand in einer Stadt Plastiktüten voller Pipi verteilt. Da war es plötzlich ein gesuchter Täter, scheinbar wollten die Frauen damit nichts zu tun haben und es wurde nicht gegendert.
 
Das ist genau diese humorlose Sorte von Menschen, die mit aller Gewalt dieses unsägliche Gendern durchsetzen wollen.
Nein, das sind eben nicht dieselben Leute. Ich kenne genug, denen es sowohl bei Gendersternchen, als auch bei der Bezeichnung "es" für eine weibliche Person die Nackenhaare in ein und demselben Maße aufstellt. Das Eine hat also mit dem Anderen nicht zwingend etwas zu tun.
 
@TORZ.

Du bist ja noch ziemlich jung (bitte fühle dich deswegen net angegriffen, ich finde, dass deine Einträge das Forum bereichern), aber mit etwas mehr Lebenserfahrung wirst du verstehen, was ich meine. 😏
 
So lange man in Stellenausschreibungen noch das Geschlecht dazuschreibt (es sei denn es muss spezifisch ein Männlein, ein(e) Weiblein oder ein/e divers:in sein) haben die entsprechenden Stellen die Gleichberechtigung nicht verstanden.
Üblicherweise wird mit m/w/d einfach ein Mensch gesucht und der Zusatz ist überflüssig.
Genauso diskriminierend ist die Angabe von "Frauen und Menschen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund werden bevorzugt eingestellt". Das nennt sich positive Diskriminierung.

Ich überlege immer noch: Wenn man auf das :innen im Radio verzichten möchte, was könnte man alternativ nutzen, wenn die neutrale Form zu männlich ist? Der Hörende? Männlich! Das Hörerchen? Zu diminuitiv. Ich bin noch zu keinem Ergebnis gekommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
was könnte man alternativ nutzen, wenn die neutrale Form zu männlich ist?
Die Frage ist doch, wem ist die neutrale (und grammatikalisch korrekte) Form zu männlich? Ich unterstelle mal, den männlichen Hörern dürfte es weitgehend egal sein. Also etwa 50 Prozent der Betroffenen.
Wie viele der verbleibenden 50 Prozent (Frauen) sind so gendersensibel, dass sie die Sprache neu erfinden wollen und sich an der zwar korrekten aber "zu männlichen" Form stören? Nach allen - auch oben im Faden teilweise schon zitierten - Studien und Befragungen dürfen wir nicht mit mehr als 15 Prozent rechnen. 15 Prozent von der Hälfte sind also 7,5 Prozent, die verbleiben.

Voraussetzung, dass diese 7,5 Prozent auch den Sender hören. Es sind aber keine beliebigen 7,5 Prozent, sondern Menschen, die gewiss nicht oberflächlich nebenbei hören. Wenn es also ein Dudelsender ist, der Intellektuelle und Pioniere der Sozial- und Gesellschaftswissenschaften eher nicht anspricht, dann sind es gerade diese 7,5 Prozent, die den betreffenden Sender gewiss nicht hören.
Also, wo ist dann noch das Problem?

@Station-Voice
In dem von Dir angehängten Artikel wird die Grünen Ministerin Spiegel wie folgt zitiert: "Je mehr Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft existiert, desto stärker drückt sich das auch in der Sprache aus." Und: "... die Debatte um Gleichberechtigung umfasst viel mehr als nur die Sprache."
Das trifft es m. E. ziemlich genau: Ändern wir bitte erst einmal die gesellschaftlichen Verhältnisse zugunsten der Gleichberechtigung, dann stellt sich die entsprechende Sprache von selbst ein.
 
Ich überlege immer noch: Wenn man auf das :innen im Radio verzichten möchte, was könnte man alternativ nutzen, wenn die neutrale Form zu männlich ist? Der Hörende? Männlich! Das Hörerchen? Zu diminuitiv. Ich bin noch zu keinem Ergebnis gekommen.
Ich hab eine Antwort. Der Hörer! Fertig aus. Wie in einem hier verlinkten Zeitungsartikel schon völlig richtig geschrieben wurde: "(...)Wenn das generische Maskulin überhaupt etwas unsichtbar macht, dann die fürs Menschsein unerheblichen Attribute wie etwa das Geschlecht.(...)"
 
Dazu meine Frage: Die generische Nutzung finde ich sinnvoll - aber warum muss es das generische Maskulinum sein? Dieses kann nicht von der männlichen Form unterschieden werden.
Das Maskulinum ist (meist?) die kürzeste Form eines Nomens. Das wäre für mich ein Auszeichnungsmerkmal. Klar, das generische Femininum wäre auch möglich. Ist aber (a) länger und wird (b) nicht schon von vielen als generische Form verstanden.

Darauf aufbauend auch Folgendes:
Wie in einem hier verlinkten Zeitungsartikel schon völlig richtig geschrieben wurde: "(...)Wenn das generische Maskulin überhaupt etwas unsichtbar macht, dann die fürs Menschsein unerheblichen Attribute wie etwa das Geschlecht.(...)"
Diesen Satz kann ich unterschreiben! Es braucht meiner Meinung nach eine generische Form, die eben keinerlei Rücksicht auf das Geschlecht nimmt. Wenn zunehmend gegendert wird, enthält das grammatikalische Maskulinum allerdings im Gegenteil immer mehr den exklusiven Bezug auf das männliche Geschlecht. Eigentlich bräuchten wir weniger Gendern als mehr Gendern, um eine inklusive Sprache zu erlangen. Es gibt keine Schriftstellerin mehr, sondern Annette von Droste-Hülshoff ist genauso Schriftsteller wie Johann Wolfgang von Goethe. Das Generische im Maskulinum sollte ausgebaut werden.

Wenn man in Bereiche kommt, in denen es eine Rolle spielt, wen man sich intuitiv z. B. unter "Radiomachern" vorstellt, dann kann man sensibler agieren und beide Geschlechter nennen - beispielsweise in Anreden. Tut niemandem weh und es kann durchaus wichtig sein, dass Frauen mit dem, was man sagen will, besser angesprochen werden. Wenn ich wiederholt in der dritten Person eine gesellschaftliche Gruppen nennen muss, ist das allerdings weniger praktikabel und der Nutzen überwiegt meiner Meinung nach in diesem Fall nicht den Aufwand.
 
Ein kurzer Beitrag über Jürgen von der Lippe und seine Meinung zum Thema "Gendern" kam heute in "brisant". (Ab 21:15 min im Link unten.)


Vor ein paar Tagen hatten wir ja schon einen Artikel über ihn in diesem Thread. Dort war zu lesen:

„Es ist doch ein Skandal, dass Universitäten verlangen, dass Arbeiten von den Studenten gegendert und so in einem falschen Deutsch eingereicht werden“, sagte er der BamS.

Recht hat er. Ich halte das, wie ich schon schrieb, praktisch für Nötigung. Und genau das kann einfach nicht sein! Selbstverständlich gibt es keinen "Genderzwang", wie der Forenkollege leichtfertig schrieb. Mich zwingt schließlich niemand zum gendern. Ich brauche aber auch keine guten Noten in irgendwelchen wichtigen Prüfungen! Das ist der kleine Unterschied! Wenn es kein Zwang ist und auch keine Nötigung, welches Wort verwenden wir denn nun für die Beschreibung des Sachverhalts, @Ukulele, @thorr & @chapri?

Mir als Ossi klappt bei der ganzen Angelegenheit sowieso das sprichwörtliche "Messer in der Tasche auf"! Denn hier geht es letztendlich um Ideologie und das altbekannte Spiel: Wörter, die nicht mehr gesprochen werden, werden alsbald auch nicht mehr gedacht. "Gehirnwäsche" könnte man das auch nennen.

In diesem Zusammenhang fand ich ja den kleinen "Erklärbärkasten" ("Was bedeuten Abkürzungen wie z.B. N~ oder M~Wort?") in diesem Artikel und die Selbstzensur im Text bezeichnend. Spricht der Mann wirklich so? Leute, Leute, Leute...



Was haben wir noch?

Wie man seit gut zwei Wochen wieder in der TV-Werbung verfolgen kann, sind unsere Freunde von Angelina-Pharma mit ihren Anti-Grippe-Mittelchen wieder am Start. Nun, die Überraschung war dann doch groß, als der Pflichtsatz am Ende der Spots wieder "normal" zu sehen und zu hören war. Mal abgesehen davon, daß sie auf ihrer Website extrem holprige Sätze schreiben ("Wenden Sie sich an Ihre:n Ärztin:Arzt, wenn Sie sich nach 5 Tagen nicht besser oder gar schlechter fühlen."), gibt es nicht viele Gründe für diesen "Rückzieher". Entweder sie müssen gesetzliche Vorgaben einhalten, die Kunden haben sich aufgeregt, oder der ganze Spaß wird ihnen zu teuer.
 
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