Manchmal habe ich den Eindruck, dieses "Expertengremium" hat überhaupt keinen Geschmack oder leidet unter Geschmackswirrungen. Was da in den letzten Jahren so aufgeboten wurde, meine Güte. Belanglos, banal und null repräsentativ für die vielfältige deutsche Musikszene die zwischen Techno, Jazz und Rock soviel zu bieten hat. Vor allem sollte man endlich einmal aufhören, immer nur englischsprachige Titel hinzuschicken.
2021 - Sieger: Italien "Zitti e buoni" (italienisch), 6 der Top 10-Titel zumindest teilweise in englischer Sprache, welche in 1 Land (Malta) Co-Landessprache ist.
2019 - Sieger: Niederlande "Arcade" (
englisch), 8 der Top 10-Titel in englischer Sprache, welche in 1 Land (Australien) Landessprache ist.
2018 - Sieger: Israel "Toy" (
englisch/hebräisch), 8 der Top 10-Titel zumindest teilweise in englischer Sprache, welche in 0 Ländern Landessprache ist.
2017 - Sieger: Portugal "Amar pelos dois" (portugiesisch), 7 der Top 10-Titel in englischer Sprache, welche in 1 Land (Australien) Landessprache ist.
2016 - Sieger: Ukraine "1944" (
englisch/krimtatarisch), alle 10 Top 10-Titel zumindest teilweise in englischer Sprache, welche in 1 Land (Australien) Landessprache ist.
2015 - Sieger: Schweden "Heroes" (
englisch), 9 der Top 10-Titel in englischer Sprache, welche in 1 Land (Australien) Landessprache ist.
2014 - Sieger: Österreich "Rise Like A Phoenix" (
englisch), alle 10 Top 10-Titel zumindest teilweise in englischer Sprache, welche in 0 Ländern Landessprache ist.
2013 - Sieger: Dänemark "Only Teardrops" (
englisch), 8 der Top 10-Titel zumindest teilweise in englischer Sprache, welche in 1 Land (Malta) Co-Landessprache ist.
2012 - Sieger: Schweden "Euphoria" (
englisch), 6 der Top 10-Titel zumindest teilweise in englischer Sprache, welche in 0 Ländern Landessprache ist.
2011 - Sieger: Aserbaidschan "Running Scared" (
englisch), alle Top 10-Titel zumindest teilweise in englischer Sprache, welche in 1 Land (Irland) Co-Landessprache ist.
2010 - Sieger: Deutschland "Satellite" (
englisch), 9 der Top 10-Titel in englischer Sprache, welche in 0 Ländern Landessprache ist.
Gut, jetzt können wir ja mal über die Statistik sprechen bezüglich ESC-Erfolgen in englischer Sprache und darüber, ob die Landessprache so viel erfolgreicher ist. Bei den Siegertiteln ist
fett vermerkt, wenn diese in englischer Sprache gesungen haben, den Siegerländern, in denen Englisch die Landessprache ist, wurde zusätzlich ein Einhorn mit Glitzereffekt zur Seite gestellt, das über eine rosafarbene Wolke springt.
Alleine dass Deutschland seit Jahrzehnten keine Titel in Landessprache mehr einreicht, macht uns so unglaubwürdig und austauschbar. Die letzten deutschsprachigen Titel waren 2007 (Roger Cicero) und 2001 (Tanja Hewer) - das war Anfang des neuen Jahrtausends. Seitdem kam da nicht mehr viel Substanzielles, was unsere Musikszene in irgendeiner Form widerspiegelt oder angemessen international repräsentiert. Der deutsche Beitrag sollte auch ein Querschnitt durch die heimische Bevölkerung sein.
Damit reißen doch andere Länder auch nix, ganz im Gegenteil.
Als sich vor einigen Jahren so viele Leute darüber beschwert haben, daß sich die Länder ausm Osten ständig gegenseitig die Punkte zuschoben, habe ich mir gedacht: das sind halt die Länder, bei denen teilweise der landeseigene Markt nicht ausreicht, um als Künstler ein vernünftiges Geschäft zu machen, daher versuchen schon von Haus aus viele Musiker, ihre Lala so auszulegen, daß man damit auch jenseits der eigenen Landesgrenzen Erfolg haben kann. Insofern verschmelzen einige Märkte miteinander, was sich halt eben auch in solchen Effekten widerspiegelt.
Mit Liedern, die ausschließlich die eigene Kultur reflektieren, können wahrscheinlich nur die Länder antreten, die ohnehin international recht stark repräsentiert sind. Wobei selbst das ins Auge gehen kann, wie ja dereinst die Iren von Dervish erleben durften, als sie mit ihrem an Irish Folk angelehnten Liedgut noch hinter Deutschland gelandet sind (24. im Jahr 2007, Deutschland mit ihrem deutsch interpretierten Lied (besagter R. Cicero) landete auf dem stolzen Platz 19).
Gerade bei den Siegertiteln von Portugal und Italien hat sich doch klar herauskristallisiert, dass es wieder "in" ist, in Landessprache zu singen! Es ist gut, dass die souveränen Nationalstaaten sich endlich von der USA-Hörigkeit lösen und wieder zurück zu ihrer eigenen regionalen Identität finden. Englisch ist in keinem der Länder Mitteleuropas Amtssprache!
Ich mag ja die Statistik weiter oben falsch deuten, aber ich sehe in den vergangenen Wettbewerben kein einziges Jahr, in dem die Mehrheit der in den Top 10 gelandeten Titel in Landessprache gesungen wurden.
Ich hab' nichts gegen Lieder in Landessprache, ganz im Gegenteil. Ich denke nur nicht, daß die Sprache vorgeschrieben werden sollte. Und wenn Estland mit einem italienischen Lied auftreten will (2018, "La forza"), Norwegen mit einem Lied in Swahili (2011, "Haba haba") oder Belgien in einer Fantasiesprache singen möchte (2003, "Sanomi" bzw. 2008 "O julisi na jalini"), weil die Autoren meinen, das passe schon so, dann ist mir das auch recht ...
Gruß
Skywise