Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

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OnkelOtto

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Folgende Meldung entdeckte ich heute im Radio-Kurier 8/2007:

Deutsche Welle sägt
an Qualität

Mitarbeiter des Hörfunks der Deutschen
Welle in Bonn beklagen einen zunehmenden
Qualitätsverlust im Programm. Nach
dem weitreichenden Wegfall von Eigenproduktionen
beschneidet der Sender jetzt auch
die inhaltliche Arbeit der Redaktionen.
Neue verlängerte Arbeitszeiten dünnen die
Personaldecke weiter aus. Das deutsche
Programm wird fast ausschließlich durch
kostenlose Übernahmen aus dem gemeinsamen
ARD-Speicher bestritten.
Der bewusst in Kauf genommene Qualitätsverlust
ist inzwischen auch in den bislang
sehr renommierten Nachrichtensendungen
zu hören. Die Anhebung der
Schichtlängen von rund sechs Stunden auf
mehr als acht Stunden führte dazu, dass
längjährige ARD-Berufssprecher zu den
neuen Konditionen kaum noch Dienste anbieten.
Die Deutsche Welle spart, indem sie
die längeren Schichten genauso bezahlt wie
die bisher etwa sechs Stunden langen Dienste.
Inzwischen werden in der Nachrichtenpräsentation
Laiensprecher, ehemalige
Praktikanten und Redakteure ohne jegliche
Sprechausbildung eingesetzt.
Der Qualitätsverlust wurde offenbar bewusst
einkalkuliert. Einer der Verantwortlichen
wird mit Blick auf die neuen Dienstpläne
wörtlich zitiert: „Ich habe eine klare
Anweisung bekommen“ – und weiter:
„Dass freie Mitarbeiter unter diesen Umständen
nicht mehr Dienste anbieten, ist
eine rationale Entscheidung, die ich wahrscheinlich
sogar genauso treffen würde.“
Das Ergebnis der bisherigen Kahlschlagpolitik
sind zunehmende Hörerproteste aus
dem Ausland. Interne Planungen der Deutschen
Welle lassen darauf schließen, dass
die eingeschlagene Richtung – Sparen zu
Lasten der Programmqualität – auch in Zukunft
beibehalten wird.
Bemühungen der Mitarbeiter um interne
Schadensbegrenzung stießen selbst bei der
Intendanz auf taube Ohren. Ein offener
Brief des Sprecher-Ensembles wurde vom
Intendanten bislang nicht beantwortet. Lediglich
ein Mobbing-Vorwurf wurde seitens
der Abteilungsleitung zurückgenommen.
Insgesamt – nach Einschätzung von Mitarbeitern
– ein fatales Verhalten eines Senders,
dessen deutschsprachiges Hörfunkprogramm
von Millionen Hörerinnen und
Hörern in aller Welt genutzt und dessen Arbeit
aus dem Bundeshaushalt, also aus Steuergeldern,
finanziert wird. epd medien hat
bereits am 6. Juni über die Dienstplankrise
berichtet, allerdings ohne die Hintergründe
näher darzulegen.


Verblüfft und trotzdem in meinen Befürchtungen bestätigt, dass Präsentationsqualität nichts mehr zählt, bitte ich frdl. um Kommentierung durch die geschätzten Forenteilnehmer.

Fürs erste fassungslos:
Onkel Otto
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Die sollen doch tagsüber die DLR-Nachrichten übernehmen, wenn die Regierung schon so knausrig ist. Schließlich geht's bei der Deutschen Welle ums internationale Renommee, viele ausländische Germanistik-Studenten trainieren mithilfe der wohlbeleumundeten DW ihre passiven Sprachkenntnisse. Überhaupt wäre eine engere Verzahnung mit dem Deutschlandfunk ganz sinnvoll, gerade was den aktuellen Dienst betrifft.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Dazu müsste allerdings der DLF seine Nachrichten inhaltlich ein wenig an die Zielbestimmung "Alle Welt" anpassen.

Zudem tut es mir einfach leid um die Kollegen Sprecher, die immer ein Aushängeschild der Welle waren/sind.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Dazu müsste allerdings der DLF seine Nachrichten inhaltlich ein wenig an die Zielbestimmung "Alle Welt" anpassen.

Zudem tut es mir einfach leid um die Kollegen Sprecher, die immer ein Aushängeschild der Welle waren/sind.

Es wird wahrscheinlich auf die gleiche Kahlschlagpolitik hinauslaufen wie in den Nachbarländern:

Schweizer Radio International - praktisch tot
Radio Österreich International - wich dem Inlandsrundfunk
BBC - Abschaltung vieler fremdsprachiger Angebote usw.

Weil heute nahezu jeder seine Informationen aus dem Internet bezieht und kaum noch jemand die verrauschte Kurzwelle nutzt, werden die Angebote der Auslandsdienste immer mehr zusammengestrichen. Wer in Europa Urlaub macht, kann nahezu überall sein Heimatradio über Astra hören, ansonsten bietet fast jede Welle einen halbwegs passablen Webstream.

Wahrscheinlich landet der deutsche Dienst der DW früher oder später unter dem Dach des Deutschlandsradios, daneben gibt's vielleicht noch eine kleine Nachtredaktion und ein paar DX-Magazine für die Kurzwelle. Wirklich wichtig bleiben nur die Fremdsprachensendungen für Krisengebiete und der English-Service, ich vermute, da wird weiterhin reichlich Geld fließen.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Habe die Deutsche Welle schon lange nicht mehr gehört und kann auch nicht beurteilen, ob der Sender allgemein unter Geldmangel leidet oder ob die vorhandenen Mittel einfach nur ungünstig verteilt werden. Die Aktionen fügen sich allerdings ganz gut ins Gesamtbild. Soweit ich weiß, werden auch den Goethe-Instituten immer mal gerne die Mittel gekürzt oder die Förderung von Deutschunterricht im Ausland gestrichen. Und jetzt wird eben in Kauf genommen, dass der deutsche Auslandsfunk an Attraktivität verliert. Das ist sehr schade, andererseits wüsste ich aber auch gerne mal, wer diesen Sender eigentlich hört.

Radio Nederland wird übrigens ebenfalls zum großen Teil aus diversen Sendungen der Inlandsradios zusammengewürfelt. Allerdings ist da auch die Zielgruppe sicherlich anders zusammengesetzt.

In meinen Urlauben habe ich für gewöhnlich keine Satellitenantenne im Gepäck und auch keinen mobilen Internetzugang. Allerdings meist auch kein Interesse, deutsches Radio zu hören.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Zum Erfolg möchte ich nur anmerken, dass der Hörfunk der Deutschen Welle mit Sicherheit noch deutlich mehr Hörer haben dürfte, als deren Fernsehprogramm, wo wirklich sehr viel Geld verbrannt worden ist. Jeder Deutsch-Schüler im Ausland stolpert irgendwann mal über das Programm der Welle, denn die Lehrbücher weisen auf den Sender hin.

Aber das ist ja auch egal, wenn man einen Programmchef einstellt, dem die Qualität des Programms ein nachweislich untergeordnetes Kriterium ist, dann muss man sich über solche Dinge nicht wundern.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Wahrscheinlich landet der deutsche Dienst der DW früher oder später unter dem Dach des Deutschlandsradios, daneben gibt's vielleicht noch eine kleine Nachtredaktion und ein paar DX-Magazine für die Kurzwelle.
Das halte ich für extrem unwahrscheinlich. Dafür müssten die Staatsverträge und die Finanzierungsgrundlage vom D-radio komplett geändert werden. Dafür wird man die Landesfürsten nie unter einen Hut bekommen. Die ARD würde da auch nicht mitspielen.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Das halte ich für extrem unwahrscheinlich. Dafür müssten die Staatsverträge und die Finanzierungsgrundlage vom D-radio komplett geändert werden. Dafür wird man die Landesfürsten nie unter einen Hut bekommen. Die ARD würde da auch nicht mitspielen.

Warum sollte man die Staatsverträge modifizieren? Man müsste es doch nur so einrichten, dass die Deutsche Welle ihre Rechtspersönlickeit behält aber zu 80% oder mehr vom DLR beliefert wird. An den Institutionen ändert sich gar nichts, nur die Programmabwicklung der DW wird mit dem DLR koordiniert. Im Prinzip spulen die schon heute fast nur noch ARD-Material ab (mit Ausnahme der paar Korrespondenten, die ihnen noch geblieben sind). Das Geld kommt weiterhin aus der Staatskasse und nicht von der GEZ.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Zudem tut es mir einfach leid um die Kollegen Sprecher, die immer ein Aushängeschild der Welle waren/sind.

Geht mir auch so. Ich kann das Vorgehen aber auch nicht nachvollziehen. Ich erinnere mich noch an die Worte, die ich bei einer Führung durch die Welle ständig gehört habe: "Die Deutsche Welle ist die Visitenkarte der Bundesrepublik." Wenn nicht hier, wo sollten dann unsere besten Sprecher sitzen?
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Die sollen doch tagsüber die DLR-Nachrichten übernehmen, wenn die Regierung schon so knausrig ist.

Und was sollen sie dann an Truckradio verkaufen?

Ich frage mich sowieso, wie das geht: Aus Bundesmitteln zwecks Außendarstellung produziertes Material wird von kommerziellen Veranstaltern hier in Deutschland genutzt. Irgendwie scheint mir das nicht so ganz Sinn und Zweck der Sache zu sein.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Die DW ist in einer extrem schwierigen Situation.

Einerseits werden hier intern Pfründe verteidigt, die aus grauer Vorzeit stammen und von denen Mitarbeiter öffentlich-rechtlicher Sender schon seit vielen Jahren nicht mehr zu träumen wagen. Von Privatradios ganz zu schweigen.

Andererseits kämpft das Programm ums blanke Überleben - politisch ebenso wie auch auf dem "Hörermarkt" in der Konkurrenz zu Online-Medien.

Ich hielt immer viel von der Deutschen Welle und bin froh, dass es sie gibt. Aber ehrlich gesagt kenne ich fast niemanden, der sie regelmäßig hört. Dabei habe ich eine Reihe von Kontakten in weit entfernte Länder, die früher einmal das klassische Sendegebiet der DW-Kurzwelle waren.

Die Zeiten ändern sich eben.
 
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Leider verfügt die DW ja im Gegensatz zu BBC und RFI über nur wenige UKW-Frequenzen, und im Internet ist die Konkurrenz immens.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Andererseits kämpft das Programm ums blanke Überleben - politisch ebenso wie auch auf dem "Hörermarkt" in der Konkurrenz zu Online-Medien.
Die Zeiten ändern sich eben.

Dann muss man eben darauf reagieren. Mit diesem unübersichtlichen Internet-Auftritt wird es die Welle aber schwer haben. Vor allem der Hörfunk wird da doch präsentiert, als würde man sich seiner schämen.

Es gibt sicher auch noch andere wichtige Baustellen im Haus. Statt dessen werden die Dinge beseitigt, die bisher ordentlich funktionierten. Der PD ist doch ein ausgewiesener Abrissunternehmer. Irgendwann wird dann ein neues Haus errichtet, aus dem ausländische Hörer dann über die Frisur der Bundesfamilienministerin informiert werden. Na ja.
 
AW: Deutsche Welle verabschiedet sich von Profi-Sprechern

Die Rede ist ja auch vom deutschen Dienst, der wegen der großen Konkurrenz durch andere Sender und Medien immer weniger nachgefragt wird.
 
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