Kratzende Höhen beim Vinyl

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Ich zerbreche mir seit geraumer Zeit den Kopf über den Klang meiner Schallplatten. Viele Titel haben die Eigenschaft, nach einer gewissen Spiellänge an "Höhen" zu verlieren. Folglich fangen sie auch noch unangenehm zu kratzen an, je näher der Track dem Ende kommt. Im ausgeweiteten Stereomodus wird dies noch deutlicher.

Die Anschlagsdynamik der Frequenzen fällt soweit ab, dass es nach einer gewissen Zeit "matscht". Der Sound ist nicht mehr Knackig, wirkt oft wie eine komprimirte MP3 (ohne Artefakte verständlich) Das ganze wird mit meinem Soundprocessing nur noch verstärkt. Im Radio hören sich die Titel nur noch gräßlich an. Mir ist es leid jede Platte im Mix mit dem EQ nachzubearbeiten. Oft nehme ich den Stereoeffekt aus den oberen Frequenzen ganz raus, damit es nicht allzu kratzt, das ist aber auf dauer keine Lösung und sehr viel erreiche ich mit meinem kleinen Trick auch nicht.

Im vergleich zu anderen Radiostationen klingen deren Vinyls (vorzugsweise in DJ-Mixen) deutschlich sauberer. Was ist deren Geheimnis, diesem unschönen Kratzen Herr zu werden. Liegt es an der Verschiebung der Frequenzen mittels einem Chorus?
 
AW: Kratzende Höhen beim Vinyl

Ist die Abtastnadel in unbeschädigt? Die Tonarmgeometrie korrekt? (Dazu gibt's 'ne Menge Seiten im Netz.) Sind die Schallplatten okay? (Test: Zuerst auf anderen Geräten ausprobieren.) Wenn's so schlimm ist, muß was kaputt sein.


Gruß TSD

Nachtrag: Nein, das liegt daran, daß deren Maschinen in Ordnung sind.

Noch ein Nachtrag: Möglicherweise ist Dein Tonabnehmer schief im Arm eingebaut. Dann können sich Phasenfehler einschleichen und das "aufgeweitete Stereo" (brrrr!) noch murksiger machen.
 
AW: Kratzende Höhen beim Vinyl

@ Tondose

Kann gut möglich sein, aber es gibt Schallplatten, bei denen dieses Phänomen garnicht auftaucht. Ich denke, dass es große Unterschiede gibt, was die Qualität beim Endmastering angeht. Es gibt vereinzelte Labels, die durchgehend einen murksigen Sound aufweisen, unabhängig vom Künstler. Auch hatte ich keine großen Unterschiede auf anderen Geräten feststellen können.

Hier habe ich mal ein Beispiel wie es bei mir klingt.

Die erste Part stammt von so einem Vinyl. Gleich zu beginn dieses Tracks hört man den ersten Riff. Und dann der zweite Abschnitt mit genau dem gleichen Riff, jedoch kurz vor dem Ende des Titels..

Format: Musicam | 44 KHz | Stereo | 384 kbps

http://freenet-homepage.de/okn-radioaktiv/vinyl_test.mp2
 
AW: Kratzende Höhen beim Vinyl

Bei einer vernünftig hergestellten Platte (davon gehe ich jetzt mal aus) kommt ein solcher Unterschied nicht vor. Auf einem funktionierenden Plattenspieler auch nicht. Überprüfe also die Tonarmgeometrie zum Beispiel hiermit anhand dieser Anleitung.


Gruß TSD
 
AW: Kratzende Höhen beim Vinyl

So schlimm hört sich der Unterschied in dem Beispiel gar nicht an.
Da habe ich Platten im Regal, bei denen die Qualität zur Mitte hin weitaus mehr abfällt. Klar, das sollte normalerweise nicht so sein (intakte Abtastnadel vorausgesetzt), ist aber bei vielen Platten so.
 
AW: Kratzende Höhen beim Vinyl

Bitte nicht vergessen, daß sich nach innen die relative Geschwindigkeit reduziert. Die Qualität muß etwas nachlassen.
 
AW: Kratzende Höhen beim Vinyl

Moin!

Also für mich klingt das Soundbeispiel nach "einseitig abgewetzter Nadel". Warum?

Weil DJs üblicherweise ohne Antiskating arbeiten. Dadurch wird die Nadel stärker an die innenliegende Rillenflanke (linker Kanal) gedrückt und mit der Zeit entsprechend stärker abgeschliffen. Höhere Auflagekräfte (der berühmte "Groschen" über dem Pickup) verstärken den Effekt noch.

Eine vernünftige Höhenabtastung (Hi-Hats) ist dann (vor allem bei kleinen Rillenradien) nicht mehr möglich. Und so klingts auch: Links zerrt es mehr als Rechts.


Tip: Nadel wechseln.


vg Zwerg#8
 
AW: Kratzende Höhen beim Vinyl

Nimm den Einwand von Tondose nicht zu persönlich, dira!

Da die Winkelgeschwindigkeit bei Schallplatten immer konstant ist, muß die relative "Bahngeschwindigkeit" mit abnehmenden Radius auch immer weiter abnehmen. Das ist richtig.

Beispiel: 12" Maxi mit 45 U/min. Die Platte dreht sich also pro Sekunde um 270° oder um 3/4 des Vollkreises. Daraus ergibt sich aus

2 * Pi * r * 0.75

mit r unmittelbar die Bahngeschwindigkeit für

Außen (Radius ~ 150mm) zu

706 mm/s

und Innen (Radius ~ 70mm) zu

329 mm/s



Soweit ist sicher allen alles klar.



Nun schauen wir auf die obere Grenzfrequenz des Systems. Für UKW (und auch im richtigen Leben) reichen 15kHz vollkommen aus.


Die Wellenlängen einer 15 kHz Schwingung an den Außen/Innenradien unserer Schallplatte betragen

Außen:
706 mm/s : 15000 s-1

= 0.047 mm


Innen:
329 mm/s : 15000 s-1

= 0.022 mm


Das sind die Wellenlängen. Die Wellenlänge besteht aber aus einem Berg und einem Tal. Ein Berg oder Tal ist am Innenradius also nur 11µm lang.


Und nun haben wir nach DIN und im DJ-Bereich üblicherweise Rundnadeln mit 18µm Spitzenverrundung. Bitte - wie soll eine solch grobe Nadel in Täler von 11µm Länge "richtig reinkommen", um die Konturen exakt abzutasten?

Selbst biradiale Nadeln (üblicherweise 8x16µm) sind dafür eigentlich zu grob, obwohl sie natürlich schon etwas besser als Rundnadeln abtasten.

Antwort: Geht nicht. Die Nadel ist sich ob ihrer eigenen Größe selbst im Weg. Was hier passiert nennt sich "Nadelklemmung" oder in Fachkreisen auch "Pinch effect". Verzerrungen sind die Folge.

Abhilfe schafft wirklich nur ein extrem "scharfer" Nadelschliff, der möglichst nah an die Geometrie des Schneidstichels kommt, ohne die Rille nachzufräsen. Diese Nadelschliffe - Van den Hul, Shibata etc. - (die Verrundung geht herunter bis etwa 3µm) sind aber schweineteuer, benötigen eine exakte Justage und sind für DJs vollkommen ungeeignet. Eine Platte "backcuen" macht man damit wirklich nur einmal... (Schon der Gedanke daran macht mir Gänsehaut.)


Was ich sagen wollte, dira:

Die Wiedergabequalität muß am Plattenende nicht merklich nachlassen. Es ist alles nur eine Frage der (möglichst scharfen) Nadel.


vG Zwerg#8
 
AW: Kratzende Höhen beim Vinyl

- Van den Hul, Shibata etc. - (die Verrundung geht herunter bis etwa 3µm) sind aber schweineteuer, benötigen eine exakte Justage und sind für DJs vollkommen ungeeignet. Eine Platte "backcuen" macht man damit wirklich nur einmal... (Schon der Gedanke daran macht mir Gänsehaut.)
Dass Shibata-Nadeln nicht für DJs geeignet sind, ist klar.
Dass man damit nicht backcuen können soll, ist Blödsinn.
Ich habe in meinen 1210ern (ausschließlich Heimgebrauch) Audio Technica AT20SLa (Shibata) drin, und Eincuen oder von Hand rückwärts drehen ist überhaupt kein Problem.
Eine gewisse Portion Gefühl und sich dessen bewusst sein, was man da tut, ist allerdings Voraussetzung.

Mit diesen Systemen laufen auch die meisten Platten von vorne bis hinten klanglich sauber durch, aber wie schon gesagt, gibt es Pressungen, die zur Mitte hin schwerst nachlassen, unabhängig von Alter oder Plattenfirma.
 
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