Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Hey, super, laßt uns einfach alles kurz und klein schlagen. einfach drauf, Gewalt befreit. Super. Tolle Idee. Zukunftsträchtig und gesellschaftsfördernd. Und ich Depp wundere mich über abnehmende Moral und durchdrehende Schulkinder.
Ich will ja niemandem zu nahe treten, aber ich kann mich an Zeiten erinnern, da hätte man sich im heutigen MDR-Territorium über blöde UKW-Radios gefreut. Kassettenrecorder? CD-Player? Undenkbar. Nee, super Idee, Markuse. Nur weiter so. Paß auf, daß Du nicht selber unter dem Hammer landest.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

aus obigen Link schrieb:
Die öffentlich-rechtlichen Kollegen von MDR Sputnik gehen zu Promotion-Zwecken sogar so weit, die Hörer ihre UKW-Radios zerstören zu lassen. Eric Markuse, Programmchef von MRD Sputnik in Leipzig, berichtete, Hörer, die ihr Küchenradio mit einem „spektakulären Kettensägenmassaker“
zerstörten, erhielten ein schickes WLAN-Radio, mit dem man Radio auch ohne Computer über das Internet hören kann. Kernzielgruppe seien 20- bis 29-jährige Hörer mit Abitur und DSL-Anschluss.
Das aus dem Programm DT64 hervorgegangene Angebot des MDR bezeichnete Markuse als Jugendkultur-Programm mit angeschlossener Web 2.0-Plattform.
Erstens Hui und zweitens Pfui. Nur mal so am Rande: Die Jugendlichen von heute sind die Hörer von morgen. Klar ist es erstmal egal, ob die per Webstream, per Handy oder sonst irgendwie zuhören. Hauptsache bleibt sie hören zu. Es ist aber völlig wahnwitzig, wenn man mit Streams, Handy-Sender und ähnlichem Kram alles gegeneinander ausspielt. Und UKW-Radios auf Kosten von WLAN-Radios zu zerstören ist so ziemlich das Dümmste, was einem einfallen kann. Ach so ja, das war ja ne Promo-Aktion. Für wen eigentlich? Für die Hersteller der WLAN-Radios oder für den öffentlich-rechtlichen Rundfunksender Sputnik? Eine solche Aktion in einem Atemzug mit der Behauptung man wäre ein "Jugendkultur-Programm" bekommt man nicht mal beim schlimmsten Dudelfunk hin. :wall:
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Ich darf mit meinen 33 Jahren ja eigentlich nix mehr dazu sagen. Wobei ich die Sputnik-Angabe, man wolle 20-29-jährige als Kernzielgruppe, doch schon bemerkenswert finde. Noch vor einigen Monaten (oder sind das schon Jahre?) wollten die Jugendwellen am liebsten irgendwas von 14 bis 18, allerhöchstens Anfang 20 als Hörer. Offenbar lenkt man schon ein, weil man merkt, daß man in dieser Generation kaum noch jemanden an ein schnödes Radio fesseln kann. Und die, die sich fesseln ließen, erreicht man eher mit Angeboten wie dem Zündfunk, Pops tönender Wunderwelt und ähnlichen "Seniorengeschichten", die man wiederum nicht im Programm haben möchte. Ich hatte gerade so einen Fall, in dem der 19-jährige Sohn dem Vater folgte und PtW-Hörer wurde.

Abitur habe ich zwar, aber DSL habe ich nicht. Schade, daß das heute schon ein Zugangskriterium zum Hörfunk sein soll. Ich bin der - sicher veralteten - Meinung, Radio laufe, ohne irgendwelche Computer booten und an Datenleitungen hängen zu müssen. Diese Einfachheit zeichnet für mich Radio aus: wie ein Wasserhahn, aufdrehen, läuft. Ich hätte weder Lust noch Möglichkeit, Radio über das Internet zu hören. Schon gar nicht in der lausigen Qualität, die einem oft geboten wird (unter 192 kbps sind für mich inakzeptabel, solche Datenraten sind für Streaming-Angebote aber aus verständlichen Gründen unsinnig). Mein eigenes Programm mag ich mir auch nicht zusammenklicken - das hat für mich nichts mit "Radio" zu tun. Das schöne am Radio ist für mich, daß sich da (hoffentlich) Leute Gedanken machen, wie sie mir ein mich ansprechendes Programm zusammenstellen können. Redakteure als musikalische Trüffelschweine gibt es ja leider auch immer seltener (weil es sie nicht geben soll). Und selbst durch all die Tauschbörsen, MP3-Nachwuchplattformen, ...? Nö, soviel Zeit habe ich leider nicht.

Die junge Generation sieht das aber halt offenbar anders und macht alles mit Computer oder Mobiltelefon. Heute abend im ICE Jena-Berlin: massenweise Leute um die 20, viele Bundeswehr-Heimfahrer. Viele mit Notebook-Boliden, die ich nicht freiwillig rumschleppen möchte. Ich überlege mir schon zweimal, ob ich den T40 auf Wochenend-Heimfahrt mitnehme oder nicht, und der bringt nur 2.3 kg auf die Waage und ist noch recht klein. Die Leute hören keine Musik im Zug, die gucken Videos, Filme oder zocken - sogar teilweise mit/gegen den Sitznachbar. Man schirmt sich mit hochgeklapptem Display schutzwallartig vom Gegenüber ab, sieht sehr bizarr aus und nervt, wenn man selbst die ganze Fahrt über auf eine graue Wand mit "Dell"-Aufdruck schauen muß, ungemein. Ich vermute, die hören überhaupt nie Radio, denn sie wirken, als könnten sie nicht 10 Sekunden ruhig sitzen und zuhören. Die brauchen bunte blitzende Bilder und Treibjagden in irgendwelchen 3D-Labyrinthen, sonst wird die Welt zur Qual.

Ich sehe die Jugendwellen also vor einer grundsätzlichen Entscheidung: Radio machen und nur noch wenige, dafür aber aufmerksame Hörer haben - oder mit dem Netz verschmelzen und irgendwann kein Radio mehr sein, sondern ein Netzangebot unter unendlich vielen.

Wozu ich absolut keine Lust habe: die Art Radio, bei der on air ständig auf irgendwelchen Inhalt verwiesen wird, den man im Netz nachhören, nachlesen oder sonstwas können soll, während das Programm selbst vollkommen inhaltsleer ist. Genau diese Gefahr sehe ich, wenn die Jugendwellen immer weiter ins Netz dringen wollen.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Mein Eröffnungsposting enthielt erst einmal keine Stellungnahme von mir. Was aber die drei Postings da schon mal zu einem der meiner Meinung nach wichtigesten Radiothemen überhaupt, dem Jugendradio sagen, betrifft die Grundfesten von Rundfunk 2007ff überhaupt. Ob die User hier oder die Verantwortlichen beim Radio merken, an welchem Scheideweg wir stehen und die Verschmelzung mit dem Netz Radio als eigenständiges Medium eliminiert, wage ich nämlich heftig zu bezweifeln.

LG in die Nacht
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Wer Radio und Internet verschmelzen will hat nicht verstanden, daß es sich hierbei um zwei völlig unterschiedliche Medien handelt und wird genauso scheitern wie das mittlerweile ad acta gelegte "interaktive Fernsehen". Natürlich kann man im Netz Zusatzangebote machen, aber dafür darf man das klassische Radio keinesfalls aufgeben.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Meine Damen und Herren,

ich begrüße Sie zur Vorlesung "Einführung in die Grundlagen der Medienhistorie". Wer von Ihnen in der Mittelstufe und vielleicht später in der Uni, möglicherweise sogar in einer Parallelveranstaltung aus der Medienwissenschaft, gut aufgepaßt hat (und nicht gerade dabei war, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen oder hirnlos auf irgendwelchen Gegenständen herumzuschlagen), der weiß, daß es solcherlei Diskussionen immer wieder gab. Erlauben Sie mir dazu einen kurzen Exkurs.
Als das Fernsehen auf den Markt kam und massenreif wurde, wurde das Ende des Radios propheziehen. Und? Was ist passiert? Nichts.
Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel: Hörspiele. Vor 50 Jahren im Radio so normal wie das Amen in der Kirche. Danach nahm die Bedeutung des Hörspiels im Radio stetig ab, bis es noch vor 10 Jahren noch ganz vor dem Aus zu stehen schien. Und heute? Heute ist es ein Prestige-Element der Upper Class AC-Formate - und besonders der Jugendformate. Dabei hat nicht einmal der klassische Radiokrimi ausgedient, wie ich Ihnen beim letzten mal schon mitgeteilt habe; die ARD plant gerade eine ARD-weite Krimireihe - im Radio!
Und auch mit dem Auftreten des Internets wurde anderen Medien der sichere Tod versprochen, und zwar nicht nur dem Radio, sondern auch dem herkömmlichen Fernsehen. Und? Ist das Fernsehen verschwunden? Sind ZEITUNGEN verschwunden? Fällt mir nur gerade als weiteres Beispiel ein. Nein, alles geblieben, größtenteils hat das Angebot sogar zugenommen:
Fernsehsender: erst einer, dann zwei, dann drei, dann plötzlich 30, heute locker über 100.
Zeitungen: ähnlich. Wieviele Zeitungen und Zeitschriften sind in den letzten Jahrzehnten aus dem Boden gesprießt? Gerade durch das Auftreten des Internets hat sich ein neuer Medienzweig etabliert, der inzwischen auch in eigenen Zeitschriften (!) und Fernsehsendungen (!), ja sogar Radiosendungen (man denke an die Beiträge vom CT-Magazin) stattfindet.
Radiosender: seit Mitte der 80er ist die Zahl der terrestrisch empfanbaren Sender ebenso angestiegen, und zwar nicht nur in bezug auf privatkommerzielle Anbieter, auch die Öffentlich-Rechtlichen haben ihr Hörfunkangebot deutlich ausgeweitet.

Meine Damen und Herren, ich muß Ihnen sagen, ich werde langsam müde, mich zu wiederholen. Diese Vorlesung halte ich jedes Semester ab, weil sich anscheinend immer noch nicht herumgesprochen hat, daß sich Medien gegenseitig zwar ergänzen, aber nicht zwangsläufig den garaus machen. Die Geschichte lehrt uns folgendes [geht an die Tafel]:
Durch das Auftreten eines neuen Mediums n verändert sich die Nutzungsweise der bisherigen Medien a bis n-1, da hier eine Korrelation
Code:
(a <-> n-1) <-> n
zwischen bereits bestehenden Medien und dem neuen Medium entsteht. Die Wahrscheinlichkeit, daß durch das reine Auftreten des neuen Mediums eines der alten bzw. bereits etablierten verdrängt wird (in welchem Zeitraum, das gilt es hier noch festzustellen), geht gegen null.

Eine Ausnahme erlaube ich mir: durch die Einführung von Papyros verzichtete man auf Steintafeln. Schaue ich mir heute Friedhöfe an, stelle ich fest, daß selbst eine viele tausend Jahre alte Kommunikationsform noch angewandt wird, und es gibt mir eine gewisse Sicherheit, zu wissen, daß auch an meiner letzten Ruhestätte eines Tages ein Mal stehen wird, das sich einer schon längst überholt geglaubten Kommunikationsform bedient, obwohl doch jeder Friedhofsbesucher mit seinem Laptop und W-LAN-Anschluß beim Schlendern über den Kirchhof ohne weiteres die Namen und Todesdaten der Verblichenen aus dem Internet abrufen könnte.

Ich danke Ihnen.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Also, da muss ich mich jetzt auch mal einschalten, denn schließlich bin ich ein Jugendlicher. Ich weiss nicht genau, wie die 75% gemeint sind (also Deutschlandweit oder bezogen auf ein Bundesland), ABER: die meisten Jugendlichen hören kein Radio ausser sie sitzen im Auto mit ihren Eltern oder sonst wo, wo sie Radio hören "müssen".
Denn viele hören, wenn überhaupt mal, Internetradio, wobei das auch noch nicht wirklich bei allen angekommen ist, was das ist und wie das geht (reinhörtechnisch); meist aber hören sie ihr Musikarchiv rauf und runter, also entweder mit ihrem I-pot oder am PC ihre downgeloadeten Musikfiles.
Daher meine Meinung: Diese ganze Strategie ist total für den Arsch, weil sie von Gegebenheiten ausgeht, die nicht existieren, zumindest nicht im meinem Umfeld.....
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Geschätzter Gelb,
es gibt einen kleinen Haken an der Sache. Es ist nunmal beschlossen, dass UKW-Radio EU-weit in absehbarer Zeit verschwinden wird. Was hier jetzt gerade stattfindet, ist der Kampf um das Nachfolgemedium. Bei DAB hat man es erfolgreich vergeigt dem Hörer die Vor- und Nachteile so beizubringen, dass er sich ein neues Empfangsgerät zulegt. Von der technischen Seite her hat DAB aber auch erfolgreich mit dazubeigetragen, dass sich niemand dafür interessiert. Bei der schönen neuen Welt des Internetradio macht man derzeit ganz offensichtlich die gleichen Fehler. Man beißt sich nämlich irgendwie selbst in den Schwanz:
1. ein Hörer kann immer nur einen Sender hören, was schonmal ziemlich blöd für die MA ist. Oder gehts bei dir zu wie auf dem Rummelplatz?
2. Ist der geneigte Werbekunde natürlich bestrebt möglichst viele Hörer mit einem Mal zu erreichen, was bei 20 verschiedenen Streams aus einem Hause schwierig werden dürfte.
3. Frage ich mich immer öfter, womit diese merkwürdigen Streams legitimiert werden. Denn wie Meister Propper völlig zu Recht anmerkte, werden diese von Seiten der Macher total überbewertet. Speziell die Öffis haben einen sogenannten Auftrag und wenn ich da bei Sputnik was von Jugendkultur lese, wird mir speihübel. Hat man bei denen eigentlich schon mitbekommen, dass es in diesem Lande auch eine Jugendkultur abseits der Ghettoblaster-Mucke gibt?
4. Liegen die Streamqualitäten derzeit in der Regel noch immer jenseits von Gut und Böse. Wozu sollte ich als geneigter Hörer mir also sowas antun, zumal das in der Regel auch noch Geld kostet, wenn ich nicht gerade eine Flatrate habe.

Deine Rechnung geht übrigens nicht auf, denn es sind sowohl im Printbereich, als auch im TV- und Radiobereich in den letzten Jahren Angebote wieder verschwunden.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Bevor ich nun wirklich meine geilen Gummistiefel anziehe und raus in den Regen gehe ("I'm only happy when it rains"), noch zwei Sätze dazu.

1. Natürlich sind auch wieder Angebote verschwunden, alleridings in der absoluten Anzahl exorbitant gewachsen. Vor 30 Jahren noch hätte man Mühe gehabt, die sechs Stationstasten auf dem Audioradio (wenn es denn welche gegeben hätte), voll zu kriegen. Heute muß man sich schon überlegen, welche Sender man speichert und welche nicht. Auch das Angebot an anderen Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Internetseiten und Fernsehsendern ist - absolut betrachtet - gestiegen.
2. Jugend hört kein Radio? Veto. Natürlich gibt es Jugendliche, die sich von fies komprimierten 128 kBit berieseln lassen. So gibt es aber auch Erwachsene, die kein oder kaum Radio hören/Zeitung lesen/fernsehen/ins Internet gehen. Nicht jeder Mensch konsumiert in gleichem Maße dieselben Medien wie ein anderer. Dennoch behaupte ich, daß auch die Jugend Radio hört, und zwar stinknormales UKW-Radio. Und ob dieser EU-Beschluß tatsächlich umgesetzt wird, das wollen wir doch mal abwarten.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Die PM bezüglich Markuse hat einen Widerspruch in sich: Das Programm wendet sich an vorwiegend Leute mit Abitur. Welcher Mensch mit Abitur haut sich sein Radio absichtlich kaputt? Das ist Unterschichtenradio-Niveau á la Berliner Radiomarkt: Hau dir dein Bad kaputt und du kriegst von uns ein neues.
Ansonsten gebe ich den Vorrednern Recht. Es sind zwei unterschiedliche Medien und man kann jemanden nur zum Radio locken, wenn das Radio auch Inhalt bietet. Und nicht (nur) mit einer tollen Webpage.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Die Nutzung des Mediums Radio bei den unter 25-jährigen hat in den letzten 5 Jahren dramatisch abgenommen. Wer glaubt, dass es keinen Handlungsbedarf gibt, jungen Menschen die Vorzüge dieses, "unseres" Mediums näher zu bringen, schaufelt sich m.E. sein eigenes Grab. Ob da dann eine Inschrift auf Papyrus oder Stein an uns heute noch liebe Programme erinnert, ist mir persönlcih schnurzpiepe.

Allerdings halte ich solche Aktionen wie die von Sputnik zitierte (mir wäre es ohnehin schon unendlich peinlich, eine 15-jahre alte PR-Nummer nicht nur zu kopieren, sondern auch noch öffentlich zu erwähnen, dass man das gemacht hat, und dann auch noch als ÖR-Sender) für fürchterlich kontraproduktiv. Leider gibt es immer noch zu viele Menschen in dieser Branche, die nicht begreifen, dass sie sich überflüssig machem, wenn sie ihren Hörern nur hirnverbrannte Sch...e vorsetzen. Dass sich solche Totengräber leider auch bei einigen ÖR-Wellen tummeln, stimmt mich traurig. Von Privaten erwartet man ja schon fast nichts anderes mehr.

Es gibt nur einen Weg, junge Menschen aus ihrer "eigene Rotation rauf und runter hören"-Spirale rauszuholen. Nämlich indem sich das Medium Radio auf die Stärken besinnt, die eine reine Wiedergabeliste nicht bieten kann. Echte Menschen, die ihren Hörern Informatives, Interessantes und/oder Unterhaltsames bieten.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Nochmal zurück zum Anfang und zur PM von den Medientagen. Da steht:

....Dort dient die Radiostation dazu, Aufmerksamkeit auf die Skyrock-
Internetseite mit zahlreichen Blog- und Community-Elementen zu lenken. Für Mario Colantonio,
Musikberater von Radio Galaxy, sieht so die Zukunft der Jugendprogramme im Hörfunk aus: „Radio
wird zum Soundtrack der Website.“

Ich übersetze das mal:

Das Radio wird zur Dauerwerbeschleife für das sendereigene Web-Portal. Auf dem Portal soll dann die Kohle gemacht werden und zwar durch Bannerklicks, Musik- und Spieledownloads, Shops und was man sich sonst noch vorstellen kann.

Ein Richtungswechsel zu mehr Inhalten und womöglich mehr Anspruch leitet sich daraus für mich nicht ab - im Gegenteil.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Die Nutzung des Mediums Radio bei den unter 25-jährigen hat in den letzten 5 Jahren dramatisch abgenommen.
Warum wohl? Ich beobachte das an mir selber, obwohl ich schon aus beruflichem Interesse sehr viel Radio höre. Warum aber sollte ich als Unter-25-Jähriger denn ausgerechnet diesen einen Sender (Sputnik, Jump, You FM, Planet, Antenne Bayern, Hitradioantennesupermix...) hören, wenn dort nur hirnverbrannte Grütze und fürchterliche Musik kommt? Kein Wunder, daß die abolute Nutzerzahl sinkt.
Es ist m. E. aber ein Trugschluß, dann zu sagen:"Oh, da müssen wir wohl auf einen anderen Verbreitungsweg ausweichen. Na ja, egal, stopfen wir unser Programm halt in einen Stream, dann klappt's auch mit der MA". Damit macht man es sich zu leicht. Es geht um den Inhalt.

Es gibt nur einen Weg, junge Menschen aus ihrer "eigene Rotation rauf und runter hören"-Spirale rauszuholen. Nämlich indem sich das Medium Radio auf die Stärken besinnt, die eine reine Wiedergabeliste nicht bieten kann. Echte Menschen, die ihren Hörern Informatives, Interessantes und/oder Unterhaltsames bieten.
Richtig. Das hat aber nichts mit dem Verbreitungsweg über UKW, DAB, Internet, Steintafeln, Rauchzeichen oder Telegraphendraht zu tun, sondern einzig und allein um das, was drin steckt.
Wenn ich gezielt Musik von Interpret X hören will, ist es mir egal, ob ich eine Kassette oder eine CD einlegen muß - Hauptsache, ich höre das, was ich beabsichtige zu hören, denn es geht mir um den Inhalt und nicht oder nur marginal um die Form.

Es bleibt wirklich nur zu hoffen, daß sich aus dieser Klogriffaktion für den MDR bzw. für Markuse direkte unangenehme Konsequenzen ergeben. Mit einer solchen Aktion das Jungedradio als solches auch noch zu pauschalisieren und eine versteckte Generalaussage ("Seht her, wir sind der MDR, wir sind *das* Jugendradio, alle anderen Jungedradios sind auch so wie wir, und unser jugendkultureller Auftrag besteht darin, die Moderationsbreaks unserer Sendungen mit dem Backsellen von Zerstörungsaktionen zu füllen") über die Köpfe anderer Jugendprorgramme hinweg zu treffen, halte ich für eine bodenlose Frechheit und für einen Schlag ins Gesicht der ARD.

Herr Raff, Sie sind dran.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Wer Radio und Internet verschmelzen will hat nicht verstanden, daß es sich hierbei um zwei völlig unterschiedliche Medien handelt... Natürlich kann man im Netz Zusatzangebote machen, aber dafür darf man das klassische Radio keinesfalls aufgeben.

Dito. Ich glaube der Konsum von modernen Medien bei Jugendlichen wird deutlich überbewertet. Natürlich ist es heutzutage wichtig Inhalte heute als Podcasts anzubieten, allerdings wäre es ganz nett wenn die Senderchefs sich mal auf ihr eigentliches Kerngebiet, das RADIOMACHEN konzentrieren würden. Wenn man die Senderaktivitäten mal wieder auf diesen Bereich lenken würde, gäbe es viel mehr interessantere Programme.
Im Übrigen halte ich dieses ganze "moderne Medien Web 2.0 Podcast"-Getue für einen riesigen Fake. Ablenkmanöver von den grottigen Programmen.

toktok
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Dass die Radiozerstörungsaktion -und darum geht es hier wohl mittlerweile- grenzwertig ist, kann wohl niemand bestreiten. Auch mir erschließt sich nicht, wie man -im Falle Sputnik- auf der einen Seite "anspruchsvolles" Radio veranstalten will (was übrigens in weiten Teilen gelingt) und auf der anderen eine derartige Aktion ins Leben ruft.

Aber den Kopf von Markuse sollte man erst fordern, lieber Gelb, wenn man wirklich alle Seiten der Medaille kennt.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Die Rechteverwerter sind am Zug.

Ich würde die Contentrechte für die Internetradios so teuer verkaufen, dass aus der Vielzahl der Streams ein kleiner Haufen wird. Dies könnte die traditonellen Anbieter retten, bedarf natürlich internationaler Absprachen und entsprechender Strafverfolgung.

Interesse für die Inhalte ist ja nach wie vor vorhanden.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Du verlangst also von mir, daß ich investigativ und in öffentlich-rechtlicher Manier nachfrage und ihn möglicherweise selbst interviewe? Tut mir leid, da muß ich passen. Das halte ich übrigens auch für realitätsfern. Ich gehe von dem aus, was ich übermittelt bekomme und was mir vor den Latz geknallt wird. Das nehme ich als gegeben an und bilde mir auf dieser Grundlage auch ein Urteil. Oder verlangst Du etwa von Hörern, daß sie Gewinnspiele und MA-Aktionen hinterfragen und sich kritisch mit der Funktionsweise solcher Strategien auseinandersetzen, um dann Verständnis für disen Blödsinn zu zeigen? Nicht wirklich, oder? Mit einer solchen Aktion besudelt Markuse nicht nur sein eigenes Programm, sondern
- seinen Sender
- die ARD
Die letzte Anti-Gebühren-Debatte ist noch gar nicht so lange her, da kommt ein kleiner Markuse daher und bringt eine solch - Achtung, Wortspiel - behämmerte Aktion. Wie blöd muß man denn eigentlich sein? Ich finde, das reicht, um ihn nicht nur aus Sputnik, sondern aus
- seinem Sender
- der ARD
hinauszubefördern. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Du verlangst also von mir, daß ich investigativ und in öffentlich-rechtlicher Manier nachfrage und ihn möglicherweise selbst interviewe?

Warum nicht?

Ich gehe von dem aus, was ich übermittelt bekomme und was mir vor den Latz geknallt wird. Das nehme ich als gegeben an und bilde mir auf dieser Grundlage auch ein Urteil.

Nun, es gibt vieles, was man heutzutage vor den "Latz geknallt" bekommt. Das beste Urteil über einen Sender kann man sich -denke ich jedenfalls- erlauben, wenn man seine Inhalte kennt. Und die muß man zumindest mal gehört haben. Am besten im eigenen Radio.

Oder verlangst Du etwa von Hörern, daß sie Gewinnspiele und MA-Aktionen hinterfragen und sich kritisch mit der Funktionsweise solcher Strategien auseinandersetzen, um dann Verständnis für disen Blödsinn zu zeigen


Ich denke, Du bist Macher, und kein Hörer?
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Ich denke, Du bist Macher, und kein Hörer?
Das eine schließt das andere nicht aus. Letztlich machen wir das Programm aber für die Hörer, weshalb es mitunter auch mal ganz gut ist, sich für ein paar Tage aus dem Funkhaus zu begeben und ganz normal Radio zu hören und die einem dargebotenen Programme zu hinterfragen: gefällt mir das? Spricht mich das an? Finde ich das interessant, aufregend, spannend, unterhaltsam, informativ?
Ich bin Macher, das ist schon richtig, aber ich bemühe mich sehr, dabei niemals die Perspektive eines Hörers aus den Augen zu lassen. Ich mache das Programm für Hörer und für mich. Wenn ich mich gemäß "Der Club der toten Dichter" auf den Tisch stelle und den Klassenraum von hier aus betrachte, sehe ich die Dinge anders. Diese Denkweise betrachte ich als elementaren Teil meines Berufs. Leider drängt sich mir immer wieder der Verdacht auf, daß die Zahl derer, die lieber sitzen bleibt und Radios zertrümmert, zunimmt.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Sehr, sehr schön gesagt.

Und auch ich finde, daß ...

... es mitunter auch mal ganz gut ist, sich für ein paar Tage aus dem Funkhaus zu begeben und ganz normal Radio zu hören und die einem dargebotenen Programme zu hinterfragen: gefällt mir das? Spricht mich das an? Finde ich das interessant, aufregend, spannend, unterhaltsam, informativ?

Genau das würde ich Dir in diesem Falle vor der nächsten Urteilsverkündung empfehlen.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Ich verstehe nicht, wie Du jemanden in Schutz nehmen kannst, der solch eklatanten Fehler macht und sich, sein Programm, seinen Sender und damit auch einen Teil der ARD in der Öffentlichkeit selbst auf so primitive Weise darstellt. Es tut mir leid, aber da bin ich einfach der Meinung, daß so einer da nichts verloren hat.
Er kündigte zu Beginn seiner Amtszeit an, sich an FM4 orientieren zu wollen und bringt jetzt so eine Aktion. Da wüßte ich nicht, was es daran zu verteidigen gibt.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Sammelbestellung:

Also, da muss ich mich jetzt auch mal einschalten, denn schließlich bin ich ein Jugendlicher.
...also ein Experte für diesen Thread und deshalb meine Frage an Dich:

meist aber hören sie ihr Musikarchiv rauf und runter, also entweder mit ihrem I-pot oder am PC ihre downgeloadeten Musikfiles.
Wo kommen diese Files her? Klar, von Freunden oder direkt aus dem Netz. Aber reicht ein mittelgroßer Freundeskreis normal-musikinteressierter Jugendlicher, um dabei die Chance zu haben, neues kennenzulernen, auch mal den Horizont zu erweitern und bestehende Grenzen einzureißen, oder schmort das immer wieder nur im eigenen Saft? Das Netz bunkert spannende und absolut unbekannte Musik, die garantiert niemals irgendwo im Radio laufen wird. Man muß nur viel Zeit sitzend vor dem Rechner verbringen, um die Schätze zu finden und zu heben. Mir persönlich ist es lieber, wenn sich darum ein Redakteur kümmert, der dafür bezahlt wird und mir dann eine zweistündige subjektive Auswahl seiner interessantesten Funde präsentiert, zumal ich in diesen 2 Stunden nicht vorm Rechner sitzen muß, sondern z.B. in der Badewanne oder im Bett liegen oder auf nem Berg sitzend und in den Sonnenuntergang schauend die Sendung verfolgen kann. Alles angenehmere Orte als der Schreibtisch.

Haben Jugendliche wirklich Zeit, im Netz neues zu entdecken?



Als das Fernsehen auf den Markt kam und massenreif wurde, wurde das Ende des Radios propheziehen. Und? Was ist passiert? Nichts.
Einspruch, Gelber. In den 50er Jahren hat das Radio eine ganze Nation in Ekstase versetzen können, nicht nur in Deutschland (wo man z.B. "Das Wunder von Bern" vor einigen Jahren im kompletten O-Ton wiederholt hat), auch anderswo (wo die Leute dann glaubten, da wären wirklich UFOs gelandet). Noch 1990 konnte SDR 3 den Wilden Süden 6 Tage lang zum Kochen bringen, heute blubbert SWR 3 so belanglos vor sich hin, daß vermutlich nichtmal jemand auf die Straße ginge, würde man das Geräusch morgen einstellen.

Heute könntest du so ziemlich alles im Radio sagen oder auch 100.000 Euro Gewinn androhen - die Reaktion wäre nahe Null. Die Menschen gehen zum einen völlig anders mit Informationsquellen um, zum anderen haben wirklich gesellschaftsrelevante Dinge kaum noch Wichtigkeit. Ich denke an die Ostermärsche in den 80ern und die kläglichen Versuche, heute mal paar 100 Leute gegen einen Bombenabwurfplatz auf die Straße oder in die Heide zu bringen. Die Masse ist genervt von der Überflutung mit ungefilterten Reizen aller Art und trotzdem freiwillig mit vielen Dingen beschäftigt - darunter auch mit Dingen, ohne die sie nicht so genervt wäre. Auf die mediale Überversorgung, auf den Umstand, jederzeit jeden Trash abrufen zu können, reagieren viele mit Rückzug oder Verwirrung. Nach einer Emnid-Umfrage aus dem Juni 2004 im Auftrag von TV Movie sind 90 % der Bevölkerung ab 14 Jahren z.B. nicht daran interessiert, noch mehr TV-Programme als bisher empfangen zu können. Jeder Vierte erklärte, daß ihn bereits das derzeitige Angebot überfordere. Lediglich 8 % wünschen sich mehr Programme, in der Gruppe der 14- bis 29-jährigen ist dieser Anteil mit 23 % allerdings deutlich höher.

Niemand wartet heute auf Informationen, man bekommt sie ungefragt aufgehalst. Ich wüßte nicht, daß es Namen wie Heidi Klum, Paris Hilton (ich hätte das für die dortige Hotelfiliale gehalten) oder Britney Spears gibt, wenn ich nicht damit bombardiert würde, sobald ich von unterwegs versuche, mich bei GMX einzuloggen und meine Mails zu lesen. Die zum Lifestyle einer materiell wohlhabenden Gesellschaftsschicht hochstilisierten Psychoprobleme dieser unverdient in den vermeintlichen Mittelpunkt gerückten Leute interessieren mich nicht, noch weniger sind sie geeignet, um anderen Menschen Orientierung zu geben. Alleine die Unterschrift der Suchmaske auf der GMX-Startseite sagt alles über den (gewünschten?) Durchschnittsmenschen von heute aus: "Beliebte Suchbegriffe: Billigflug, Partnersuche, Karriere, iPod" steht da. Man verspricht, "kostenlos die neue Liebe" zu finden und gibt damit zu, überhaupt nicht verstanden zu haben, wie die Welt funktioniert. Ich würde für eine leere GMX-Startseite nur mit Login-Maske gerne 5 Euro im Monat springen lassen, weil mich dieser Dünnschiß unterhalb BILD-Niveau anwidert. Noch lieber wäre mir, wenn es solche Informationen gar nicht zu größerer Verbreitung bringen würden, weil sie wirklich unwichtig sind. In der Nachkriegszeit hatte man offenbar tatsächlich andere Sorgen (verständlich) - oder andersrum: den Leuten heute geht es auf unterster Ebene der Bedürfnispyramide viel zu gut, so daß sie die Defizite auf höherer Ebene zu spüren bekommen und zu unterdrücken versuchen.

Du magst Recht haben, daß das Fernsehen dem Radio nicht den Todesstoß versetzt hat, unwichtiger gemacht hat es das Radio aber schon, bevor es nun selbst wegen Internet & Co. unwichtiger wird. Die Schwarzwaldklinik hat in den 80ern die Straßen leergefegt, heute wird über dermaßen biedere heile-Welt-Unterhaltung nur gelacht - und beherzt in noch niedrigeren Schubladen zugegriffen. Wer das Radio aber wesentlich unwichtiger gemacht hat, ist meiner Meinung nach das Radio selbst, in seiner panischen Angst, es könnte zu anstrengend sein und müsse am besten gar nicht auffallen, sondern nur unterschwellig existieren - so niedrig im Bewußtsein, daß es noch zweimal im Jahr zur Nennung des richtigen Sendernamens reicht. DAS ist für mich der eigentliche Tod des Radios! Die Nebenbeihörer hätten sich auf andere Medien verteilt, die Zuhörer wären geblieben. Da man für die aber nichts anbieten will, sind die halt nun auch weg.

Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel: Hörspiele. Vor 50 Jahren im Radio so normal wie das Amen in der Kirche. Danach nahm die Bedeutung des Hörspiels im Radio stetig ab, bis es noch vor 10 Jahren noch ganz vor dem Aus zu stehen schien. Und heute? Heute ist es ein Prestige-Element der Upper Class AC-Formate - und besonders der Jugendformate.
Das Hörspiel-Revival betrachte ich als eine kurzzeitige Modeerscheinung, die durch den Erfolg von Hörbüchern losgetreten wurde, also nur bedingt mit dem Radio zu tun hat. Interessant ist es aber allemal, daß Hörspiele auf Tonträgern gekauft werden, wo man doch im Radio kostenlos welche haben könnte. Mich würde zu sehr interessieren, wieviele der Hörbuch-Käufer überhaupt wissen, daß die ARD noch Hörspiele produziert und ausstrahlt.

Ist das Fernsehen verschwunden?
Aus dem Leben vieler Menschen, mit denen ich zu tun habe: ja. Informationen werden gezielt im Netz gesucht, der Fernseher ist aus der Wohnung. Bei anderen ist er freilich der 24/7/365-Baby- und Erwachsenensitter oder der teuer bezahlte DVD-Player-Ersatz. Zumindest ist er auch nicht mehr das, was er mal war, wenn man den prozentualen Trash-Anteil betrachtet. Pickte man sich nur 3Sat, Arte, Phoenix und Das Erste heraus, hätten wir wohl wieder fast die "guten, alten Zustände". Also auch hier: Medienkompetenz heißt, selektieren zu lernen - und damit kommen viele offenbar nicht klar.

Sind ZEITUNGEN verschwunden?
Wenn junge Leute mit Zeitung in der S-Bahn, dann meist mit BILD oder Kurier. Die klassische regionale Tageszeitung ist nach meinem Eindruck wirklich was für Senioren. Ich war erstaunt, als mir mein bester Freund letztens sagte, daß sie tatsächlich noch eine abonniert haben.

Gerade durch das Auftreten des Internets hat sich ein neuer Medienzweig etabliert, der inzwischen auch in eigenen Zeitschriften (!) und Fernsehsendungen (!), ja sogar Radiosendungen (man denke an die Beiträge vom CT-Magazin) stattfindet.
Da die neuen Medien Teil der Gesellschaft sind, ist es völlig klar, wenn sie auch in Form von Beiträgen in den Medien reflektiert werden. Alles andere wäre auch wirklich schlimm, schlimm ist aber auch schon, wie oft solche "Beiträge" zu Werbeveranstaltungen verkommen.

Radiosender: seit Mitte der 80er ist die Zahl der terrestrisch empfanbaren Sender ebenso angestiegen, und zwar nicht nur in bezug auf privatkommerzielle Anbieter, auch die Öffentlich-Rechtlichen haben ihr Hörfunkangebot deutlich ausgeweitet.
Es kommt bloß fast nix mehr, was relevant oder für mich anhörbar wäre. Natürlich nicht nur, weil sich das Radio verändert hat, sondern auch, weil ich mich geändert habe und andere Ansprüche / Vorlieben habe als in den 80ern. Aber wenn ich alle Popwellen der ARD beliebig austauschen oder zusammenlegen könnte, ohne daß sich etwas an der Wahrnehmung ändern würde, ist das schon sehr arm. Wer hat noch Leute zu bieten, deretwegen man das Radio gezielt einschalten möchte? Ich kenne wenige - oft versteckt in Nischen zu Zeiten, in denen ich besser im Bett sein sollte.


Und wenn auch tausend Sender senden,
das alte Radio nimmt sie nicht mehr an.


Gerhard Gundermann - "Niemandsland"​


Die Wahrscheinlichkeit, daß durch das reine Auftreten des neuen Mediums eines der alten bzw. bereits etablierten verdrängt wird (in welchem Zeitraum, das gilt es hier noch festzustellen), geht gegen null.
Die Konzentration an wirklich relevanten Informationen, die auf n Programmen verbreitet wird, geht allerdings für n gegen unendlich auch gegen Null, wenn sich alle voneinander abgrenzen wollen (was sie ja zur Existenzrechtfertigung müssen).

Eine Ausnahme erlaube ich mir: durch die Einführung von Papyros verzichtete man auf Steintafeln.
Minnesänger wurden auch irgendwann überflüssig, weil man das via Buchdruck und später über Zeitungen / Telefon / Radio usw. erledigen konnte. Kaum einer trauert ihnen nach. Es würde mich nicht wundern und wäre nur folgerichtig, wenn es dem Radio irgendwann genauso erginge - egal, wie es sich selbst in Szene setzt.


Schaue ich mir heute Friedhöfe an, stelle ich fest, daß selbst eine viele tausend Jahre alte Kommunikationsform noch angewandt wird, und es gibt mir eine gewisse Sicherheit, zu wissen, daß auch an meiner letzten Ruhestätte eines Tages ein Mal stehen wird, das sich einer schon längst überholt geglaubten Kommunikationsform bedient, obwohl doch jeder Friedhofsbesucher mit seinem Laptop und W-LAN-Anschluß beim Schlendern über den Kirchhof ohne weiteres die Namen und Todesdaten der Verblichenen aus dem Internet abrufen könnte.
Da wäre ich mir nicht so sicher, geschätzter Gelb.


Vor 30 Jahren noch hätte man Mühe gehabt, die sechs Stationstasten auf dem Audioradio (wenn es denn welche gegeben hätte), voll zu kriegen. Heute muß man sich schon überlegen, welche Sender man speichert und welche nicht.
Oh ja... Ich war am Mittwoch zwischen Jena und Alzenau (nahe Hanau) und zurück unterwegs. Ich habe mich dann entschieden, nichts zu hören, weil ich das Gebrülle und die schlechte Musik, die einem in Thüringen und Hessen im Radio zugemutet wird, nicht ertragen wollte. Für DLF & Co. war mein Kopf wegen des Anlasses der Fahrt dann doch zu voll.

Bevor ich nun wirklich meine geilen Gummistiefel anziehe und raus in den Regen gehe ("I'm only happy when it rains")
Ich muß jetzt auch hier Schluß machen und raus. In Berlin scheint die Sonne, wer weiß, wie oft ich das dieses Jahr noch genießen darf. Mal gucken, was so zwischen Grünau und Müggelsee so fahrradtechnisch geht. ;)


Ach so, hier noch was altes, hochgradig köstliches. Gerade beim Suchen wiedergefunden. Sogar on-topic. ;)
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

Diese Sputnik-Promotion war übrigens schon Gegenstand eines Threads, der mit offensichtlicher Enttäuschung darüber endete, daß ihn die einstigen DT64-Kinder so zur Minna gemacht haben wie hier die UKW-Radios, nachdem es kein Interesse an einer weiteren Diskussion mehr gab ...

http://www.radioforen.de/showthread.php?t=32398


Ich sehe die Jugendwellen also vor einer grundsätzlichen Entscheidung: Radio machen und nur noch wenige, dafür aber aufmerksame Hörer haben - oder mit dem Netz verschmelzen und irgendwann kein Radio mehr sein, sondern ein Netzangebot unter unendlich vielen.

Das könnte aber auch ein gewaltiger Schuß ins eigene Knie werden, denn wenn sich die Position durchsetzt, daß öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten im Internet nur das machen dürfen, was man mit dem Begriff programmbegleitend belegt, dann sind solche Dinge wie ein primär als Internetplattform ausgelegtes www.sputnik.de schlichtweg unzulässig und einzustellen.

Hübsch finde ich in diesem Zusammenhang die gerade laufenden Versuche, sich bei den Zeitungsverlegern anzubiedern, die vor kurzem eine gepflegte Propagandakampagne gegen die Internetaktivitäten der ARD abgezogen hatten. Hier schlingert Frau Piel auf ihrer Schleimspur durchs Interview*): http://www.epd.de/medien/medien_index_52316.html

Und der Teaser einer nur für €€€ einzusehenden Funkkorrespondenz-Meldung geht noch weiter: „SWR-Intendant Boudgoust macht Verlegern Kooperationsangebot in Sachen Internet“.


*) Dazu: Wollten die wirklich das Funkhaus am Appellhofplatz stillegen und den gesamten dort sendenden Hörfunk woandershin umziehen? Kann mich nicht entsinnen, vorher schon einmal davon gehört (gelesen) zu haben.
 
AW: Neue Programmstrategien der Jugendwellen

@Radiowaves: Ich bin mir ziemlich sicher, daß wir einer Meinung ist, von daher erspare ich mir einzelne Stellungnahmen zu den von Dir genannten Passagen. Vielleicht nur so viel: Quantität allein trifft keine Aussage über Qualität. Nur, weil die Zahl der Sender gestiegen ist, heißt es nicht, daß die Welt eine bessere geworden ist. Aber wie ich schon sagte: ich bin mir sicher, wir sind derselben Meinung.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Zurück
Oben