Presseausweis vor dem Aus?

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Spiegel Online berichtet:

Presseausweis vor dem Aus

Von Andrea Brandt

Das Plastikkärtchen ist begehrt: Der bundeseinheitliche Presseausweis erleichtert Journalisten nicht nur ihren Arbeitsalltag - sondern auch den Zugang zu Firmenrabatten. Nun drohen die Innenminister, die Ausweise nicht mehr amtlich zu autorisieren.

Die Innenminister der Länder wollen nach SPIEGEL-Informationen bei ihrer Konferenz am Donnerstag und Freitag in Berlin möglicherweise das Ende eines berühmten Plastikkärtchens beschließen: des bundeseinheitlichen Presseausweises. In einem Beschlussvorschlag des Berliner Innensenators Ehrhart Körting (SPD), Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK), heißt es, die Innenminister seien künftig nicht mehr damit einverstanden, dass auf den Presseausweisen der übliche Hinweis der Innenministerkonferenz (IMK) mit der Bitte um Unterstützung der Ausweis-Inhaber abgedruckt werde. Übergangsweise dürften Ausweise mit solchen Aufdrucken nur noch längstens bis zum 31. Dezember 2008 ausgegeben werden.
Der Presseausweis mit der Autorisierung des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz auf der Rückseite erleichtert es Journalisten zum Beispiel, bei Polizeieinsätzen hinter den Absperrungen zu arbeiten. Zudem geben zahlreiche Unternehmen den Inhabern des Presseausweises auf Wunsch Rabatte. Auch deshalb ist das Ausstellen von Presseausweisen eine gefragte Dienstleistung von Journalistenverbänden.

Bisher dürfen den amtlich anerkannten Ausweis nur vier Verbände ausgeben: Die dju, der DJV, der Verband der Zeitschriftenverleger (VDZ) und der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Gegen diese strikte Vergabe-Praxis hatte ein anderer Journalistenverband erfolgreich geklagt.
Die IMK beschloss daraufhin im Mai vergangenen Jahres, den Kreis der Verbände auszuweiten, die bundeseinheitliche Presseausweise ausstellen dürfen. Sie schrieb vor, dass neue Aussteller unter anderem mehr als 1000 journalistisch tätige Mitglieder haben müssten. Eine hauptberufliche journalistische Arbeit soll aber nicht mehr zwingend erforderlich sein. Einige der bisherigen Aussteller kritisierten diese Vorgaben als zu lax.

"Bislang gibt es keine Einigung mit den zuständigen Verbänden, wie der Kreis der Aussteller des Presseausweises künftig erweitert werden kann", begründete eine Sprecherin des Berliner Innensenators Körting. Sollte nun bis Donnerstag kein Einigungsvorschlag der Verbände eingehen, werde Körting der IMK vorschlagen, "dass es künftig keine bundeseinheitlichen Presseausweise mit dem Stempel der Innenminister mehr geben wird", so die Sprecherin. Es sei "nicht nachvollziehbar, warum sich die Verbände trotz zahlreicher Gespräche einer Lösung verweigern". Für den Abschied vom durch die Innenminister anerkannten einheitlichen Presseausweis ist ein einstimmiger Beschluss der IMK nötig.

"Wir sind in großer Sorge"

Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Ulrike Maercks-Franzen, erklärte auf SPIEGEL-Anfrage, es geben einen "Stillstand" im Streit um den bundeseinheitlichen Presseausweis: "Wir sind in großer Sorge, dass der Kreis der Ausstellungsbefugten willkürlich ausgedehnt wird." Bis Donnerstag sei keine Einigung in Sicht. Im Zweifel wolle ihr Verband "lieber einen eigenen Ausweis nur für hauptberufliche Journalisten ohne Stempel der Innenminister als einen abgewerteten bundeseinheitlichen Ausweis".

Auch beim Deutschen Journalistenverband (DJV), der ebenfalls Presseausweise ausgibt, hieß es, man werde bis Donnerstag "ganz sicher" nicht von der eigenen Position abrücken: "Wir werden eine inflationäre Ausdehnung des Kreises der Ausweis-Aussteller nicht mitmachen", sagte DJV-Sprecher Hendrik Zörner. Burkhard Schaffeld, Justiziar des Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV), sekundiert: "Wir erwarten jetzt, dass sich die Innenminister bewegen."

Um die Aufnahme in den erlauchten Kreis der Ausweis-Verwalter haben sich der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV), der Fotojournalistenverband FreeLens und mehr als fünf andere Organisationen beworben.

Kennt einer von euch einen der zuletzt aufgezählten Verbände? Wie kann man der Situation Herr werden?
 
AW: Presseausweis vor dem Aus?

Erfreut sich der Ausweis unter euch Radiojournalisten eigentlich großer Beliebtheit? Ist er weit verbreitet? Ich kenne reihenweise Hörfunker, die keinen haben.
 
AW: Presseausweis vor dem Aus?

Ich habe in diesem Jahr zum ersten Mal nach zehn Jahren wieder einen Presseausweis geordert. Und was soll ich sagen: Beim G8-Gipfel beziehungsweise bei dem Trubel drumherum war das Kärtchen bei zwei, drei Gelegenheiten immer sehr hilfreich.
In den Jahren davor ging es immer ohne. Ein Mikrofon in der Hand ist meinem Eindruck nach oft auch ein guter Presseausweis.

FC


EDIT (um auf SR2 zu antworten):
Also, zumindest FreeLens kenne ich vom Namen nach.
Zur Ausstellungspraxis: Auch der Bund Deutscher Zeitungsverleger stellte Presseausweise aus. Ob die das jetzt immer noch tun, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob es gut ist, wenn künftig ausschließlich Arbeitgeberverbände die Dinger ausstellen, allein um die Zahl der falsch ausgegebenen Ausweise einzudämmen. Da wäre ja außerdem zunächst zu klären, wie viele Ausweise an "Unberechtigte" ausgegeben werden.

Vielleicht wäre ein Aufdruck: "Dieser Ausweis berechtigt nicht zur Nutzung von Rabatten" oder so hilfreich. Ein Bruchteil der Kollegen nutzt den Ausweis ja vor allem für eigene wirtschaftliche Vorteile und nicht für Recherchezwecke.
 
AW: Presseausweis vor dem Aus?

Ich besitze schon seit mehreren Jahren einen. Und ich gestehe: ich bekomme dadurch auch Rabatte, so daß ich den Jahresbeitrag schon früh wieder inne habe. Aber dennoch sollte man berücksichtigen, daß viel für den Job draufgeht. Beispiel: ich spare zwar bei der Grundgebühr fürs Handy, telefoniere aber auch oft genug jobmäßig damit. Genau das gleiche Phänomen gibt es beim Kabelfernsehen. Ich nutze es zwar privat, schneide aber oft genug O-Töne mit.

Eines ist klar: ohne Ausweis würde ich unmengen mehr zahlen müssen und diese Dinge trotzdem beruflich nutzen. Von daher finde ich es mehr als gerechtfertigt, daß es einen Presseausweis gibt.

Außerdem: diverse Gewerkschaften, große Unternehmen, etc. bekommen meist den gleichen Rabatt für ihre Mitarbeiter!!! Dann müßte es denen auch untersagt werden...
 
AW: Presseausweis vor dem Aus?

Genau das gleiche Phänomen gibt es beim Kabelfernsehen. Ich nutze es zwar privat, schneide aber oft genug O-Töne mit.

Verwendest Du die Mitschnitte für eigene Beiträge?
Die meisten Leute betrachten das ja als Kavaliersdelikt, falls sie überhaupt auf die Idee kommen etwas unerlaubtes zu tun.
 
AW: Presseausweis vor dem Aus?

Ich will jetzt nichts falsches behaupten, meine aber, daß es bei Privatsendern völlig übliche Praxis ist, speziell in den Nachrichten O-Töne z.B. von Politikern aus der Glotze zu nehmen.

Und ganz am Rande: Es wird doch hoffentlich niemand denken, mit den Journalistenrabatten brächte die Wirtschaft ihre Unterstützung für die freie Presse im Rahmen des gesellschaftlichen Grundkonsens zum Ausdruck ...
 
AW: Presseausweis vor dem Aus?

Naja, K6, Unterstützung ist es auf alle Fälle, 'frei' sind die meisten derartig unterstützten Pressemitarbeiter auch, und was den Grundkonsens angeht, da sind wir uns doch auch einig, daß man durchaus mal den rabattbietenden Gesellschaften auf diese Art und Weise zu einem wenn auch kleinen Minus verhelfen darf. Und da so ziemlich alle sich derartig 'abziehen' lassen, ist es schon fast freie Marktwirtschaft, was da passiert ;)

Ob sich natürlich Herr Steinbrück darüber freut, ist eine andere Sache. Aber dafür sind feste wie freie Presse wohl auch nicht zuständig, oder?

;) ;) ;) ;) ;) ;)
 
AW: Presseausweis vor dem Aus?

Die Möglichkeit besteht sehr wohl, z.B. für einige Sportereignisse. Bei Nennung des Sendernamens freuen die sich auch.
 
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