Aber ich hätte da noch eine Anschlussfrage: Warum können die Programme nicht auf der gleichen Frequenz senden wie beim ersten Einspeisungsender?
Um meine Frage verständlich zu kokretisieren: Warum kann z. B. das Programm SWR 1 BW nicht im gesamten Sendegebiet Baden-Württemberg auf der Frequenz 94,7 MHz ausgestrahlt?
Das hat etwas mit Zeitversätzen beim Empfang zu tun. Ich hatte ja gerade schon das Phänomen mit den Reflexionen vorgestellt, die einen Sender zum Verzerren bringen. Das passiert, weil das Radio das Signal faktisch mehrfach empfängt, nämlich einmal vom Sender selbst und einmal von irgendeinem Haus, einem Felsen oder anderen massiven Hindernissen. Radiowellen breiten sich ja linear aus, also kommt zuerst das direkte Signal des Senders an, anschließend prallt das Signal auf das Reflexionsobjekt, wird von dort zurückgeworfen und erreicht das Radio entsprechend später.
Würde man jetzt alle Sender eines Programms auf einer Frequenz betreiben, käme dabei ein ähnlicher Effekt zustande. Zumeist würde mann ja mehrere dieser Sender empfangen können, die unterschiedlich weit vom Empfänger entfernt sind. Die Folge kann ein dauerhaftes Zischeln im Hintergrund, aber eben auch solche Verzerrungseffekte sein.
Das heißt nicht, dass sogenannte Gleichwellen grundsätzlich nicht möglich sind, es gibt Beispiele dafür. Allerdings ist es sehr aufwändig, eine solche Gleichwelle so zu synchronisieren, dass sich die Störungen möglichst stark in Grenzen halten. Man kann mit Richtdiagrammen arbeiten, man kann einem der beiden Sender einen künstlichen Zeitversatz verpassen, aber sowas funktioniert dann immer nur für einen bestimmten Punkt richtig gut. In Frankreich gibt es sowas ja zum Beispiel mit den Autobahnsendern auf 107,7 MHz. Das Versorgungsgebiet ist hier lediglich die Autobahn, daher kann man die Sender exakt so konfigurieren, dass es auf eben dieser Autobahn keine Störungen gibt. Und auch in Österreich gibt es vor allen Dingen seit den letzten Jahren immer mehr solcher Gleichwellen. Hier wird dann versucht, die Verwirrgebiete, in denen sich die Sender gegenseitig stören, in dünn oder gar nicht besiedelte Gebiete zu legen.
Bei solchen großen Sendern, wie sie der SWR hat, ist das aber quasi unmöglich, da sie einfach ein großes Gebiet in der Fläche versorgen und sich ziemlich oft mit anderen Standorten in die Quere kommen würden. Schauen wir uns den Stuttgarter Fernsehturm an, der hat nach allen Seiten Sender um sich rum, mit denen er sich beißen würde, würden sie alle auf derselben Frequenz senden. Daher ist bei großen Sendern eigentlich keine Gleichwelle im eigentlichen Sinne möglich. Was es natürlich gibt, sind Gleichkanalbelegungen, da senden zwei Sender mit demselben Programm auf einer Frequenz, aber stören sich nicht, weil sie geographisch gut entkoppelt sind. Ein Beispiel ist SWR1 Baden-Württemberg auf 95,1 von Aalen und Wannenberg.
Bei DAB+ sieht das übrigens anders aus. Durch die digitale Aufbereitung des Signals können solche zeitlichen Versetze durch Reflexionen oder Sender auf derselben Frequenz nicht nur neutralisiert werden, sondern sie sind hier sogar hilfreich, da sich das Signal hier aus mehreren Senderstandorten und/oder Reflexionen zusammenaddieren kann.
Ach, und noch wegen der Entfernung: Die habe ich vorhin sogar noch überschätzt. Laut Luftlinie.org liegen zwischen den Fernsehtürmen von Stuttgart und Heidelberg tatsächlich nur 79,61 km.