AW: Spannungstabilisator
Vor etwa zwei Jahren in dem Raum hinter mir: der Kollege experimentiert mit 2000 Volt Gleichspannung und fabriziert dabei unbeabsichtigt einen Überschlag. Vom ersten Schreck erholt, versucht er, die Anlagen wieder hochzufahren. Der PC ist platt, läßt sich nicht mehr einschalten. Das Netzteil stellt sich bei einer ersten Überprüfung als defekt heraus. Ein Netzteilwechsel bringt nichts - Mainboard, CPU und Speicher sind auch platt. Alles kein großes Drama, wo gehobelt wird, fallen auch mal Späne und der Rechner war steinalt (AMD K6 auf VIA MVP3). Dumm bloß, daß es auch eine unscheinbare ISA-Karte erwischt hat: Schrittmotoransteuerung. Nachforschung im Netz: wird nicht mehr hergestellt. Ein Nachfolgemodell gibt es in diesem Sinne nicht, stattdessen gibt es eine komplett neue Steuerung, die hängt an USB, verträgt sich nicht mit unserer Software und braucht einen neuen Schrittmotor. Das wird teuer... Anruf beim damaligen Lieferanten: er hat noch Restbestände der alten Karten, die sind günstiger. Kostet uns dennoch 2000 Euro plus Mehrwertsteuer. Und wir sind noch froh, so glimpflich davongekommen zu sein. Hätte es das
Oszilloskop erwischt, wären wir um etwa 10.000 Euro ärmer - 4 schnelle digitale Kanäle kosten halt soviel. Daß wir eine Woche später festellen mußten, daß auch die Ansteuerung eines Monochromators abgefackelt war, fiel beinahe schon nicht mehr ins Gewicht...
Das ist zum Beispiel einer der Gründe, warum man Spannungsstabilisatoren verwenden sollte, wenn man extrem hochwertige Geräte am Stromnetz betreibt. Die defekten Geräte waren freilich alle nicht mit der Hochspannung zusammengeschaltet, der Schaden kam durch das Stromnetz. Wäre alles, was sensibel ist, über Überspannungsschutz angeschlossen gewesen, hätten wir sicher nicht so viel Ärger gehabt.
Klar, Du experimentierst sicher nicht jeden Tag mit 2000 Volt, aber Gewitter haben schon manches Gerät weggerafft - besonders in Zeiten, in denen noch viele Stromleitungen als Freileitungen verlegt waren. Letztlich können Blitzeinschläge oder auch defekte Geräte in der Nachbarschaft auch heute noch Elektronik killen.
Ein weiteres Problem sind Netzstörungen, die zwar nicht tödlich für die Geräte sind, aber doch Fehlfunktionen und bei Audiogeräten auch Tonstörungen hervorrufen können. Spätestens, wenn der sich einschaltende Kühlschrank oder Laserdrucker im Verstärker als Knack zu hören ist, sollte man über Netzfilterung nachdenken - und auch darüber, ob der Entwickler des gestörten Geräts seine Hausaufgaben im Netzteil ordentlich gemacht hat. Es ist ja nicht etwa so, daß Geräte mit lupenreinem, störfreiem "Saft" versorgt werden müssen. Die müssen selbst bis zu einem gewissen Grad gegen Störungen von außen resistent sein - sonst bekommen sie das CE-Zeichen nicht. Umgekehrt wird es ihnen auch verwehrt, wenn sie selbst als starke Störer nach außen auftreten.
Ich habe es erst in Berlin kennengelernt: flackerndes Licht in der Wohung. Wo auch immer da was schief läuft: es flackert bei mir regelmäßig und sehr deutlich. Mein steinalter PC schluckt es bislang anstandslos und stürzt nicht ab. Die über eine lange Zeit beinahe im Wochentakt zu beklagenden PC-Netzteil-Leichen auf Arbeit wurden auch auf massive Schaltvorgänge unter Last irgendwo in der Umgebung zurückgeführt und wären mit Netzfiltern möglicherweise zu verhindern gewesen.
Wie macht man das nun? Die einfachste Variante ist, die Spannung auf der Zuleitung zu überwachen und im Falle drastischer Überspannung mit kurzer Reaktionszeit (25 ns) über
Varistoren die Überspannung abzuleiten. Peaks auf der Netzspannung können damit wirkungsvoll bekämpft werden, ein voller Blitzeinschlag ins Hausnetz sicher nicht - eher verdampft dabei das Netzfilter.
Außerdem baut man eine breitbandige Filterung ein, die durch Drosselspulen und Kondensatoren Störungen von der Netzleitung nimmt. Man fügt also in den Stromkreis recht "träge" und "lustlose" Bauteile ein, die schnelle Änderungen der Eingangsspannung gar nicht mögen, sondern stur den Stoß abfangen und die kurze Energiespitze zwischenspeichern. Eine Art "elektrische Schwungmasse" also.
Wenn die Netzfrequenz 50 Hz beträgt, könnte man ja genaugenommen einen "Equalizer" nehmen und alles, was oberhalb und unterhalb 50 Hz liegt, entfernen. So präzise ist das freilich bei den Leistungen und Spannungen, um die es hier geht, nicht möglich, aber prinzipiell tut man das: man filtert breitbandig alle Hochfrequenzstörungen, so gut es preisgünstig realisierbar ist, weg. So etwas findest Du schon in einfacheren Netzfilter-Leisten, wie z.B. in der
Lestar LFT2001, die dazu auch noch Telefonleitungen gegen Überspannung schützt.
Hier findest Du eine Schnittzeichnung, da kannst Du die Innereien erkennen. Ähnliche Produkte in zig Qualitätsstufen findest Du in jedem Baumarkt, von
Brennenstuhl,
Kopp und wie sie alle heißen.
Die Folge der Netzfilterei, wenn sie ordentlich betrieben wird: keine Störgeräusche in Audioanlagen mehr bei Schalthandlungen in der Nachbarschaft, keine Störspannungs-bedingten Computerabstürze usw.
Wenn man das ganze noch konsequenter angehen will, kann man sich auch seine Netzversorgung komplett selbst aufbauen: quarzgenau, hochstabil und von außen nahezu vollständig entkoppelt. Dazu richtet man die Netzspannung gleich, lädt damit Kondensatoren (oder Akkus) auf, die als Zwischenspeicher elektrischer Energie fungieren. Aus dieser gepufferten (und damit von kurzzeitigen Störspitzen unbeeindruckten) Gleichspannung ernährt sich dann ein Wechselrichter, der wieder 50 Hz und 230 Volt daraus macht. Ist die Pufferkapazität hoch genug und die zu versorgende Last nicht allzu groß, können eingangsseitige Ausfälle bis hin zu mehreren Minuten oder gar Stunden überbrückt werden. So etwas benutzt man dann in Serverräumen (auch im Rundfunk) oder z.B. im Krankenhaus.
Was den Einsatz zu Hause betrifft: gegen eine Überspannungs-Schutz-Steckdosenleiste kenne ich kein Gegenargument, schon gar nicht dann, wenn der Hersteller eine (meist mit vielen Ausschlußklauseln verzierte) Versicherung gegen Überspannungsschäden anbietet. Die gibt es wirklich - bis zu mehreren 10.000 Euro. Ob sie je an jemanden ausgezahlt wurde, weiß ich nicht. Große USVs (unterbrechungsfreie Stromversorgungen) kosten dann schon mal mehr als das ganze Internet-Radiostudio - da muß dann jeder selbst entscheiden, was es ihm wert ist. Was den Einsatz im Studio oder auf der Bühne betrifft (an letzterem Ort kann ich mir bildhaft Störungen durch die Lightshow vorstellen), mag vielleicht ein Studioprofi beantworten.
Und: ja, ich bin so ein komischer Vogel, der bei einem Gewitter oder längerer Abwesenheit von zu Hause alle Stecker rauszieht und das Sat-Kabel vom Receiver abschraubt.